Renne nicht an gegen die Schranke!

 Integration  Kommentare deaktiviert für Renne nicht an gegen die Schranke!
März 222010
 

22032010001.jpg

Die neuen Deutschen
Zwei führende Präsidiumsmitglieder der Deutschen Islam-Konferenz, Badr Mohammed und Nihat Sorgec, sehen die Fortsetzung der Islam-Konferenz eher kritisch. Das berichtet die gedruckte Berliner Morgenpost heute auf S. 12. Badr Mohammed, Generalsekretär des Europäischen Integrationszentrums (EIZ) äußert seine Vorbehalte mit folgenden Worten: “Die Arbeit ist noch nicht getan. Aber der Minister sorgt mit der Neubesetzung der Islam-Konferenz dafür, dass die Arbeit zu Ende geht.”

Unser Bild zeigt einen Radweg in Kreuzberg. Seit vielen Monaten ist er gesperrt. Johannes Hampel kommentiert: Wenn ein Weg versperrt ist, renne nicht an gegen die Schranke! Ihr Streiter, wählt die Straße zur Seite, wenn der gerade Weg versperrt ist, und gebt die Mühsal nicht auf.

 Posted by at 16:07
März 212010
 

Ob es mir gelingt, dieses Buch noch vor dem Mittwoch zu beschaffen, wenn unsere Veranstaltung“Die neuen Deutschen“ mit Badr Mohammed steigt?

Wär super, aber laut Verlag dauert es 4-5  Tage. So preist er seine Ware an:

Lucius & Lucius Verlagsgesellschaft mbH – Büchershop – Die neuen Deutschen Die neuen Deutschen 978-3-8282-0311-2
Begleitend zur Reform des Staatsangehörigkeitsrechts bestimmten Fragen der Mitgliedschaft, der nationalen Identität und der Zugehörigkeit den öffentlichen Diskurs. Die Gruppe der Migranten, die sich einbürgern lassen, rückte zunehmend ins Blickfeld von Politik und Gesellschaft. Doch wer sind die Menschen, die sich einbürgern lassen? Warum entschließen sie sich, die deutsche Staatsangehörigkeit zu beantragen? Und welche Konsequenzen hat der neue Pass für sie mit sich gebracht? Diese subjektive Perspektive des Einbürgerungsprozesses wird in der vorliegenden Studie systematisch und ausführlich beleuchtet.

 Posted by at 14:50
März 162010
 

Ethnische Trennung an Gymnasien ist schockierend: Integrationsverweigerer sind deutsch – taz.de
So schreibt eine Leserin:

„Wenn die TAZ mal einen wirklich neuen und interessanten Artikel zu Thema schreiben möchte, dann kann sie doch mal untersuchen wie viele der Befürworter von integrativen Klassen, das auch bei ihren eigenen Kindern umsetzen. Bei wenigen Themen habe ich in meinem Bekanntenkreis so viele Heuchler erlebt.“

 Posted by at 16:41

Wer „macht“ die Eingliederung? Staat, Schule oder Familie?

 Familie, Integration  Kommentare deaktiviert für Wer „macht“ die Eingliederung? Staat, Schule oder Familie?
März 072010
 

Die neuen Deutschen
Badr Mohammed sagt:

Toleranz beginnt im Elternhaus. Zu Hause müssen die Kinder lernen, dass es um den Respekt vor allen Menschen geht. Da spielen die Eltern eine große Rolle. Eingliederung machen die Eltern. Die Eltern müssen die Kinder integrieren.

Bild: Wartebereich im Rathaus Kreuzberg, 3. Stock

 Posted by at 20:10

Lerne und arbeite!

 Integration  Kommentare deaktiviert für Lerne und arbeite!
März 052010
 

03032010.jpg „Wer nicht einsieht, dass er selbst verantwortlich ist für sein Fortkommen, muss gehen. Das ist hart, muss aber sein, weil Nachlässigkeit ansteckend ist.“

Ein strenges Ethos der Pflichterfüllung vertritt glaubwürdig der Leiter des „Bildungswerks“ in Kreuzberg.  Sein Name: Nihat Sorgeç. Darüber berichtete Regina Mönch gestern in der FAZ auf S. 8. Unbedingt lesenswert! Ich las den Artikel beim Landeanflug auf Berlin-Tegel zur Einstimmung auf meine nette Stadt.

Fördermaßnahmen, Projekte und Integrationsprogramme – sie kosten Bund und Länder im Jahr zweieinhalb Milliarden Euro, dazu kommen noch die Kosten der Kommunen für gescheiterte Schulkarrieren, abgebrochene Ausbildungsgänge.  Die vielen Lebensläufe, die nicht aus der Sozialhilfe herausführen, dürften nicht am mangelnden Geld scheitern, sondern am Fehlen dessen, was Nihat Sorgeç seinen Schützlingen NACH ihrer normalen Schulzeit erst mühsam beibringen muss: Pünktlichkeit, Sprachkenntnisse, Geduld, Sorgfalt, Gehorsam vor der Autorität des Lehrers.

Das stimmt in der Tat überein mit meinen eigenen Beobachtungen: an diesen drei oder vier Voraussetzungen fehlt es häufig. Wenn alle Schüler diese Grundtugenden von zuhause mitbrächten – ergänzt um Höflichkeit –  dann könnten wir ganz anders loslegen. Wir – die neuen Deutschen. Wir könnten uns vermutlich einen großen Teil der endlosen schulpolitischen Dauerdiskussionen sparen. Wir könnten uns die zweite Lehrkraft im Klassenzimmer sparen, die auf die Schüler aufpassen soll.

