Merkwürdig: Genau heute, wo ich das Leitbild „Die zusammenwachsende Stadt“ hier veröffentliche, erscheinen zwei längere Aufsätze ausländischer Journalisten, die als ihren vorherrschenden Eindruck von Berlin genau diese tiefe Zerrissenheit berichten, die das Leitbild zu heilen versucht. Der erste stammt von Anna Wakulik und erschien in der WELT:
Geteiltes Berlin: Der Westen würde den Osten gern abtreiben – Nachrichten Kultur – WELT ONLINE
Vor über 20 Jahren fiel die Mauer, doch zusammengefunden haben Ost und West noch lange nicht. Die junge Polin Anna Wakulik erkundete Berlin mit dem Fahrrad. Auf sie wirkt die deutsche Metropole wie eine schlecht genähte Wunde. Sie fragt sich, wie die Leute es schaffen, hier normal zu leben.
Und der Amerikaner Clayton McCleskey schreibt im Tagesspiegel unter dem Titel „Multikulti mit Mauer“:
Man redet gern von Integration, besonders die Humanitätsapostel, die
Grün wählen, Bio einkaufen und gleichzeitig Geländewagen fahren. Sie
sitzen am Kollwitzplatz, lesen die taz, loben ihre Toleranz. Aber wie
viele Einwanderer wohnen in Prenzlauer Berg? (Schwaben zählen nicht!)
Toleranz ist überall in Deutschland und Berlin ist keine Ausnahme
normalerweise mehr Wort als Tat.Ich habe mal mit einem Deutschen gesprochen, der einen türkischen
Hintergrund hat. Er hat an einer Eliteuniversität in den USA studiert
und sich in Deutschland mit Politik beschäftigt. Aber er hat jetzt die
Nase voll von Deutschland und möchte wieder in die USA. In Deutschland
bleibe er immer Türke. In den USA kann er alles tun und alles werden.
In Deutschland fühlt er sich nicht mehr wohl.Berlin muss und kann seine Türen aufmachen und die Stadt sein, in der
solche Menschen bleiben, um ein erfolgreiches und deutsches Leben
führen zu können. Berlin sollte sich als Integrationsstadt fühlen.Wie schafft man das? Bildung wäre ein guter Startpunkt. Von den Schulen
bis zu den Universitäten sollte es hier immer um Integration gehen.
Beide – die Polin und der Amerikaner – halten uns einen Spiegel vor. Dieser Spiegel ist zerbrochen. Er zeigt das Bild einer zerklüfteten Stadt. Ich sehe darin eine Bestätigung meines Grundgedankens: Die Stadt muss zusammenwachsen. Nur dann wird sie auch wachsen können.
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