Apr. 202010
 

18042010006.jpg 500 Euro kostet derzeit etwa eine schwarze Meldeadresse, mit der man seine Kinder auf einer genehmen Schule unterbringen kann. „Alle machen das!“, wurde mir entgegnet, als ich einmal empört diese Praxis der falschen Adressen als „verwerflich“ bezeichnete. Ich werde überwiegend belächelt, wenn ich für Steuerehrlichkeit, für Melde-Ehrlichkeit eintrete. So wird unser Gemeinwesen übers Ohr gehauen. Man plündert diese Republik aus, holt sich, was man kriegen kann. „Bitte nur das Beste für MICH und für MEINE Kinder!“

Wie würden diese Eltern staunen, wenn sie erführen, dass die Eltern weit stärker für den Bildungsweg des Kindes verantwortlich sind als die Schule?

Wir haben somit ab Klasse 1 keine Einheits-Grundschule mehr, wie sie das Grundgesetz wollte. Die soziale Sonderung setzt bereits sehr früh ein. Darauf wiesen jetzt etwa 1000 Grundschullehrer hin:

Dokumentiert: Offener Brief an Senator Zöllner – Schule – Berlin – Tagesspiegel
Eine Entmischung findet statt: Die Mittelschichtskinder bleiben in gut ausgestatteten Schulen unter sich und die Risikokinder bleiben in weit schlechter ausgestatteten öffentlichen Schulen ebenfalls unter sich.

Der erste Pawlowsche Reflex ist es stets, mehr Geld zu fordern, bessere Ausstattung, kleinere Klassen. Ein großer Trugschluss! Wieder einmal schiebt man alle Schuld auf den Staat. Auf die Verhältnisse. Das ist sehr bequem.

Aber: Das Geld ist nicht da, mehr Lehrer sind nicht da, und die Schulen in sozialen Brennpunkten sind heute besser ausgestattet als der Durchschnitt.

Es gibt keinen Beleg dafür, dass das Lernen in kleineren Klassen zu besseren Ergebnissen führt. Es scheint aber Studien zu geben, die beweisen, dass die Klassengröße ohne Einfluss auf den Lern-Erfolg ist. „Kleinere Klassen bringen nichts„, meldete der SPIEGEL am 19.04.2010.

Die Entmischung setzt von seiten der Eltern ein. Die Mittelschicht- und die Oberschicht-Eltern sind verantwortlich, wenn wir Migranten und wir  Unterschichtler unter uns bleiben. Ganz unten.

Übrigens: Wer ganz unten ist, hat keine Abstiegsangst mehr. Also: Kommt zu uns!

Ich schlage erstens vor: Alle Eltern melden sich und ihre Kinder mit ihrer richtigen Adresse an. Das wäre schon mal ein erster Schritt zu mehr Gemeinsinn.

Zweiter Schritt: Einstellen der Elterntaxis. Dass Kinder mit den Autos jeden Morgen quer durch die Stadt in die Grundschule gebracht werden, ist ein Unding.

Drittens: Die Mittelschichtler kümmern sich um die Unterschichtler, laden sie zu sich nachhause ein, machen zusammen Hausaufgaben, gehen zusammen auf Spielplätze. „Ich war noch nie auf dem Kreuzberg“, erzählte uns kürzlich ein Schulfreund, dem wir den Kreuzberg zeigten. Er wohnt 1 km vom Kreuzberg entfernt. Das Bild zeigt den neuen Spielplatz am Kreuzberg.

Mit diesen drei einfachen Schritten kommen wir schon weiter. Der Staat braucht nichts dazuzuzahlen.

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Apr. 032010
 

30032010.jpg Freunde, es geht immer noch tiefer. In meiner schwarzen Kreuzberger Seele tauchen erste Wünsche nach einer Gated Community auf. Grund: Die dauernden Sachbeschädigungen an unseren Fahrrädern, die dauernden Fahrraddiebstähle, die vermehrten Wohnungs- und Kellereinbrüche – und seit einigen Jahren eine ausufernde Straßenkriminalität – übrigens auch in Gestalt von Körperverletzung. Vor wenigen Tagen berichtete ein Nachbar aus unserem Haus, was ihm widerfahren war. Lest das Bild hier oben.

Wir sind noch nicht in Neukölln – sondern in Kreuzberg-West! Der genaue Beobachter kann jedoch den schleichenden Niedergang dieses Viertels mitbekommen. Man braucht nur Bekannte auf der Straße oder Kioskbetreiber anzusprechen – jeder weiß von einem Überfall, von einer Bedrohung zu erzählen oder hat sie selbst schon erlebt.