Nihat Sorgeç selbst hat es vorgemacht: arbeitete in der Türkei von früh bis spät, kam mit 15 Jahren nach Deutschland ohne ein Wort Deutsch, lernte Deutsch durch Lesen von Büchern, schaffte den Hauptschulabschluss. Arbeitete und lernte von früh bis spät. Ein Vorbild, dem kaum jemand das Wasser reichen kann.

Lerne und arbeite!

Unser Bild zeigt eine Düsseldorfer Filiale der İŞBANK und das Restaurant Da Bruno. Dort aß ich vorgestern vortrefflich zu Mittag: Tagessuppe und dann Fisch vom Grill, dazu eine Apfelschorle.

Briefe an die Herausgeber – Politik – FAZ.NET

 Posted by at 21:54
März 052010
 

Ein wahrer Schwall an Absichtsbekundungen gehört unvermeidlich zu den Begleiterscheinungen jedes großen, jedes überragenden Themas. Und eins dieser großen, vielleicht sogar DAS überragende Thema ist die Frage der Selbstreproduktion einer Gesellschaft. Wie schaffen wir Zukunft? Wie kehren wir das bereits jetzt stattfindende Auseinanderfallen der nachwachsenden Generation in ein Zusammenwachsen um?

Einer der sachkundigsten Soziologen zu diesem Thema ist der 1949 in Beirut geborene, im Libanon aufgewachsene Ralph Ghadban. Am 26.02.2008 hielt er in Essen einen Vortrag zur Frage: „Sind die Libanon-Flüchtlinge noch zu integrieren?“  Hier ist er nachzulesen:

die-libanon-fluchtlinge2.pdf (application/pdf-Objekt)

Ghadban zieht nach einer sehr genauen Analyse der Herkunftstraditionen eine schonungslose Bilanz: Enge Stammesverhältnisse und ein sektiererisches Islamverständnis führen nach seiner Einschätzung zu einer „kompakten Solidarität“, die ihrerseits wiederum das Entstehen krimineller Netze begünstigt.

Was ist zu tun?

„Jede Investition in die Sozialarbeit rentiert sich langfristig.“ Der Vf. schlägt gezielte Repression der in dieser Gruppe exorbitant hohen Kriminalität, auch durch Abschiebung, enge Kooperation verschiedener Behörden, aber auch „Zwangsintegration“ vor.

„Man muss die Gruppe zwingen, arbeiten zu gehen und bei mangelnder Bereitschaft die Sozialhilfe kürzen. Das ist inzwischen möglich, wird aber nicht konsequent umgesetzt.“

Letzte Forderung: Die Ganztagsschule. Eine Stärkung der Schule gegenüber den Familien hält Ghadban für unerlässlich. Zu diesem Zweck empfiehlt er nachdrücklich die Ganztagsschule.

Der Vortrag Ghadbans stimmt mich sehr nachdenklich.  Die einzelnen Feststellungen kann ich selbstverständlich nicht nachprüfen. Aber ihre Erklärungskraft ist erheblich. Ich kenne keine Analyse, die ihm widerspräche.

 Posted by at 15:19
Feb. 282010
 

Die neuesten Daten, die die Morgenpost heute bringt, belegen es erneut: ich wohne im ärmsten Bezirk Berlins. Doch echte Armut gibt es hier nicht.  Echte Armut beschrieben Dickens, Friedrich Engels, John Galsworthy – und andere. Armut, das sind zerlumpte, hungernde, bettelnde Menschen. Eine typische Armuts-Szene beschreibt John Galsworthy in seinem Roman Beyond:

Beyond, by John Galsworthy
The usual route from the station to Bury Street was „up,“ and the cab went by narrow by-streets, town lanes where the misery of the world is on show, where ill-looking men, draggled and over-driven women, and the jaunty ghosts of little children in gutters and on doorsteps proclaim, by every feature of their clay-coloured faces and every movement of their unfed bodies, the post-datement of the millennium; where the lean and smutted houses have a look of dissolution indefinitely put off, and there is no more trace of beauty than in a sewer. Gyp, leaning forward, looked out, as one does after a long sea voyage; Winton felt her hand slip into his and squeeze it hard.

Also: „Krank aussehende Männer, zerlumpte erschöpfte Frauen, gespenstische kleine Kinder im Rinnstein …“ Ernst Bloch schreibt in seinem „Prinzip Hoffnung“ zu eben dieser Stelle:

„Wenigstens hat der Arme den Vorteil, schmutzig auszusehen. Er bietet keinen schönen Anblick, er wirkt vorwurfsvoll, auch wenn er schweigt. Der Arme darf ans Herz, doch freilich nicht an den Beutel greifen; letzteres tut der Herr, um das Elend, von dem er lebt, zu mildern.“

Bloch, Adorno, Dutschke, Habermas, Gysi  – sie alle kannten und kennen Armut als erlesene Armut nur aus den Büchern. All die Aufrufe zur Revolution, zum Systemwechsel wegen angeblicher Verelendung des Volkes waren erborgt aus diesen und anderen Lesefrüchten. Für Marx und Engels hingegen lag Armut noch vor Augen. Wir haben in der Bundesrepublik jeden Begriff davon verloren, deshalb das sinnleere Gerede von Armut.

