Apr. 132010
 

Wie nicht anderes zu erwarten, richtet sich das Grüne Männermanifest, das die taz soeben  veröffentlicht, erkennbar nur an die ethnisch deutschen Männer – die türkischen und arabischen kommen darin nicht einmal vor. Dabei sind etwa 50% der heute in Berlin geborenen Jungens Kinder von Zugewanderten. Es wäre interessant, mal mit muslimischen Männern über das Grüne Männermanifest zu diskutieren – falls sie einen Anlass dazu sehen.

Kernaussage des Grünen Männermanifests ist in meinen Augen:

„Was oft fehlt, sind die positiven Rollenbilder einer anderen, neuen Männlichkeit.“

Der grün-deutsche Mann ist also auf der Suche nach einem neuen Männerbild.

Kernaussage meines Antrags an den CDU-Landesparteitag, der in vier Stunden beginnt:

Die Berliner heranwachsenden Männer aus muslimisch geprägten Ländern wie der Türkei oder Libanon wachsen in ein Rollenvakuum ein. Ihnen fehlt ein kulturell akzeptiertes Rollenbild. In Kitas und Schulen erleben sie fast nur weibliche Leitfiguren. Die Väter sind häufig abwesend oder werden als negative Vorbilder empfunden.

Ich bin gespannt, ob der Kleine Landesparteitag der Berliner CDU das Thema „lebbare Männlichkeit“ aufgreift. Ich würde mich freuen!

Und die Grünen Männer sollte man sachte darauf hinweisen, dass sie nur die eine Hälfte der heutigen Machos und Paschas darstellen. Grün ist auch die Farbe des Islams! Es gibt neben unseren neudeutsch-treudeutschen Jungmannen noch eine ganz andere Männlichkeitskultur – die der Araber und der Türken. Zwischen den Männlichkeitsvorstellungen eines Mustafa, eines Mehmet und denen eines Hans oder Kevin klaffen Welten. Lest selbst einen Abschnitt aus dem Manifest der Grünen Männer:

Grünes Männermanifest: „Nicht länger Machos sein müssen“ – taz.de
Zwischen emanzipierten Müttern und frauenverachtenden Hip-Hoppern bekommen Jungen heute ein breites Repertoire zur Orientierung geboten. Was oft fehlt, sind die positiven Rollenbilder einer anderen, neuen Männlichkeit. Längst wissen wir, dass mit zunehmender Gleichberechtigung das Patriarchat umso härter zurückschlägt: mit Gewalt, medialem Sexismus oder Schein-Bastionen der Männlichkeit in Sport und Musik. Wir wollen role models aus Sport, Medien, Politik und Kultur, die nicht den Macker spielen müssen, weil sie eben selber stark genug sind, auch schwach sein zu dürfen.

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Apr. 132010
 

images.jpg„Ich dich ehren – wofür? Hat nicht zum Manne gereift mich die allmächtige Zeit?“ schleudert Goethes Prometheus dem Zeus entgegen.

Dreifachbelegung heute abend im Terminkalender! ADFC, CDU und Heinrich-Böll-Stiftung buhlen um Aufmerksamkeit! Wo soll ich hingehen? Zur Veranstaltung mit Pinar Selek über das türkische Männerbild – oder zur CDU mit ihrem Integrationskongress – oder zur ADFC-Stadtteilgruppensitzung Friedrichshain-Kreuzberg mit wichtigen Entscheidungen?

ADFC ist Pflicht, völlig klar. Denn dort bekleide ich Ämter. Also heute hin! Bei der CDU hab ich wiederum Anträge eingebracht – unter anderem zum fehlenden „lebbaren Männerbild“ der muslimischen Zuwanderer. Pinar Seleks Befunde wären eine prima Begleitmusik zu diesem Antrag! Springender Punkt meines Vorschlags ist ja gerade: Den türkischen und arabischen Männern in Deutschland wird es nicht leicht gemacht. Einander ausschließende Männerbilder buhlen um ihre Seelen. Die taz berichtet:

Studie zum Männerbild im türkischen Militär: Mit Absicht ramponiert – taz.de
„Armee und Schulen sind dazu da, um aus Bauern Franzosen zu machen“, lautete ein geflügeltes Wort im napoleonischen Frankreich. Pinar Selek würde ergänzen: Die Armee ist dazu da, um aus Jungen Männer zu machen, bestimmte natürlich. Durch Gewalt, Zwang und Maßregelung, durch Unterricht, etwa in Sexualkunde, aber auch durch „eigene“ Unternehmungen, Bordellbesuche und Besäufnisse inklusive. Wie genau dieser Prozess sich vollzieht, wie diese Erfahrungen die Persönlichkeit von Männern beeinflussen, ist Gegenstand ihres Buches „Zum Mann gehätschelt. Zum Mann gedrillt“, das nun auf Deutsch erschienen ist.

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Apr. 102010
 

Mehr oder weniger Geld für Integration?  Badr Mohammed (CDU), der Politiker und interkulturelle Manager, sprach sich bei einer Veranstaltung des CDU-Ortsvereins Kreuzberg-West am 24.03.2010 eindeutig für eine nachhaltige, großzügige Finanzierung der Integrationspolitik aus. „Wir müssen wesentlich mehr Geld in die Hand nehmen.“ Integrationspolitik sei eine Kernaufgabe für die nächsten Jahre und Jahrzehnte. Nur dann könne es gelingen, die neuen Deutschen zu schaffen.

„Die einheimischen Deutschen und die zugewanderten Deutschen – sie alle zusammen bilden die neuen Deutschen. Nur im Bewusstsein dieser Gemeinsamkeit kann echte Integration gelingen.“

Es führt nicht weiter, wenn man sagt: Du bist Russe, du bist Türke, du bist Deutscher. Nein, es gilt, eine neue, bewegliche, sich weiterentwickelnde Identität als „neue Deutsche“ auszubilden. Diese neuen Deutschen mit kurdischen, armenischen, assyrischen, türkischen …  Wurzeln werden bald schon Staatsanwälte, Richter und Polizisten sein.