„Denn jeder Euro, den wir jetzt in Sozialarbeit, in Beratung und Betreuung stecken, zahlt sich aus. Je mehr Geld wir in Integrationslotsen, in kostenlose Angebote, in Armutsbekämpfung und Sozialarbeit stecken, desto weniger Geld müssen wir später in Sozialhilfe, in Gefängnisse und Verbrechensbekämpfung stecken.“

So oder oder so ähnlich hört man es immer wieder. Das ist geradezu Dogma geworden, an dem erst in letzter Zeit ein bisschen gekratzt wird. Wir haben mit diesem Dogma eine blühende, staatlich finanzierte Sozial- und Integrationsindustrie geschaffen! Es wird bereits jetzt sehr viel Geld in Sozialhilfevereine, in nachhholende Integration, in Betreuung, in aufsuchende Sozialarbeit usw. gesteckt. Üppige Autos der Marke Maserati, richtige Luxusreisen sind ermöglicht worden – nicht nur für die Berliner Treberhilfe, sondern auch für wohlmeinende Sozial-Rettungssanitäter wie etwa Hatun und Can e.V. Es gibt keinen wirksamen Kontrollmechanismus für die Vielzahl an Sozialprojekten. Manche Kennerinnen der Szene sprechen bereits offen von einer Berliner Sozialmafia – ähnlich der Berliner Immobilienmafia, der Berliner Drogenmafia …

Ich zweifle dieses Dogma „Wir müssen noch sehr viel mehr Geld für Integration in die Hand nehmen“ ebenfalls an. Warum probieren wir es nicht einmal umgekehrt? Nehmen wir weniger Geld in die Hand! Geld, das wir sowieso nicht haben. Ich meine, man muss das gesamte System der Sozialhilfe umbauen. Es kann nicht sein, dass jede und jeder, der seinen „gewöhnlichen Aufenthalt“ in Deutschland hat, unbefristet mit Kind und Kegel eine üppige Grundversorgung zugesichert bekommt. In der jetzigen Form ist das Sozialgesetzbuch II eine Einladung zur Selbstbereicherung und zur gnadenlosen Staatsausbeutung. Ein Eintrittsbillet zur Kriminalität. Und zwar sowohl für die „zuwandernden Betreuten“ wie die „deutschen Betreuer“. Der Staat wird zum Anspruchsgegner, den man mit einigen leicht erlernbaren Kniffen und Tricks über den Tisch ziehen kann. Man muss wissen, was man in die Formulare hineinschreibt, und dann rollt der Euro.

Wer bringt den Mumm auf, offen für die Devise einzutreten: „Je weniger Sozialhilfe, desto bessere Integration“?  Ich würde umformulieren: „Je genauer befristet jede Art von Hilfe ist, desto besser wird Integration gelingen.“

Ich behaupte: Wir brauchen eine umfassende Fristenregelung in der Integrationshilfe. 6-12 Monate intensivste Unterstützung für Zuwandernde mit ausländischer Staatsangehörigkeit, und ab dann wird die Sozialhilfe planmäßig zurückgefahren.

Wir zitieren die Ex-Tazzlerin Mariam Lau aus dem Blog „Die neuen Deutschen“. Lau ist eine der wenigen, die den Zusammenhang durchschaut haben. Der Fettdruck stammt übrigens von mir.

Je weniger Sozialhilfe, desto bessere Integration « Die neuen Deutschen
Mariam Lau schreibt: “In einigen Staaten ist es leicht, in die Sozialsysteme einzuwandern, und schwer, in den Arbeitsmarkt zu kommen, in anderen ist es umgekehrt. Es ist nicht schwer zu erraten, wo die Integration besser funktioniert. Studien zeigen: Je weniger Sozialhilfe, desto besser sind Zuwanderer integriert. Solange der deutsche Sozialstaat in dieser Hinsicht nicht grundlegend umgebaut wird, wird es keine Integration von Zuwanderern in Deutschland geben. Aber weder die CDU noch sonst irgendeine Partei in Deutschland traut sich derzeit an diesen Umbau. Die meisten wollen ihn ja auch gar nicht.”

Mariam Lau: Die letzte Volkspartei. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2009, S. 149

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März 282010
 

Die allermeisten, die sich mit entschiedenen Ansichten zur Integrationsdebatte äußern, beziehen ihr Wissen aus zweiter Hand. Sie folgen vorgefertigten Bahnen, haben nicht auf eigene Faust Erfahrungen in migrantisch dominierten Vierteln und migrantischen Familien gesammelt. Und die eigenen Kinder schicken sie bewusst auf Schulen, in denen Migranten die Minderheit darstellen. Die meisten Politiker und Journalisten sitzen mangels eigener Anschauung wieder und wieder denselben Irrtümern auf. Welchen?

1. Irrtum: Die Zuwanderer aus Ländern wie der Türkei oder dem Libanon seien individuell, als Einzelpersonen, aufgebrochen, um „anderswo ihr Lebensglück zu machen“. So schreibt es soeben wieder einmal der Berliner Tagesspiegel.  Nichts wäre irreführender als das heute anzunehmen!  Es handelt sich heute fast durchweg um Gruppenmigration. Aus einer Gruppe – in eine Gruppe hinein! Ein Anreiz zur Integration im neuen Land besteht foglich zumeist nicht. Richtig ist: Menschengruppen, die im Herkunftsland keinerlei Perspektive auf Wohlstand und Versorgung haben, brechen auf Beschluss einiger führender Männer auf und wandern als Kollektive auf einmal oder nach und nach in die Bundesrepublik ein. Diese Kollektive verstärken sich durch den Zuzug von Ehepartnern aus den Herkunftsländern laufend neu, bauen gut miteinander vernetzte, autarke Zusammenhänge auf. Diese sich ständig erweiternden Netzwerke in die bestehende deutsche Mehrheitsgesellschaft einbauen zu wollen, halte ich mit den bisherigen Methoden der Integrationspolitik für ausgeschlossen. Die zuwandernden Menschen haben auch nichts weniger im Sinn als dies. Die Integration in die deutsche Mehrheitsgesellschaft würde ja ein Aufbrechen der bisherigen Versorgungsgemeinschaft bedeuten, würde zusätzliche Risiken bergen.

