Mai 042010
 

Ein guter Vater, eine gute Mutter – das ist das Wichtigste, was Kinder brauchen. So habe ich es wiederholt und mit großem Nachdruck in diesem Blog vertreten. Das Heranziehen von guten Vätern und guten Müttern, das ständige Mahnen und Ermuntern: „Sei ein guter Vater! Kümmere dich um deine Kinder! Sei eine gute Mutter! Seid eine gute Familie!“ ist eine der wichtigsten Aufgaben der Sozialpolitik. Jeder Staat muss ein vitales, nicht zuletzt ein fiskalisches Interesse an beständigen, von dauerhafter Liebe und persönlicher Treue getragenen Familien haben.

Dies berichtet der Tagesspiegel heute auf S. 14:

Gymnasien fordern Sozialarbeiter – Schule – Berlin – Tagesspiegel
Der zwölfjährige Philipp bekam in seiner Klasse keinen Ton heraus. Seine Noten wurden schlechter, andere Schüler hänselten ihn. Philipp suchte bei der Sozialpädagogin seines Gymnasiums Hilfe. Die baute Vertrauen zu ihm auf, bis er schließlich von der Scheidung seiner Eltern erzählte und davon, dass er zu dick war und von den Mitschülern deshalb als „Schwein“ beschimpft wurde. „Philipp fühlte sich zu Hause und in der Schule ausgegrenzt und hatte überhaupt kein Selbstbewusstsein mehr“, berichtet die Sozialpädagogin Annette Just. Mit gezielter Hilfe wurde es besser.

Es gibt Hunderttausende solcher Geschichten wie die des zwölfjährigen Philipp. Was kann der Staat tun? Er kann durch Tausende, Zehntausende, ja Hunderttausende bezahlter Sozialarbeiter, Kiezläufer, Psychologen, Berater und Betreuer versuchen, den Ausfall der Väter oder der Familien auszugleichen. Und der Staat versucht es auch redlich, soweit die Kassen es zulassen und weit darüber hinaus. Jetzt fordern also auch die Gymnasien Sozialarbeiter. Da der Staat bekanntlich Geld im Übermaß hat (Stichwort Bankenkrise, Stichwort Griechenland!), soll er jetzt auch in die weiterführenden höheren Lehranstalten Ersatzeltern im großen Umfang einbringen.

Oder der Staat bildet sich die leiblichen Eltern der Kinder als unbezahlte Sozialarbeiter, Kiezläufer, Psychologen, Berater und Betreuer ihrer eigenen Kinder heran. Die leiblichen Eltern sollen also den Kindern all das bieten, was Lehrer und Sozialhelfer den Kindern nur unzureichend ersetzen können. Der Staat würde dann offen zugeben: „Ich, der Staat, kann den Kindern nicht das bieten, was nur die Eltern den Kindern bieten können. Ich kann die Eltern nicht ersetzen.“

Das würde in letzter, radikaler Konsequenz bedeuten, dass den Eltern die entscheidende Verantwortung für das Gedeihen der eigenen Kinder, für die Erziehung der eigenen Kinder zugemutet würde!  Unerhört! Diese Zumutung könnte in Forderungen gipfeln wie etwa: „Ihr Väter, kümmert euch um eure Kinder!“ Oder, noch schlimmer: „Ihr Väter, sorgt dafür, dass eure Kinder jeden Tag ein warmes Essen auf den Tisch bekommen!“ Oder: „Ihr Mütter, sorgt dafür, dass eure Kinder mit einem guten, gesunden Frühstück den Tag beginnen!“ Oder: „Sorgt dafür, dass eure Kinder jeden Tag zwei Stunden in frischer Luft bei Bewegung und Spiel verbringen!“ Oder: „Ihr Väter, stellt eure Söhne nicht vor dem Fernseher ab! Unternehmt etwas mit ihnen!“