An die Familien müssen wir ran! Nur über die Familien kann Integration gelingen.“ So Badr Mohammed. In Kursen ausgebildete und staatlich bezahlte Integrationslotsen, die Kenntnisse in Herkunftskultur und in Kultur der Bundesrepublik Deutschland haben, müssen die Familien zuhause aufsuchen. Männer müssen mit Männern reden. Die Frauen allein anzusprechen, reicht nicht. Die jungen Männer müssen von älteren Männern auf Pflichten und Regeln hingewiesen, zur Brust genommen werden. Flötentöne helfen nicht. Es gilt, klare Kante zu zeigen. Es gilt, einen Deal anzubieten: „Wir schaffen gemeinsam Erfolge, wenn du das und das einhältst. Wenn du zur Schule gehst. Ich werde aufpassen.“

Ich stimme Badr Mohammed zu: Wenn  wir das, was Mohammed will, nicht schaffen, dann zersplittert unsere Gesellschaft. Der Staat erodiert. Es drohen dann Verhältnisse wie im Libanon, wo Christen und Muslime, einheimische Araber und zugewanderte Palästinenser zeitweise friedlich nebeneinander herlebten, wo aber letztlich eine komplette Segregation eingetreten ist, die leider auch immer wieder Anlass zu Gewaltausbrüchen bis hin zum Bürgerkrieg gibt. In das kulturelle Nirwana, in das Machtvakuum des schwachen Staates stoßen bewaffnete Milizen und Banden vor. Ein gemeinsames Bewusstsein von „Wir sind alle Libanesen“ gibt es nicht.

Wir brauchen das Bewusstsein: „Wir sind alle Bürger der Bundesrepublik Deutschland. Wir sind – die neuen Deutschen.“

Die jungen Männer aus Libanon, Syrien, Türkei, die sich ihre zusammenhängenden Lebensräume hier in Kreuzberg, Neukölln oder Wedding zurechtlegen und zurechtkämpfen, leben nach meinen Eindrücken, nach meinen Gesprächen mit ihnen, im kulturellen Nirwana: weder in der Bundesrepublik Deutschland noch in einem anderen Staat. Eine Vorstellung von gelingender Männlichkeit haben sie nicht. Die Schule tritt ihnen in Gestalt von einfühlsamen, emanzipierten Frauen entgegen – also genau das, was sie nicht anerkennen können.

Der Staat ist allenfalls ein Gegenstand von Ansprüchen, den es auszubeuten gilt.

Oft wird gesagt: „Sie erkennen die Rechtsordnung nicht an. Sie erkennen das staatliche Gewaltmonopol nicht an.“

Ich würde noch einen Schritt weitergehen: Sie haben eine ganz andere Vorstellung von Staatlichkeit. Den demokratischen Staat als gemeinsame Sache aller Bürger gibt es in den Herkunftsländern nicht. Den Staat reißen sich die jeweils Mächtigen unter den Nagel.

Der deutsche Staat wird als etwas Schwaches gesehen – als etwas, was es anzuzapfen gilt. Und das ist ja leider ein Staatsverständnis, das sich auch bei sehr vielen einheimischen Deutschen findet.

Rainer Wendt, der neue Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, erhebt heute in der Morgenpost seine Stimme. Und er fordert – wie der CDU-Politiker Badr Mohammed – eine kraftvolle Finanzgrundlage für die Integrationspolitik:

Innere Sicherheit – Polizei warnt vor Chaos in Migrantenvierteln – Politik – Berliner Morgenpost
Aber all das muss endlich als staatliche Pflichtaufgabe im Rang der Schul- oder Polizeifinanzierung gelten, die nicht vom guten Willen der Haushaltspolitiker abhängt. Integration müsste zum Top-Thema aufsteigen.

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Die Väter sind schwer im Kommen!

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Dez. 162009
 

Das Gute an der Podiumsdiskussion über Erziehung am vergangenen Mittwoch war: Die Expertin war eine Frau, nämlich eine Professorin für Pädagogik, und die Betroffenen waren Männer, nämlich zwei Kreuzberger Väter. Sonst ist es meist umgekehrt: Mann weiß bescheid, Frau ist zutiefst betroffen. Der Schluss kann nur lauten: Die Väter sind im Kommen, sie stellen sich ihrer Verantwortung in Familie und Schule! Hier kommt mein nächster Beweis. Eine Presseerklärung aus unserem Schwester-Bezirk Neukölln. Lest die Presseerklärung selbst – ich werde gerne zu der Pressekonferenz gehen! Die gesamte Erklärung veröffentliche ich mit Erlaubnis von Kazim Erdogan.

Pressemitteilung: Türkische Vätergruppe in Neukölln lehnt Betreuungsgeld ab

 

Die Koalition plant Leistungen in Höhe von 150 Euro in bar oder in Form eines Gutscheins  

für Familien, die ihre Kinder zu Hause betreuen. Wir finden dieses Vorhaben falsch; denn sie wird den Kindern und ihrer Bildung nichts nutzen.

Wir fürchten, dass viele Eltern das Geld nicht für Bildung ausgeben werden. Vielmehr werden sie es sparen oder anderweitig Verwendung dafür finden.

Trotz guten Willens werden die meisten Familien der “Verlockung des Geldes“ erliegen und

ihre Kinder von den Kindergärten abmelden. Wir wissen, dass viele Mütter mit Migrationshintergrund keine ausreichende Bildung haben, um ihre Kinder auf die Schule vorzubereiten. Ihre Deutschkenntnisse sind oft mangelhaft.

Die Fakten sind bekannt: Kinder mit Migrationshintergrund, die in den Kindergarten gehen, lernen die deutsche Sprache wesentlich schneller und kommen dort zum ersten Mal mit der deutschen Kultur in Berührung.

Deswegen schlagen wir vor, das Geld dort zu investieren, wo es der Bildung der Kinder am besten nutzen würde. Das Geld muss den Kindertagesstätten und Schulen zugute kommen.

Wir geben unserem Bezirksbürgermeister, Herrn Buschkowsky, recht, wenn er sagt:

 “Es spielt keiner mit ihnen und es liest auch keiner etwas vor. Das sind die Grundlagen der Verwahrlosung schon in frühester Kindheit.“

Wir sorgen uns ernsthaft um unsere Kinder und um deren Chancen in unserer deutschen Gesellschaft. Wir wissen, dass unsere Kinder in Deutschland nur eine Chance haben, wenn sie früh genug deutsch lernen und früh genug der deutschen Kultur näher kommen. Nur so können wir ein besseres Miteinander aufbauen.

Deshalb sollte der Staat in die Bildung unserer Kinder investieren und keine Almosen an die Eltern verteilen.

 

Über unsere Vorschläge informieren wir Sie gerne auf der Pressekonferenz

am:   21. Dezember 2009, um: 12:00 Uhr

im: Creativ-Centrum Neuköllner Leuchtturm

Emser Str. 117, 12051 Berlin (U- & S-Bahn Neukölln und Hermannstr.)

 

Teilnehmer: Türkische Väter und der Psychologe Kazim Erdogan, Initiator und Leiter der regelmäßigen Gesprächsrunde

 

Presseanfragen an: Kazim Erdogan, Tel.: 68874815, Mobil: 0176-64110878

 

Die Türkische Vätergruppe, vertreten durch Aydin Bilge, Murat Metinol und Cihan Balaban

Berlin-Neukölln, 14. Dezember 2009

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Sep. 172009
 

Vorgestern wünschte ich mir mehr Propaganda für den verantwortlichen Familenvater, den besseren emotionalen Zusammenhalt der Familien. Heute liefert mir die Süddeutsche die bestellten Bilder. Der US-Präsident setzte immer wieder sehr bewusst seine Familie ins Bild, stellt heraus, dass ihm seine Familie ebensowichtig wie das Amt ist.