Hier bedarf es einer stärkeren Einfühlung in die Mentalität und die Interessen der Zuwanderer. Sie empfinden subjektiv meist keine Notwendigkeit, sich individuelle Perspektiven zu erarbeiten, sondern sind mit dem Staus quo mehr oder minder zufrieden.

Ein Aufbrechen dieses Zusammenhangs ist meines Erachtens nur über  eine strenge zeitliche Befristung der Sozialhilfe für Angehörige anderer Staaten zu erreichen. Nach einem relativ kurzen Zeitraum, etwa nach 6-12 Monaten, muss die Sozialhilfe für Zuwanderer mit fremder Staatsangehörigkeit automatisch auslaufen – mit dieser klaren, vor der Einreise mitgeteilten Ansage würde endlich ein deutlicher Anreiz gesetzt, sich durch Arbeit zu integrieren.

Der vielbeschworene „Aufstiegswille“, wie ihn neuerdings etwa Klaus Wowereit fordert, lässt sich meines Erachtens nur durch den termingenauen Fortfall der Sozialhilfe erzielen. Ich sehe keinen anderen Weg.

Als Vorbild dafür müssten die Clinton’schen Sozialreformen des Jahres 1996 dienen. Die zeitliche Beschränkung der Sozialhilfe durch die beiden Sozialgesetze “Personal Responsibility and Work Opportunity Reconciliation Act“ (PRWORA) und “Temporary Assistance to Needy Families“ (TANF) führten wie angestrebt zu einem deutlichen Rückgang der Kinderarmut und zu einem Rückgang der Zahl der sozial benachteiligten unverheirateten Mütter. Und vor allem verhinderten die Sozialreformen des Jahres 1996, dass weiterhin in großem Umfang eine hohe Kinderzahl als Quelle von Einkommen durch Sozialhilfe ausgenutzt wurde.

2. Irrtum: Der zweite große Mangel der deutschen Migrationsdebatte besteht darin, dass systematisch die Politik der Herkunftsländer vernachlässigt wird. Die Regierungen der Türkei, Lybiens und Syriens hatten und haben ein Interesse daran, bestimmte Bevölkerungsschichten loszuwerden. Das haben insbesondere die Wissenschaftler Stefan Luft und Ralph Ghadban herausgearbeitet. Diese Staaten kommen so um die Notwendigkeit herum, selbst funktionierende Sozialsysteme aufzubauen, und können ihre eigene Problembevölkerung in Deutschland „unterbringen“ oder „abschieben“. Darüber hinaus nutzt ein Staat wie die Türkei diese „untergebrachte“ Bevölkerung sehr geschickt als Hebel, um eigene machtpolitische Ambitionen voranzutreiben und willkommene Devisen zu erringen.

Ich meine: Hier ist unbedingt der offene Dialog mit den Regierungen der Türkei, des Libanon und Syriens zu suchen.  Grundfrage muss sein: „Warum schickt ihr eure Landsleute zu uns? Was sind eure Interessen? Warum baut ihr kein Sozialversicherungssystem auf, das dem deutschen vergleichbar ist?“

3. Irrtum: Der dritte Irrtum lautet: „Diese zugewanderten Menschen sind sozial schwach und benachteiligt.“ Dies mag vielleicht gegenüber dem deutschen Durchschnitt gelten. Gegenüber  den Bedingungen in den Herkunftsländern stellt aber eine Hartz-IV-Existenz einen bedeutenden materiellen Gewinn und auch eine im Ursprungsland unerreichbare finanzielle Sicherheit dar. Die Sogwirkung des deutschen Sozialstaates besteht ungemindert, zumal da die deutsche Sozialpolitik weiterhin einen zweiten klug bedachten, weiterführenden Umbau des Systems scheut.

Hier ist insbesondere die Axt an die mittlerweile blühende Migrations- und Sozialindustrie zu setzen. Mir hat einmal eine Berliner Sozialarbeiterin erzählt, wie sie zwei Mal versuchte, mit einem türkischen, von Sozialhilfe lebenden Vater, der hier in Berlin aufgewachsen und  zur Schule gegangen ist, über Probleme mit einem Kind zu sprechen. Es war nicht möglich. Der Vater verstand auf Deutsch nicht, worum es ging. Auf Kosten des Staates musste zu den folgenden Gesprächen ein türkischer Dolmetscher beigezogen werden. Ein Fall von tausenden! Die Sozialarbeiter, die Berater, die Bewährungshelfer, die Dolmetscher usw., die unglaubliche Vielzahl an staatlich geförderten Initiativen, Vereinen, Beratungsstellen, Therapeuten usw. haben sich zu einer üppigen steuerfinanzierten Industrie ausgewachsen, die nichts mehr fürchtet als den Fortfall ihrer „Stammkundschaft“. Folglich verstehen die Vertreter dieser Industrie nichts besser, als unablässig die Öffentlichkeit von ihrer Unverzichtbarkeit zu überzeugen.

Ich rate zur Zurückführung der staatlichen Beratungs- und Förderleistungen. Sie sind aufs Ganze gesehen eher kontraproduktiv, weil sie Hilfeempfänger heranzüchten und Selbsthilfekräfte lähmen.

Das freigewordene Geld sollte zukunftsfähig investiert werden.

(Serie wird fortgesetzt.)

