Mai 152010
 

Auf etwa 50 Quadratmetern lebten in den 70er Jahren im Moskau der Sowjetunion etwa 1-2 Familien mit 5-8 Menschen zusammen. Das galt auch für Akademiker, Künstler, Ingenieure. Umzug, Wohnungswechsel gehörten zur Normalität. Niemand murrte darüber. Das Wichtigste war: Man lebte in der Hauptstadt. Dafür war man bereit, mit weniger Wohnraum auszukommen als ein Bauer in Taschkent.

Heute hat in Berlin ein Sozialmieter oft schon ein Drei- bis Vierfaches der gutverdienenden Moskowiter an Wohnraum zur Verfügung. Dies ist ein nachgereichter Beleg für die Überlegenheit der Westberliner Mischform aus  Kapitalismus und Klientelismus! Und was einmal so ist, muss auch immer so bleiben. Die Bau- und Wohnungswirtschaft, die politischen Parteien, die öffentliche Verwaltung und die Sozialstaatsklientel – sie alle lebten prächtig von den Steuermillionen, die die reiche Bundesrepublik aus dem Westen herüberscheffelte. Wenn wieder einmal 500.000 D-Mark fehlten, genügte oft schon ein Griff zum Telefonhörer und ein Gespräch mit dem zuständigen Abgeordneten.

Mir wurde das von Berliner Politikern etwa so berichtet: „Kannst du uns mal bitte einen Haushaltsposten für 550.000 D-Mark lockermachen? Ja? Danke, wir laden dich dann zu unserem nächsten Empfang ein.Tschühüß!“ Und die 50.000 D-Mark Überschuss? Die waren Verfügungsmasse, mit denen konnte man sich weitere Klientelgruppen heranzüchten. Hier ein Pöstchen, da ein Mandätchen.

So hat man in Berlin über die Jahrzehnte hin eine satte, üppige Versorgungslandschaft erblühen lassen. Samt passender Versorgungsmentalität und Verteilungs-Ideologie. Ein Schlamm. Ein richtiger Faulschlamm. Dieser Schlamm baute sich über Jahre und Jahrzehnte auf. Das Gute daran ist: Schlamm ist fruchtbar. Im Schlamm gedeihen Geschöpfe, die anderswo nicht überleben würden.

Dann kam 2001. Der Bankenskandal. Die riesige Chance!  Jetzt konnte man den Schlamm richtig ausräumen. Besser: Man hätte den Schlamm ausräumen können. Man konnte die Gatter öffnen, konnte die alte Westberliner Verteilungsmentalität hinausspülen. Die gesamte alte Westberliner Machtelite konnte nach vorne treten und sagen: „Ja, wir sind Teil dieses Systems gewesen. Ja, wir waren dabei. Ja, wir haben uns an dieser Stadt und am Haushalt dieser Stadt versündigt. Die Väter haben Trauben gegessen – und den Söhnen werden die Zähne stumpf! Wir wissen, dass an unseren politischen Sünden die Stadt noch jahrzehntelang zu leiden haben wird. Zum Zeichen der Umkehr ändern wir unsere Politik grundlegend. Wir haben uns versündigt.“

Das alles wäre damals möglich gewesen. Es kam anders, wie wir alle wissen. Teile der Berliner Parteien betreiben Politik weiterhin, als hätte es „2001“ nie gegeben. Die Erfahrungen des Jahres 2001 werden als singuläres traumatisches Ereignis abgetan. Als wäre dieser Skandal der einzige gewesen! Also eine Art Tabubruch, für den man keine Erklärung liefert und aus dem man keine Lehren zieht.

Es wird weiterhin munter Geld verteilt. Jede Partei findet einen eigenen Berechtigungsgrund für das Geldverteilen: Mal sind’s die Investoren, mal sind es die Sozialschwachen, mal die Mieter, mal die Vermieter, mal die Klimaschützer. Dann die Klimaschutzindustrie, dann die Elektro-Auto-Industrie. Dann die Sozialindustrie. Dann die Antifa-Industrie.

Ausnahme: Für Kindererziehung gibt es keine Industrie. Deshalb fehlen in Berlin Lehrer, fehlen Erzieher. Sie sind nicht ausgebildet worden. Ausgerechnet da, wo staatliches Geld am dringendsten benötigt wird, fehlt es – schlimmer noch: Es kann mangels Masse nicht ausgegeben werden. Lehrer und Kita-Erzieher kann man sich in Berlin nicht kaufen. Es gibt sie nicht mehr zu haben.

Man verteilt Geld um an seine Empfängergruppen. Teile aller Parteien machen das so bei uns im Bundesland Berlin, selbstverständlich auch der ehemaligen Alternativ-Partei, der heutigen Grünen. Jeder holt sich vom Staat ab, was er kriegen kann. Auf dass kein Wandel eintrete!

Gibt es Ausnahmen? Ja. Selbstverständlich. In allen Parteien gibt es Zeichen des Umdenkens. Umstiege, Ausstiege aus satten, faulmachenden Verteilungssystemen. Der jetzige Finanzsenator und auch sein Amtsvorgänger bemühen sich redlich, die alte Versorgungsmentalität zu brechen. Sie haben oder hatten es schwer. Was Sarrazin über Migranten vom Stapel gelassen hat, lag daneben. Aber als Fachpolitiker hat er sich kein X für ein U vormachen lassen. Absolut untypisch für Berlins Parteienlandschaft! Ein Fremdling, ein migrantisch-erratischer Block. Gleiches gilt für den jetzigen Amtsinhaber Nußbaum. Ebenfalls erratisch, von außen eingeflogen und obendrein parteilos. Dass stets migrantische Politiker zu Finanzsenatoren werden, lässt tief blicken. Es ist doch offenkundig, dass eine solide Haushaltspolitik von denen, die vor 2001 ihr politisches Handwerk in Bundesland Berlin erlernt haben, vorerst nicht unbedingt zu erwarten ist. Also müssen Migranten aus anderen Bundesländern ran.