Ich gebe gerne zu: Das sind äußerst radikale Forderungen. Es gibt weit und breit fast niemanden, der die absolut zentrale, die unersetzliche Rolle der Familie, die zentrale Rolle der Nächstenliebe für das Glück und das Gedeihen der Kinder öffentlich auszusprechen wagt. Die politischen Parteien wagen so etwas nicht mehr öffentlich zu sagen. Die Kirchen, Synagogen und Moscheen tun es bisweilen noch, sind aber oft mit anderen Dingen beschäftigt. Es zeugt von äußerster Unerfahrenheit, von erfrischender Naivität, wenn ein Politiker die Forderung nach Nächstenliebe erhebt. Denn Nächstenliebe ist keine Leistung der Politik, sondern ein Geschehen zwischen einzelnen Menschen.

Die Forderung nach mehr Nächstenliebe kommt also einer Selbstbescheidung, einer Selbstbeschränkung der Politik gleich. Ich bin ein großer Anhänger dieser Selbstbescheidung! Ich halte sie gerade angesichts der Haushaltslage der Kommunen für unerlässlich.

Mir ist eigentlich aus jüngster Zeit nur eine deutsche Politikerin bekannt, die bereits zu ihrem Amtsantritt 1 Mal den zentralen Wert „Nächstenliebe“ (!) und sage und schreibe 2 Mal den zentralen Wert „Familie“ (!) in den Mund genommen hat. Diese deutsche Politikerin ist soeben Sozialministerin in Niedersachsen geworden. Wir müssen die deutsche Politikerin Aygül Özkan (CDU) in ihrem Verweis auf grundlegende Werte wie die Nächstenliebe und die Familie unterstützen, auch wenn wir derzeit noch eine verschwindende Minderheit bilden.

NB: Auch das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland (Stand: Juli 2009) weist in all seiner erfrischen Naivität und Unbekümmertheit im Artikel 6 den Eltern die letzte Verantwortung für Glück und Gedeihen der Kinder zu. Niemand wird unsere winzige radikale Minderheit also als „Verfassungsfeinde“ bezeichnen dürfen, wenn wir wieder und wieder die entscheidende Rolle der Eltern ins Gedächtnis rufen. Wir stehen auf dem Boden der Verfassung.

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Liebe den Zugewanderten wie dich selbst.

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Apr. 182010
 

„Du sollst den Zuwanderer lieben wie dich selbst.“ 3. Buch Mose (Levitikus 19,34). Genaue Überprüfung des griechischen Textes der Septuaginta ergibt: Es ist bis in die letzte Verb-Endung hinein derselbe Wortlaut wie beim neutestamentlichen Gebot der Nächstenliebe, das Levitikus (19,18) ebenfalls bringt und das bekanntlich Jesus von Nazaret zitierend wieder aufgreift (Mt 5,43).

Gottesliebe, Liebe zum Nächsten, Liebe zum Zuwanderer, Selbstannahme-Selbstliebe: ein erstaunlicher Vierklang. Sie gehören alle zusammen. Leider ist das Gebot der Zuwandererliebe kaum bekannt bei uns. Ich habe noch nie einen Christdemokraten dieses Gebot zitieren hören. Lesen sie noch die 5 Bücher Mosis? Enttäuschend. Was läge darin für ein Schatz.

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Apr. 102010
 

Es lohnt sich doch, immer wieder mal ein Verslein aus der jüdisch-christlichen Bibel zu lesen. Die eine oder andere unter den Leserinnen mag noch ein verstaubtes Exemplar aus Urgoßmutters Besitz auf dem Dachboden haben. Ansonsten hilft auch Google weiter, um Levitikus 19,34 zu lesen. Was sagt Moses zum Thema Integration, Sozialhilfe, Aufenthaltserlaubnis, Diskriminierung, Ausländerfeindlichkeit, Rassismus, Migration, affirmative action, Assimilation, Zuwanderung usw. usw.?