Kommentar aus dem heutigen Tagesspiegel:

Die Richtung geht verloren
Es waren und sind die Enkel von Migranten aus der Türkei, die oft genug mit so schlechten Deutschkenntnissen in die Schule kommen, dass ihr Weg in die Sackgasse schon in der ersten Klasse besiegelt wird. Sie sind Opfer der Illusionen von Bewegung ohne Veränderung, die ihre Eltern meist hilflos, die religiösen und politischen Führer in der Türkei oft genug sehr machtbewusst pflegen. Ihre Richtung aber hat die moderne Migration verloren, weil die Mehrheitsgesellschaften selbst vergessen haben, dass individuelles Menschenrecht und Demokratie eine unübertreffliche Orientierung für Menschen sind, die aufbrechen, um anderswo ihr Lebensglück zu machen.

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März 252010
 

Interessanter Bericht heute in der Berliner Zeitung  unter dem Titel „Geschlossene Gesellschaft“. Die dort gesammelten Beobachtungen halte ich für zutreffend. Es ist tatsächlich eine selbstgezogene unsichtbare Mauer um diese arabischen Familien. Sie wollen offenkundig nicht behelligt werden. Ich habe dies selbst erlebt, als ich intensiv an der Fanny-Hensel-Schule für den gestrigen Abend zum Thema „Die neuen Deutschen“ warb. Mehr als die Hälfte unserer Kinder dort kommen aus genau diesen geschlossenen kinderreichen arabischen Familien. Deutsche, polnische und türkische Eltern aus meinem Bekanntenkreis haben ihre Kinder schon abgemeldet. Referent: Badr Mohammed, ein CDU-Politiker kurdisch-libanesischer Abstammung. Einer der ihren! Wer hätte besser über die Lage der libanesischen Einwanderer reden können als er!

Der Abend war ein großer Erfolg! Es kamen viele Deutsche, Deutsch-Türken, Muslime deutscher und türkischer Abstammung, Christen und Konfessionslose, Schulhelferinnen, Sozialarbeiterinnen, 2 Journalistinnen namhafter Berliner Tageszeitungen, sogar einige wenige Mitglieder von der CDU Friedrichshain-Kreuzberg! Toller Referent, gute Beiträge und Fragen, tolle, offene, ehrliche Diskussion um die Überlebensfragen unserer Berliner Gesellschaft.

Wer nicht kam, das waren die Menschen, die Eltern von der Fanny-Hensel-Schule. Ich hatte Dutzende von Einladungen verteilt, die Eltern direkt angequatscht, sogar den unverzeihlichen Fauxpas begangen, arabische Frauen im Schulgebäude direkt anzusprechen und sie zu einem Diskussionsabend über ihre Lage, über die Lage unserer Kinder einzuladen. Nichts zu machen. So leicht kriegt man sie nicht. Eine Mutter hat die Einladung direkt vor meinen Augen in lauter kleine Stückchen zerrisssen. Auch sonst ist kein Vater und keine Mutter von der Fanny-Hensel-Schule gekommen. Wir haben es auch bisher nicht geschafft, dass eins der Kinder unserer wiederholten Einladung zu einem Besuch gefolgt wäre. Aber einen Bogen mache ich nicht um diese Menschen. Im Gegenteil! Ich gehe direkt auf sie zu.

Wir sind ja nicht deutsche Mittelschicht, sondern Kreuzberger Unterschicht. Wir haben ja nicht mal ein Auto.

Geschlossene Gesellschaft – Berliner Zeitung
Nicht nur die deutsche Mittelschicht macht einen großen Bogen um diese Familien. „Sobald mehrere arabische Familien an einer Schule sind, melden die türkischen Familien ihre Kinder dort nicht mehr an“, sagt die Jugendstadträtin von Kreuzberg, Monika Herrmann von den Grünen. Mit all den Sozialhelfern könne man im Grunde nur die Frauen und die Kinder unterstützen. „Wir haben große Schwierigkeiten, in so einen Clan reinzukommen“, sagt sie. Die Familien würden ihre Probleme lieber allein lösen, nicht mit Hilfe des Staates. Das wiederum hänge vor allem mit ihrem Eindruck zusammen, hier nicht gewollt zu werden.

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Feb. 162010
 

Sozialismus oder spätrömische Dekadenz? Der Vergleich unserer Sozialstaatsdebatte mit dem marxistischen Sozialismus, mit seiner unerbittlichen sozialistischen Arbeitspflicht, seinen riesigen Lagern, dem GULAG, der oft tödlichen Zwangsarbeit in gewaltigen Infrastrukturprojekten, dieser Vergleich hinkt meines Erachtens gewaltig. Niemand schickt bei uns die Bürger zu Tausenden und Abertausenden zwangsweise auf die Lager-, Kraftwerks- und Kanal-Baustellen, wie dies Lenin, Stalin, Che Guevara, Castro und viele andere sozialistische Führer taten.

