Am Radio verfolge ich Ereignisse in Rom:
Kraftvolle, von gesammelter Leidenschaft geprägte Antrittsrede des wiedergewählten italienischen Staatspräsidenten Giorgio Napolitano! Worte, die nichts offen lassen, die nichts und niemanden verschonen!
Napolitano geißelt unumwunden Korruption, Schlendrian, Selbstbezüglichkeit der italienischen Politiker.
Die anwesenden italienischen Politiker klatschen ihm einmütig Beifall.
An Versäumnissen zählt er auf: Wahlrechtsreform, Verfassungsreform, Kampf gegen die Korruption, Senkung der Politikkosten. Überall beklagt er – Fehlanzeige!
Einen fundamentalen Mangel an Tatkraft, an bürgerschaftlichen Tugenden, die Italien einst zusammengeführt hätten, beklagt er. Dieser Mangel an Tugenden des Gemeinsinns führe zu einer Unterhöhlung der Institutionen, zu einer Lähmung der Reformfähigkeit, zur gegenseitigen Blockade.
Der überschwängliche Beifall der Versammlung – spontan mehr als 30 Mal gespendet – trägt ihn!
Jetzt kommt er zur Wirtschafts- und Finanzkrise, zu Europa! Auch hier stellt er seinem Vaterland kein gutes Zeugnis aus.
Dinamismo e solidarietà! Entfaltung der Kräfte im Geiste der Solidarität! Darin sieht er die Sendung Europas, der auch Italien genügen müsse.
Seine Forderungen: Ungenutzte Ressourcen – Jugendliche, Frauen – nicht zur Untätigkeit, zur Rückständigkeit verdammen! Institutionen des Staates handlungsfähig machen!
Volere il cambio – den Wandel wollen!
Den Süden aus der Rückständigkeit und der Verarmung herausziehen!
Das Internet bietet zahlreich Anknüpfungs- und Beteiligungsmöglichkeiten, aber nur politische Parteien, die endlich auch fähig zur Selbsterneuerung sind, können diese Einflüsse bündeln und artikulieren.
Dem neugewählten Parlament empfiehlt er, sich ein konkretes Programm mit klaren Zielen und Fristen zu setzen.
Napolitano geißelt jetzt die Scheu vor Koalitionen als Rückfall, als Regression in im Grunde politikfremde Radikallösungen, die das Denken in Alternativen unmöglich machen. Ein klares Votum für die Kunst der Vermittlung.
Ergreift die Verantwortung, werdet endlich verantwortlich – das ist letztlich der Dreh- und Angelpunkt seiner gesamten Rede.
Napolitano ist sichtlich getragen, auch mitgenommen von eigenen Emotionen.
Viva il Parlamento, viva la Repubblica, viva l’Italia!
Es lebe das Parlament, es lebe die Republik, es lebe Italien! So die letzten Worte.
Begeisterter Applaus der Versammlung.
Zweifellos eine packende, eine große Rede!
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