Barack Obama – Papa ist da, und er hat Fotografen mitgebracht! – Leben & Stil – sueddeutsche.de
Ach, Idylle. Papa kommt von der Arbeit nach Hause, die Töchter fliegen herbei, der Hund jault erfreut auf und streicht einem nach dem andern um die Beine, man tauscht sich aus: Daddy, was hast du heute gemacht? Wie war die Mathe-Klausur, Sweetheart?

Er steht zu seiner Verantwortung als Familienvater. In seinen Büchern berichtet er, dass ihm seine Frau auch Vorwürfe machte, er vernachlässige die Familie. „Du denkst doch nur an dich und deine Karriere! Die Küche überlässt du mir!“

Die Süddeutsche lästert ab, dies sei alles nur Show, eine heile Familie werde der Presse nur vorgegaukelt.

Ich selbst finde dies sehr gut, dass Obama wieder und wieder den Wert der Familie herausstellt und mit allen publizistischen Mitteln propagiert. Denn er weiß und er hat es gesagt: 50% aller schwarzen Väter in  den USA verlassen die Familie, die meisten schwarzen Kinder wachsen ohne Väter auf. Das ist wahrscheinlich einer der Gründe für die vielen Schulversager, für die vielen kriminellen Karrieren schwarzer Männer. Obama hat wieder und wieder den Vätern ins Gewissen geredet: Kümmert euch um eure Kinder. Als weitgehend ohne Vater aufgewachsener Sohn einer weißen Mutter ist er mehr als jeder andere berechtigt, über den Wert der Familie nachzudenken und die Familie als Raum der Geborgenheit und der Liebe zu fördern.

Auch wenn dies nur für die Fotografen gespielt sein sollte (was ich nicht glaube) – es ist ein wichtiges, ein lebenswichtiges Signal, das der Präsident da wieder einmal aussendet. Herrschaft ist auch Repräsentation! War es immer.

Wir brauchen derartige Signale auch in Deutschland. Aber sie kommen nicht. Alle sprechen wieder vom Versagen des Staates. Nein, nein, nicht der Staat versagt bei den kriminellen Karrieren, sondern die einzelnen Menschen. Meist sind es anfangs die Väter, manchmal die Mütter. Und dann sind es alle diejenigen, die ein Verbrechen begehen. Am Verbrechen ist zunächst einmal der schuld, der es begeht. An der individuellen Verantwortung des Verbrechers für seine Tat werde ich nicht rütteln lassen.

 Posted by at 17:36
Juni 302009
 

Gestern verfolgte ich das Endspiel der U21-Europameisterschaft am Fernsehen. Klasse herausgespielt, dieser Sieg! Die Verteidigung stand verlässlich, sie war einfach herausragend eingestellt. Sie hielt Özil den Rücken frei, er konnte so seine spielerische Klasse entfalten. Völlig richtig, dass Hrubesch ihn endlich wieder zum echten Stürmer machte und nach links vorne stellte. Das 4-1-4-1-System hat mich überrascht, wahrscheinlich ebenso sehr wie die Engländer!

Wer hätte das gedacht, dass wir Deutschen einen derart klug disponierten Gesamtansatz hinbekommen. Das muss doch auch in der A-Mannschaft möglich sein.

„Er staucht uns zusammen und holt uns gleich danach wieder aus dem Dreck.“ So rühmen die Spieler ihren Trainer. „Wir machen das, was der Trainer sagt, und deshalb haben wir Erfolg.“ Fleiß und Gehorsam in Kombination mit Selbstbewusstsein und Mannschaftsgeist – diese alten Tugenden werden durch Spieler wie Özil, Boateng, Dejagah, Khedira, Castro und Aogo nach Deutschland gebracht. Es sind importierte Werte, oder re-importierte?

Özil, Boateng, Dejagah, Khedira, Castro, Aogo sind unsere Vorzeigedeutschen – sie verkörpern den Willen zum Erfolg. Und dieser Erfolgswille bringt den Erfolg hervor.

Mesut Özil ist der Star der Deutschen. Völlig richtig, dass er zum Spieler des Tages gewählt wurde.

Mein Bruder Muck, langjähriger A-Spieler beim TSV Firnhaberau (Augsburg), kommentierte bei der Geburtstagsfeier am Sonntag, als wir über Migranten in Kreuzberg diskutierten: „Im Fußball klappt Integration schon lange.“ Er hat recht: Der Fußball ist ein Paradebeispiel, dass jeder seine Chance erhält. Fleiß, Disziplin, Einsatzfreude, Teamwork, Einordnung in eine Gruppe, Identifikation mit einem gemeinsamen Ziel: diese Tugenden kann man kaum so gut vermitteln wie im Sport.

„Wir haben Erfolg.“ So betitelte Kerstin Finkelstein ihr Buch über erfolgreiche muslimische Frauen.

Wann kommt ein solches Buch auch über Männer?

Lest hier einiges über unsere bunt zusammengewürfelte Multi-Kulti-Truppe aus der Süddeutschen Zeitung:

U-21-Nationalelf – Multi-Kulti ist normal – Sport – sueddeutsche.de
Andreas Beck wurde in Sibirien geboren, Sebastian Boenisch in Polen, Ashkan Dejagah in Teheran und Marko Marin in Bosnien, Jerome Boateng hat einen ghanaischen Vater, Sami Khedira einen tunesischen und Dennis Aogo einen nigerianischen, Mesut Özil hat türkische Eltern und Gonzalo Castro spanische. Die deutsche Nachwuchsmannschaft ist so international wie noch nie, aber das ist intern nicht mal ein großes Thema. „Wir kennen es aus unseren Klubs nicht anders“, sagt Dennis Aogo.

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„Wo sind die Väter, wo sind die Männer?“ …

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Mai 082009
 

08052009014.jpg … so fragten wir in diesem Blog des öfteren, wenn wir aus Berliner Schulen, Elternabenden und Schwimmbädern berichteten.

Und was soll ich euch sagen? Heute erhielt ich unverhofft die Antwort! Am zweiten Tag des Nationalen Radverkehrskongresses wurden feierlich die Preise für die fahrradfreundlichste Entscheidung, für die fahrradfreundlichste Persönlichkeit verliehen. Vier Teams hatten schon die Bühne erklommen – je drei Männer, aber keine Frau. Zwölf Männer! Neben mir saß eine nette ADFC-Kollegin: „Alles nur Männer“, flüsterte sie mir verdrießlich zu. „Wo sind die Frauen?“, frug ich zurück. Und da – fiel es mir wie Schuppen von den Augen. „Wo sind die Männer?“ Natürlich – wir Männer müssen ja die vielen Preise und Anerkennungen abholen, die wir erringen. Wir stehen halt lieber im Rampenlicht und schicken andere zum Kochen, in die Elternabende und zur Aufsicht in die Schwimmbäder. Das fünfte Team aber bestand aus zwei Frauen!