Gestern fuhr ich mit der BVG vom Märkischen Viertel über den Hermannplatz Neukölln zurück in mein armes Kreuzberg. Besuche auch du, lieber Leser, Neukölln! Betrachte die jungen Männer in ihren weißen Jeans, ihren Markenklamotten, mit ihren i-pods, ihren gegelten Haaren, ihrem kurzrasierten Haar. Ihrem platzgreifenden, selbstbewussten Gebaren. Sie kennen keine Armut. Die Notwendigkeit zu arbeiten kennen sie ebenfalls nicht. Es macht ihnen keine Mühe, irgendeine Frau, irgendein Mädchen in der U-Bahn anzuquatschen und dreist zu behelligen, solange sie keinen Schleier trägt.  Diese jungen Männer werden die Prozentrechnung am Ende der 10.Klasse und auch die deutsche Rechtschreibung nicht beherrschen, irgendein Unternehmen in Ludwigsfelde oder Fürstenwalde wird sie nicht einstellen. Dennoch sind sie perfekt integriert. Integriert untereinander, in ihren Sippen, in den sozialen Stützungssystemen.

Sie sind nicht arm. Sie leben in vollkommener Freiheit. Hartz IV sei Dank. Sie können tun und lassen, was sie wollen. Über sie und genau sie schreibt Karl Marx im dritten Band des Kapitals:

Das Reich der Freiheit beginnt in der Tat erst da, wo das Arbeiten, das durch Not und äußere Zweckmäßigkeit bestimmt ist, aufhört; es liegt also der Natur der Sache nach jenseits der Sphäre der eigentlichen materiellen Produktion.

Zitat: Ernst Bloch, „Prinzip Hoffnung“, 2. Band, Suhrkamp Verlag, Frankfurt/M. 1977, S. 1045

Bild: Am U-Bahnhof Möckernbrücke, Abendstimmung vor dem Sturm, heute, 28.02.2010, 18 Uhr

 Posted by at 21:21
Feb. 242010
 

Ein wirklich buntes, multiethnisches staatliches Gebilde war das kürzlich so arg gescholtene Römische Reich. Es hielt ein paar Jahrhunderte zusammen, länger als bisher selbst die erfolgreichste moderne Demokratie, die USA, denen ich freilich eine längere Lebensdauer als dem Imperium Romanum wünsche. Eine besondere Errungenschaft war zweifellos die freigebige Zuerkennung des römischen Bürgerrechts an immer mehr Menschen, zuletzt an fast alle, die auf dem Boden des Imperiums wohnten. Von der Lex Plautia Papiria (89 v. Chr.) bis zur Constitutio Antoniniana (212 n. Chr.) zieht sich eine fortschreitende Ausdehnung der Bürgerrechts-Inhaber. Ein genialer Schachzug, der zur langen Lebensdauer des Imperiums beitrug! Die griechischen Stadtstaaten haben das nicht geschafft. Sie knauserten mit der Verleihung des Bürgerrechts und wurden dadurch verletzlich – hinweggefegt!

„Civis Romanus sum“ – „Ich bin römischer Staatsbürger“, mit diesem Satz wehrte der Apostel Paulus die feindlichen Nachstellungen der Staatsmacht, die ihn als Verfassungsfeind verfolgte, zunächst erfolgreich ab. Er wurde nicht gekreuzigt, weil diese ehrloseste Form der Strafe als eines römischen Bürgers unwürdig galt.

Und heute? Deutschland wird zu seinem Glück bunter. Wir brauchen die Aufsteiger, wie sie Armin Laschet nennt. Die Menschen, die eine Zuwanderungsgeschichte hinter sich – oder in sich haben. Idealerweise „ergreifen“ sie dann – sobald sie wählen können – die deutsche Staatsangehörigkeit. Ein, aber nur ein  Muster für eine solche „neue Deutsche“, wie das Badr Mohammed nennt, scheint mir Jannine Menger-Hamilton zu sein.

Ich meine: Macht sie auch amtlich zu dem, was sie ohnehin ist: zur Deutschen. Lasst sie rein! Wir brauchen selbstverständlich mehr solche engagierte, zu unserem Land stehende Frauen wie Frau Menger-Hamilton.

Dass ihr aufgrund von Einwänden des Verfassungsschutzes bisher die deutsche Staatsbürgerschaft verweigert wird, muss ein absurdes Missverständnis sein – soweit die Fakten stimmen, die die taz berichtet.

Linkspartei-Sprecherin in Kiel: Zu links, um deutsch zu sein – taz.de
„Ich bin hier geboren, zur Schule gegangen, ich engagiere mich. Warum passiert das mir? Warum wollen die mich nicht?“

 Posted by at 12:49
Feb. 232010
 

22022010007.jpg Schöner, guter, aufschlussreicher Abend bei der Türkisch-Deutschen Unternehmervereinigung gestern am Kürfürstendamm! Armin Laschet, der Minister aus Nordrhein-Westfalen, stellt sein Buch „Die Aufsteigerrepublik“ vor, das dieses Blog leider viel zu spät, erst 2 Monate nach Erscheinen, nämlich am 05.12.2009 rezensiert hatte.