Es beweist, dass das jahrzehntelang angezüchtete finanzpolitische  Versorgungsdenken in Berlins Parteien noch keineswegs überwunden ist.

Letzter Beleg: Das inständige Flehen um eine Wiedereinführung der staatlichen Mieterförderung im großen Stil. Es darf sich nichts ändern! Die alten Kartelle sollen über die Hintertür wieder entstehen. Es soll ja alles so bleiben, wie es immer war. Hauptargument neuerdings gegen das Umziehen: „Wir haben hier unser gewachsenes Umfeld.“ Und das gewachsene Umfeld, die herrlichen Sozialkieze, der Traum jedes Moskowiters,  – das alles muss der Staat hegen und pflegen.

Wie in den guten alten Zeiten vor 2001. Zurück ins alte West-Berlin!

Post für den Problemmieter – 15.05.2010 – Berliner Zeitung

Man verfolge schließlich dasselbe Ziel: „Wenn die Politik auf massiven Druck oder per Richterspruch die Förderung wieder einführt, hilft das ja auch uns Eigentümern.“ Mit der Erhöhung hat Fitzke seinem Problemmieter sogar ein Wohnungsangebot der Konkurrenz aus der Nachbarschaft mitgeschickt: „Die Wohnung dort wäre billiger, dafür sogar größer“, sagte er.

 Posted by at 12:34
Mai 142010
 

„Alles schön und gut, was Sie da über die Familie sagen, Herr Hampel.  Aber wie stehen Sie denn zum Betreuungsgeld? Wenn die Familien die Hauptverantwortung für die Erziehung tragen, müssten Sie doch dafür sein, das vorhandene Geld direkt an die Familien zu verteilen statt es in Kitas zu stecken?“

So werde ich manchmal gefragt. Auch der CDU-Ortsvorsitzende in Kreuzberg-West, Dr. Wolfgang Wehrl, legte mir vorgestern eine ähnliche Frage vor. In der Tat: Soll man in dieser Frage eher zur Bundesregierung stehen oder zum CDU-Landesverband Berlin? (Oder gar zu Städtetagspräsidentin Petra Roth, die heute mit einer neuen Hiobsbotschaft hervortritt?)

Meine Antwort: Ich bin gegen das staatliche Betreuungsgeld – wie ja der CDU-Landesverband auch. Mehr Geld an die Familien wird unsere Kinder in Berlin nicht glücklicher, geschweige denn klüger machen. Die Familien haben dank üppiger staatlicher Alimentierung und dank allerlei zusätzlicher Einnahmequellen alle genug Geld! Allein den Gedanken, mit mehr Geld könne man die Erziehungskompetenz  der Familien stärken, halte ich für abwegig.

Sofern es Haushälter gibt, die meinen, man könne zusätzliches Geld verteilen, mögen sie vortreten! Und, ja, richtig: Wenn es viel freies Geld zu verwenden gibt, sollte man es in den Ausbau der Kitas stecken. Notfalls sollte man auch Geld von der Sozialhilfe weg, vom Kindergeld weg, von der Schwarzarbeit weg in den Ausbau der Kitas umlenken. Das würde ich befürworten.

Aber ich bleibe dabei: Die Hauptverantwortung für die frühkindliche Erziehung sehe  ich bei den Familien, im Klartext: bei den Vätern und den Müttern. Die Väter und die Mütter tragen die Hauptverantwortung dafür, dass die Kinder bei Beginn der Schulpflicht alle Tugenden mitbringen, die für einen erfolgreichen Schulbesuch notwendig sind: gesunde Ernährung, ausreichende Bewegung, ausreichende Deutschkenntnisse, Achtung der Autorität der Erwachsenen (auch der Frauen), Konzentrationsfähigkeit, Sorge um körperliche Gesundheit, Bewusstsein dafür, dass es Regeln gibt und diese auch einzuhalten sind.

Deshalb meine ich: In der Türkei sollten alle Kinder zu Schulbeginn muttersprachliche oder nahezu muttersprachliche Türkischkenntnisse erworben haben. Dafür tragen die Eltern die Hauptverantwortung. Das gilt umgekehrt für andere Länder auch. Für die USA ebenso wie für Österreich. Wer in Österreich lebt, muss Deutsch lernen. Chinesische Eltern in den USA müssen dafür sorgen, dass die Kinder bereits in früher Kindheit zuhause Englisch lernen. Und sie tun dies ja auch.

Obwohl viel mehr Menschen weltweit Chinesisch als Englisch zur Muttersprache haben, passen sich die Chinesen in den USA an: die chinesischen Kinder in den USA lernen von Anfang an Englisch und erzielen folglich von Beginn der Schulkarriere an exzellente Ergebnisse.

Auch die vielen kurdischen und die wenigen armenischen, die wenigen griechischen und die wenigen assyrischen Eltern in der Türkei müssen sich anstrengen, damit ihre Kinder dem Schulunterricht in türkischer Sprache von Anfang an folgen können. Der türkische Staat erteilt da keinerlei Sonderrechte. Er kannte nie Ausnahmen für seine zahlreichen großen und kleinen ethnischen Gruppen.

Allerdings hat er glücklicherweise das Verbot der Minderheitensprachen aufgehoben. Es gibt sogar einen erlaubten kurdischen Radiosender in der Türkei. Toll! Niemand wird heute im Osten der Türkei bestraft, wenn er die lange unterdrückte Sprache der Großväter und Großmütter wieder auskramt.