Die drei Männer vom Bremer Kirchentag gewannen übrigens den Preis – für diese ausdrücklich fahrradfreundliche Großveranstaltung. Preiswürdig!

Und außerdem: Werder Bremen kickte den HSV gestern aus dem UEFA-Pokal. Dank eines Papierkügelchens. Aber ich erwies mich als guter Feminist, indem ich mich gegenüber meiner netten Nachbarin beklagte: „Wieder alles nur Männer bei Werder!“

Doch lest hier Ernsthafteres aus dem Munde der Frau Senatorin Junge-Reyer:

Nahverkehr – VBB-Kunden bekommen Leihräder bald kostenlos – Berlin – Berliner Morgenpost
Raus aus dem Bahnhof, rauf aufs Leihfahrrad, bequem, unbürokratisch und für Nutzer von Bussen und Bahnen bei Fahrten bis zu 30 Minuten kostenlos. In Berlin soll diese Vision Wirklichkeit werden. Gefördert mit zwei Millionen Euro vom Bund, startet im Herbst ein Pilotprojekt mit 1250 zusätzlichen Leihrädern der Deutschen Bahn. An mindestens 50 Stationen in Mitte sollen die Räder stehen und zunächst mit Kredit- oder EC-Karte, später auch mit dem Nahverkehrsfahrschein des Verkehrsverbundes VBB entliehen werden können.
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Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) und Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) stellten das Projekt zum Auftakt des 1. Nationalen Radverkehrskongresses in Berlin vor. Der Pilotversuch läuft bis 2011. Nehmen die Kunden das neue System an, soll es nach Angaben der Bahn auf andere deutsche Städte ausgeweitet werden.

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Apr. 202009
 

Leider mal wieder völlig abwesend: Hauptschüler, türkische und arabische Schüler – die sollten mal auspacken!

André Schindler, Vorsitzender des Landeselternausschusses Berlin; Cordula Heckmann, Schulleiterin der Heinrich-Heine-Realschule und Leiterin des Jahrgangs 7 an der Gemeinschaftsschule des neues „Rütli-Campus“ in Berlin; Hamburgs Bildungssenatorin Christa Goetsch; Günter Offermann, der Rektor des Schiller-Gymnasiums in Marbach: das waren die Teilnehmer des Forums auf dem taz-Kongress, zielstrebig und klug geleitet von Tazzlerin Anna Lehmann. Ich setzte mich ins Publikum, lauschte. Christa Goetsch stellte das neue Hamburger Modell vor: Das Gymnasium bleibt erhalten, wird nach 12 Jahren zum Abitur führen. Daneben tritt die Stadtteilschule, auf der es 13 Jahre bis zum Abitur dauert. Neue Schulstruktur – neue Lernkultur: das waren auch die Zauberwörter, um die die insgesamt hochanregenden Beiträge kreisten. Lehrer, Schüler und Fachleute diskutierten, tauschten Erfahrungen aus – sehr gut!

Das Gymnasium – ein Auslaufmodell at 30 Jahre taz – tazkongress vom 17. bis 19. April 2009

Die insgesamt sehr gute Diskussion kreiste wie üblich um zwei Pole. Zum einen die Strukturdebatte: „Welche Schulformen werden benötigt?“ und Unterrichtsqualität: „Wie soll gelehrt und gelernt werden?“

In der Debatte meldete ich mich zu Wort. Ich beklagte die ethnisch-religiöse Segregation der Schülerschaft in Kreuzberg, Neukölln und Wedding. Die deutschen Eltern wollen nichts mit den mehrheitlich muslimischen Klassen zu tun haben. Diese Abschottung ist eingetreten, unabhängig von allen Diskussionen um Schulstrukturen und Unterrichtsformen.

Völlig ausgespart blieb das gesamte Leben der Schüler außerhalb der Schule, also die Familien und die Freizeit. Dabei wissen wir in Neukölln und Kreuzberg längst: An die Eltern müssen wir heran. Denn in den Familien, nicht in den Schulen werden offenbar die Weichen für Bildungskarrieren gestellt. Medienberieselung mit türkischem oder arabischem Satellitenfernsehen, Abkapselung nach außen, ein Versagen der Väter, Verhätschelung einerseits, Prügelei andererseits, kein lebbares Männlichkeitsbild, kein Kontakt zur deutschsprachigen Umgebung, eine Unfähigkeit zur sinnvollen Freizeitgestaltung: das scheinen die echten Probleme zu sein. Diese traut man sich aber nur hinter vorgehaltener Hand zu benennen. Stattdessen schüttet man weiterhin Geld in das System und in Strukturreformen, die aber an den Ursachen der Probleme vorbeigehen. Die weitgehende Segregation (Apartheid) der türkischen/arabischen Schüler einerseits, der deutschen Schüler andererseits, ist traurige Realität – unabhängig von der Schulform und der Unterrichtsqualität. Not tun die drei L des Tariq Ramadan: LANGUAGE, das heißt Aufforderung zur Erstsprache Deutsch von frühester Kindheit an auch in den Familien (nach Möglichkeit mit einer Zusatzsprache, etwa Türkisch oder Arabisch), LAW, das heißt Respektierung der freien Persönlichkeit, Einhaltung des Prügelverbotes, Durchsetzung des Verbotes der Körperverletzung, LOYALTY, das heißt: wer in Deutschland geboren wird und aufwächst, ist Deutscher; diese Kinder sollen von Anfang an wissen, dass sie sich zuallererst in diesem Land eine Zukunft erarbeiten müssen. Sie müssen hier Pflichten und Verantwortung übernehmen.

Keines der Ls ist bis jetzt auch nur annähernd erreicht. Im Gegenteil: Man erweckt durch die angestrebten Reformen noch stärker den Eindruck, der Staat werde sich schon um alles kümmern. Das unselige Etikett „Kind mit Migrationshintergrund“ verstetigt die Probleme, statt sie zu lösen, schafft die Zwei-Klassen-Schülerschaft, an der auch die geplanten Reformen nichts ändern werden. Der Staat wird es so nicht schaffen. Die Familien müssen zur Erziehung der Kinder für dieses Land, auf diese Gesellschaft hin ermuntert und genötigt werden.

Nachher sprechen mich verschiedene Teilnehmer an: „Sie haben natürlich recht“, wird mir bedeutet. Nur sagen darf man es nicht so laut. Das stört die einträchtige Harmonie.  Es muss ja noch Stoff zum Diskutieren geben.