Laschet gelang es gestern, sein Anliegen erzählend, erklärend, „mit kurzem Aufschlag“ in etwa 15 Minuten zusammenzufassen. Serve, Volley, Punkt gemacht! Seine Botschaft: Deutschland ist „ganz oben“ und „ganz unten“ in Strukturkonservatismus erstarrt. Vorstandsvorsitzendenfamilie gebiert Vorstandsvorsitzendenfamilie. (Ich ergänze: Graues Kloster gebiert Graues Kloster). Hauptschule gebiert Hauptschule. Hartz-IV gebiert Hartz IV. Und so weiter. Laschet dagegen: Das Land braucht die Aufsteigergesinnung! Das Einwanderungsland muss allen die Sprossen zum Aufstieg bereitstellen. „Wir haben uns versündigt.“ Klares Schuldbekenntnis der deutschen Politik steht bei Laschet am Anfang, wie in der katholischen Messe! Peccavimus! Wunderbar, mirabile dictu!

Was mir besonders gefällt: Laschet erkennt, dass das ganze Thema keine Frage der Verteilungspolitik, keine Frage der Finanzen ist – sondern eine Sache des Umdenkens!

Ich spitzte die Ohren. Von Laschets Ansichten war ich vorher schon begeistert, blieb es auch gestern. In den Plaudereien mit den türkischen Unternehmern vor der Lesung hatte ich schon gesagt: „Ich halte dieses Buch für einen großartigen Wurf! Für einen Quantensprung in der ganzen Integrationsdebatte!“

Interessant die Aussprache nach der Lesung. Es kamen, – was?  Die üblichen Forderungen, wie gehabt: DAS PUBLIKUM: „Ihr müsst den Lehrern mehr Gehalt zahlen, dann werden auch Abiturienten mit Zuwanderungsgeschichte Lehrer werden.“ LASCHET: „Die wenigen Abiturienten mit Zuwanderungsgeschichte wollen lieber Ärzte, Anwälte oder Unternehmer werden, – aber nicht aus Geldgründen.“ DAS PUBLIKUM: „Wir brauchen kleinere Klassen, bei 36 Schülern ist kein sinnvoller Unterricht möglich, egal ob deutsche oder migrantische Kinder.“

Hierauf würde ich erwidern: Einspruch! Auch bei Klassenstärken von 50 Kindern ist sinnvolles Lernen möglich, wie in der multiethnischen Sowjetunion und im Nachkriegsdeutschland vorgeführt. Und wir haben in Berlin schon Klassenstärken in den sozialen Brennpunkten von oft unter 25 Kindern, eine zweite Lehrkraft ist routinemäßig im Raum. Was wollt ihr noch? Wer soll das bezahlen? Das ganze Berliner Schulwesen wird doch derzeit umgekrempelt!

Und noch einige andere Forderungen an die POLITIK äußerte DAS PUBLIKUM. Wie gehabt. Die Ansprüche an den allzuständigen Versorgerstaat sind weiterhin sehr hoch, das trat mir gestern wieder einmal sehr deutlich vor Augen. Das ist aber nicht die Aufstiegsmentalität, welche einzelne Politiker wie etwa Armin Laschet und neuerdings in seinen Fußstapfen sogar der Berliner Regierende Bürgermeister zu entfachen versuchen.

Der Groschen in der deutschen Integrationsdebatte ist noch nicht gefallen. Die goldenen Einsichten eines Armin Laschet sind da, man kann sie nahezu kostenlos abrufen. Niemand widerspricht ihnen mit sachhaltigen Gründen. Das Buch ist „wasserdicht“, faktengesättigt, es verströmt Zuversicht, Weisheit und Güte. Was wollen wir mehr?

Der Politiker Laschet hat mit seiner „Aufsteigerrepublik“ vorgelegt, wie es besser eigentlich nicht denkbar ist. Unsere Schulen sind viel besser als ihr Ruf. Der Ball muss nun zurückgeschlagen werden. Durch wen? Durch uns! Die Bürger müssen es jetzt stemmen. Wir armen Bürger müssen anfangen zu klettern. Wir tun es nicht. Warum? Es geht uns noch zu gut.

Und zwar denke ich mir das in all meiner Einfalt so: Nach dem 2. Weltkrieg lag das Land am Boden. Es gab nichts zu verteilen. Man brauchte den Erfolg. Und man hat ihn sich erarbeitet. Heute wird das ganze wieder verfrühstückt. Jede Kategorie will mehr abhaben von dem Kuchen, der mittlerweile durch heftige Staatschulden vorfinanziert wird. Durch wen? Durch unsere Kinder.

Kaum haben wir Jungs 300 Euro zusammen, mieten wir einen BMW Z3 für einen Tag. Für einen Tag groß rauskommen! Darum geht es uns Jungens. Wir kennen uns doch 🙂

Im U-Bahnhof ADENAUERplatz (sic!) fiel mir danach ein Plakat von Misereor ins Auge: „Gott kann nicht alles regeln.  Uns bleibt genug zu tun.“ Wer war mit ER gemeint? Der STAAT? Oder GOTT? Soll der gütige Versorgerstaat Gott spielen?

Mein Vorschlag zur Güte: Alle diese Veranstaltungen, wo man einander in guten Ansichten und Einsichten bestärkt, sollten abschließen mit einer Besinnung: „Was können wir tun? Was können wir ändern?“

Jeder Zuhörer sollte aufgefordert werden, eine Selbstverpflichtung abzugeben. Etwa so: „Ich werde morgen meine Nachbarn zum Tee einladen!“ Oder so: „Ich werde meine Kinder nicht mit dem Van zur Elite-Grundschule fahren, sondern melde sie in der staatlichen Kreuzberger Grundschule um die Ecke an.“ „Ich gebe meine Scheinadresse auf!“ „Und ich ziehe in ein Viertel um, wo sonst nur Hartz-IV-Empfänger wohnen!“ „Und ich mache meine Hausaufgaben!“ „Ich lerne Arabisch mit meinem Nachbarn!“ „Und ich lerne ein Goethe-Gedicht!“ „Ich schreibe ein Gedicht in deutscher Sprache!“

Wäre das ein Opfer? Ja! Selbstverständlich. Ein Opfer, das hundertfältige Frucht bringt.