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Apr. 202010
 

18042010006.jpg 500 Euro kostet derzeit etwa eine schwarze Meldeadresse, mit der man seine Kinder auf einer genehmen Schule unterbringen kann. „Alle machen das!“, wurde mir entgegnet, als ich einmal empört diese Praxis der falschen Adressen als „verwerflich“ bezeichnete. Ich werde überwiegend belächelt, wenn ich für Steuerehrlichkeit, für Melde-Ehrlichkeit eintrete. So wird unser Gemeinwesen übers Ohr gehauen. Man plündert diese Republik aus, holt sich, was man kriegen kann. „Bitte nur das Beste für MICH und für MEINE Kinder!“

Wie würden diese Eltern staunen, wenn sie erführen, dass die Eltern weit stärker für den Bildungsweg des Kindes verantwortlich sind als die Schule?

Wir haben somit ab Klasse 1 keine Einheits-Grundschule mehr, wie sie das Grundgesetz wollte. Die soziale Sonderung setzt bereits sehr früh ein. Darauf wiesen jetzt etwa 1000 Grundschullehrer hin:

Dokumentiert: Offener Brief an Senator Zöllner – Schule – Berlin – Tagesspiegel
Eine Entmischung findet statt: Die Mittelschichtskinder bleiben in gut ausgestatteten Schulen unter sich und die Risikokinder bleiben in weit schlechter ausgestatteten öffentlichen Schulen ebenfalls unter sich.

Der erste Pawlowsche Reflex ist es stets, mehr Geld zu fordern, bessere Ausstattung, kleinere Klassen. Ein großer Trugschluss! Wieder einmal schiebt man alle Schuld auf den Staat. Auf die Verhältnisse. Das ist sehr bequem.

Aber: Das Geld ist nicht da, mehr Lehrer sind nicht da, und die Schulen in sozialen Brennpunkten sind heute besser ausgestattet als der Durchschnitt.

Es gibt keinen Beleg dafür, dass das Lernen in kleineren Klassen zu besseren Ergebnissen führt. Es scheint aber Studien zu geben, die beweisen, dass die Klassengröße ohne Einfluss auf den Lern-Erfolg ist. „Kleinere Klassen bringen nichts„, meldete der SPIEGEL am 19.04.2010.

Die Entmischung setzt von seiten der Eltern ein. Die Mittelschicht- und die Oberschicht-Eltern sind verantwortlich, wenn wir Migranten und wir  Unterschichtler unter uns bleiben. Ganz unten.

Übrigens: Wer ganz unten ist, hat keine Abstiegsangst mehr. Also: Kommt zu uns!

Ich schlage erstens vor: Alle Eltern melden sich und ihre Kinder mit ihrer richtigen Adresse an. Das wäre schon mal ein erster Schritt zu mehr Gemeinsinn.

Zweiter Schritt: Einstellen der Elterntaxis. Dass Kinder mit den Autos jeden Morgen quer durch die Stadt in die Grundschule gebracht werden, ist ein Unding.

Drittens: Die Mittelschichtler kümmern sich um die Unterschichtler, laden sie zu sich nachhause ein, machen zusammen Hausaufgaben, gehen zusammen auf Spielplätze. „Ich war noch nie auf dem Kreuzberg“, erzählte uns kürzlich ein Schulfreund, dem wir den Kreuzberg zeigten. Er wohnt 1 km vom Kreuzberg entfernt. Das Bild zeigt den neuen Spielplatz am Kreuzberg.

Mit diesen drei einfachen Schritten kommen wir schon weiter. Der Staat braucht nichts dazuzuzahlen.

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Weniger Geld in Sozialhilfe – mehr in Bildung stecken!

 Geld, Sozialadel, Sozialstaat  Kommentare deaktiviert für Weniger Geld in Sozialhilfe – mehr in Bildung stecken!
Apr. 102010
 

Die Ressourcen des Staates sind endlich. Selbst wenn wir den Spitzensteuersatz auf 80%  anheben, so dass ein Vorstandsvorsitzender netto nicht 100 Mal, sondern nur 10 Mal soviel verdient wie ein Bundestagsabgeordneter, wenn wir all die reichen Steuerhinterzieher aus ihren Luxemburger Verstecken scheuchen, die reichen Unternehmens-Erben durch eine kräftig-ausgleichende Erbschaftssteuer heranziehen: die Kassen des Staates können nicht mehr hergeben, als die Bürger zuvor hineintun.

Derzeit gibt der Staat – Bund, Länder, Gemeinden – etwa 33% des Haushaltes für Sozialleistungen aus und – bei großzügigster Buchhaltungskosmetik – 8-10% für Bildung und Forschung. Das reicht nicht, wie die ZEIT soeben meldet:

Arbeitsmarkt: Von der Leyen warnt vor Fachkräftemangel | News | ZEIT ONLINE
Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat vor einem dramatischen Fachkräftemangel in Deutschland gewarnt. «Wir sehen die ersten Anzeichen eines Fachkräftemangels, der dieses Land stärker verändern wird, als die Krise es getan hat», sagte sie dem «Hamburger Abendblatt».
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Daher müssten Qualifikation und Weiterbildung verbessert werden. «Wenn wir es schlecht machen, sehen wir in einigen Jahren einem drastischen Fachkräftemangel entgegen bei gleichzeitiger Massenarbeitslosigkeit, weil Menschen nicht ausreichend ausgebildet sind für die Fertigkeiten, die gebraucht werden», sagte von der Leyen.

Zu viele Kinder und Jugendliche verbleiben in den Sozialhilfe-Warteschleifen. Gerade die Kinder müssen aus der Erwartungshaltung des Kümmerer-Staates, des Versorger-Ersatz-Vaters herausgeholt werden. Die Umgestaltung und Verschlankung des Sozialwesens zugunsten besserer Bildungschancen – das wäre eine Riesenaufgabe, für die eine einzelne Politikerin sicher nicht ausreicht! Da müssen auch die Männer ran!

Hier braucht es den Mut zu erzieherischen Kürzungen und persönlichkeitsbildenden Befristungen im Sozialbereich, und es braucht den Mut zur Umschichtung der freiwerdenden Mittel in die Schuldentilgung und den Bildungsbereich hinein.