34. Ὡς αὐτόχθων ἐν ὑμῖν ἔσται ὁ προσήλυτος ὁ προσπορευόμενος πρὸς ὑμᾶς καὶ ἀγαπήσεις αὐτὸν ὡς σεαυτόν ὅτι προσήλυτοι ἐγενήθητε ἐν γῇ Aἰγύπτῳ ἐγώ εἰμι κύριος θεὸς ὑμῶν.

Als wackerer Gräzist übersetze ich aus der für die frühen Christen und die assimilierten Juden maßgeblichen griechischen Übersetzung der jüdischen Tora, wie sie ungefähr auch Jesus von Nazaret in den Ohren geklungen haben mag:

„Wie der Einheimische bei euch soll der Zuwanderer sein, der zu euch aufbricht, und du sollst dich um ihn kümmern wie um wie dich selbst, da ihr selbst in Ägypten Zuwanderer geworden wart.“

Hervorzuheben: Die Zuwendung, die Annahme des Fremden ist ein Werk des einzelnen – DU sollst ihn lieben. Nicht: DER STAAT soll sich um ihn kümmern. Sondern: DU sollst dich um ihn kümmern. Von Mensch zu Mensch. Nicht vom Staat zum Menschen. Warum? „Weil ihr selber Zuwanderer wart.“

Die Zuwanderungserfahrung ist also eine kollektive Erfahrung. 2. Person Plural! Vor dem Gedächtnishintergrund der kollektiven Zuwanderungserfahrung ergibt sich für die gläubige Jüdin und den gläubigen Christen der Aufruf zur individuellen Nächstenliebe.

Und damit komme ich zu meiner politischen Botschaft: Die Integration der Zuwanderer kann nur von Mensch zu Mensch gelingen. Die einzelnen Menschen müssen sich umeinander kümmern. Familien um Familien. Der Staat kann es nicht schaffen. Die endlos und über Generationen ausgereichte Sozialhilfe, die sündhaft teuren staatlichen Programme lähmen Wagemut, Kraft und Tüchtigkeit der Menschen.

Die berühmten „Eigenkräfte“, von denen 1981 Richard von Weizsäcker (mit geringstem Widerhall) sprach, die individuelle Sorge werden Platz gewinnen, sobald die erstickenden, von oben herab geregneten Sozialprogramme Schritt für Schritt aus dem Leben der Familien, der einzelnen weggenommen werden.

Quelle: Septuaginta, id est Vetus Testamentum graece iuxta LXX interpretes edidit Alfred Rahlfs. Deutsche Bibelgesellschaft Stuttgart, 1979, S. 193

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Geht hinaus in die Welt

 Kinder, Liebe, Religionen  Kommentare deaktiviert für Geht hinaus in die Welt
Apr. 082010
 

Nur wer den Koran studiert, nur wer das jahrtausendealte Herrschaftsdenken der alten orientalischen Reiche vom Herrscher als dem „Völkerhirten“ kennt, wird letztlich unsere muslimischen Volksgruppen verstehen können. Wer sich nicht bemüht, die tiefen kulturellen Prägungen der Muslime ernstzunehmen, dessen sozialpolitische Anstrengungen laufen ins Leere.

Eine eingehende Befassung lohnt in jedem Fall das Internet-Portal der einflussreichen Islamischen Gemeinschaft Milli Görus. Dort kann man sich in deutscher Sprache in ein gewisses islamisches Gesellschafts- und Politikverständnis einarbeiten, dort werden Freitagspredigten abgedruckt, von denen anzunehmen ist, dass sie so oder so ähnlich überall in Deutschland vorgetragen werden. Und man kann dort erfahren, dass der Spruch „Wissen ist Pflicht“, den Yusuf Bayrak kürzlich bei uns in Kreuzberg-West vortrug, keine Neuprägung ist, sondern uraltes islamisches Gedankengut.

Was sagt der Islam zu den sozialen Problemen unserer Zeit? Was sagt er zur Armut? Die Almosengabe ist eine der 5 Grundpflichten des Moslems. Ist die staatliche Sozialfürsorge der Bundesrepublik Deutschland ein Almosen im Sinne des Islam?

