Mrz 092009
 

Weiter Vorbehalte gegen Reform der Grundschule

In den Grundschulen gibt es weiterhin große Vorbehalte gegen das jahrgangsübergreifende Lernen (JüL). Dennoch wird die Methode nach den Sommerferien in vielen weiteren Anfangsklassen eingeführt. „Die Schulräte üben Druck auf die Kollegien aus“, berichten übereinstimmend Vertreter von GEW und Elternschaft. Die Bildungsverwaltung verweist auf die Gesetzeslage, betont aber, dass „begründete Ausnahmen“ weiterhin erlaubt seien. Zum vergangenen Schuljahr hatten sich noch etwa 125 der knapp 400 Grundschulen verweigert.

So berichtet heute der Tagesspiegel. Wir haben uns mit den Eltern im Oktober 2008 an unserer damaligen Grundschule intensiv über das jahrgangsübergreifende Lernen unterhalten. Dann verfassten wir gemeinschaftlich folgendes Schreiben, das fast alle Eltern unsere beiden ersten Klassen unterzeichneten (60 Unterschriften). Der Erhalt und die Weiterleitung unserer Stellungnahme „an die zuständige Stelle“ wurde uns schriftlich vom Schulamt Mitte bestätigt. Eine inhaltliche Reaktion ist nicht erfolgt.

ELTERN DER JAHRGANGSSTUFE 1 AN DER GRUNDSCHULE AM BRANDENBURGER TOR GEGEN JAHRGANGSÜBERGREIFENDEN UNTERRICHT

Berlin, 06. Oktober 2008

– Bezirksamt Mitte von Berlin
Bezirksstadträtin für Bildung und Kultur, Dagmar Hänisch

– Abteilung Bildung und Kultur
Schul- und Sportamt
Mathilde-Jacob-Platz 1
10551 Berlin

 

Sehr geehrte Frau Hänisch,

sehr geehrte Damen und Herren,

wir, die nachstehend genannten Eltern der ersten Jahrgangsstufe in der ersten Klasse der Grundschule am Brandenburger Tor  (Staatliche Europaschule Berlin) sprechen uns dagegen aus, dass für unsere Kinder der jahrgangsübergreifende Unterricht als Regelfall eingeführt wird.

In jeder Klasse der Staatlichen Europaschulen Berlin wachsen Schülerinnen und Schüler verschiedener Nationen mit unterschiedlichen Muttersprachen auf. Sie lernen nicht nur miteinander, sondern auch voneinander.

Bereits jetzt sitzen also in den bestehenden Klassen Kinder ganz unterschiedlicher Herkunft zusammen. Sie bringen in den verschiedenen Teilgebieten unterschiedliche Voraussetzungen mit. Manche können in der ersten Klasse schon langsam lesen, andere fangen mit einzelnen Buchstaben an. Das vielgerühmte gegenseitige Lernen und Lehren der Kinder ließe sich also sofort in einem stärker binnendifferenzierten Unterricht umsetzen. Dafür ist keineswegs die Jahrgangsmischung oder das jahrgangsübergreifende Lernen (Jül) eine Voraussetzung.

Die uns bekannten und seit langen beständig wiederholten Argumente einiger, nicht aller Politiker und einiger, nicht aller Bildungsfunktionäre konnten uns nicht überzeugen, dass das jahrgangsübergreifende Lernen in der Grundschule am Brandenburger Tor den gewünschten Erfolg bringen würde.

Wer in den 60-er Jahren für die altersgemischten Dorfschulklassen eintrat, galt als verknöchert und rückständig. Heute wird man als reformunwillig angesehen, wenn man sich gegen die Wiedereinführung altersgemischter Klassen einsetzt. Uns sind keine wissenschaftlich fundierten Langzeitstudien bekannt, die den Vorteil des jahrgangsübergreifenden Lernens bestätigen.

Wir regen nachdrücklich an, dass zu einzelnen Anlässen und einzelnen Projekten Kinder aus unterschiedlichen Klassen zusammenkommen und voneinander lernen, etwa beim gemeinsamen Theaterspiel und Musizieren.

Wir lehnen jedoch die Einführung der grundsätzlichen Jahrgangsmischung ab, wie sie das Berliner Schulgesetz als Regelfall vorschreiben möchte.

Unsere Kinder brauchen bestmögliche Förderung, einen effizient organisierten Unterricht und verbindliche Lernziele. Die Jahrgangsmischung scheint uns kein geeignetes Mittel, um solche Ziele zu erreichen.

Wir wollen, dass unsere Kinder weiterhin in Jahrgangsklassen unterrichtet werden.

Mit freundlichen Grüßen

Eltern der Jahrgangsstufe 1 an der Staatlichen Europaschule am Brandenburger Tor:

Name Vorname Unterschrift
     
     
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