 Posted by at 12:53
Feb. 112010
 

Hurra, es gibt immerhin einen Politiker, der ähnlich denkt wie ich und der dies auch offen sagt. Er heißt Ole von Beust, ist Hamburger. Heute wurde es ja echt brenzlig für die Hamburger Schulreform. Aber was der Mann sagt, gefällt mir sehr – da werde ich doch meine uralten Vorurteile gegen die „kühlen Norddeutschen“ überdenken müssen! Was mir besonders gefällt, ist, wenn Politiker ihrer eigenen besseren Einsicht folgen und auch einmal etwas gegen die lautstark vorgetragene Meinung ihrer eigenen  Klientel vertreten. Besonnen, werbend, aber in der Sache entschieden. Ich kann und muss als Vater eines Ausländerkindes, das unter lauter Ausländerkindern lernt, jedes Wort unterstreichen, das der Hamburger Bürgermeister Ole von Beust sagt. Lassen Sie sich nicht kirre machen!

Schulreform-Volksentscheid in Hamburg: „Diese Kröte muss man schlucken“ – SPIEGEL ONLINE – Nachrichten – SchulSPIEGEL
Ich habe mich lange mit Integrationsfragen auseinandergesetzt. Ich bin fest davon überzeugt, dass längeres gemeinsames Lernen für eine gelungene Integration unabdingbar ist – nicht nur für den hohen Anteil von Kindern und Jugendlichen mit ausländischem Kulturhintergrund, sondern auch für deutsche Kinder, denen die Lernmotivation nicht von zu Hause mitgegeben wird. Beide Gruppen brauchen bessere Chancen – ohne dabei die guten Schüler zu vernachlässigen. Die Gesellschaft sieht heute anders aus als vor 30 Jahren, dieser Tatsache muss man sich auch bildungspolitisch stellen.

 Posted by at 00:25
Jan. 252010
 

Liest man unsere Boulevardpresse von taz bis BZ, so stellt sich als ein gesichertes Ergebnis heraus: Es gibt keine faulen Menschen, es gibt keine Faulheit! Es gibt keinen Fleiß, es gibt keine fleißigen Menschen! Immer sind die Verhältnisse an allem schuld: Die Kulturen der Herkunftsländer. Die Kultur oder Unkultur des Ziellandes. Die Großfamilien, die Kleinfamilien. Die Alleinerziehenden. Der Reichtum. Die Armut. Die zerbrechenden Familien. Die zusammengluckenden Familien.  Die Sippen. Die Vereinzelung. Für das Scheitern finden sich immer tausend Gründe.

Rotterdam, Neukölln, Paris, London – überall haben die Stadtväter und Stadtmütter alle Hände voll zu tun, um passende Strukturen für das wachsende und wuselnde niedere Volk zu schaffen, das sich in den berüchtigten Gettos zusammenballt.

Keiner der Stadtväter oder Stadtmütter wagt es auch nur zu sagen: Lernt! Arbeitet! Tut was! Ganz zu schweigen von lateinischen Formulierungen wie etwa: Stude et labora! Lerne und arbeite!

Merkwürdig: Niemand, wirklich fast niemand spricht die einzelnen Menschen direkt an, wie es etwa die antike Tugendlehre tat. Wie es ein Nachfolgerstaat des griechischen Kleinasien, nämlich der heutige türkische Staat mit großem Erfolg in seinen Grundschulen tut.

Der Begriff Tugend, an dem die Dichter und Philosophen einige hundert Jahre – von Homer bis Seneca – herumwerkelten, beruhte auf einem persönlichen Leistungsbegriff: Jede und jeder sollte das Beste aus sich machen. Das war ein Imperativ, der wirklich jedem Jungen (leider nicht den Mädchen) eingeschärft wurde, von Homers Achill angefangen. In Homers Ilias heißt es im sechsten Gesang, Vers 208:

„Versuche stets das Beste aus dir zu machen, stell dich dem Wettbewerb!“

Die ständige Arbeit an den eigenen Anlagen, an den eigenen Fähigkeiten wurde durch eine Batterie an Bildungseinrichtungen eingeschärft: Fitnessplatz (damals Gymnasion genannt), Pädagogen-Sklaven, öffentliche Rezitationen, Volksversammlungen, gemeinsame Feste und Feiern.

Und heute? Wir haben unvergleichbar mehr materiellen Reichtum angehäuft als die alten Griechen und Römer. Ein Schulkind in der ersten Klasse in Neukölln ist reicher, hat mehr Sachen, hat mehr Essen als ein Kind eines normalen Stadtbürgers im Athen des 5. Jahrhunderts. Und trotzdem verlassen die Hälfte dieser Kinder die Schule, ohne sich hinreichend präzise in Deutsch, Türkisch oder Arabisch ausdrücken zu können, während es im alten Athen eine beständig lernende, diskutierende Stadtbürgerschaft gab, die lange Passagen der Dichter auswendig konnte, eine gemeinsame Sprache sprach, Begriffe schuf, um sich miteinander über die gelingende Demokratie auszutauschen.

