Jan 272010
 

Im Flieger von München nach Berlin las ich gestern auch die neuesten Zahlen des Länderfinanzausgleichs.

Das Bundesland Berlin ragt erneut als Klassenerster im Nehmen, in den Transferzahlungen hervor! Fast 2,893 Milliarden Euro erhält im Ausgleichsjahr 2009 das Land Berlin als Zuweisung anderer Bundesländer aus dem Länderfinanzausgleich. Bayern allein zahlt fast 3,37 Milliarden ein.

Es ist eine selten erwähnte, aber allen Haushältern im Abgeordnetenhaus bekannte Tatsache, dass der Haushalt unseres Bundeslandes sofort zusammenbräche, wenn die üppigen Zuwendungen aus den anderen Bundesländern versiegen sollten. Wir sind als Berliner gewissermaßen alle Sozialisten, denn wir geben das Geld anderer Leute aus! Sollen wir also dankbar sein?

Dankbarkeit in der Politik ist selten. Vor allem kann man sie nicht einfordern. Ich gestehe offen, ich BIN Bayern, Baden-Württemberg, Hamburg, Hessen und neuerdings auch Nordrhein-Westfalen dankbar. Denn diese Geberländer ermöglichen z.B. die Beheizung des Wassers im Kreuzberger Prinzenbad. Sie ermöglichen die üppigen Vorstandsbezüge der BVG, einen zusätzlichen Kreuzberger Bügel in der Bergmannstraße. Sie ermöglichen die Anwesenheit der zweiten Lehrkraft in unseren Kreuzberger und Neuköllner „Gettoschulen“.

Jede Forderung nach höheren Bezügen für Vorstände landeseigener Unternehmen, nach kleineren Klassen in Berlin, nach mehr Lehrern, nach mehr Polizisten auf den Straßen, nach längeren Öffnungszeiten der Schwimmbäder muss unter dem Vorbehalt des Haushalts gesehen werden. Wir Berliner zehren vom Geld anderer Leute. Die im Wesentlichen unter den Vorgängersenaten aufgehäuften Landes-Schulden von rund 60 Mrd. Euro zehren am Geldsäckel unserer Kinder und Kindeskinder.

Dankbarkeit kann man nicht einfordern. Aber pfleglichen, sorgsamen Umgang mit dem Geld anderer Leute sehr wohl.

 Posted by at 19:52

  3 Responses to “Danke Bayern!”

  1. Danke – wir Berliner brauchen weiterhin die ganze Sympathie und den Rückenwind des bayerischen Löwen! Der täppisch-gutmütige Berliner Bär wird auferstehen!

    Das Am-Tropf-Hängen-Gefühl hat fast die gesamte Mentalität in Berlin ergriffen und – ich muss sagen – „infiziert“. Es ist in Berlin ein Reflex bei Groß und Klein, bei Rot und Schwarz, bei Grün und Gelb! Ich höre immer wieder Unfassbares. Zum Beispiel: „Wenn man da etwas ändern will, muss man sehr viel Geld in die Hand nehmen.“ Oder: „Gute Schulpolitk ist letztlich nur eine Frage des Geldes.“ Was für ein Unsinn. Nein. Ich widerspreche entschieden!

    Es ist atemberaubend, was mir immer wieder entgegnet wird, wenn ich nur eine winzige Anstrengung von meinen jeweiligen Gesprächspartnern erbitte: „Geht nicht! Solange kein Geld da ist, können wir nichts machen!“, höre ich oft.

    Der Zuschuss der anderen Bundesländer ist bitter nötig für den Schuldendienst, für die Altersrückstellungen und die Bezahlung des öffentlichen Dienstes. Berlin hat wenig Spielraum bei Investitionen, und andererseits werden mitunter Bundesmittel für angedachte Großprojekte nicht abgerufen, weil keine fertigen Planungen in den Schubladen schlummern. Insgesamt konstatiere ich in der Berliner Landespolitik eine ausgesprochene Scheu, auch einmal das „große Rad zu drehen“ – und das würde heißen, einen städtbaulichen Masterplan aufzulegen, der die Stadt endlich ins 21. Jahrhundert katapultiert. Davon sind wir noch Lichtjahre entfernt, und leider rappelt die Grünen-CDU-FDP-Opposition sich auch nicht zusammen … sondern sie zanken sich über Kleinigkeiten.

    Zum Thema Fahrrad: Leider bietet die Lufthansa keine kostenlose Fahrradmitnahmemöglichkeit – (ich habe aber auch nicht danach gefragt). Deshalb kann ich keinen aktuellen Vergleich anbieten. Jedoch habe ich während meiner insgesamt 8 in München verlebten Jahre fleißig die Pedale getreten. Ergebnis: Fahrradstadt München war damals nicht so weit wie Fahrradstadt Berlin heute ist. Ich glaube, Berlin ist derzeit schon etwas weiter, aber es gibt fürchterliche Ecken und Winkel in Berlin, deren man sich als Fahrradaktivist schämen muss.

    Immerhin gibt es einen Austausch zwwichen ADFC München und ADFC Berlin – die Fahrradszene ist vernetzt und man kann versuchen, die Irrtümer anderer Städte zu vermeiden, die guten Beispiele anderer Landeshauptstädte nachzuahmen.

  2. Danke Berlin
    für das Danke Bayern!

    Das gehört zu den wirklich guten Seiten Deutschlands, dass wir uns Sachen wie Soli und Finanzausgleich leisten.

    Ich hoffe aber, dass eines Tages Berlin ökonomisch wie Phönix aus der Asche aufsteigen wird … und dass die Berliner dann immer noch Berlinern und ihr (für mich) wundervolles Multikulti zelebrieren werden.

    Wenn man am Tropf hängt, wie Berlin jetzt, ist das allerdings auch gefährlich. Wird der Zuschuss in Berlin so investiert, dass nicht nur die kulturelle Produktivität der Stadt steigt?

    Was Sie kürzlich über die „Modellstadt“ und die rot-rote Einsicht geschrieben haben, macht da ja etwas Hoffnung.

    Noch eine Frage: Sind Sie jetzt in München auch mal geradelt? Können Sie einen Radwege-Vergleich München-Berlin vornehmen?

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