EUROPA NEU ERZÄHLEN!
– ENTWURF einer KREUZBERGER ERKLÄRUNG –
08.12.2011
1) Jauchzet, frohlocket! Wir bekennen uns als europäische Bürger mit großer Freude zur Europäischen Union. Die Europäische Union ist auf Werten begründet, für die wir uns leidenschaftlich einsetzen, insbesondere auf der Würde jedes einzelnen Menschen, der Freiheit, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Das wachsende Haus Europa erfüllt uns deshalb mit großer Freude. Die Europäische Union hat einen in der Geschichte bisher nicht dagewesenen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts geschaffen. Diesen Raum gilt es zu pflegen und zu festigen. Wir wollen, dass die Europäische Union in allen Teilen wächst und gedeiht.
2) Kein Haus wird vom Dach her gebaut. Das offene Haus Europa muss von unten her errichtet werden. Der intergubernative, von oben her lenkende, verfügende Ansatz stößt immer wieder an Grenzen, da jede Regierung bemüht ist, auf Kosten des europäischen Baus das Beste für das eigene Land herauszuholen. Wir bemängeln an der jetzigen Verfasstheit der Europäischen Union eine unvollständige Durchsetzung des Subsidiaritätsprinzips.
Die Gemeinschaftswährung Euro verlangt die nachholende Zustimmung der nachgeordneten Organe, letztlich die nachholende Zustimmung der Bürgerinnen und Bürger.
4) Hätten europäische Bürger und europäische Regierungen in den vergangenen 15 Jahren stets sorgfältig und nachhaltig gewirtschaftet und ihr Tun und Lassen offen und ehrlich erklärt, wären wir nicht in der Lage, in der wir heute sind.
Nicht alles an der seit 2008 andauernden Finanz- und Europa-Krise haben die Regierungen der EU-Länder oder die ominösen Märkte zu verantworten. Einiges an der Vertragskonstruktion ist nicht kohärent. Gerade die wirtschafts- und finanzpolitischen Steuerungsmechanismen des Vertrags über die Europäische Union (EUV) und des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) schränken oft die Handlungsfreiheit von Parlamenten und Regierungen in einer Weise ein, die nur mit aktiver Beteiligung der Parlamente vertretbar wäre.
Diese damals politisch gewollten Festlegungen der Lissabonverträge erweisen sich in unseren Tagen zunehmend als Danaergeschenk, zumal sie auch in nationales Recht, etwa in das Recht der Bundesrepublik Deutschland eingeführt wurden, ohne dass hierüber auch nur der Ansatz einer ausreichenden Debatte stattgefunden hätte. Besonders verheerend wirkte es sich aus, dass die vorher vereinbarten Stabilitätskriterien sanktionslos von der Mehrzahl der Staaten verletzt worden sind und verletzt werden. Dadurch haben die Staaten zugunsten eines vorübergehenden materiellen Gewinns Vertrauen eingebüßt.
Nicht die Sicherung und Mehrung des materiellen Wohlstands sehen wir als den Sinn der Europäischen Union an, sondern die Bewahrung von Freiheit und Demokratie, von Menschenrechten und frei gewählter Verantwortung füreinander. Die Wirtschaftsordnung, die gemeinsame Währung, aller materielle Wohlstand dienen diesem überragenden Ziel der Sicherung der Freiheit. Der Euro und der materielle Wohlstand sind kein Selbstzweck. Dies bedeutet unseres Erachtens: Wir Europäer sind bereit, um des übergeordneten Ziels der Freiheit und europäischen Solidarität willen materielle Einbußen zu erleiden. Der Segen ruht auf den Ärmeren. Wir sind bereit, einen Teil des Wohlstandes, nämlich den durch Staatsschulden finanzierten Teil unseres privaten Wohlstandes aufzugeben, und wir fordern die Regierungen auf, ihre defizitfinanzierten Wohltaten an bestimmte Gruppen abzubauen.
8)
Sorry, the comment form is closed at this time.