Grund für unsere Malaise: Der Begriff individuellen Leistens, individueller Anstrengung ist aus dem politischen Diskurs fast völlig verschwunden. Die Politik züchtet durch ihre Kümmerer-Grundhaltung eine erwartungsfrohe Schar an Hilfeempfängern heran. Diese Schar ruft lauter und lauter: „Mach du mal, Staat!“

Für alles werden die Strukturen in Haftung genommen. Dabei kann ein Gemeinwesen ohne individuelle, persönliche Anstrengung nicht gelingen.

Dieses Denken hat uns in die Sackgasse geführt.  Die Politik sieht sich als „bezahlender Dienstleister“ der Bürger. Die Bürger rufen diese Leistungen ab, sie liefern die Ideen, sie lassen den Staat machen und bezahlen. Der Staat ist der Anspruchsgegner, die Bürger haben ein Recht darauf, dass der Staat ihre guten Ideen finanziert und dass er für die guten Ideen bezahlte Stellen schafft.

Ich meine: Koordination, Bündelung, alles schön und gut. Aber das Ganze kann nur funktionieren, wenn der Staat den Kindern und Eltern wieder und wieder, mit großer Strenge, klar macht: „Du, du einzelner Bürger, bist im wesentlichen für dein Leben verantwortlich. Du musst selbst dafür sorgen, dass dein Leben gelingt. Für Faulheit gibt es keine Entschuldigung. Lerne und arbeite!“

Ich vermisse diese Botschaften schmerzlich im politischen Tagesgespräch.

Lest hier im Tagesspiegel einen interessanten Überblick über die wacker mit Windmühlen kämpfenden Großstädte Europas:

Kampf den Ghettos
Umweltsenatorin Anja Hajduk: „Die besten Ideen für einen Stadtteil kommen häufig von Menschen, die selbst in dem Quartier leben. Mit Engagement und Begeisterung setzen sie sich für Verbesserungen ein.“ Unter dieser Prämisse soll die Verwaltung künftig bei Projekten und Maßnahmen als niedrigschwelliger und generationsübergreifender Dienstleister fungieren, der Verbände vor Ort wie Kirchen, Sportvereine und Wohnungsunternehmen in alle Planungs- und Entwicklungsschritte einbindet. Oft wird nur durch vernünftige Absprache untereinander, also Koordination und Vernetzung, Effizienz erzielt, die in haushaltspolitisch schwierigen Zeiten mitunter auch noch volks- und betriebswirtschaftliche Vorteile beschert. Die Koalition will mit „Rise“ der sozialen Spaltung der Stadt entgegentreten und versuchen, dass sich an bestimmten Punkten der Elbmetropole keine Armut verfestigt. Die Praxis sieht trotzdem vielerorts anders aus.

 Posted by at 11:55
Dez. 062009
 

Bereits im 5. Jahrhundert vor Christus zeichnet sich ein Gegensatz zwischen orientalischer Herrschaftskultur und europäischer Freiheitskultur ab. In den Persern des Aischylos, aber auch im Buch Ester der Hebräischen Bibel wird dies exemplarisch fassbar.

Die orientalische, die östliche Herrschaftskultur beruht auf der Unterwerfung des Einzelnen unter die göttlich überhöhte Vorrangstellung der Macht. Die Macht des Selbstherrschers setzt das Recht, schützt den Einzelnen vor Anmaßungen anderer, verlangt aber bedingungslose Anerkennung und Verherrlichung. Bis zum heutigen Tage herrschen in den meisten Nachfolgestaaten der antiken Großreiche des Ostens autokratische, auf Unterwerfung beruhende Regierungen. Die einzige Ausnahme stellen Israel und – mit allerdings erheblichen Einschränkungen – die Türkei und teilweise Libanon dar. Alle anderen Staaten vom Maghreb bis nach Pakistan sind autokratische oder diktatorische Regimes, in denen sich niemals über die Jahrtausende hin eine echte Freiheitskultur entfaltet hat.  Die Bürger dieses Staaten sind an ihre Versorgungsdiktaturen gewöhnt. Die Macht setzt sich durch, gestützt auf einen willfährigen Polizei- und Beamtenapparat.

Aus diesen Ländern der Versorgungsdiktaturen kommen die „problematischen“ Migrantengruppen zu uns. Da sie in ihren Herkunftsländern niemals aktive Teilhabe am öffentlichen Leben erlangt haben, setzen sie ihre Karriere als Versorgungsempfänger in Deutschland nahtlos fort. Folge: es kommt ihnen gar nicht in den Sinn, etwa Elternabende zu besuchen. Alles, was der Staat macht, wird von den Bürgern hingenommen. Weder wird der Staat kritisiert, noch wird er aktiv verändert. Der Staat – hier also vertreten durch die Schule – soll seine Versorgungsleistungen erbringen. Zu diesen Leistungen gehört auch die Erziehung der Kinder. Man liefert Kinder ab, und die Schule soll sie erziehen. Der Islam mit seinem starken Akzent auf Endgültigkeit, mit seinem geschlossenen Weltbild, mit seiner nicht-diskursiven Ethik eignet sich ideal als Kitt solcher autokratischer Herrschaftsverbände.