Ich vermute: Nein. Denn muslimische Almosen sind freiwillig erbrachte Gaben des Begüterten an die Armen. Im Islam ist das Almosen eine Gabe von Mensch zu Mensch. Nicht vom Herrscher an den Untertan. Jeder, der hat, soll etwas abgeben, und zwar direkt von Mensch zu Mensch. Genau so galt das christliche Gebot der Barmherzigkeit stets von Mensch zu Mensch, nicht vom Staat an den Bürger.

Der Islam, wie ihn Milli Görüs offen lehrt, schöpft sich vorrangig aus dem Koran. Alle anderen Quellen sind nachrangig. So gelangt Milli Görüs in der Freitagspredigt vom 02. April 2010 etwa zu folgenden Aussagen:

Hutba – Der Koran, unsere Quelle – IGMG.de – Das islamische Portal
Verehrte Muslime,

alles, wonach wir suchen, ist im Koran. Unser familiäres Wohl und Lösungen für unsere sozialen Probleme befinden sich im Koran. Der Koran weist Wege aus den Krisen unserer Zeit. Ihr braucht euch keine Sorgen um eure Familie, Kinder und Freunde zu machen, vertraut sie dem Koran an. Eure Kinder sind es schließlich, die das Licht des Korans in eure Wohnungen tragen werden. Das größte Erbe, dass wir auf dieser Welt zurücklassen können, sind unsere Kinder.

Die Lösung für alle sozialen Probleme in einem heiligen Buch zu suchen, das ist etwas, womit die meisten Menschen in Deutschland wohl ihre Mühe haben werden.

Es fehlt mir hier das Gebot des „Hinausgehens“. Geht hinaus in die Welt! Was ist die Welt? Für den gläubigen Moslem ist sie wohl – in Goethes Worten – „ein Abglanz“ der Herrlichkeit. Die Welt ist für einen bedeutenden Teil der muslimischen Gemeinde nicht Gegenstand des aktiven Eingreifens, des verändernden, zupackenden, studierenden Umarbeitens und Gestaltens. Sie ist – was sie ist.

Für einen bedeutenden Teil der jüdisch-christlichen Überlieferung ist die Welt hingegen etwas, was bestellt und beackert werden muss. Die Weisung, die „Rechtleitung Gottes“, wie das der Koran nennt, erfolgt nicht durch die Versenkung in den unabänderlichen Schriftsinn – das wäre Mystik – sondern durch das Hinausschauen, das Aufmerken, das Hinhören – letztlich durch die Begegnung mit dem unvorgreiflichen Gegenüber, mit dem anderen Menschen.

Heute hatte ich eine Sitzung beim Zahnarzt. Der deutsche Zahnarzt hat ein Bild von drei Kindern aus dem Jemen in seine Praxis gehängt. Die Kinder schauten mich an. Sie waren arm. Der Berliner Zahnarzt hat einige Jahre bei ihnen gelebt und ihnen zahnärztliche Leistungen erbracht. Ich sah die offenen, die lachenden, die fragenden Gesichter dieser jemenitischen Kinder. Die Zahnheilkunde entwickelt sich ständig weiter. Würde es ausreichen zu sagen: Lies den Koran, da ist alles schon enthalten? Soll man die Zahngesundheit der jemenitischen Kinder dem Koran anvertrauen, oder soll man sich Sorgen um die Zahngesundheit machen?

Für die meisten Christen reicht es nicht aus, die Kinder der unveränderlichen Lehre der Glaubensgemeinschaft auszusetzen. Sie wollen etwas Konkretes tun. Die Welt verändert sich. Die Kindererziehung verändert sich. Was zu Goethes Zeiten richtig war, kann heute in die Sackgasse führen. Nicht DAS BUCH, sondern das lebendige, das gesprochene WORT, das verhallt und verklingt, sind für den Christen die Anrufung.