Aber der Vergleich mit dem spätrömischen Kaiserreich ist durchaus aufschlussreich! Im spätrömischen Kaiserreich bedienten sich die Macht-Eliten hemmungslos. Sie wirtschafteten in die eigene Tasche. Der Sinn für virtus romana, für die res publica, für die salus publica ging verloren. Selbstbereicherung herrschte. Auch im spätrömischen Kaiserreich wurden weite Teile der Bevölkerung wie heute durch staatliche Wohltaten alimentiert, durch üppige Spiele und Zerstreuung gefügig gehalten. Begüterte Oberschicht und minderbemittelte Unterschicht nahmen den Staat aus wie die sprichwörtliche  Weihnachtsgans (eine Redewendung, die allerdings erst später mit dem Christentum aufkam). Verantwortlich für das Ganze fühlten sich zwar einige der Kaiser, wie etwa Diokletian oder Konstantin, aber die Mehrzahl der Kaiser hatte alle Hände voll zu tun, den eigenen Machterhalt zu sichern, indem sie der einen oder der anderen Klasse oder Teilkategorie einen möglichst großen Anteil am öffentlichen Reichtum zuschanzten. Das Militär wurde zur wichtigsten Stütze der kaiserlichen Macht.

Richtig arbeiten, sparsam wirtschaften, ackern, säen, ernten – das wollten die verwöhnten Römer nicht mehr. Otium cum dignitate, das war das Ideal. Ich übersetze ins Deutsche: Abhängen in lässiger Coolness, Chillen in Tavernen und Bars, nur nicht die Hände schmutzig machen. Dann kamen die Eroberungsvölker aus dem Osten. Reiterstämme, Steppenvölker, Krieger. Und sie nahmen sich ebenfalls, was sie kriegen konnten. Letztlich krachte die Konstruktion zusammen. Die einigende Klammer war verlorengegangen.

Gespannt bin ich darauf, was die Althistoriker und die Volkswirtschaftler zu Westerwelles vermeintlichem „Amoklauf“ sagen werden!  Alle Meinungsforscher, alle Kommunikationsexperten, fast alle Politiker, die meinungsbildenden Zeitungen wenden sich von Westerwelle ab seit seiner leidenschaftlichen, ihm selbst schadenden Tirade, bei der ich mich allerdings als sein skeptischer Zuhörer, ja Unterstützer zu erkennen gab, der Westerwelles Argumentation nachzuvollziehen versuchte. „O wie unfein, Herr Westerwelle! So etwas tut man nicht als seriöser Politiker!“

Sein Fehler war vielleicht: Er griff nicht gleichzeitig mit der alimentierten Schicht auch die begüterte Oberschicht an, die Besserverdiener. Wenn er dies gemacht hätte, und dafür gibt es Gründe, wenn er die reichen Steuerhinterzieher, die überforderten Manager und die Aufsichtsräte angegriffen hätte, dann hätte man ihm kaum an den Karren fahren können.

Ich meine, man sollte Westerwelle nicht einfach so niederbügeln, wie man dies früher mit Sarrazin, mit Buschkowsky, mit Havemann, Djilas, Havel, Trotzkij und wie sie alle heißen, machte. Alle diese absoluten Minderheiten-Meinungsrebellen hatten etwas für sich. Sie legten den Finger in die Wunde. Sonst hätten sich die Mehrheiten ja auch nicht so über sie aufgeregt.

Mit Arnulf Baring bringt der Tagesspiegel heute ein Interview.

„Umverteilung können wir uns nicht leisten“
Brauchen wir denn, wie Westerwelle sagt, eine Neudefinition des Sozialstaats?

Unbedingt. Niemand kann permanent mehr ausgeben, als er einnimmt. Wir müssen unbefangen über unsere Prioritäten nachdenken. Wenn man der FDP jetzt vorwirft, sie sei konservativ oder populistisch, dann ist das Unsinn. Nicht die FDP, sondern zahlreiche Deutsche sind stockkonservativ in dem Sinne, dass sie unbedingt den bestehenden, unmäßigen Sozialstaat verteidigen wollen. Alle Sozialpolitiker machen sich immer nur Gedanken über zunehmende Umverteilungen. Wenn man sie fragt, woher das Geld dafür kommen soll, halten sie sich nicht für zuständig.

Baring übertreibt und verschweigt. Bedenkenswert ist aber zweifellos Barings Befund, dass die anderen vier Parteien in wesentlichen Teilen mit der Umverteilung öffentlicher Gelder beschäftigt seien oder gewesen seien (mal abgesehen von der SPD-geführten Schröder-Bundesregierung mit ihrer heftig angegriffenen Hartz-IV-Reform, von heftig befehdeten Einzelkämpfern wie dem damaligen Finanzsenator Sarrazin, den aber Berlin nicht mehr haben wollte).

Sicher: Wir Berliner können nicht klagen. Ach, Berliner! Ihr habt doch immer noch beheiztes Wasser in den Freibädern. Uns geht es doch sehr gut! Wir in Berlin haben einen Haushalt von jährlich 19 Milliarden Euro, den uns die anderen Bundesländer etwa zur Hälfte schenken! Niemand braucht selber Eis zu hacken, dafür haben wir ja den STAAT.

Also: Berlin ist REICH. UND SEXY!

Wo bleibt die CDU in diesem Circus Politicus Maximus? Die CDU hätte in ihrem programmatischen Grundbestand eigentlich das Zeug dazu, das vorherrschende Selbstbereicherungs- und Umverteilungsparadigma zu durchbrechen. Sie sollte die zaghaften Ansätze dazu, die in der SPD und der FDP zu besichtigen sind, entschlossen aufgreifen und mit ihrer Subsidiaritätslehre zu vereinen suchen, die aus der katholischen Soziallehre stammt. Eherne Voraussetzung dafür wäre, dass endlich einmal eine Partei den Mut aufbrächte zu sagen: Wenn ihr uns wählt, werdet ihr weniger Geld vom Staat bekommen. Der Staat wird euch weniger schenken. Diese Botschaft müsste man den Bankern, den Aufsichtsräten  und Finanzhaien ebenso zurufen wie der wachsenden Schicht derer, die sich vollständig auf staatliche Alimentierung verlassen.

