23. Mai 2017, Kreuth am Tegernsee, abends.
Gutes, lauschendes, tief einsaugendes Lauschen auf die Landleute beim Viehtrieb in Kreuth! Das ist ja genau die Sprache, die mir in die früheste Kindheit hineinschallte, meiner Mutter Sprache – Bairisch, ein Idiom, dessen ich mich bei meinen gelegentlichen Aufenthalten in meinem Herkunftsland gern auch selbst befleißige.
Vergessen wir nicht, wir sind hier am Tegernsee auf ältestem deutschem Kulturboden. Der älteste erhaltene deutsche Roman überhaupt, der berühmte Ruodlieb – ein lateinisch verfasstes Versepos – stammt aus dem Kloster Tegernsee! Er wurde gut 9 Jahrhunderte vor Thomas Manns Doktor Faustus verfasst, diesem Schicksalsroman, dessen letzte, dramatisch zugespitzte Szenen ebenfalls im oberbayrischen Voralpenland spielen. Ja, die in Pfeiffering ausgemalten Schlussbilder, der gutmütige Dr. phil. Serenus Zeitblom hätte sie auch hier ansiedeln können.
Bild: eine Kreuther Ziegenherde am 23. Mai 2017, wenige Momente nach dem Austrieb aus dem Stall. Unsicher taumelnd tollen die Ziegen umher. Nach der Sicherheit des Stalls, wo ihnen Tag um Tag das Futter gereicht wurde, löst die Freiheit des Graslandes einen rauschartigen Tanz aus. Die Herde bleibt sicherheitshalber vorerst zusammen. Die Herde bietet Schutz angesichts des Neuen, das da kommen mag.
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