Die Welt insgesamt, aber vor allem die Kinder, brauchen unsere Sorge. Sie brauchen es, dass wir uns um sie kümmern. Hier in Kreuzberg genauso wie dort im Jemen. Wir müssen genau hinschauen und fragen: Was dient ihnen? Was brauchen diese Kinder, damit sie ein gesundes, glückliches Leben führen können? Wo finden wir die Antwort auf die Fragen der Zeit? „Denn das größte Erbe, das wir auf dieser Welt zurücklassen können, sind die Kinder.“

Die Hochschätzung des Kindes ist etwas, was Muslime und Christen eint.

Ich halte diese Gemeinsamkeiten und diese Unterschiede für wichtig. Man sollte sie zur Kenntnis nehmen und sich friedfertig darüber austauschen.

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März 132010
 

„Er war verloren und ist wiedergefunden worden“, so heißt es in der alten, ewig jungen Geschichte vom verlorenen Sohn. „Jetzt müssen wir uns doch freuen und ein Fest feiern.“

Wenn ich es recht bedenke, müsste diese Geschichte heute ebenso sehr auch als die „Geschichte vom verlorenen Vater“ erzählt werden. Wieviele Söhne und Töchter berichten mir davon, dass sie ihren Vater nie so recht gekannt, nie so recht gefunden hätten. Es ist, als hätte sich die Gestalt des Vaters verflüchtigt und müsste erst mühsam wiedergefunden werden. Der Vater – muss wiederkommen.

Die schönste Fassung dieser Geschichte von der Wiederkehr des Vaters bietet in meinen Augen Giani Stuparich, ein 1891 in Triest geborener, Italienisch schreibender Autor. Erst vor wenigen Tagen las ich seine Erzählung  „Il ritorno del padre – Die Wiederkehr des Vaters“. Ich kenne keinen anderen Autor, dem es so gut gelänge, dem zuhause verlassenen Sohn wie auch dem in der Welt verlorenen Vater Mitgefühl und Gerechtigkeit widerfahren zu lassen!

Der Vater – das ist ein Hallodri und Kneipengänger, ein Herumtreiber – so stellen ihn die Verwandten dar. Der Sohn stellt ihn sich ganz anders vor. Er meint: „Die allermeisten Verurteilungen verwandelten sich in Lobpreisungen.“  Der Vater ist stark, verständnisvoll, erfolgreich, warmherzig. So soll er zumindest sein in den Phantasien des Sohnes.

Und dann beschreibt Stuparich genau, was bei einer tatsächlichen Begegnung in Vater und Sohn vorgeht. Dieses Hin- und Herschwanken, diese Furchtsamkeit, sich auf einen anderen Menschen einzulassen! In der Begegnung mit dem kleinen Sohn erfährt der Vater seine eigene Schwäche und Verletzlichkeit. Er wehrt sich dagegen. Er möchte einfach so gehen, obwohl der Sohn gerade davor große Angst hat.

Dann bleibt er doch. Mit dem Rauch einer Zigarette bläst der Vater zum Schluss dem Sohn buchstäblich den Ruch des großen Lebens ein – im ausgetauschten Atmen ergibt sich etwas, woran so viele Vater-Sohn-Geschichten ein Leben lang sich vergeblich abmühen: die Versöhnung. Angeleitet von diesem „zarten lebendigen Gewicht, das sich in seine Brust hinabließ wie ein Anker in die beruhigt schimmernden Fluten eines stillen Hafens“, oder im Original:

Negli occhi aperti del padre passavano le luci di nuovi sentimenti, che davano alla sua faccia un’espressione di dolorante bontà. Erano stati sotto, in fondo al suo cuore quei sentimenti, repressi e soffocati da altre passioni: ora tornavano a galla, richiamati da quel dolce e vivo peso, che scendeva dentro il suo petto come un’àncora nelle acque riposate e limpide d’un porto in calma.

Ich empfehle diese meisterhafte Erzählung allen Töchtern und Söhnen, die bisher auf die Heimkehr des Vaters vergeblich gewartet haben.