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Festgemauert in der Erden ist sie: die migrantische Mentalität

 Männlichkeit, Migration, Theater, Unter Arabern, Vergangenheitsunterschlagung, Vertreibungen  Kommentare deaktiviert für Festgemauert in der Erden ist sie: die migrantische Mentalität
Apr. 142009
 

Gestern schlugen wir Theaterarbeit vor, um die türkischen, die arabischen Jungmänner aus ihrem selbstgewählten Mentalitätsghetto, das festgemauert in der Erden ist, herauszustoßen. Wir wählten dazu ein deutsches Werk, das in der Ferne liegt: Schillers Räuber. Kräftig schimpfen und fluchen in einem eigens arrangierten Umfeld – das wird helfen. Fast denselben Ansatz verfolgen auch die Schwulen- und Lesbenverbände in ihrer Arbeit mit den türkischen und arabischen jungen Deutschen. Allerdings wählen sie nicht einen fremdartigen Text der deutschen Literatur, sondern sie nehmen unverändert die Ghettomentalität als Material her.

Ich selbst bin übrigens ebenfalls ein Migrantenkind, allerdings nur der zweiten Generation, nicht der dritten und vierten wie die meisten Kinder hier in Kreuzberg. Mein Vater hat es mir erzählt: Mitten im Frieden, es war 1946, kehrte er aus amerikanischer Gefangenschaft in den Staat zurück, als dessen Staatsbürger er geboren und aufgewachsen war. Aber dieser Staat hatte nach Kriegsende beschlossen, dass ein Drittel der eigenen Bevölkerung von heute auf morgen nicht mehr dazugehörte. Sie mussten raus. Und alles, was sie hatten, das gehörte ihnen auch nicht mehr. „Volkseigentum“, stand am Hoftor des Bauernhofes, in dem mein Vater gelebt hatte. In tschechischer Sprache. „Národní majetek“. Hatten sie alles verloren? Nein! 20 kg durften sie mitnehmen. Also, mit 20 kg kamen die Migranten, darunter mein Vater, in den Jahren 1945-1946 zu Millionen nach Deutschland. Sie bekamen eine Starthilfe vom Staat und ab dann mussten sie sich selber eine neue Existenz erarbeiten.

Mach ich jetzt ein großes Gedöns daraus? Verlange ich, dass die Bundesrepublik mir und meinesgleichen eine Sonderstellung zuerkennt, weil ich ein Migrantenkind bin? Nein, mein Vater hat sich assimiliert, er hat die bäuerliche Existenzweise aufgegeben, hat in den USA und Deutschland studiert. Und genau dieser Weg steht allen „Migranten“-Kindern heute ebenfalls offen.

Allerdings sind sie im Nachteil: Der Staat schenkt ihnen zu viel. Sie fahren Autos, haben leichten Zugang zu Drogen, zu schnellem Sex, zu I-Pods und Netbooks. Ein herrliches Leben für das männliche Jungvolk! Es gibt für sie keinen Zwang zur Veränderung. Sie haben ja alles, um ein gottgefälliges Leben zu führen. Materielle Not haben sie in Kreuzberg oder Neukölln nie kennengelernt.

Der Tagesspiegel berichtet heute über das herrliche Theaterspielen, wo man so richtig die Sau rauslassen darf:

„Wie, du bist schwul?“
Die Kinder hören interessiert zu. Blond ist hier nur einer, ein paar Mädchen tragen Kopftuch. Sie stammen alle aus Einwandererfamilien mit Eltern aus dem Libanon, der Türkei, Bosnien und dem Irak. Der Sonderunterricht macht deutlich: Über Sexualität wird bei den meisten zu Hause nicht offen geredet. Über Schwule und Lesben schon gar nicht, das Thema ist tabu oder kommt höchstens als Sünde vor. Wohl deshalb quillt die „Fragebox“ der Trainer über, ein Pappkarton mit Schlitz, in den Zettel mit Fragen eingeworfen werden können. […]

Am Anfang genieren sich die Siebtklässler noch, doch bald tauen sie auf, und es hagelt Schimpfwörter: „Schwuchtel“, „Transe“, „Homo“, „Tunte“ – die Kreuzberger Schüler rufen alle Beleidigungen für Schwule und Lesben durcheinander, die sie kennen. Schließlich haben die drei Besucher danach gefragt. Das Lieblingsschimpfwort der 29 Schüler der Carl-von-Ossietzky-Schule sei derzeit „schwules Opfer“, sagt ihr Lehrer.

 Posted by at 12:30
Apr. 132009
 

Vorgestern nannten wir, gestützt auf unsere Gespräche mit türkischen, arabischen und deutschen Jugendlichen, diese Generation eine Generation der verlorenen Söhne. „Ich ficke deine Mutter“, „hey du Schlampe“, „du Opfer“, „du Jude“ und ähnliches sind einige jener häufigen Kraftausdrücke und Flüche, wie sie mittlerweile an deutschen Schulen, in deutschen Schwimmbädern gang und gäbe sind. Ich habe sie selbst oft gehört. Ungelöste Nöte mit der eigenen Sexualität, traditionelle Judenfeindschaft, Verachtung für die Schwachen, eine Verachtung der als allzu freizügig empfundenen westlichen Gesellschaften, eine Verachtung des eigenen Selbst, panische Angst vor Homosexualität,   – dies und vieles mehr drücken sich darin aus. An der Wurzel scheint eine völlige Orientierungslosigkeit, eine nüchterne Einsicht in die eigene Chancenlosigkeit zu stehen, ein hilfloses Suchen nach Halt, nach einem wie immer gearteten männlichen Vorbild, – und vor allem möchte man der Dominanz der Mütter und Schwestern entkommen.

Die deutsche Schule reagiert darauf offenkundig nicht oder nur ungenügend. Sie ist überfordert. Die Politik schaut ohnmächtig zu. Welches kulturelle Angebot können wir den türkischen und arabischen, den deutschen Jungmännern machen? Gibt es in der deutschen Kultur ein Werk, das diesen muslimisch geprägten Jugendlichen eine Auseinandersetzung mit ihrem eigenen Selbstbild ermöglicht? Ich sage: Ja! Ich schlage dazu vor ein Werk eines heute weitgehend in Vergessenheit geratenen Autors, den aber noch die Generation meiner Tanten (die nur die Volksschule besucht hatten), auswendig kannte. Er gehörte früher einmal zu den Dichtern, die die Deutschen kannten und liebten.

Heute kennen die Deutschen ihre Dichter nicht mehr, lesen sie nicht mehr an der Schule, lernen sie nicht im Kindergarten kennen, und folglich können sie auch nicht wissen, was sie zu verlieren drohen. Man vertreibt sich die Zeit mit Einheitsbrei, mit Fernsehsülze und Dudelmusik. Im Deutschunterricht wird heute offenbar nichts Wesentliches aus der Vergangenheit mehr gelesen. Folglich wird den türkischen und arabischen Jungdeutschen auch kein brauchbares Identifikationsangebot gemacht.