Der Staat müsste also wie ein guter Vater zu seinen volljährig werdenden Kindern sagen: „Ich schenke dir weniger Taschengeld. Lerne, auf eigenen Füßen zu stehen!“

Subsidiarität, das bedeutet: Zunächst einmal ist die untere Ebene verantwortlich: Der einzelne ist verantwortlich, dass er bei Glätte nicht ausrutscht. Nicht der Staat. Wenn es dem einzelnen nicht zuzumuten ist – dann muss die nächsthöhere Ebene einspringen. So ergibt sich die winterliche Räumpflicht der Hauseigentümer für die Gehwege. Da es den Hauseigentümern nicht zuzumuten ist, auch noch die Straßen vor dem Grundstück freizuhalten, muss der Staat einspringen. So ergibt sich die Räumpflicht der öffentlichen Hand für die Straßen. Alle diese Pflichten hat der demokratische Gesetzgeber nach reiflicher Überlegung eingeführt.

Aber nirgendwo hat der demokratische Staat die völlige Fürsorge für Wohl und Wehe der einzelnen Bürger übernommen. Das Wohlergehen, der Wohlstand der einzelnen Bürger ist im Wesentlichen Sache der Bürger selbst. Der demokratische Staat wächst im Gegensatz zum Fürstenstaat von unten auf. Er stützt sich auf den Fleiß der Menschen, auf Gemeinsinn, Redlichkeit, Gerechtigkeit, auf Fürsorge der Menschen füreinander. Auf die Verantwortung aller für das Ganze. Diese Tugenden gilt es wiedezubeleben.

Ich vermute – genau dies wollte Westerwelle sagen. Und genau darin gebe ich ihm recht.

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Trichtermigration: perspektivlos oder Dauerveranstaltung?

 Migration, Sozialstaat, Verwöhnt, Weihnachtsgans  Kommentare deaktiviert für Trichtermigration: perspektivlos oder Dauerveranstaltung?
Feb. 022010
 

26012010005.jpg Seit vielen Jahren lebe ich in der Nähe des Kottbusser Tores. Und eigentlich ärgere ich mich, wenn wieder einmal behauptet wird, das Leben dort sei „perspektivlos“. Nein, das Gegenteil ist richtig! Nehmen wir nur das Prinzenbad! Wo sonst gibt es ein so tolles Schwimmbad, in dem sogar das Badewasser vorgewärmt wird?

Da sich kaum etwas verschlechtert hat und das meiste gleich geblieben ist, kann man sagen: Die Perspektive ist da – es geht so weiter wie bisher. Wieder einmal steckt der Staat zusätzliche 40 Millionen Euro in den Bezirk, auf dass es so bleibe, wie es ist! Und da wir alle Gewohnheitstiere sind, fühlen wir uns da wohl, wo alles bleibt, wie es ist. Der Tagesspiegel schreibt heute:

Leben am Kottbusser Tor – perspektivlos wie immer
Die Außensicht auf den Kotti entspreche nicht dem Lebensgefühl der Menschen, die hier wohnen, sagt Atrache- Younes. Bei einer Befragung hätten 90 Prozent der Anwohner angegeben, sie fühlten sich wohl im Kiez. „Viele Einwanderer haben sich hier ihr Zuhause eingerichtet“, ein Stück Heimatgefühl nach Deutschland geholt. Das könne sie durchaus nachvollziehen, sagt Atrache-Younes, die aus Syrien stammt.

Wer schnöde und kalt das Leben am Kotti perpektivlos nennt, beweist auch seine Ignoranz gegenüber den Herkunftsländern. Denn der deutsche Sozialstaat bietet genau das: eine Dauerperspektive über mehrere Generationen hinweg.

Ich wette: Allen, die hierherziehen, geht es in Deutschland weit besser als etwa in Syrien, Libanon oder Türkei. Es gibt hier in Berlin geschlossene arabisch- oder türkischsprachige Wohngegenden. Und auf Almosen ist man bei uns nicht angewiesen, denn der deutsche Sozialstaat sorgt in vorbildlicher und verlässlicher Weise dafür, dass es zu keiner echten Armut kommt, wie sie die Menschen in Syrien, Libanon oder der Türkei zu gewärtigen hätten. Im Gegenteil: Durch Segnungen wie etwa „Quartiersmanagement“ oder „Die soziale Stadt“ wird den Vätern und Müttern immer mehr Erziehungs- und Bildungsarbeit abgenommen, die Zuwanderer können sich ganz auf die staatliche gewährte  Dauerperspektive verlassen. Echte Anstrengungen werden nicht von ihnen verlangt.

Kenan Kolat MdB sprach einmal von der üblichen Netzwerk-Migration (dieses Blog zitierte ihn am 13.10.2009): Eines Tages beschließen die Dorfältesten, etwa in Anatolien, dass ein ganzes Dorf nach Deutschland übersiedelt. Gesagt – getan!  Den ganzen Papierkram erledigen bezahlte Profis, die Investition hat man schon nach wenigen Monaten wieder hereingeholt.

