Aug 122013
 

Phaidon_beginning__Clarke_Plato

Der fleißige Kreuzberger Hausfreund las als guter Europäer frühmorgens schon ein kleines Häppchen Platon. Was liegt näher als das Mittelmeer – zumal nach einem so herrlichen Urlaub an der türkisch-griechischen See?

Sokrates vergleicht bekanntlich im Phaidon die Griechen mit Fröschen, die in ihren kleinen Siedlungsflecken um einen Teich säßen, der von den Säulen des Herakles (=Gibraltar) bis zum Phasis, dem Grenzfluss in Armenien reiche:

Ἔτι τοίνυν, ἔφη, πάμμεγά τι εἶναι αὐτό, καὶ ἡμᾶς οἰκεῖν  τοὺς μέχρι Ἡρακλείων στηλῶν ἀπὸ Φάσιδος ἐν σμικρῷ τινι μορίῳ, ὥσπερ περὶ τέλμα μύρμηκας ἢ βατράχους περὶ τὴν θάλατταν οἰκοῦντας, καὶ ἄλλους ἄλλοθι πολλοὺς ἐν πολλοῖσι τοιούτοις τόποις οἰκεῖν.

Also ist das Mittelmeer laut Sokrates eine Art Froschtümpel! Wichtig festzuhalten: Die Griechen verknüpften mit ihrer Besiedlung der Ränder des Mittelmeeres keinerlei universalen Machtanspruch. Die Idee eines Reiches lag ihnen sehr fern. Im Gegenteil: Die Zerstrittenheit der Griechen untereinander war legendär. Die Idee des Großreiches wurde zunächst nur im Osten der Mittelmeerwelt verkörpert, in den großen Machtverbänden der Perser, der Meder, der Ägypter. Die Großreiche der Antike entstanden zunächst im Osten, im „Orient“, wie wir heute sagen. Sie waren nicht griechischen Ursprungs. Der griechische Blick auf die bewohnte Welt hatte damals gewissermaßen kein Zentrum. „Dieser Blick erfasste die Vielzahl der Länder in ihrem Nebeneinander“ (C. Meier).

Bild: Kodex mit der ältesten erhaltenen Handschrift, dem Beginn  des platonischen Phaidon, der Codex Clarkianus aus dem späten 9. Jh.
Zitate:
Platonis Phaidon, ed. Burnet, Oxonii 1903, ed. St. 109
Christian Meier: Kultur, um der Freiheit willen. Griechische Anfänge – Anfang Europas? Siedler Verlag, München 2009, S. 34

 

 

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