In Friedrich Schillers Drama „Die Räuber“ können türkisch-deutsche und arabisch-deutsche Jugendliche eine taugliche Folie finden, in denen sie ihre eigenen Nöte wie in einem fernen Spiegel erkennen.

Zunächst einmal: In dem Stück wird kräftig und ausdauernd geflucht und geschimpft, es sind pubertäre Ergießungen, die den Kreuzberger Jungdeutschen im Prinzenbad sicherlich das Wasser reichen können. Und es wird geplündert und gebrandschatzt, dass die linksautonomen Brandstifter, die reihenweise Autos in Friedrichshain-Kreuzberg anzünden, ihre helle Freude hätten! Eine ganze böhmische Stadt wird durch die Räuber in Schutt und Asche gelegt – da können selbst unsere Jungs aus dem schwarzen Block nicht mithalten. Was den Schillerschen Räubern, den Jugendgangs aus Neukölln und dem schwarzen Block der Kreuzberger deutschen Linksautonomen gemeinsam ist: Jede individuelle Verantwortung wird abgelehnt, man versteckt sich im Dunklen, im schwarzen Block, im türkisch-arabischen Gruppen-Ich, das jede Selbstbefreiung verhindert. Man steht nicht zu dem, was man tut, sondern schiebt die Schuld auf andere.

Die Frauen werden  regelmäßig als Hure oder Metze bezeichnet – dies entspräche dem Ausdruck Schlampe im heutigen Neuköllner Männerbewusstsein. Der Räuberhaufen rühmt sich auch mit besonderer Inbrunst, wie er ein Frauenkloster überfällt, plündert und die Nonnen dann einer Massenvergewaltigung unterwirft. Grausamkeiten, wie sie viel später in deutschen KZs an der Tagesordnung waren, werden in Schillers Stück bereits vorweggenommen. So erzählt das Gang-Mitglied Schufterle, wie er ein Kleinkind in den Feuertod stürzt:

Armes Tierchen, sagt ich, du verfrierst ja hier, und warfs in die Flamme.

In der Gestalt des Banditen Spiegelberg wiederum haben wir das Zerrbild eines Juden vor uns, wie ihn die düsterste Phantasie eines rabiaten Berliner Antisemiten auf einer Al-Quds-Demo nicht besser ersinnen könnte.

Meisterhaft schildert Schiller sodann die Selbstrechtfertigung des Karl Moor: Seine Verbrechen rechtfertigt Moor damit, dass die Herrschenden, also die Gerichtsherren, die Fürsten, die Pfaffen erbarmungslos das Volk ausplünderten und bis aufs Blut aussaugten! Das ist leidenschaftlich erregte Kapitalismuskritik,  wie sie „im Buche steht“. Karl Moor sagt:

„Mein Handwerk ist Wiedervergeltung – Rache ist mein Gewerbe.“

Exakt dieses Grundmuster werden wir dann ab 1977 im deutschen Herbst wiederfinden. Die RAF – etwa Andreas Baader, Ulrike Meinhof und alle die anderen – hing bekanntlich ebenfalls dem pathologischen Wahn an, sich an der herrschenden Klasse rächen zu müssen für all das, was die herrschende Klasse dem Volk angetan hatte – auch in den Jahren 1933-1945. Was für eine Verblendung, was für eine Wiederkehr des Gleichen macht Schiller hier sichtbar!

Ein erster Titel, den Schiller für sein erstes Drama wählte, lautete übrigens: „Der verlorene Sohn oder die umgeschmolzenen Räuber“. Welches Stück könnte besser auf unsere verlorenen Söhne passen!

Ich nehme an, dass dieses Stück von Friedrich Schiller an Berliner Schulen ebensowenig gelesen wird wie die Gedichte Hölderlins oder Bismarcks Lebenserinnerungen, ebensowenig wie das Kommunistische Manifest, der Koran, der Talmud oder das Neue Testament. Kein Kleist, kein Sigmund Freud, kein Goethe. Kein Nazim Hikmet. Keine Hadith.

Dabei bieten Schillers Räuber ein ideales Laboratorium der unfertigen, mit sich selbst mühsam ins Reine kommenden Männlichkeit. Würden Hauptschüler sich damit auseinandersetzen – etwa indem sie dieses Stück selbst erarbeiten und dann auf die Bühne bringen – sie hätten die riesige Chance, einen vergessenen Schatz der deutschen Kultur dem Vergessen zu entreißen. Und zugleich würden sie in einer Art Probehandeln die eigenen, zutiefst destruktiven Impulse beherrschen und umwandeln lernen. Sie könnten sich selbst gewissermaßen – wie im urspünglichen Titel angedeutet – „umschmelzen“.

Sie würden durch die praktische Theaterarbeit endlich auch eine gute, akzentfreie deutsche Aussprache lernen. Denn selbst das bringen die Berliner Schulen unseren Kindern nicht bei. Ich höre bei den arabischen und türkischen Jungdeutschen viel Nuscheln, Durch-die-Zähne-Sprechen, Stottern, Stammeln, Lallen.

Ich bin überzeugt: Durch die intensive Befassung mit Friedrich Schillers „Die Räuber“ könnte ein Beitrag zu dem geleistet werden, was Necla Kelek die „Befreiung des türkisch-muslimischen Mannes“ nennt.

Die Boote liegen zur Abfahrt bereit.

Um mehr zu erfahren: Besucht das Prinzenbad und das Spreewaldbad in Kreuzberg! Sprecht mit den Jungs, hört ihnen zu!

Lest mehr dazu in: Friedrich Schiller: Sämtliche Werke. Erster Band. Gedichte. Dramen I. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 8., durchgesehene Auflage, Darmstadt 1987, darin: Die Räuber. S. 481-638

 Posted by at 18:03
Apr. 112009
 

Als hart arbeitender Mann versäume ich keine Gelegenheit, mit den Menschen auf der Straße, im Schwimmbad, im Supermarkt ins Gespräch zu kommen. Das erfrischt mich, gibt mir Einblick in das, was die Leute fühlen – und ich finde es spannender als die allerneueste Operninszenierung, wo ich ich mich eher fragen muss: Und was hat sich der Regisseur gedacht?