Wer wagt sich daran?

 Posted by at 12:05
Apr. 032010
 

Sozialhilfe, die nicht an Bedingungen und nicht an Fristen geknüpft ist, führt zu einer „erlernten Hilflosigkeit“. Die Psychotherapeuten verwenden diesen Ausdruck, wenn der Patient es nicht schafft, sich aus den stützenden Korsetten einer Beziehung zu lösen. Typisch ist der Ehemann, der das Kochen und Waschen verlernt und deswegen an einer Beziehung festhält. Genauso scheint es mit den Sozialhilfeempfängern zu sein: Wer in Sozialhilfe hineingeboren wird, der läuft ein deutlich erhöhtes Risiko, selbst erneut Sozialhilfeempfänger zu werden. Wie kann man diesen Zirkel durchbrechen? Manche sagen: durch noch mehr staatliche „Hilfe zur Selbsthilfe“.  Einige wenige sagen: durch planmäßiges Herunterfahren der Sozialhilfe nach festgelegten Fristen. Ich meine: Alle Hilfe sollte zielgenau und zeitgebunden sein. Insbesondere Integrationshilfen sollten stets unter Auflagen und unter Fristen gewährt werden.

Einen ganz ähnlichen Vorschlag wie dieses Blog unterbreitet Gunnnar Heinsohn in der FAZ vom 16. März. Er beschreibt, wie der linksliberale Präsident Bill Clinton einige sehr einschneidende Sozialreformen durchsetzte, neben denen sich unsere Hartz-IV-Reform wie ein flauschiges Wohlfühl-Programm ausnimmt.

Letztlich hat der Linksliberale Bill Clinton die entscheidende Wende eingeleitet. Ungeachtet aller „Rassismus“-Vorwürfe aus den eigenen Reihen setzte er zum 1. Januar 1997 die wichtigsten von Murrays Vorschlägen um. Clintons Reform beendete das seit 1935 geltende Recht auf lebenslange Sozialhilfe. An seine Stelle trat ein auf fünf Jahre begrenztes Recht auf Unterstützung bei tatkräftiger Hilfe nicht zu irgendeiner abstrakten Integration, sondern zum Übergang in Arbeit. Der Erfolg dieser Maßnahmen war durchschlagend: Bezogen vor der Reform 12,2 Millionen amerikanische Bürger Sozialhilfe, so waren es 2005 nur noch 4,5 Millionen. Die Frauen der Unterschicht betrieben nun Geburtenkontrolle. So sank die Zahl der „welfare mothers“ drastisch, ebenso die Kriminalität der Söhne dieses Milieus.Gastbeitrag zu Hartz IV: „Sozialhilfe auf fünf Jahre begrenzen“ – Hartz-IV-Debatte – Wirtschaft – FAZ.NET

 Posted by at 16:18
Apr. 032010
 

30032010.jpg Freunde, es geht immer noch tiefer. In meiner schwarzen Kreuzberger Seele tauchen erste Wünsche nach einer Gated Community auf. Grund: Die dauernden Sachbeschädigungen an unseren Fahrrädern, die dauernden Fahrraddiebstähle, die vermehrten Wohnungs- und Kellereinbrüche – und seit einigen Jahren eine ausufernde Straßenkriminalität – übrigens auch in Gestalt von Körperverletzung. Vor wenigen Tagen berichtete ein Nachbar aus unserem Haus, was ihm widerfahren war. Lest das Bild hier oben.

Wir sind noch nicht in Neukölln – sondern in Kreuzberg-West! Der genaue Beobachter kann jedoch den schleichenden Niedergang dieses Viertels mitbekommen. Man braucht nur Bekannte auf der Straße oder Kioskbetreiber anzusprechen – jeder weiß von einem Überfall, von einer Bedrohung zu erzählen oder hat sie selbst schon erlebt.

„Denn jeder Euro, den wir jetzt in Sozialarbeit, in Beratung und Betreuung stecken, zahlt sich aus. Je mehr Geld wir in Integrationslotsen, in kostenlose Angebote, in Armutsbekämpfung und Sozialarbeit stecken, desto weniger Geld müssen wir später in Sozialhilfe, in Gefängnisse und Verbrechensbekämpfung stecken.“

So oder oder so ähnlich hört man es immer wieder. Das ist geradezu Dogma geworden, an dem erst in letzter Zeit ein bisschen gekratzt wird. Wir haben mit diesem Dogma eine blühende, staatlich finanzierte Sozial- und Integrationsindustrie geschaffen! Es wird bereits jetzt sehr viel Geld in Sozialhilfevereine, in nachhholende Integration, in Betreuung, in aufsuchende Sozialarbeit usw. gesteckt. Üppige Autos der Marke Maserati, richtige Luxusreisen sind ermöglicht worden – nicht nur für die Berliner Treberhilfe, sondern auch für wohlmeinende Sozial-Rettungssanitäter wie etwa Hatun und Can e.V. Es gibt keinen wirksamen Kontrollmechanismus für die Vielzahl an Sozialprojekten. Manche Kennerinnen der Szene sprechen bereits offen von einer Berliner Sozialmafia – ähnlich der Berliner Immobilienmafia, der Berliner Drogenmafia …

Ich zweifle dieses Dogma „Wir müssen noch sehr viel mehr Geld für Integration in die Hand nehmen“ ebenfalls an. Warum probieren wir es nicht einmal umgekehrt? Nehmen wir weniger Geld in die Hand! Geld, das wir sowieso nicht haben. Ich meine, man muss das gesamte System der Sozialhilfe umbauen. Es kann nicht sein, dass jede und jeder, der seinen „gewöhnlichen Aufenthalt“ in Deutschland hat, unbefristet mit Kind und Kegel eine üppige Grundversorgung zugesichert bekommt. In der jetzigen Form ist das Sozialgesetzbuch II eine Einladung zur Selbstbereicherung und zur gnadenlosen Staatsausbeutung. Ein Eintrittsbillet zur Kriminalität. Und zwar sowohl für die „zuwandernden Betreuten“ wie die „deutschen Betreuer“. Der Staat wird zum Anspruchsgegner, den man mit einigen leicht erlernbaren Kniffen und Tricks über den Tisch ziehen kann. Man muss wissen, was man in die Formulare hineinschreibt, und dann rollt der Euro.