In Deutschland wartet eine ganze Batterie von Sozialämtern, Helfern, Assistenten, Betreuern und Landsleuten. Niemand ist auf sich allein gestellt, jeder wird mit offenen Armen empfangen und ins Netz eingeführt. Niemand braucht Deutsch zu lernen. Materielle Not gehört der Vergangenheit an. Erwartungen, dass man irgendwann einmal den Lebensunterhalt durch Arbeit verdienen soll, werden nicht gestellt.

Das ist die Perspektive. Es ist eine Dauerperspektive! Um sie zu erhalten, ergießt sich immer wieder ein warmer Geldregen auf diese Gebiete wie etwa den Kotti. Von diesem Geldregen profitieren Wohnungsbauunternehmen, Sozialprofis, Händler und Helfer. Da es so stetig vorwärtsgeht, kommen auch neue Zuwanderer nach Deutschland, die im Heimatland keine Dauerperspektive erarbeiten könnten und auf Almosen angewiesen wären. Hierfür schlage ich in Anlehnung an Kenan Kolats Ausdruck „Netzwerkmigration“ den Ausdruck „Trichtermigration“ vor.

Unter „Trichtermigration“ verstehen wir die Sogwirkung, die in Städten wie Berlin durch die sozialstaatliche Daseinsvorsorge ausgeübt wird. Dieser Sog wirkt in die unterentwickelten Gegenden anderer Länder hinein und erfasst jene Menschen, die dort keinerlei Zugang zum Arbeits- und Heiratsmarkt haben.

Intensive staatliche Fürsorge, finanzielle Bevorteilung der „benachteiligten“ Stadtquartiere verstärkt die Sogwirkung des Trichters. Das Ergebnis: Der „Trichter“ zieht von außen neue Menschen an, die dann die geschlossenen Siedlungsgebiete der einzelnen Volksgruppen verstärken. Es wird mit sozialstaatlicher Hilfe „eine zweite Heimat“ geschaffen, in der ein weitgehend anstrengungsloses Leben möglicht ist: ein nahezu paradiesischer Zustand, den man auf keinen Fall perspektivlos nennen sollte!

Die Menschen, die seit längerem hier wohnen, versuchen, sobald sie sich den geschlossenen ethnischen Gebieten nicht mehr zugehörig fühlen, den Trichter zu verlassen. Sie ziehen vom Kotti oder überhaupt aus Kreuzberg weg. Es ist ihnen – zu paradiesisch.

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Juli 232009
 

Viel zu wenig beleuchtet im Tagesgespräch wurde leider eine große, vielsagende Studie über: Die Unzufriedenheit der Ostdeutschen mit der Bundesrepublik. Also – eine Unzufriedenheitsstudie! Na, das soll uns Deutschen erst einmal einer nachmachen! Auftraggeber: die Volkssolidarität, der führende Wohlfahrtsverband in den östlichen Bundesländern, der seit 60 Jahren dort besteht. Was soll die wichtigste Aufgabe des Staates sein? Darauf antworten die meisten unter allen Befragten, nämlich 47%: Die soziale Sicherheit ist der wichtigste Wert staatlichen Handelns!

Nicht Freiheit, nicht Gerechtigkeit, nicht Wohlstand, nicht “soziokulturelle Teilhabe”, sondern schlicht dies: soziale Sicherheit. Ach Vera, ach Halina, hättet ihr euch das gedacht bei eurer denkwürdigen Diskussion im Café Sybille im Februar 2009, an die ich noch gerne zurückdenke? Continue reading »

 Posted by at 23:36

Füllen Sie Wasser in den Tank der Marktwirtschaft, oder: Wer kann schon etwas gegen den Weihnachtsmann haben?

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März 262009
 

Eine sprudelnde Quelle von staatlichen Beihilfen für einzelne Branchen bleibt Italien. Das Land ist deshalb mittlerweile in der Rangliste der Volkswirtschaften weit nach hinten gefallen, der Produktivitätszuwachs liegt weit unter dem anderer EU-Staaten.  Und als eine der Ursachen dafür benennen Fachleute den allzu ungehinderten Umgang mit staatlichen ‚aiutini‘.  Selbstverständlich gibt es in Italien auch die Verschrottungsprämie – sie wird noch bis 31.12.2009 weiterlaufen. Allerdings hat man sich in Italien mindestens bemüht, einen Umweltanteil einzubauen; wer sein Auto bloß verschrottet, ohne ein neues zu kaufen, erhält immerhin 80 Euro auf die Hand und ein Jahres-Abo im öffentlichen Verkehr:

Incentivi e rottamazione senza segreti Ecco la guida per avere i vari bonus – Motori – Repubblica.it
INCENTIVI CON ROTTAMAZIONE DI AUTO EURO0 O EURO1
Se si distrugge una vecchia auto e non si compra nulla (la famosa „rottamazione pura“ voluta dai verdi) si ottiene un micro bonus di 80 euro che copre i costi di rottamazione dell’auto e un abbonbamento ai mezzi pubblici, ma per avere la tessera „intera rete“ per un anno non bisogna essere intestatari di altre auto).

Ansonsten gilt: Das jahrzehntelange Beihilfewesen, die innige Verquickung zwischen Brancheninteressen und Politik hat die italienische Autoindustrie zurückgeworfen, der Konzentrationsprozess hat stark zugenommen, der Wettbewerb ist massiv beeinträchtigt, die italienischen Autos werden außerhalb des Landes kaum gekauft. Mit einem Wort: Wenn Staaten gezielt Branchen aufpäppeln und verwöhnen, füllen sie Wasser in den Tank der Marktwirtschaft. Sie spielen Weihnachtsmann und Osterhase. Worüber sich natürlich alle Wähler-Kinder freuen.