Heute sprach ich wieder einmal mit arabischen und türkischen Jugendlichen, Jungs im Alter von 12 oder 14 Jahren. Ort: das Freigelände am Hallenbad am Spreewaldplatz, Kreuzberg, Wiener Straße. Als treuer Lehrling Friedrich Jahns, der ja nahebei in der Hasenheide seine ersten Veranstaltungen abhielt,  ertüchtigte ich mich mit einigen gezielten Übungen – dem üblichen Programm.  Dabei kamen sie auf mich zu: „Was machen Sie da?“ Ich antwortete: „Ich mache Gymnastik, damit ich gesund bleibe.“ „Was denn? Können wir das auch machen?“ „Ja, zum Beispiel die Kniebeuge!“ Dann erklärte ich, wie man die Kniebeuge richtig ausführt. Darin habe ich mir durch jahrelange Besuche in Kursen solide Grundkenntnisse angeeignet: Füße etwa hüftbreit, nahezu parallel! Darauf achten, dass das Gewicht des Körpers nicht nach vorne kippt! Zur Schonung der Knie sollen die Knie etwa auf Höhe der Ferse verbleiben – nicht nach vorne kippen!“

Dies erklärte ich den Jungs und führte es vor. Sie versuchten es nachzumachen – ich merkte, noch nie hatte ihnen jemand diese simple Übung erklärt, die nun wirklich zum eisernen Bestand der Sportpädagogik und der Fitness-Studios weltweit gehört. Die Jungs waren beeindruckt!

„Und können Sie auch Kopfstand?“, fragten sie. „Ja, passt mal auf!“ Und ich machte einen Kopfstand. Sie waren begeistert, einer versuchte gleich darauf einen Handstand, es klappte nicht.

Mein Eindruck von den türkischen und arabischen männlichen Jugendlichen hier in Kreuzberg bestätigte sich: Sie haben es nicht gelernt sich zu bewegen. Die meisten haben offenbar nie an einem Sportunterricht teilgenommen. Sehr viele haben Übergewicht, neigen zur Fettleibigkeit, viele Jungs haben im Alter von 12 oder 14 Jahren nahezu weiblich wirkende Brüste entwickelt. Andere wirken abgemagert, schlaksig.

„Haben Sie eine Zigarette?“, fragen mich die Jungs. „Nein!“, sage ich. „Ach so, Sie sind Nichtraucher!“ „Ja, raucht ihr?“, frage ich die etwa 12-Jährigen. Klar, das tun sie.

Wo sind die Väter? Ich sehe diese Jugendlichen immer allein herumhängen! Aus den Gesprächen erfahre ich: Ihnen fehlt jede väterliche Instanz. In der Schule haben sie fast nur mit Frauen zu tun. Zuhause kümmern die Mütter und die Schwestern sich hingebungsvoll um ihre Paschas. Es fehlt ihnen an nichts.

Die Vorstellungswelt der pubertierenden Jungs scheint fast nur um eines zu kreisen: Sex, Ficken, und zur Abwechslung: Pornographie. „Isch fick deine Mutter …“ Wie oft habe ich das schon gehört! Heute fragte mich ein Junge im Spreewaldbad nach meinem Kopfstand: „Kannst du Fotzenarschfick?“ Er meinte offenbar: Wer so gut Kopfstand kann, der kann sicher auch Fotzenarschfick. Ich war sprachlos – konnte nicht wahrheitsgemäß mit Nein! antworten, denn der Junge war auch gleich wieder weg. Mit derartigen Kraftausdrücken beweisen die Jungs ihre Coolness. Sie beweisen, dass sie sich auskennen. Was würde der Prophet dazu sagen?

Arabisch, Türkisch, Deutsch – in diesen Sprachen spielt sich das Leben der männlichen Jugendlichen ab, sie wechseln in Minutenschnelle hin und her – ohne auch nur eine dieser Sprachen einigermaßen zu beherrschen. Auf keinen Fall ist Deutsch ihre Zweitsprache, sie sprechen akzentfreies Türkdeutsch wie alle.

Unsere türkischen und arabischen Jungs hier in Kreuzberg sind eine Generation verlorener Söhne. Die Mütter, die Schwestern, die Schule und der Staat verwöhnen sie nach Herzenslust mit Zuwendung, mit Betüttelung, mit Geld. Ihr Ziel ist es: „Ich möchte Hartz IV werden!“ Wer Hartz IV erhält, hat es geschafft. Er braucht nicht zu arbeiten. Nein, ein echter Effendi, ein echter Bey, ein echter Pascha arbeitet nicht – er lässt arbeiten. Diesen Jugendlichen wird nichts abverlangt, es werden ihnen keine Grenzen gezogen. Es wird ihnen nichts zugemutet und nichts zugetraut.

Dabei dürsten sie eigentlich nach Anleitung, sie brauchen das Väterliche, die Autorität. Beides fehlt in ihrem Leben fast völlig. Sie sind keineswegs böse, verstockt oder unwillig. Sie könnten viel aus sich machen. Aber da ist niemand, der an sie glaubt und ihnen Ziele setzt.

Die deutsche Gesellschaft schaut weg, kümmert sich nicht um die Zehntausenden von völlig peilungslosen Jugendlichen. Ab und zu gellt ein Aufschrei über die hohe Kriminalitätsrate der Jugendlichen „mit Migrationshintergund“ durch die Medien. Und dann beruhigt man sich, zieht zur Gewissensberuhigung weg aus Mitte, Kreuzberg und Neukölln. Ich sage euch: Das wird uns alles noch mal auf die Füße fallen, wenn wir nicht ab sofort gegensteuern.

Die linksautonome Szene Kreuzbergs – eine weitere Kategorie von verlorenen Söhnen – suhlt sich in „Freiräumen“ und plappert in den eigenen peilungslosen Parolen herum. Was mit den jungen Leuten ringsum geschieht, die hier aufwachsen, kümmert sie nicht. Die deutschen Eltern, die sich für besser halten, verlassen fluchtartig den Bezirk. 43% Prozent weniger Kinder im Alter von 0-6 Jahren innerhalb von drei Jahren sprechen eine deutliche Sprache!  Es sind mehrere abgeschottete Parallelwelten, die beziehungslos nebeneinander her existieren. Dank viel Staatsknete und üppiger Sozialleistungen ist uns das Ganze noch nicht um die Ohren geflogen. Zumal weder Türkei noch Libanon auch nur annähernd ein so bequemes, lockeres Leben als Sozial-Effendi oder Sozial-Bey bieten können.

Wie ist darauf zu reagieren?  Ich schlage folgendes vor:

1) Sofortige Abschaffung des Begriffes „mit Migrationshintergrund“. Diese türkischen und arabischen Jugendlichen sind hier geboren, sind hier aufgewachsen. Sie gehören zu uns. Es sind deutsche Jugendliche. Es sind keine Migranten. Es sind deutsche Bürger mit Pflichten und Rechten. Ihnen dürfen keine Privilegien geschenkt werden.

2) Gezielte, harte, propagandistische, massierte Mentalitätsbeeinflussung der Eltern und der Kinder. So wie es in den arabischen Ländern und der Türkei längst üblich ist. „Die Türkei – ist unser großes Vaterland!“ So heißt es dort. „Deutschland – ist deine Heimat“, so muss es bei uns heißen.