Wer bringt den Mumm auf, offen für die Devise einzutreten: „Je weniger Sozialhilfe, desto bessere Integration“?  Ich würde umformulieren: „Je genauer befristet jede Art von Hilfe ist, desto besser wird Integration gelingen.“

Ich behaupte: Wir brauchen eine umfassende Fristenregelung in der Integrationshilfe. 6-12 Monate intensivste Unterstützung für Zuwandernde mit ausländischer Staatsangehörigkeit, und ab dann wird die Sozialhilfe planmäßig zurückgefahren.

Wir zitieren die Ex-Tazzlerin Mariam Lau aus dem Blog „Die neuen Deutschen“. Lau ist eine der wenigen, die den Zusammenhang durchschaut haben. Der Fettdruck stammt übrigens von mir.

Je weniger Sozialhilfe, desto bessere Integration « Die neuen Deutschen
Mariam Lau schreibt: “In einigen Staaten ist es leicht, in die Sozialsysteme einzuwandern, und schwer, in den Arbeitsmarkt zu kommen, in anderen ist es umgekehrt. Es ist nicht schwer zu erraten, wo die Integration besser funktioniert. Studien zeigen: Je weniger Sozialhilfe, desto besser sind Zuwanderer integriert. Solange der deutsche Sozialstaat in dieser Hinsicht nicht grundlegend umgebaut wird, wird es keine Integration von Zuwanderern in Deutschland geben. Aber weder die CDU noch sonst irgendeine Partei in Deutschland traut sich derzeit an diesen Umbau. Die meisten wollen ihn ja auch gar nicht.”

Mariam Lau: Die letzte Volkspartei. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2009, S. 149

 Posted by at 09:27

5000 Euro für eine Stimme

 Erosion des Staates, Geld, Rechtsordnung, Sozialbetrug  Kommentare deaktiviert für 5000 Euro für eine Stimme
März 152010
 

Das Verkaufen und Verschieben von Wählerstimmen ist eine Praxis, die den demokratischen Staat beschädigt. Dennoch war der Verkauf und Kauf von Stimmen in Deutschland zu den Zeiten des Wahlkaisertums, insbesondere seit der Goldenen Bulle des Jahres 1356, eine gut bezeugte Übung!

Die italienische Demokratie hat durch den massenhaften Verkauf und das Verschieben von ganzen Wählerblöcken schwersten Schaden erlitten, wie sich insbesondere in der Region Neapel und Kalabrien immer wieder zeigt.

Auch Deutsche wären dazu bereit, wie Bild heute belegt:

Umfrage – Jeder Vierte wünscht sich die Mauer zurück – Politik – Berliner Morgenpost
Außerdem würde laut „Bild“ jeder siebte Ostdeutsche und jeder zwölfte Westdeutsche seine Wahlstimme für 5000 Euro an eine Partei verkaufen, gleichgültig ihrer politischen Ausrichtung.

Also – 5000 Euro wäre die aus der Luft gegriffene Summe für eine Wählerstimme. Interessant! Mit etwas weniger Geld kann man sich in Berlin eine Meldeadresse kaufen. Mehrfachverkäufe derselben Meldeadresse sind möglich. Eine stichprobenhafte Überprüfung von Meldeadressen im Berliner Stadtbezirk Mitte durch den Sozialstadtrat Stephan von Dassel ergab, dass mehrere tausend Anmeldungen fehlerhaft waren.

Ich halte das Verkaufen von Meldeadressen, etwa zur Erschleichung von Schulplätzen und zur Bemäntelung von Straftaten, für ebenso systemgefährdend wie etwa den Verkauf von Wählerstimmen. Solche Gebräuche öffnen der Bestechung, der Korruption Tür und Tor. Ich halte sie für ebenso verwerflich wie die weitverbreitete Steuerhinterziehung bei Besserverdienenden.

 Posted by at 11:02
März 032010
 

Diesen Satz sprach der nordrhein-westfälische Integrationsminister Armin Laschet bei seiner Berliner Lesung kürzlich aus. Er hatte mich schon beim ersten Lesen des Buches stark berührt. Warum? Das öffentliche Eingeständnis von eigenen schweren, fortgesetzten Fehlern ist der Nährboden für die Besserung, die Heilung eines politischen Übels.

Dies galt natürlich besonders für die Neugründung des Jahres 1949, die Bundesrepublik Deutschland. Es gilt auch für den Neuansatz in der Integrationspolitik, die „dritte deutsche Einheit“, wie das Laschet nennt.

„SIE HABEN SICH VERSÜNDIGT.“ Solche Sätze hört man immer wieder, wenn über die Berliner Landespolitik gestritten wird. Sie gefallen mir nicht. Ich meine vielmehr: Man sollte jede Gelegenheit nutzen, mit den Berliner Politikerinnen und Politikern zu sprechen, die noch in den 80-er Jahren des vorigen Jahrhunderts ihr goldenes Handwerk erlernt haben. Oft geraten sie dabei ins Schwärmen über vergangene Erfolge. „Ja, das waren noch Zeiten!“ Man kannte sich quer durch alle Parteien, man zankte sich nach außen hin, man haute sich in die Pfanne und trank miteinander.

Das ABC der Verteilungspolitik konnte man nirgendwie so gut erlernen wie in der alten West-Berliner Politik.