Leseempfehlung: Giani Stuparich, Il ritorno del padre e altri racconti. Con una nota di Arrigo Stara. Verlag Giulio Einaudi, Turin 1961 und 1989, hier S. 18

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Feb. 112010
 

Eine Wiederentdeckung jahrtausendealter Werte verkündet der amerikanische Autor Jeremy Rifkin. Was er Empathie nennt, das prägte unter der Bezeichnung eleos die griechische Tragödie, das prägte die Tora der Juden. Sich-kümmern um den anderen: auf hebräisch awoda. Das prägte auch die Lehre des Jesus von Nazaret. Auf griechisch agape. Das alte deutsche Wort für Empathie lautet: das Erbarmen. Kaum einer kennt dieses Wort noch. Aber es gibt doch genau das wider, was Rifkin als empathy bezeichnet. Empathie, die Fähigkeit, mit einem anderen zu leiden und zu fühlen, wächst von unten nach oben. Sie entsteht aus dem eigenen Herzen. Mitempfinden steht jedem offen. Es entzündet sich an der Begegnung mit dem Nächsten.Von da aus kann es auch den Fernsten erfassen. Von der Nächstenliebe zur Fernstenliebe – nicht umgekehrt! Fernstenliebe ohne Nächstenliebe führt ins Unglück.

US-Soziologe: „Globalisierung von oben gescheitert“ « DiePresse.com
Alle Säugetiere, die Junge großzuziehen haben, sind soziale Wesen. Diese Säuger sind verspielt, sie hegen und pflegen ihren Nachwuchs. Um das tun zu können, muss man zur Empathie fähig sein. Löwenjunge, die sich balgen, müssen etwa in der Lage sein, zwischen Spiel und Ernst zu unterscheiden.

Beim Menschen ist es nicht anders. Wir entdecken heute den Homo Empathicus. Wenn man im Kino sieht, wie einer Schauspielerin oder einem Schauspieler eine riesige Spinne den Arm hoch krabbelt, dann fühlen wir geradezu mit. Oder wenn neben uns jemand nach einer Verletzung heftig blutet, sind wir schockiert. Wir sind mitfühlende Wesen und das macht uns menschlich.

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Vergeben und Annehmen

 1968, Liebe, Vergangenheitsbewältigung, Versöhnung  Kommentare deaktiviert für Vergeben und Annehmen
Okt. 282009
 

Vergebt einander und nehmet einander an!

Dahin wird jede gesunde Beziehung der Kinder zu den Eltern gelangen. Erst dann werden die Kinder frei. Erst dann finden die Eltern Frieden.

Bei den alten 68ern fehlt mir sehr oft diese Fähigkeit.

Die Söhne dünken sich meist schlauer als die Väter. Das gilt auch in der Politik. Wir oft wurde über den alten Bundeskanzler aus der Pfalz gelästert.

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Mai 132009
 

Schöne gute, ermutigende Bilder finde ich in der Berlin-Brandenburger Bild von heute! Nein, nicht Angelika (25) auf S. 1, denn diese ist das, was meine bairische Muatta als preißische Heigeig’n bezeichnen würde – d.h. eine Frau, die einem Schlankheitsideal huldigt, welches nicht unbedingt das meine ist. Allerdings finde ich gut, dass Angelika sagt: „Sex ohne Liebe: ist nichts für mich“. Und dass sie erst mit sechs Männern geschlafen hat.

Nein, ich meine die jungen Deutschen auf S. 4. Das sind die Bilder, die wir brauchen. Das sind die Geschichten, von denen ich gerne mehr hätte. Das ist mein Integrationsideal, dem ich unbedingt huldige! Das ist genau das, was ich gestern als Teilassimilation bezeichnete: feste Verankerung in diesem Land, in dieser Gesellschaft, klarer Wille, das eigene Leben zu meistern! Bei gleichzeitiger Pflege der Herkunftswurzeln. So wie ich selbstverständlich gerne meine bairisch-schwäbisch-schlesischen Wurzeln ehre und achte, auch wenn ich diese drei Herkunftssprachen bestenfalls radebreche und ja auch dieses Blog ganz überwiegend in hoffentlich einigermaßen richtigem Hochdeutsch führe.