Mit einfachen Botschaften, wie etwa:

„Lasst eure Kinder vom ersten Tag an Deutsch lernen! Deutsch ist die Erstsprache. Ihr lebt in Deutschland. Wenn ihr es schafft, bringt ihnen auch noch eine Zweitsprache bei.“

„Väter – kümmert euch um eure Söhne! Abis – kümmert euch um eure jüngeren Brüder! Überlasst sie nicht sich selbst! Sprecht über Sex mit ihnen. Sprecht über Pornographie mit ihnen. Eure Söhne denken viel daran!“

„Auch DU hältst die Küche sauber, Memet!“

„Macht Sinnvolles, erzählt, lest deutsche Bücher, singt deutsche Lieder, lernt etwas, treibt regelmäßig Sport, fahrt Fahrrad statt tiefergelegten BMW. Schaut euch die deutsche Sendung mit der Maus an!“

„Ihr seid verantwortlich für euer Leben. Macht was draus. Arbeitet dran!“

„Schaltet das türkische und das arabische Fernsehen für 23 Stunden am Tag völlig aus.“

3) Streichung des arabischen und türkischen Satellitenfernsehens von der Liste der erstattungsfähigen Aufwendungen der Sozialhilfe.

Die deutschen Behörden, die Deutschen überhaupt scheinen noch nicht ganz mitzukriegen, was eigentlich abgeht. In unserer Schule wird tatsächlich „Deutsch als Zweitsprache“ offiziell in der Stundentafel geführt!

Deutlicher kann man nicht kapitulieren – so bringt man den armen „Migranten“ eines bei: „Eure Erstsprache ist Türkisch, ist Arabisch – um Deutsch kümmert sich der Staat.“

Und die gestern aufgenommene Hinweistafeln im Kreuzberger Spreewaldbad zeigen es ebenfalls deutlich: Erstsprache im Bad ist Türkisch, Zweitsprache ist Deutsch. Und was ist mit den Arabern? Haben die nicht auch ein Recht auf Erstsprache Arabisch?

Ferner: Ist es nicht eine strafbare Beleidigung des Türkentums, wenn man den Kreuzberger Türken nach 40 Jahren immer noch nicht zutraut, dass sie einfache deutsche Sätze lesen können? Ämter, Behörden, Schwimmbäder – für wie dumm haltet ihr meine Türken eigentlich? Muss ich euch drohen mit einer Anzeige wegen „Beleidigung des Türkentums“?

Bisher haben wir bei der Integration der Türken und Araber versagt. Dieses Versagen werden wir uns nicht mehr lange leisten können. Denn:

Jedes Jahr wandern etwa 200.000 bis etwa 250.000 Menschen nach Deutschland zu. Sie – und nur sie – sind unsere Migranten. Ihnen muss für etwa 1 Jahr Hilfe zur Integration gewährt werden.

Alle anderen, also die, die schon seit 30 oder 40 Jahren hier leben, die müssen endlich aus dem Nest gestoßen werden, müssen rauskrabbeln aus der verwöhnenden Hülle von familiärer Bemutterung und sozialstaatlich-erstickender Fürsorge. Ihnen gegenüber ist Strenge und Härte angesagt. Das sind keine Migranten mehr, das sind Bürger wie wir alle.

 Posted by at 19:22
März 022008
 

Seit ich meinen Bekannten im Kiez erzähle, dass ich jetzt beim ADFC für die Belange des Fahrradfahrens kämpfe, ernte ich viel Zustimmung, aber auch versonnenes Lächeln: Viele glauben es noch nicht ganz, dass alle Zeichen im innerstädtischen Verkehr auf „Rad“ stehen. Vor allem aber erhalte ich interessante Einblicke in das, was die Menschen bewegt. „Ich möchte von meinem Laden nachhause fahren. Das Benzin wird immer teurer, und es ist eine nette Tour. Aber ich kann nicht richtig Fahrrad fahren. Wo kann ich es lernen?“ So sprach vorgestern eine aus der Türkei stammende Bekannte, Ladeninhaberin hier in Kreuzberg. „Wir Krimtataren in der Türkei haben ein Sprichwort: Der Tüchtige weiß das Pferd ebenso wie das Schwert zu führen.“ Das Pferd, so erklärt sie mir, ist nach heutiger Deutung das Fahrzeug, also das Auto, oder eben auch das Fahrrad. Der Führerschein gehört dazu. Das Schwert sei die Fähigkeit, sich im Leben durch Erwerbsarbeit zu behaupten. Heute stehe Schwert also für abgeschlossene Berufsausbildung. Das Sprichwort gelte für Männer und Frauen gleichermaßen.

Ich weiß, dass es in Berlin solche Radfahr-Kurse für Erwachsene gibt. Mir ist bekannt, dass in vielen Ländern das Fahrradfahren nicht Teil der selbstverständlichen Grundbildung der Kinder ist, darunter auch Russland.

Da fällt mir ein: Sehr selten sehe ich Türken oder Araber auf Fahrrädern. Weder Männer noch Frauen. Fahren die alle mit tiefergelegten BMWs oder Vans? Ist es einfach uncool, mit dem Fahrrad zu fahren? Sind wir alle „Loser“, wenn wir nicht mit dem eigenen PKW unseren Status unter Beweis stellen? Gilles Duhem, Geschäftsführer des Vereins Morus 14 erzählte dies bei einer öffentlichen Anhörung im Bundestag (dieses Blog war dabei): „Für den jungen Mann, den ich als Sozialarbeiter betreut habe und der mittlerweile erfolgreich im Berufsleben integriert ist, bin ich immer noch voll Opfer, weil ich mit dem Fahrrad fahre.“

Spannend ist es auch, in Gesprächen mit einzelnen „Türken“ oder „Arabern“ ganz unterschiedliche Geschichten zu hören. Die lassen sich nicht alle über einen Kamm scheren. In der Türkei halten sich immer noch einige sehr lebendige Identitäten. Das sind Völker und Gruppen, die zwar mittlerweile Türkisch als erste Sprache übernommen haben, aber beispielsweise nicht notwendigerweise Moslems sind. Eine Zwangsassimilation wie in früheren Jahrzehnten wird von ihnen nicht mehr verlangt. Erzwungene Assimilation hat dementsprechend der türkische Ministerpräsident bei seiner Kölner Rede mit aller Schärfe als ein „Verbrechen“ abgelehnt. Offenkundig sprach er hier über innere Angelegenheiten der Türkei. Dennoch war die Aufregung in Deutschland gerade darüber groß. Mit den Leuten reden, sich erkundigen, ehe man vorschnell urteilt, hilft oft weiter in solchen Fällen.

Wir müssen uns ein klein bisschen entschleunigen, etwa durch mehr Fahrradfahren, durch häufigeres Fragen und Zuhören.

 Posted by at 14:23