Was Italien kann, kann das Land Berlin ebenfalls:  Die Frankfurter Allgemeine Zeitung bringt heute im Finanzteil auf S. 20 einen Rückblick auf die Bankgesellschaft Berlin. „Das Berliner Bankendesaster war bis zum Scheitern der IKB das größte in der deutschen Nachkriegsgeschichte.“ Und dem damals bereits hoch verschuldeten Bundesland Berlin gebührt das zweifelhafte Verdienst, einen Banken-Schutzschirm in der damals noch gigantischen Höhe von 21,6 Milliarden Euro aufgespannt zu haben. An den Folgen wird das Land noch jahrzehntelang zu tragen haben. Berlin macht’s vor!

Die FAZ kommentiert: „Parallelen zur aktuellen Finanzkrise sind unverkennbar: Es wurden Kredite vergeben, die nicht hätten vergeben werden sollen, die Risiken wurden in anderen Finanzprodukten versteckt.“

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„Der Staatssozialismus paukt sich durch“, oder: Würde Bismarck DIE LINKE wählen?

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Feb. 202009
 

Das Bundessozialgericht hat gestern erkannt, dass ein Hartz-IV-Empfänger keinen Anspruch auf Kabel-TV hat, wenn sonst eine Grundversorgung mit Fernsehprogrammen gesichert ist (Az.: B 4 AS 48/08 R).  Ferner: Ein Hartz-IV-Empfänger hat Anspruch auf einen Privat-PKW bis zum Wert von 7500 Euro, so die Rechtslage.-

Heute kaufte ich zum ersten Mal selbst auf dem Türkenmarkt am Maybachufer ein – siehe obiges Foto – und sparte dabei gegenüber ALDI sicherlich mehr als monatliche Kabelgebühren ein.- Der Präsident der Deutschen Kinderhilfe e.V. Ehrmann beklagte heute, dass ein großer Teil der Hartz-IV-empfangenden Eltern nikotin- oder alkoholabhängig sei und dass deshalb eine Hartz-IV-Erhöhung nicht bei den Kindern ankommen würde.

Grund genug für ein paar allgemeinere Überlegungen! Jeder Bürger – sowohl deutsche Staatsbürger wie auch dauerhaft hier lebende ausländische Bürger – hat in der Bundesrepublik nach der Sozialgesetzgebung Anspruch auf eine Grundversorgung durch den Staat – bis hin zu einem Auto, zu Fernsehen u. dgl. mehr. Er muss nicht betteln und flehen – dies ist der große Unterschied zur Armenfürsorge.

Woher kommt dieser Anspruch? Letztlich aus der Sozialversicherung. Diese wurde unter Reichskanzler Bismarck eingeführt: Arbeitnehmer-Krankenversicherung 1883 – Unfallversicherung 1884 – Alters- und Invalidenversicherung 1889. Sie sind letztlich bis heute die Säulen des Sozialstaates geblieben und entfalten weiter eine ungeheure Binde- und Anziehungskraft, weit in andere Staaten wie Russland oder die Türkei hinein. Ist das gerecht? Ist es gerecht, dass eine Familie in Kreuzberg ohne erkennbare Anstrengung drei- oder viermal soviel Geld erhält wie eine ebenso große Familie in Incekum, in der Vater und Mutter arbeiten?

Der deutsche Staat garantiert jedenfalls seit 1889 umfassende Versorgungsverpflichtungen und sichert so eine Zustimmung der breiten Massen zur eigenen Herrschaft. Bismarck selbst hat dies am 26. Juni 1881 gegenüber dem Schriftsteller Moritz Busch so formuliert:

„Es ist möglich, dass unsere Politik einmal zugrunde geht, wenn ich tot bin. Aber der Staatssozialismus paukt sich durch. Jeder, der diesen Gedanken wieder aufnimmt, wird ans Ruder kommen.“

War Bismarck Sozialist? In gewissem Sinne – ja! Denn er kalkulierte, dass der Staat nur durch eine weitreichende Absicherung aller wesentlichen Daseinsrisiken dauerhaft die Zustimmung seiner Bürger behalten könne. In diesem Sinne setzte er sein Vertrauen in die verpflichtende Einbeziehung aller in ein System der Versicherung auf Wechselseitigkeit. Damit grub er den erklärten Sozialisten das Wasser ab.

Wenn heute DIE LINKE erneut keine Gelegenheit auslässt, um die staatlichen Versorgungs- und Absicherungspflichten hervorzuheben, und mit großem Nachdruck eine Erhöhung der „entwürdigend niedrigen“ Regelsätze fordert, kann sie sich auf einen selbsterklärten Staatssozialisten und Wegbereiter berufen, der ihr viel näher steht, als ihr bewusst ist: den Reichskanzler Otto von Bismarck.

Wird sie ans Ruder kommen, wie Bismarck es voraussah? Es wäre sein letzter Triumph!

Nachweis des Bismarck-Zitates vom 26.06.1881: Heinrich August Winkler, Der lange Weg nach Westen, Band 1, Deutsche Geschichte vom Ende des Alten Reiches bis zum Untergang der Weimarer Republik, 4. Auflage, München 2002, S. 250

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