Je 1 Mal Brasilien, Marokko, Uruguay, Italien, Kirgistan, je 2 Mal Finnland, Polen, je 3 Mal Türkei, Indien: dies ist der bunte Strauß der Herkunftsländer. Und als derartig bunten Strauß stelle ich mir auch die Zukunft Deutschlands vor. Grau raus – bunt rein!

Was fällt auf? Mir fehlen die Vietnamesen. Denn diese Kinder schneiden bei uns in Berlin überragend in den Schulen ab, stellen die „doppeldeutschen“ und die türkischdeutschen Kinder in den Schatten! Bitte, liebe Frau Merkel,  liebe Frau Böhmer, als Vorbild auch das nächste Mal eine Vietnamesin oder einen Vietnamesen in die Bild setzen lassen! Meine beiden Sorgenkinder, also die arabischen Länder und die Türkei, sind zahlenmäßig stark unterrepäsentiert. Das dürfte kein Zufall sein.

Ich begegne immer wieder mal einem Mann, einer Frau türkischer Herkunft, die wirklich gutes, klares, richtiges Deutsch spricht, die erfolgreich sind und Karriere gemacht haben. Dann gebe ich mich gerne als Türkenfreund zu erkennen. Ich bekunde meinen guten Willen, den deutschen Türken zu helfen. Und was erlebe ich dann? Meist werden diese erfolgreichen, gutgekleideten, teilassimilierten Deutschtürken überraschend einsilbig … sie wollen ihren lieben Landsleuten, ihren geliebten Brüdern und Schwestern zwar nicht in den Rücken fallen. Aber ich lese dann heraus: „Johannes, du unverbesserlicher Gutmensch, du einfältiger Gutdeutscher! Wirf uns mit denen nicht in einen  Topf! Hier hat jeder die Chance, erfolgreich die Schule zu absolvieren. Jeder Türke, jede Türkin, die hier das Schulsystem durchläuft, kann die Universität erreichen, kann die Promotion schaffen. Er oder sie muss es nur wollen und am eigenen Erfolg arbeiten. Es gibt keine Entschuldigung für die Dauermisere. Das dauernde Lamento unserer Landsleute geht uns auf den Keks.“

Also, liebe türkische und arabische Brüder und noch liebere türkische und arabische Schwestern: Ich mag euch weiterhin. Aber ich kann und werde euch nicht helfen. Ich meine, ihr habt alle Chancen. Nutzt sie. Lest die Bild von heute. Seite 4.

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„Warum soll ich ins Saarland umziehen? Hier hab ich doch alles!“

 Anbiederung, Liebe, Mären, Samariter, Sozialadel, Sozialstaat, Verwöhnt  Kommentare deaktiviert für „Warum soll ich ins Saarland umziehen? Hier hab ich doch alles!“
März 172009
 

„Das Arbeitsamt hat mir eine Stelle in meinem Beruf  im Saarland angeboten. Hab ich abgelehnt. Warum soll ich umziehen? Hier hab ich doch alles. Meine Eltern und meine Kinder leben hier. Ich bin hier in Kreuzberg geboren, mit Hartz IV kommen wir gut hin, wir fahren einmal im Jahr zu den Verwandten in der Türkei. Es geht uns gut hier.“  So erzählte mir ein in Berlin aufgewachsener und ausgebildeter Kreuzberger Handwerksmeister vor einigen Monaten. Das Gespräch fällt mir heute wieder ein.

