Mai 172011
 

14052011589.jpgRecht kurzweilig ist es, die austauschbaren Botschaften von politischen Kandidaten nebeneinander zu stellen. Rhetorischer Kracher des Tages heute: „Unser Kandidat räumt auf!“ Wir zitieren dieses Blog vom 16.02.2011:

“Heyder räumt auf!” Mit dieser klaren Ansage zieht ein NPD-Kandidat in den Bürgermeisterwahlkampf. “Unser Kandidat räumt auf!” Eine typische NPD-Wahlaussage, mit der auch tatsächlich die Rechtsextremen in der ehemaligen DDR hohe Stimmenanteile erzielen.

Doch nun übernimmt der SPD-Kandidat Wowereit dieses Grundmuster! Heute berichtet der Berliner Kurier:

Berlin brutal: U-Bahn-Gewalt: Wowi räumt auf! | Polizei&Prozesse – Berliner Kurier

Mehr Polizei, mehr Wachpersonal, schärfere Videoüberwachung: Berlin investiert 30 Millionen Euro in die Sicherheit.

Schön und gut. Die Sicherheit in den U-Bahnen ist bedroht. Der Staat muss endlich etwas tun! „TU DOCH ENDLICH WAS, STAAT!“ Ist Wowereit mit dieser Kampfansage: „Wir räumen auf!“ also ein Genosse der braunen Kameraden? I wo!  Es zeigt nur, wie beliebig und austauschbar eine derartige Wahlkampfansage „Unser Kandidat räumt auf!“ ist.

Dahinter steckt das uralte Heilungs- und Verteilungsdenken der Berliner Landespolitik: Bei jedem Missstand wird nach dem Staat gerufen, das Bundesland Berlin nimmt dann viel Geld in die Hand, um den Missstand zu heilen. Das ist wirklich ein Grundmuster, das seit dem 13.08.1961 geradezu in die DNA der Berliner Landespolitik übergegangen ist. Parteizugehörigkeit spielt dabei keine Rolle. Alle Berliner Parteien haben es so gemacht, fast alle machen es weiterhin so, statt entschlossen und ehrlich mit dem alten Muster der Verteilungspolitik zu brechen.

Weitere Beispiele für den Heilungs- und Geldverteilungswahn der Berliner Landespolitik, wie ihm die verschiedensten Parteien huldigen:

„Es liegt zu viel Müll in den Parks!“  „Dann müssen wir ebent den Räumungsdienst 3 Mal statt 2 Mal schicken.“

„Es wird in den Familien zu wenig gekocht.“ „Dann müssen ebent die Schulen Mensen bekommen.“

„Es gibt zu viele lärmende Autos auf den Straßen!“ „Dann müssen wir ebent 5000 Euro Kaufprämie für E-Autos zahlen.“

„Die Mieten steigen!“ „Dann muss das Land ebent neue Wohnungen kaufen oder bauen!“

„Die Schüler lernen zu wenig!“ „Dann müssen wir ebent kleinere Klassen schaffen und mehr Ganztagsschulen einrichten.“

„Die Wasserpreise sind zu hoch!“ „Dann müssen wir eben die Wasserbetriebe zurückkaufen!“

Für alle diese Aussagen habe  ich Belege und Nachweise. Jedoch geht es hier nicht darum, jemanden zu beschämen oder bloßzustellen. Was mich wirklich ärgert, ist: Berliner Politiker der meisten Parteien überbieten sich munter weiterhin in Versprechungen – Versprechungen, die allesamt mit deutlich höheren staatlichen Ausgaben verbunden sind.

Keine einzige der 5 im Abgeordnetenhaus vertretenen Parteien konnte mich bisher im laufendern Vorwahlkampf mit sinnvollen, in sich abgestimmten Haushaltskonsolidierungsvorschlägen beeindrucken. Es passt doch alles hinten und vorne nicht zusammen.

Der Grundfehler scheint mir zu sein: Statt endlich einmal die Schuld für Missstände im jahrzehntelangen Verteilungsdenken, im überparteilichen Wischi-Waschi-Sozialismus der Berliner Landespolitik zu suchen, geben die Politiker weiterhin Geld aus, das sie nicht haben und das der Landeshaushalt auch nicht hergibt.

Und um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, wird dann gerne noch verkündet: „Berlin wird auch weiterhin auf die Solidarität der anderen Bundesländer angewiesen sein.“

Ein groteskes Schauspiel.

 Posted by at 21:38

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