Aug 232010
 

Es ist immer gut, sich viele einzelne Geschichten erzählen zu lassen, ehe man sich zu einem Urteil über ein politisches Problem vorarbeitet. Heute bringt die Süddeutsche auf S. 4 die Geschichte einer „Hartz-IV-Aufstockerin, die keine Chipkarte will“.

Das „Profil“ soll die unhaltbare Situation einer alleinerziehenden Mutter belegen, die lieber als die Chipkarte 60 Euro mehr pro Monat will, um dann 2 Euro pro Tag für Hausaufgabenbetreuung aufbringen zu können.

Die Chipkarte will Fauzia nicht haben: „Was soll ich mit einer Chipkarte?“ Sie will lieber 60 Euro. Die Tochter Shalima wechselt jetzt aufs Gymnasium.

Der Vater Shalimas hat die Familie verlassen, zu ihren eigenen Eltern hat Kerdouci keine Kontakt.

„Ich habe keinen, der Shalima betreut.“

Hierin liegt das Hauptproblem, wie ich meine. Die Mutter muss den ganzen Laden allein schmeißen. Es gibt kein familiäres oder durch Freunde gespanntes Umfeld, das ihr die Last der Betreuung abnähme.

Der Vater hat sich aus dem Staub gemacht, die Eltern der alleinerziehenden Mutter fallen aus, Freunde bieten keine Hilfe an. Hier meine ich: Da fehlt es an Mitmenschlichkeit, da fehlt es an mitmenschlicher Hilfe, da fehlt es an Zusammenhalt in unserer Gesellschaft. Es fehlt beim Vater Shalimas am Sinn für Verantwortung. Es gibt so viele alte Menschen, die Shalima doch sofort mit Freuden betreuen würden! Die muss man doch finden können.

60 Euro mehr oder weniger werden die Situation Fauzias und Shalimas kaum wesentlich ändern. Wichtiger scheint es mir, eine helfende Hand zu bieten – ohne Geld. Das ist es, was mit dem Wort Nächstenliebe gemeint ist.

Ein Mangel an wechselseitiger Fürsorge der Menschen untereinander wird in Deutschland unablässig mit staatlichem Geld zugeklebt. Die Geschichte von Fauzia Kerdouci zeigt mir das – wie viele andere Geschichten zuvor auch schon.

Politiknachrichten – sueddeutsche.de

 Posted by at 21:41

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