Finanzsenator Sarrazin verabschiedete sich gestern mit einigen klaren Aussagen aus seinem Amt. Und siehe da – er behauptet dasselbe, was ich in diesem Blog schon seit einigen Wochen vertrete, nämlich: „Mit mehr Geld ist den sozialen Problemen Berlins nicht beizukommen.“ Es ist ein Fass ohne Boden. Wie üblich unterfüttert Sarrazin seine Aussagen mit einem sorgsam zusammengetragenen Zahlenwerk. Wir zitieren aus dem Tagesspiegel:

 Jeder fünfte Berliner lebt von Sozialhilfeleistungen. Der Anteil der Hilfeempfänger ist doppelt so hoch wie im gesamten Bundesgebiet, auch die soziale Grundsicherung für alte Menschen nimmt nach Darstellung des Finanzsenators Thilo Sarrazin (SPD) „explosionsartig zu“. Und in den Bezirken Mitte, Neukölln und Friedrichshain-Kreuzberg stammten etwa 50 Prozent der Kinder und Jugendlichen unter 18 Jahren aus Familien, die Hartz-IV- Empfänger sind. Sarrazin findet das alarmierend. „Wir haben in Berlin eine abgenabelte Unterschicht, die stetig wächst.“

Was der Finanzsenator so zahlengespickt aufführt, entspricht weitgehend meiner weitaus beschränkteren Wahrnehmung. Mein einziger Einwand: Er spricht von „abgenabelt“ – ich würde eher sagen: dauerhaft „angenabelt“ – auf Dauer an die lebenserhaltenden Finanzströme unserer Hilfesysteme angeschlossen. Ich erkenne bei den Eltern keine Bemühungen, sich abzunabeln, die erlernte Hilfsbedürftigkeit zu überwinden. Wieso sollten sie? Mit jeder erlernten neuen Fertigkeit droht die Gefahr, dass man den Lebensunterhalt selbst verdienen müsste.

Die Aussagen Sarrazins stoßen sich natürlich am in Berlin prachtvoll blühenden Versorgungsdenken: SPD, CDU, die GRÜNEN und neuerdings auch die LINKE wetteifern darin, eine möglichst breite Klientel an Wählern heranzuzüchten und bei Laune zu halten. Die Lobbyverbände der Erzieher, der Lehrer, der Eltern, nicht zu vergessen der Migranten überschlagen sich – um das Glück der Einheit vollkommen zu machen – darin, noch mehr Geld und staatliche Liebe für ihre Schäflein zu verlangen.

Die echten Fachpolitiker, die die Lage vor Ort kennen, wie etwa der Neuköllner Bürgermeister Buschkowsky oder eben Thilo Sarrazin, müssen, um überhaupt gehört zu werden, manche Aussage zuspitzen. Aus schierer Verzweiflung lassen sie ab und zu Aussagen vom Stapel, die allzusehr ins Schwarze treffen. Der Wahrheitsgehalt ist dann zu hoch, die pure Wahrheit erträgt der Mensch nur schwer. Ebensowenig wie das reine Sonnenlicht. Und das bekommt den zarteren Gemütern in den Parteien und der Öffentlichkeit nicht. Also schwingt man gleich die Keule von „sozialer Kälte“ und was dergleichen wohlfeile Sprüche mehr sind.

Mehrheitsfähig sind Buschkowsky oder Sarrazin noch nicht. Dazu brauchte es – einen Bankrott des Landes Berlin (der grundgesetzlich auszuschließen ist), oder aber ein entschiedenes Umdenken. Hin zur Freiheit von staatlicher Versorgung, zur Selbständigkeit. Dieses Umdenken kommt allerdings erst allmählich in Gang.

Berlin wird Thilo Sarrazin noch schmerzlich vermissen. Ich tue dies jetzt bereits, denn er war mir ein Verbündeter in dem, was ich selbst in diesem Blog und in der Öffentlichkeit vertrete.

Ich bin für das, was Psychotherapeuten eine „paradoxe Intervention“ nennen: Wenn die Klienten oder Patienten oder die Gruppen und Verbände allzusehr herumjammern, ständig mehr Liebe und Aufmerksamkeit fordern – muss man sie enttäuschen. Man muss sie an die heilsame Wirkung des Neins gewöhnen. Man kann sie dazu vor den Kopf stoßen: „Steht auf! Nable dich ab! Nimm dein Bett und geh!“

 Posted by at 12:19