Das Buch von Jürgen Habermas las ich gestern. Mit vielem trifft Habermas den Nagel auf den Kopf, etwa wenn er bewusst eine neue, nach den Prinzipen der repräsentativen Demokratie, der Subsidiarität und der Rechtsstaatlichkeit ausdiskutierte Verfassung der Europäischen Union fordert. Hier schlägt er völlig zu recht eine in den europäischen Gesellschaften erst noch zu führende, ausführliche Debatte vor.
Die bestehenden intergubernativen Verträge erfüllen diesen Zweck der Verfassung nicht.
Anderes in dem Buch ist grob irreführend, etwa wenn Habermas immer wieder vom „Imperativ der Märkte“ spricht, der die Regierungen handlungsunfähig mache. Das ist wirklich falsch gesehen von Habermas. Das Problemgefüge, das seit etwa 15 Jahren konsequent auf unsere seit 2008 herrschende Finanz- und Währungskrise hingeführt hat, liegt ursächlich in der übermäßigen Verschuldung der öffentlichen und privaten Haushalte, und dafür sind die europäischen Regierungen und die von den Regierungen übermäßig verhätschelten europäischen Bürger verantwortlich zu machen – nicht die Märkte, und schon gar nicht der vielbeschrieene „Neo-Liberalismus“!
Diesen kausalen Zusammenhang beschrieben übrigens gestern in der FAZ die Verfasser der „Bogenberger Erklärung“ mit großer Überzeugungskraft.
Das Gespenst des Neo-Liberalismus, die Vogelscheuche des „Diktats der Märkte“ ist eine durchs europäische Dorf getriebene Chimäre, die davon ablenken soll, dass die Bürger und die von ihnen gewählten Regierungen nicht sorgfältig und solide gewirtschaft haben. Hätten europäische Bürger und europäische Regierungen in den vergangenen 15 Jahren stets sorgfältig und nachhaltig gewirtschaftet und ihr Tun und Lassen redlich erklärt, wären wir nicht in der Lage, in der wir heute sind.
Lärmender Meinungskampf – Jürgen Habermas zur Verfassung Europas – Märkische Allgemeine – Nachrichten für das Land Brandenburg
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