Was aussteht, ist ein umfassender Rechenschaftsbericht, ein öffentliches Eingeständnis eigener Fehler derjenigen Politiker, die schon damals mitgemischt haben und die damals ihr Handwerk lernten. Die zahlreichen Skandale – Garski, Antes usw. – lenken davon ab, dass die Skandale nur in einem solchen vom Verteilungsdenken geprägten Politikverständnis möglich waren. Verteilt wird dabei stets das Geld anderer. Die Folgen sind heute noch zu besichtigen.

Der Tagesspiegel bringt heute eine inoffizielle Zählung: Welche Partei führt das Skandalregister an?  Recht langweilig. Wichtiger wäre, dass die Berliner Politiker, die damals bereits mitmischten und ihr Verteilungs-Handwerk erlernten, den Mut eines Armin Laschet aufbrächten.

Nur so wird es zu einem echten Neuansatz in der Berliner Landespolitik kommen können: mit neuen Menschen, einem neuen Politikverständnis,  neuen Themen, neuem Schwung.

Bei den Bauskandalen führt die SPD knapp
die alte Geschichte von Geld gegen Auftrag, Gier und Genehmigung, west-berlinische Dekadenz, anderswo Klüngel geheißen.

 Posted by at 22:37

Ist Friedrichshain-Kreuzberg reich?

 Friedrichshain-Kreuzberg, Geld  Kommentare deaktiviert für Ist Friedrichshain-Kreuzberg reich?
Feb. 282010
 

560 Millionen im laufenden Haushalt – das ist viel Geld. Also ist Friedrichshain-Kreuzberg reich? Wir mutmaßten dies vorhin. Auch weil Geld für Straßenumbenennungen ausgegeben wird.  Falsch! Die BVV hat dem Haushaltsplan für die Jahre 2010/2011 nicht zugestimmt. Man könne den vorgesehenen Einschnitten nicht zustimmen. Somit unterliegt der Bezirk weiterhin der Haushaltswirtschaft durch das Land Berlin.

Der Bezirk hängt am Tropf des Landes Berlin. Ist er eine Kolonie geworden? Wer beutet da wen aus?

BÜNDNIS90/Die Grünen Friedrichshain-Kreuzberg – Bezirk spart sich den Haushalt
Friedrichshain-Kreuzberg hat für 2010 einen Haushalt in Höhe von rund 560 Millionen Euro. Der Bezirk kann nur über einen kleinen Teil von etwa sechs bis acht Prozent frei verfügen; der Rest sind Durchlaufposten, etwa für Transferleistungen wie Sozialhilfe oder Wohngeld. Obwohl der Bezirk schon heute in vielen Bereichen Einsparungen vornehmen musste, verbleiben wegen der unzureichenden Zuweisungen des Landes Berlin weitere Kürzungen in Höhe von rund sechs Millionen Euro allein für das Jahr 2010.

 Posted by at 00:22
Feb. 162010
 

Sozialismus oder spätrömische Dekadenz? Der Vergleich unserer Sozialstaatsdebatte mit dem marxistischen Sozialismus, mit seiner unerbittlichen sozialistischen Arbeitspflicht, seinen riesigen Lagern, dem GULAG, der oft tödlichen Zwangsarbeit in gewaltigen Infrastrukturprojekten, dieser Vergleich hinkt meines Erachtens gewaltig. Niemand schickt bei uns die Bürger zu Tausenden und Abertausenden zwangsweise auf die Lager-, Kraftwerks- und Kanal-Baustellen, wie dies Lenin, Stalin, Che Guevara, Castro und viele andere sozialistische Führer taten.

Aber der Vergleich mit dem spätrömischen Kaiserreich ist durchaus aufschlussreich! Im spätrömischen Kaiserreich bedienten sich die Macht-Eliten hemmungslos. Sie wirtschafteten in die eigene Tasche. Der Sinn für virtus romana, für die res publica, für die salus publica ging verloren. Selbstbereicherung herrschte. Auch im spätrömischen Kaiserreich wurden weite Teile der Bevölkerung wie heute durch staatliche Wohltaten alimentiert, durch üppige Spiele und Zerstreuung gefügig gehalten. Begüterte Oberschicht und minderbemittelte Unterschicht nahmen den Staat aus wie die sprichwörtliche  Weihnachtsgans (eine Redewendung, die allerdings erst später mit dem Christentum aufkam). Verantwortlich für das Ganze fühlten sich zwar einige der Kaiser, wie etwa Diokletian oder Konstantin, aber die Mehrzahl der Kaiser hatte alle Hände voll zu tun, den eigenen Machterhalt zu sichern, indem sie der einen oder der anderen Klasse oder Teilkategorie einen möglichst großen Anteil am öffentlichen Reichtum zuschanzten. Das Militär wurde zur wichtigsten Stütze der kaiserlichen Macht.

Richtig arbeiten, sparsam wirtschaften, ackern, säen, ernten – das wollten die verwöhnten Römer nicht mehr. Otium cum dignitate, das war das Ideal. Ich übersetze ins Deutsche: Abhängen in lässiger Coolness, Chillen in Tavernen und Bars, nur nicht die Hände schmutzig machen. Dann kamen die Eroberungsvölker aus dem Osten. Reiterstämme, Steppenvölker, Krieger. Und sie nahmen sich ebenfalls, was sie kriegen konnten. Letztlich krachte die Konstruktion zusammen. Die einigende Klammer war verlorengegangen.

Gespannt bin ich darauf, was die Althistoriker und die Volkswirtschaftler zu Westerwelles vermeintlichem „Amoklauf“ sagen werden!  Alle Meinungsforscher, alle Kommunikationsexperten, fast alle Politiker, die meinungsbildenden Zeitungen wenden sich von Westerwelle ab seit seiner leidenschaftlichen, ihm selbst schadenden Tirade, bei der ich mich allerdings als sein skeptischer Zuhörer, ja Unterstützer zu erkennen gab, der Westerwelles Argumentation nachzuvollziehen versuchte. „O wie unfein, Herr Westerwelle! So etwas tut man nicht als seriöser Politiker!“

Sein Fehler war vielleicht: Er griff nicht gleichzeitig mit der alimentierten Schicht auch die begüterte Oberschicht an, die Besserverdiener. Wenn er dies gemacht hätte, und dafür gibt es Gründe, wenn er die reichen Steuerhinterzieher, die überforderten Manager und die Aufsichtsräte angegriffen hätte, dann hätte man ihm kaum an den Karren fahren können.