Ganz anders das europäische Modell der abendländischen Leitkulturen! Europäische Leitkulturen sind dynamisch. Sie entstehen aus dem häufig streitigen Gegeneinander unterschiedlicher Machtpole und Machtinteressen. Machtverherrlichung ist nicht ihr Hauptzweck, sondern Befragung, Bekämpfung oder auch Sicherung der stets gefährdeten Macht. Europäische Leitkulturen sind nach vorne offen, sie zeichnen sich durch stetes Umdeuten der Herkünfte aus. Zu den europäischen Leitkulturen gehören deshalb untrennbar offene Kanonbildungen – ja der Kanon kultureller Werte und Werke ist selbst Gegenstand fortlaufender Neudeutung und Neuschaffung.

In der Berliner Schulpolitik herscht riesige Verwirrung über die Herkunftsländer unserer Migranten – sofern man sie überhaupt zur Kenntnis nimmt.  Unser Sozialsystem wird von den Zuwanderern aus Türkei, Libanon oder Jordanien als bruchlose Fortsetzung der orientalischen Versorgungsdiktaturen erlebt und dankbar entgegengenommen. Die orientalisch-islamische Herrschaftskultur wird meist unbefragt weitergegeben. Dies erfahre ich auf Schritt und Tritt bei der Begegnung mit jungen migrantischen Männern in Kreuzberg.

Diese jungen migrantischen Männer wachsen in ein kulturelles Vakuum hinein, da die deutsche Gesellschaft – also wir – es nicht mehr vermag, ihre eigenen Werte überzeugend zu formulieren. Vielmehr wird in der deutschen Politik der Staat zunehmend zum „Anspruchsgegner“ gemacht, der uferlos auswuchernde Versorgungs- und Glückseligkeitswünsche zu befriedigen hat. Diese Grundhaltung „Versorge uns oh Staat!“ reicht bis weit in die CDU und die FDP hinein.

Man kann dies auch an den neuesten Schulreformversuchen ablesen. So wird etwa in der Broschüre des Berliner Senats zur neuen Sekundarschule nirgendwo die Rolle der Familie oder der fundamentale Beitrag des Einzelnen erwähnt – vielmehr wird das gesamte Schulwesen als eine Art BVG-Verschiebebahnhof dargestellt. Es kommt nur darauf an, den richtigen Waggon zu erwischen, alles andere regelt der Staat für die Schüler.

Ich halte dies für gefährlich. Wir brauchen nicht den Untertan, den unmündigen Leistungsempfänger. Wir brauchen den mündigen, seiner Rechte und Freiheiten bewussten Menschen und Bürger, der seine Glückseligkeit nicht vom Staat erwartet, sondern selbst dafür arbeitet.

 Posted by at 21:28

Werte laubüberweht. Herbstmeditationen mit Burkard Dregger

 Integration, Konservativ, Krieg und Frieden  Kommentare deaktiviert für Werte laubüberweht. Herbstmeditationen mit Burkard Dregger
Okt. 312009
 

Der Blogger hat seine Berichtspflichten über den Abend des 12. Oktober vernachlässigt. Im Abstand von zwei Wochen tritt jedoch deutlicher hervor, was der Abend eingebracht hat. Burkard Dregger, Vater dreier Kinder, hielt im Café Sybille in der Karl-Marx-Allee einen Vortrag über die grundlegenden Werte unserer Gesellschaft. Meine Sympathie hatte der Mann auf Anhieb gewonnen, weil er sich zunächst vorstellte mit dem Satz: „Ich bin Vater dreier Kinder, und deshalb möchte ich an der Zukunft unserer Gesellschaft mitarbeiten.“ Gut, sehr gut! Wir brauchen mehr Väter, die sich klar und eindeutig zur Verantwortung für ihre Kinder bekennen – Männer, die das Vater-Sein als wesentlichen Antrieb für politische Tätigkeit bekennen. Nach persönlichen Betrachtungen dieser Art spannte Dregger einen weiten Bogen über die Werte, die das Gemeinwesen Bundesrepublik zusammenhalten. Freiheit, Solidarität, Zusammenhalt des Landes: jeder dieser Grundwerte muss im Spannungsverhältnis mit den beiden anderen gesehen werden. Dregger übersetzte diese Werte in „das Liberale“, „das Soziale“, „das Nationale“. Keines davon darf absolut gesetzt werden. Liberalismus, Sozialismus, Nationalismus – das alles sind Überspitzungen, Verirrungen, die großes Leid über die Menschen gebracht haben. Es gilt, einen Ausgleich innerhalb dieses Wertedreiecks zu finden.Ich meine: Für das Liberale und das Soziale wird wohl fast jeder andere sich ebenfalls erwärmen können. Man frage einmal Menschen auf der Straße: Soll Politik die Freiheit schützen und soziale Verantwortung pflegen? Ja, ja, ja! werden sie alle rufen. Anders beim Nationalen. Hier fand ich Ausführungen Dreggers am spannendsten. Dregger fasst die Nation, also in unserem Fall Deutschland, nicht als Abstammungsgemeinschaft wie die Nationalisten, sondern als Wertegemeinschaft. Er zitierte aus der Präambel des Grundgesetzes, die diesen Wertekonsens in unerreichter Schlichtheit formuliert. Das war mir eine besondere Freude, dies zu hören, insbesondere, wenn es heißt: „… dem Frieden in Europa zu dienen.“

Wer gehört zu Deutschland? Antwort Dreggers, die ich voll und ganz unterstütze: Jeder gehört dazu, der sich dieser Wertegemeinschaft verpflichtet und der diesem Land anzugehören wünscht. Man kann in Deutschland hineingeboren werden, man kann in das Land einwandern – in jedem Fall müssen wir ein Interesse daran haben, dass möglichst alle Menschen, die dauerhaft hier leben, sich bewusst für dieses Land, für diese Werteordnung entscheiden.

