Equal pay jetzt auch für Versicherungen

 Frau und Mann, Koran  Kommentare deaktiviert für Equal pay jetzt auch für Versicherungen
Mrz 012011
 

Bei Frauen besteht – aufs Ganze gerechnet –  eine statistisch nachweisbare Wahrscheinlichkeit, dass sie  Mütter werden. Gut so. „Hurra, es ist ein Kind!“, wie es Sure 12 des Korans schon sagt. Wir alle lieben Kinder.

Für den Arbeitgeber bedingen Frauen bei aller Kinderliebe aufs Ganze gerechnet jedoch wegen der statistisch erwartbaren Mutterschaftszeiten ein höheres Kostenrisiko als Männer. Schlägt sich dies in der Privatwirtschaft in der statistisch belegbaren schlechteren Bezahlung der Frauen bei gleicher Tätigkeit nieder? Ich vermute es, kann es aber nicht beweisen.

Auch in der Krankenversicherung verursachen Frauen wegen der Geburten und wegen der höheren Lebenserwartung mehr Kosten. Bisher durften die Kassen dies in geschlechtsspezifischen Tarifen abbilden. Damit ist es jetzt vorbei:

EuGH-Urteil: EU-Richter zwingen Versicherungen zu geschlechtsneutralen Tarifen – SPIEGEL ONLINE – Nachrichten – Wirtschaft

Spektakulär!

 Posted by at 11:44
Jul 202010
 

Ein harter Brocken, was hier in der Überschrift steht! Dennoch gefällt mir dieser philosophisch-theologische Brocken. Immer wenn ich, der sehr schwach praktizierende, der sehr schlechte Knecht des Christentums mit Muslimen spreche oder mit ihnen bildhaft gesprochen zusammenrumple, wird mir das sofort klar, ebenso auch beim Studium der Hadithe, des Talmud oder der paulinischen Briefe.

Mehr oder minder zufällig finde ich daneben immer wieder Bundesgenossen in dieser Sicht, so etwa seit Jahren in Jacques Attali, oder neuerdings (?) auch in Angelika Neuwirth.

Angelika Neuwirth (FU Berlin) hat sich nämlich aufsehenerregend bei der Tagung „Beyond tradition“ in Münster hervorgetan.  Thema „Aufgeklärte islamische Theologie möglich in Deutschland?“ (FAZ, 16.07.2010, S. 34). Sie sagt,

der Koran sei sowohl in seiner überlieferten Textform als auch in seiner mündlichen Vorform vor allem als „europäisches Vermächtnis, als Auslegung und Neuformulierung bereits bekannter biblischer und nachbiblischer Traditionen zu betrachten. Inhaltlich handle es sich um eine ergebnisoffene Mitschrift von Diskussionen zwischen dem Propheten Mohammed und seinen Hörern. Es gelte demnach, den Koran als europäischen Grundtext in die (westliche) Spätantike-Vorstellung aufzunehmen.

Wow! Das entspricht genau meinem Empfinden, das entspricht genau meinem bildungspolitischen Programm für Berlins Grundschüler. Koran ist also Bestandteil der europäischen Überlieferung ebenso wie frühchristliche Literatur, da sowohl Christentum wie später Islam aus der
Verschmelzung von „Jerusalem“ und „Athen“ hervorgehen.

Welch ungeheure Chance böte sich den Berliner Grundschulen, wenn sie altgriechische, jüdische, islamische und christliche Geschichten in ihren Lesestoff aufnähmen! Ulysses meets Mohammed. THAT is IT. Sie, die Berliner Stadtgesellschaft, erwürbe sich nahezu ewigen Ruhm, wenn sie die unselige Spaltung zwischen muslimischen und nichtmuslimischen („christlichen“) Kindern überwände.

Aber sie tut es nicht. Sie scheut die Grundtexte der europäischen Überlieferung wie der Teufel das Weihwasser.

Koran kann gelesen werden wie die Vorlesungsmitschriften etwa des Aristoteles. Und in der Tat gab es im 11. bis 12. Jahrhundert eine Hochblüte arabischer Gelehrsamkeit, die genau das versuchte – die Synthese koranischen und aristotelischen Wissens.

Spannend, spannend … aber noch nicht Allgemeingut.

Bild: Sowjetisches Ehrenmal für den „Ewigen Ruhm“ in russischer Sprache, Ort: Erkner, Neu-Zittauer Straße.

 Posted by at 11:35

„Jud‘ und Christ und Muselmann“

 Hebraica, Islam, Koran, Novum Testamentum graece, Religionen  Kommentare deaktiviert für „Jud‘ und Christ und Muselmann“
Apr 232009
 

Lächelt nicht! – Wer weiß?
Laßt lächelnd wenigstens ihr einen Wahn,
In dem sich Jud‘ und Christ und Muselmann
Vereinigen; – so einen süßen Wahn!

