Mai 222013
 

2013-05-20 13.57.00

 

Die Erwartung an den Staat bedeutet, daß man von allen anderen ( = Staat) erwartet, statt von sich selber. Jeder hängt am anderen in einem falschen Gefühl von Sicherheit, denn man hängt nicht weniger in der Luft, wenn man mit zehntausend anderen hängt. Nur merkt man seine Unsicherheit nicht mehr. Die zunehmende Erwartung an den Staat ist kein gutes Symptom, es will nämlich bedeuten, daß das Volk auf dem besten Weg ist, zur Schafherde zu werden, welche immer von den Schäfern erwartet, auf gute Weide getrieben zu werden. Bald wird der Schäferstab zur eisernen Rute, und die Schäfer verwandeln sich in Wölfe.

So schrieb es der große Schweizer Carl Gustav Jung 1945 über uns Deutsche in seinem hellsichtigen Aufsatz „Nach der Katastrophe“.

Die Abgabe der Verantwortung für das eigene Leben an die Politik und an den Staat, das kindliche Vertrauen der Massen in die politische Führung erkennt er als eine der Hauptursachen für die Katastrophen des 20. Jahrhunderts.

Zitiert nach:

Das C. G. Jung Lesebuch. Ausgewählt von Franz Alt. Walter Verlag, Solothurn und Düsseldorf, 7. Auflage 1994, S. 221-250, hier S. 229-230

Jung, C. G. Gesammelte Werke und andere Schriften – www.cgjung.de.

Bild: Saftiges Weideland, gesehen auf einer Fahrradtour durch die Mark Brandenburg zwischen Müncheberg und Trebnitz auf dem Europaradweg R1. Aus eigener Kraft erreicht!

 Posted by at 17:09

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