Mrz 232009
 

Es war wieder einmal herzergreifend gestern bei Anne Will.  „Wollen Sie diese tüchtige Familie, die seit 100 Jahren für und bei Opel arbeitet, wirklich herzlos in ein schwarzes Loch fallen lassen, Frau Bundeskanzlerin?“ Diese Rede schwebte unausgesprochen im Raum, Gefühle wogten hin und her. Ohne Gefühlszeugen geht es offenbar nicht mehr ab im guten deutschen Bekenntnisfernsehen. Von Vertrauen war viel die Rede, von Krise sowieso, von Opel auch – ein herrlicher Dauerbrenner! Opel stellt also tatsächlich mit dem Insignia Autos her, die ohne zusätzlichen Treibstoff 6 Monate lang durch die Zeitungen, Fernsehsendungen und Blogs fahren: das ist Weltrekord, Öko-Effizienzklasse AAA!

„Wir hängen alle von der Firmenmutter ab!“ Dieser Satz wurde gesagt.  Ach Mutti! Ach Vati Staat, lass uns nicht hängen!

Merkel zog sich den Schuh der herzlosen Mutter gar nicht erst an, sondern wehrte geschickt alle Versuche ab, mit denen die Moderatorin Anne Will ihr ein schlechtes Gewissen einzuflößen versuchte. Sie zeigte Einfühlung: „Wir werden als Staat auch helfen, das ist klar.“ Na bitte, das ist doch schon was.

Ansonsten:  Erneut das Bekenntnis zu Wohlstand und Sicherheit. Kein Politiker ist so herzlos dem Volk zu sagen: Unser Wohlstand wird wegen eines erwarteten Minuswachstums Einbußen erleiden, wir werden weniger Geld in der Tasche haben, es wird weniger soziale Sicherheit geben.

Wie machen es die anderen? Ach, so herzlos sind die Schweden! Sie haben ein klares Nein an die GM-Tocher Saab ausgesprochen. Jetzt wissen alle, woran sie sind, es wird noch einmal ein paar Tage heftigst geklagt, und dann werden sich die Arbeiter und Angestellten etwas Neues suchen, etwas Neues aufbauen. Das Meer ist groß und breit – die Welt steckt voller Möglichkeiten!

Buck up, we’ll get along! So Charlie Chaplin am Ende des Films Modern Times.

Über das endgültige Nein des schwedischen Staates zu Beihilfen für Saab berichtet der International Herald Tribune heute:

Sweden says no to saving Saab – International Herald Tribune
[…] the Swedish government has responded to Saab’s desperate financial situation by saying, essentially, tough luck. Or, as the enterprise minister, Maud Olofsson, put it recently, „The Swedish state is not prepared to own car factories.“

Such a view might seem jarring, coming as it does from a country with a reputation for a paternalistic view of workers and companies. The „Swedish model“ for dealing with a banking crisis — nationalizing the banks, recapitalizing them and selling them — has been much debated lately in the United States, with free-market defenders warning of a slippery slope of Nordic socialism.

[…]

„I’m being optimistic, because I can’t envision a time when Saab doesn’t exist,“ Mr. Andersson said in an interview in City Hall.

His son worked at Saab for a decade; his daughter’s boyfriend works there now. „Saab is our identity,“ he said. „We have lived with it for many years, and it’s very important to all of us.“

Saab was always known for its innovative engineering. But analysts say that in recent years, with General Motors’s emphasis on volume rather than individuality, it has lost its edge.

„Under G.M.’s ownership, they denuded the intellectual content behind the brand,“ said Peter Wells, who teaches at Cardiff Business School in Wales and specializes in the automotive industry. „Its products are not exciting enough, and Saab doesn’t have a strong brand identity anymore.“

 Posted by at 18:53

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