Ich meine, man sollte Westerwelle nicht einfach so niederbügeln, wie man dies früher mit Sarrazin, mit Buschkowsky, mit Havemann, Djilas, Havel, Trotzkij und wie sie alle heißen, machte. Alle diese absoluten Minderheiten-Meinungsrebellen hatten etwas für sich. Sie legten den Finger in die Wunde. Sonst hätten sich die Mehrheiten ja auch nicht so über sie aufgeregt.

Mit Arnulf Baring bringt der Tagesspiegel heute ein Interview.

„Umverteilung können wir uns nicht leisten“
Brauchen wir denn, wie Westerwelle sagt, eine Neudefinition des Sozialstaats?

Unbedingt. Niemand kann permanent mehr ausgeben, als er einnimmt. Wir müssen unbefangen über unsere Prioritäten nachdenken. Wenn man der FDP jetzt vorwirft, sie sei konservativ oder populistisch, dann ist das Unsinn. Nicht die FDP, sondern zahlreiche Deutsche sind stockkonservativ in dem Sinne, dass sie unbedingt den bestehenden, unmäßigen Sozialstaat verteidigen wollen. Alle Sozialpolitiker machen sich immer nur Gedanken über zunehmende Umverteilungen. Wenn man sie fragt, woher das Geld dafür kommen soll, halten sie sich nicht für zuständig.

Baring übertreibt und verschweigt. Bedenkenswert ist aber zweifellos Barings Befund, dass die anderen vier Parteien in wesentlichen Teilen mit der Umverteilung öffentlicher Gelder beschäftigt seien oder gewesen seien (mal abgesehen von der SPD-geführten Schröder-Bundesregierung mit ihrer heftig angegriffenen Hartz-IV-Reform, von heftig befehdeten Einzelkämpfern wie dem damaligen Finanzsenator Sarrazin, den aber Berlin nicht mehr haben wollte).

Sicher: Wir Berliner können nicht klagen. Ach, Berliner! Ihr habt doch immer noch beheiztes Wasser in den Freibädern. Uns geht es doch sehr gut! Wir in Berlin haben einen Haushalt von jährlich 19 Milliarden Euro, den uns die anderen Bundesländer etwa zur Hälfte schenken! Niemand braucht selber Eis zu hacken, dafür haben wir ja den STAAT.

Also: Berlin ist REICH. UND SEXY!

Wo bleibt die CDU in diesem Circus Politicus Maximus? Die CDU hätte in ihrem programmatischen Grundbestand eigentlich das Zeug dazu, das vorherrschende Selbstbereicherungs- und Umverteilungsparadigma zu durchbrechen. Sie sollte die zaghaften Ansätze dazu, die in der SPD und der FDP zu besichtigen sind, entschlossen aufgreifen und mit ihrer Subsidiaritätslehre zu vereinen suchen, die aus der katholischen Soziallehre stammt. Eherne Voraussetzung dafür wäre, dass endlich einmal eine Partei den Mut aufbrächte zu sagen: Wenn ihr uns wählt, werdet ihr weniger Geld vom Staat bekommen. Der Staat wird euch weniger schenken. Diese Botschaft müsste man den Bankern, den Aufsichtsräten  und Finanzhaien ebenso zurufen wie der wachsenden Schicht derer, die sich vollständig auf staatliche Alimentierung verlassen.

Der Staat müsste also wie ein guter Vater zu seinen volljährig werdenden Kindern sagen: „Ich schenke dir weniger Taschengeld. Lerne, auf eigenen Füßen zu stehen!“

Subsidiarität, das bedeutet: Zunächst einmal ist die untere Ebene verantwortlich: Der einzelne ist verantwortlich, dass er bei Glätte nicht ausrutscht. Nicht der Staat. Wenn es dem einzelnen nicht zuzumuten ist – dann muss die nächsthöhere Ebene einspringen. So ergibt sich die winterliche Räumpflicht der Hauseigentümer für die Gehwege. Da es den Hauseigentümern nicht zuzumuten ist, auch noch die Straßen vor dem Grundstück freizuhalten, muss der Staat einspringen. So ergibt sich die Räumpflicht der öffentlichen Hand für die Straßen. Alle diese Pflichten hat der demokratische Gesetzgeber nach reiflicher Überlegung eingeführt.

Aber nirgendwo hat der demokratische Staat die völlige Fürsorge für Wohl und Wehe der einzelnen Bürger übernommen. Das Wohlergehen, der Wohlstand der einzelnen Bürger ist im Wesentlichen Sache der Bürger selbst. Der demokratische Staat wächst im Gegensatz zum Fürstenstaat von unten auf. Er stützt sich auf den Fleiß der Menschen, auf Gemeinsinn, Redlichkeit, Gerechtigkeit, auf Fürsorge der Menschen füreinander. Auf die Verantwortung aller für das Ganze. Diese Tugenden gilt es wiedezubeleben.

Ich vermute – genau dies wollte Westerwelle sagen. Und genau darin gebe ich ihm recht.

 Posted by at 17:02
Jan. 272010
 

Im Flieger von München nach Berlin las ich gestern auch die neuesten Zahlen des Länderfinanzausgleichs.

Das Bundesland Berlin ragt erneut als Klassenerster im Nehmen, in den Transferzahlungen hervor! Fast 2,893 Milliarden Euro erhält im Ausgleichsjahr 2009 das Land Berlin als Zuweisung anderer Bundesländer aus dem Länderfinanzausgleich. Bayern allein zahlt fast 3,37 Milliarden ein.