Ich glaube: Wir, der Staat Bundesrepublik Deutschland, darf diese bewusste Entscheidung verlangen. Integrationspolitik, die nur auf möglichst effizientes Funktionieren der Zuwanderer abzielt, greift zu kurz. Sie ist zum Scheitern verurteilt. So etwa, wenn man meint, es reiche aus, dass möglichst alle Mütter Lesen und Schreiben lernen, dass möglichst viele Söhne und Töchter Abitur machten. Das ist zweifellos gut und richtig. Diese Grundfertigkeiten sind zur Teilhabe in höchstem Maße wünschenswert. Aber darüber hinaus müssen wir schon wissen und auch klar sagen, wofür wir stehen, was wir erwarten, was uns bindet.  Genau das werfen uns ja unsere Dauermigranten durch die Blume immer wieder vor: „Ihr Deutschen steht nicht zu dem, was ihr seid. Ihr seid nicht greifbar.“ 

Erstaunlich fand ich Dreggers Aussage: „Es ist gut, dass es die Finanzkrise gegeben hat. Nur durch die Krise traten die Schwächen des Systems zutage. Jetzt können wir an der Beseitigung dieser Schwächen arbeiten. Eine Planwirtschaft, die keine Krisen zulässt, sondern sie verschleiert, treibt dem Bankrott entgegen.“

Bemerkenswert  auch: „Sage doch niemand, wir seien für Atomkraftwerke. Wir sind nicht grundsätzlich für Atomkraftwerke. Wir sind für 100% regenerative Energien.“ Das leuchtete mir auf den zweiten Blick sofort ein. Wenn es möglich wäre, unseren Energiebedarf zu 100% aus regenerativen Energien zu decken, dann würde keine Volkspartei, die bei Sinnen ist, diese Möglichkeit ausschlagen. Na bitte, wer sagt’s denn! In der Zwischenzeit kann jeder schon damit anfangen. Die menschlichen Muskeln sind zweifellos eine regenerative Energiequelle. Wer sich mit Muskelkraft auf dem Fahrrad voranbewegt, schont nicht-erneuerbare Energieträger wie Erdöl oder Uran.

Damit komme ich zum einzigen kritischen Punkt, den ich anmerken möchte: Die großen Werte, die uns zusammenhalten, konnte Dregger wunderbar nachzeichnen. Er zitierte sogar Perikles: „Das Geheimnis der Freiheit ist der Mut.“ Es tat mir wohl, einen politisch interessierten Berliner, der sogar dem Landesvorstand der Berliner CDU angehört, so kraftvoll über Grundüberzeugungen, Prägungen und Selbstverpflichtungen reden zu hören.

Aber um erfolgreich zu sein, muss die CDU all diese Werte in die kleine Münze des Alltags umwechseln. Sonst gleicht sie dem König Midas oder einem armen Mann, der die Taschen voller 500-Euroscheine zu haben behauptet, der aber niemanden findet, der ihm die großen Scheine abnimmt und wechselt.

Kleine Schritte tun not. Eine kraftvolle Förderung des Radverkehrs in Berlin würde etwa die umweltpolitischen Ambitionen der CDU glaubwürdig machen. Man sollte gerade als Christdemokrat wegkommen von der Devise „immer mehr Autoverkehr, immer mehr Beton“. Hin zu mehr Nächstenzuwendung, Pflege des städtischen Kleinraums! Freiwillige Patenschaften für die Integration der unentschiedensten deutschen Bürger, also der Türken und Araber, würden den Führungsanspruch der CDU besser untermauern als die Wahrung des Besitzstandes. Das unermüdliche Eintreten für das gegliederte Schulwesen, das die Nation im Augenblick eher auseinandertreibt als verbindet, steht einer Partei der nationalen Einheit nicht unbedingt gut zu Gesicht.  Ein überzeugendes Leitbild für das Zusammenwachsen der Stadt Berlin verliehe der Berliner CDU mehr Glaubwürdigkeit als das schrille Streiten und Kritisieren. Die Überzeugung „wir von der CDU“ hätten alle Grundentscheidungen richtig getroffen, von der Marktwirtschaft über die dynamische Rente bis hin zur Wiedervereinigung, kann nur erklären, warum man früher unbedingt Adenauer oder Kohl hätte wählen sollen. Denn Adenauer und Kohl haben zwar nicht alles, aber fast alles Wichtige richtig gemacht. Dieses Argument  ist ohne Belang dafür, wenn man erklären will, warum man Angela Merkel oder Burkard Dregger wählen soll.

Kurzum: Der Mut zur Freiheit, den Burkard Dregger auf so überzeugende Weise beschwor, wird sich in Taten, im Klein-Klein des politischen Alltags ebenso beweisen müssen wie in Diskussionen und Debatten. Mit diesen Betrachtungen verließ ich das Café Sybille und nahm noch schnell das Denkbild der Karl-Marx-Allee auf: Herbstlaub, das über dem Modell der Prachtallee lag.

So sollte man das Herbstlaub des bequemen Arrangements wegfegen und sich zurückbesinnen auf die Prachtallee unsere Werte, wie sie etwa im deutschen Grundgesetz so modellhaft niedergelegt sind. Burkard Dregger hat mit seinem Vortrag ein kluges, überzeugendes und lange nachwirkendes Beispiel für solche klaren Sichtverhältnisse geliefert.

 Posted by at 23:59