Als ich gestern per Velo zur ADFC-Sitzung aufbrach, hätte mich beim Einfahren auf den Radweg in der Obentrautstraße fast ein unbeleuchteter Radfahrer über den Haufen gefahren. Aber ich bemerkte ihn noch rechtzeitig. Dies und anderes waren auch Thema beim Verkehrsgerichstag in der schönen alten Kaiserstadt Goslar.
AFP: Verkehrsgerichtstag für Erprobung von „section control“
Auf Verkehrserziehung, aber keine strengeren Strafen setzte auch der Arbeitskreis unter dem provozierenden Titel „Radfahrer im rechtsfreien Raum“. Die Experten brachen sogar ausdrücklich eine Lanze für die Radfahrer, die häufiger Opfer von Unfällen seien als Verursacher. Entsprechend dominierten am Ende Forderungen an die Politik, den zunehmenden und umweltfreundlichen Zweiradverkehr schon bei den Planungen besser zu berücksichtigen, Fahrradwege auszubauen und auch bei den Ampelphasen mehr Rücksicht auf das umweltfreundliche Zweirad zu nehmen.Das Fahrrad, müsse als „vollwertiges und gleichberechtigtes Verkehrsmittel anerkannt werden“, erklärte der Arbeitskreis. Auch Forderungen nach einer zwangsweisen Haftpflichtversicherung und einer Helm- und Ausweispflicht für Radfahrer fanden keine Mehrheit.
Naturgemäß gibt es hierzu auch andere Ansichten. Die PS-starke Motorzeitung schreibt:
Immer wieder ist zuerst doch diese eine Frage zu stellen: Warum werden um sich greifende Verstöße von Radfahrern gegen die Straßenverkehrsordnung nicht entschlossen geahndet? Anwendbare Bußgeldsätze sind schließlich vorgegeben. Defekte Beleuchtung etwa kann zehn Euro kosten, das Befahren eines Radweges in nicht zugelassener Richtung 15 Euro. Sind solche Regelsätze den Aufwand nicht wert? Der GDV verweist darauf, dass bei Buß- oder Verwarngeld ab 40 Euro auch ein Eintrag ins Flensburger Verkehrszentralregister erfolgen und es Punkte geben kann. Hat das ein Radfahrer je zu spüren bekommen?
Bedenklich, wenn sich inzwischen sogar der Verkehrsgerichtstag Argumentationen zu eigen macht, die dem Fehlverhalten von Radfahrern goldene Brücken bauen. Folgt man den Deutungen des Präsidenten der Verkehrsgerichtstages, Prof. Dr. Friedrich Dencker, kommt es offensichtlich auch deshalb zum Befahren von Gehwegen und zum Überfahren roter Ampeln (laut GDV mit 125 Euro zu ahnden), weil den Erwartungen der Radfahrer bei kommunalen Straßenplanungen nicht ausreichend Rechnung getragen wird. Mit durchdachter Verkehrsplanung ließen sich solche Verstöße eindämmen, hieß es in Goslar. Einmal mehr zeigt sich die in der Bundesrepublik übliche Tendenz, Missetaten jedweder Art, die mit dem Gesetz in Konflikt bringen, damit zu entschuldigen, dass es wohl an gesellschaftlicher Prophylaxe gefehlt habe. Das zunehmende Fehlverhalten konsequent oder gar härter zu bestrafen, steht offensichtlich nicht zur Debatte.
Wir werden diese Diskussion hier weiterführen!
Fürs erste gilt: Ich versuche Vorbild zu sein. Ich fahre stets mit Helm, ich halte mich an alle Verkehrsregeln, und ich nehme Rücksicht. Im Hof steige ich ab. Ich war aber auch nicht immer so … noch bis vor wenigen Jahren fuhr ich auch gelegentlich bei Rot über die Ampeln. Ich fühlte mich dabei — irgendwie — so herrlich frei.
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