Es ist eine selten erwähnte, aber allen Haushältern im Abgeordnetenhaus bekannte Tatsache, dass der Haushalt unseres Bundeslandes sofort zusammenbräche, wenn die üppigen Zuwendungen aus den anderen Bundesländern versiegen sollten. Wir sind als Berliner gewissermaßen alle Sozialisten, denn wir geben das Geld anderer Leute aus! Sollen wir also dankbar sein?

Dankbarkeit in der Politik ist selten. Vor allem kann man sie nicht einfordern. Ich gestehe offen, ich BIN Bayern, Baden-Württemberg, Hamburg, Hessen und neuerdings auch Nordrhein-Westfalen dankbar. Denn diese Geberländer ermöglichen z.B. die Beheizung des Wassers im Kreuzberger Prinzenbad. Sie ermöglichen die üppigen Vorstandsbezüge der BVG, einen zusätzlichen Kreuzberger Bügel in der Bergmannstraße. Sie ermöglichen die Anwesenheit der zweiten Lehrkraft in unseren Kreuzberger und Neuköllner „Gettoschulen“.

Jede Forderung nach höheren Bezügen für Vorstände landeseigener Unternehmen, nach kleineren Klassen in Berlin, nach mehr Lehrern, nach mehr Polizisten auf den Straßen, nach längeren Öffnungszeiten der Schwimmbäder muss unter dem Vorbehalt des Haushalts gesehen werden. Wir Berliner zehren vom Geld anderer Leute. Die im Wesentlichen unter den Vorgängersenaten aufgehäuften Landes-Schulden von rund 60 Mrd. Euro zehren am Geldsäckel unserer Kinder und Kindeskinder.

Dankbarkeit kann man nicht einfordern. Aber pfleglichen, sorgsamen Umgang mit dem Geld anderer Leute sehr wohl.

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Was soll der Staat?

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Jan. 112010
 

Interessanter Hinweis unseres aufmerksamen Lesers BS auf den folgenden Kommentar von Roland Tichy in der aktuellen Wirtschaftswoche:

 Chefsache » Blog Archive » Der Netto-Schock – wiwo.de
Dieser Staat ist nicht arm – immerhin greift er satte 47 Prozent des Volkseinkommens für sich ab. Zwar wird der Staat 2009 etwa 37 Milliarden Euro weniger eingenommen haben als noch 2008. Aber das Steueraufkommen 2008 war fast 110 Milliarden Euro höher als noch 2005; und selbst im Finanzkrisenjahr 2009 flossen noch 72 Milliarden Euro mehr.

Schlussfolgerung Tichys: Der Staat sollte zuerst an den Ausgaben sparen und dann an Steuersenkungen denken. Er unterstellt der CDU, sie habe der SPD den Ruf der Hüterin des Sozialstaates abkaufen wollen. Die FDP sollte nun als Hallodri dargestellt werden.

Ob man dem nun zustimmt oder nicht: Ich selber vertrete ebenfalls die Ansicht, dass der Weg zu konsolidierten Staatsfinanzen zunächst über Ausgabenkürzungen führen muss. Da hatte doch Andreas Troge, der kurz vor den Wahlen aus der CDU ausgetretene ehemalige Chef des Umweltbundesamtes, den Vorschlag gemacht, man solle die direkt umweltbelastenden Subventionen streichen. Einsparpotenzial 30 Mrd. Euro (dieses Blog berichtete am 19.09.2009). Und du atmest auf.

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„Es hängt doch alles nur vom Geld ab …“

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Dez. 092009
 

Einen Tag vor dem Bildungsabend mit der Konrad-Adenauer-Stiftung werfe ich meine Netze noch einmal aus: Ich frage Schüler, Eltern, Lehrer und Unbeteiligte, ob sie morgen kommen wollen. Die meisten wollen oder können nicht kommen. Aber alle geben sie mir etwas mit auf den Weg: „Es hängt alles nur vom Geld ab“, so eine Mutter, die ich ebenfalls einlade. Prima! Dazu passt hervorragend der nach einem Jahr erneuerte Brandbrief von Schulleitern aus Mitte, den die Morgenpost heute bringt. Zitat:

 Gute Schüler verließen in Scharen den Bezirk oder das öffentliche Schulsystem, das mit den Angeboten der Privatschulen nicht mithalten könne, hieß es. Die Schulleiter forderten damals unter anderem stärkere finanzielle Zuwendungen für den hohen Anteil von Schülern aus sozial benachteiligten Familien und Kindern aus Einwandererfamilien. Außerdem sollte die bauliche Unterhaltung der Schulen gesichert werden.

 

„Unser Brandbrief hat ein großes öffentliches Interesse ausgelöst“, sagte Manuela Gregor. Viel getan habe sich aber nicht. In einem Resümee haben die Schulleiter jetzt ihren Unmut darüber zu Ausdruck gebracht. „Nach anfänglichem Entgegenkommen zeigt das Bezirksamt kaum noch Kooperationsbereitschaft. Es gibt keine Initiativen mehr, unsere Probleme anzugehen“, heißt es da. Bis auf die Neu- beziehungsweise Festanstellung von Hausmeistern gebe es keine konkreten Ergebnisse zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen.

 

Alle stimmen überein: Es fehlt am Geld. Das fehlende Geld ist an allem schuld. Hätten die Schulen genug Geld, wäre alles gut.

Es wird sehr sehr schwer für mich morgen! Wird es mir gelingen, meinen abweichenden Standpunkt darzulegen? Wer weiß? Bin gespannt. Wahrscheinlich werd ich mich total unterbuttern lassen. Denn wie gesagt:

„Am Gelde hängt, zum Gelde drängt doch alles.“

 

 Posted by at 01:08