So heißt es im ersten Aufzug bei G.E. Lessing. Auch heute spricht man immer wieder von den „drei abrahamitischen Religionen“, die mehr oder minder miteinander verwandt seien und sich eben deswegen häufig so erbittert bekämpften. Adam, Abraham, Isaak, Gabriel, Zacharias – der Namen sind viele, die die drei Religionen gemeinsam haben. Der Koran etwa mutet über weite Strecken wie ein Blog an, in dem ein eifriger Nacherzähler in einer Art beständigem Abschreiben, Überschreiben, Umschreiben ein kontinuierliches Textband aus den Vorgängerreligionen Judentum und Christentum erzeugt. Lest ihn doch im Wechsel mit der Tora der Juden und dem Neuen Testament der Christen!

Mit Spannung besuchte ich Nathan Messias von Feridun Zaimoglu und Günter Senkel am vergangenen Samstag im Ballhaus Naunynstraße. Hier taucht man hinein in eine hitzige, von Erlösungshoffnungen erregte Stadt – das heutige Jerusalem. Psychiater erzählen mir, dass der Wahn, selber der Messias zu sein, am häufigsten überhaupt auftrete. Nicht nur in Jerusalem, sondern weltweit.

In seiner Umarbeitung spinnt Zaimoglu den Grundansatz Lessings fort: Die drei Religionen als im Grunde strukturähnliche, austauschbare Ausprägungen desselben Grundgedankens. Gleichermaßen gegen die Schandpriester aller Religionen wendet sich der selbsternannte Messias. Es wird in dem neuen Text geflucht, verflucht und geschimpft als wäre man im Prinzenbad. Insofern sehr lebensecht!

Die Reden des Nathan Messias erinnern stark an die Erweckungspredigten der Al-Qaida-Führer, soweit sie mir aus Transkriptionen bekannt geworden sind.  Beklemmend.

Meine Sympathie galt dem säkularen Bürgermeister der Stadt Jersualem, der sich redlich bemüht, den Laden so weit zusammenzuhalten, dass er nicht in die Luft fliegt. Und seiner Tochter Rebekka, deren Liebe zu einem Muslim leider scheitert.

Den großen Bogen eines Lessing, das weit ausholende Entfalten eines Gedankens vermag die Umarbeitung allerdings nicht zu halten. Der Spannungsbogen wird vielfach gebrochen. Lessing im Zeitalter des Bloggens!

Und die Religionen erscheinen überwiegend als Geistesstörungen, als Zwangsphänomene, bei denen die eine gefährlicher als die andere ist. Der befriedende Charakter der drei abramitischen Religionen wird nicht gesehen. Und erneut wird die Lessingsche Fabelei von den austauschbaren Ringen aufgetischt. Dem steht – so meine ich – entgegen: Das Judentum war zuerst da. Christentum und Islam kommen danach. Sie stehen unter Begründungszwang, weshalb sie sich für vollkommener als das Judentum halten, nicht umgekehrt. Wir hatten am vergangenen Ostertag an der Johanneischen Thomasgeschichte das Moment der Entscheidung hervorgehoben. Der Grundgedanke des Bundes, des Glaubens besagt ja, dass niemand sich unterwerfen muss, dass jeder Gläubige zu jedem Zeitpunkt die Freiheit der Wahl hat.  Diese Tatsache, dass nämlich sowohl im Judentum wie im Christentum die Entscheidung zum Bund ganz zentral ist, wird bei Lessing wie bei Zaimoglu einfach unterschlagen.

Insgesamt aber: nachdenklich stimmend, sehenswert!

Projekt Gutenberg-DE – SPIEGEL ONLINE – Nachrichten – Kultur

 Posted by at 16:02
Feb 032009
 

Der aufmerksame korankundige Leser wird bemerkt haben, dass wir mangels eigener Arabisch-Kenntnisse in diesem Blog aus einer textlich nicht gesicherten Koran-Übersetzung zitiert haben. Am 3.10.2007 zitierte ich aus der mir seit langem vertrauten italienischen Übersetzung von Luigi Bonelli, erschienen Milano 1987; dabei übersetzte ich selbst aus dem Italienischen ins Deutsche. Nunmehr liegt mir aber auch eine deutsche Übersetzung des Koran vor. Der im Italienischen unter Ziffer 78 beigezogene Vers aus Sure 3 wird dort unter der abweichenden Ziffer 84 so wiedergegeben:

„Sprich:  Wir glauben an Gott und an das, was auf uns herabgesandt wurde auf Abraham, Ismael, Isaak, Jakob und die Stämme, und an das, was Mose und Jesus und den Propheten von ihrem Herrn zugekommen ist. Wir machen bei keinem von ihnen einen Unterschied. Und wir sind Ihm ergeben.“

Quelle: Der Koran. Übersetzung von Adel Theodor Khoury. Unter Mitwirkung von Muhammad Salim Abdullah. Mit einem Geleitwort von Inamullah Khan. Gütersloher Verlagshaus, 4. Auflage, Gütersloh 2007

 Posted by at 00:30