Aug. 262008
 

Einen Klimawandel der anderen Art – nämlich einen Schulklimawandel – fordert die Unfallkasse Berlin. Tag für Tag verletzen sich durchschnittlich 229 Schüler in Berlin. Oft durch Rempeln, Schubsen, am gefährlichsten aber durch Fehler im Straßenverkehr. Das größte Problem: Rücksichtslosigkeit. Und jetzt kommt endlich ein Lob:

„Die Hauptschulen haben sich um dieses Problem gekümmert“, sagte Kirsten Wasmuth, Sprecherin der Unfallkasse. „Ein rücksichtsvoller Umgang miteinander gehört dort heute oft zu den klaren Regeln.“ Ein gutes Schulklima mit einem engagierten Kollegium senke nachweislich auch die Unfallzahlen.

Ein Unfallschwerpunkt in Grundschulen und weiterführenden Schulen bleibt der Sportunterricht. Bewegungsdefizite führen nach Einschätzung der Kasse dazu, dass sich Schüler beim Gehen, Laufen oder Fallen verletzen. Auch bei Mannschaftsspielen, insbesondere mit Bällen, kommt es oft zu kleinen Unfällen.

Was ist zu tun? Was tun wir persönlich, fragt ihr? Wir bewegen uns ausgiebig! Fast jeden Tag gehen wir zum Schwimmen ins Prinzenbad. Mein zweiter Sohn kann schon schwimmen! Meine ganze Familie fährt Fahrrad. Die Morgenpost berichtet:

Richtig gefährlich ist nach Einschätzung der Kasse nur der Weg zur Schule – besonders für Grundschüler. 2400 Kinder haben sich im Jahr 2007 auf ihrem Schulweg verletzt – darunter waren durchschnittlich vier Grundschüler pro Schultag. Anders als die Prellungen, Dehnungen oder Verstauchungen, die sich Schüler im Sportunterricht oder auf dem Pausenhof zuziehen, sind Schulwegunfälle häufig gravierend. 2007 starb eine Schülerin bei einem Verkehrsunfall auf ihrem Schulweg. Ein Lastwagen hatte sie auf ihrem Fahrrad erfasst.

Hier ist die Politik gefragt. Hier sind wir aber auch alle dringend gefordert: Bürger, Verkehrsverbände, Parteien. Sicherheit für den Fahrradverkehr ist erlernbar. Fahrradfahrer und Autofahrer müssen ihren Beitrag dazu leisten. Rücksichtnahme bei Kraftfahrern kann eingefordert werden. Die Einhaltung der Straßenverkehrsordnung kann von allen, von PKW, von LKW und von Fahrradfahrern verlangt werden. Ohne die üblichen Ausflüchte und Wenn und Aber. Wir brauchen eine Erhöhung des Kontrolldrucks, mehr polizeiliche Geschwindigkeitskontrollen, vor allem aber einen Bewusstseinswandel. Rücksichtnahme und Vorsicht sind unerlässlich, Tag und Nacht.

Dieser Bewusstseinswandel ist ein laufender Prozess, der nicht einschlafen darf. Straßenverkehr mit über 40 Millionen Kraftfahrzeugen muss als das erkannt werden, was er ist: der größte Gefahrenraum, den wir in Deutschland betreiben. Weit gefährlicher, weit kostspieliger als all die anderen Gefahren, von denen Politiker so gerne sprechen.

Unfall-Bilanz – Mehr als 220 Schüler verunglücken täglich in Berlin – Berlin – Berliner Morgenpost

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Verdichtete Nähe

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Juli 242008
 

24072008017.jpg Wir sind noch einmal näher herangerückt. Alle stehen jetzt. Wowereit zeigt sich auf der Pressetribüne, kriegt ’ne kleine Runde Applaus, aber nicht seinetwegen sind wir gekommen. Das Publikum hier ist jung, die allermeisten sind 20-27.

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Juni 262008
 

Mit meiner ADFC-Stadtteilgruppe unternahm ich am 21. Juni 2008 eine halbtägige Rundfahrt durch den Bezirksteil Friedrichshain.

Die Route führte von dem bunten Band der East Side Gallery längs dem äußerst suggestiven Osthafengelände zum verträumten Ortskern von Alt-Stralau. Ich konnte es nicht lassen, ich musste ein Bad in der Stralauer Bucht nehmen, am Übergang, da wo Schlick und Schlamm aus Jahrzehnten industrieller Fertigung sich mit dem anflutenden Spreewasser vermengen! Beim Herausklettern aus dem schlickgetränkten Gestade riss ich mir das Knie blutig – meine Taufe mit Stralauer Spreewasser! Das war die Stelle:

Tom, danke für die Fotoverwendungsrechte! „Wohnen am Wasser“, dieses Motto der neuen Bürgerlichkeit stand im Kontrast zu einer Demonstration unter dem kämpferischen Motto „Wir bleiben“ in der Nähe des Boxhagener Platzes. Sogar einen echten Bundestagsabgeordneten könnt ihr auf diesem Bild entdecken!


Die Karl-Marx-Allee wiederum verweist auf die Verflechtung von Architektur und Politik – eine echte Absage an die nur funktionale Moderne. Erfahrbar wurde: Die moderne, vorsorgende Kommunalpolitik entfaltet sich im 19. Jahrhundert im ehemaligen Arbeiterviertel Friedrichshain – etwa durch den Märchenbrunnen. Der ist Volksbelustigung pur!

Einen nachdenklichen Schlusspunkt setzte schließlich der Friedhof der Märzgefallenen im Volkspark. „Wissen wir eigentlich, was damals geschah?“, fragte eine Teilnehmerin. Ich finde: Die ganze Anlage mit den Gräbern der Aufständischen vom 18./19. März 1848 ist unserer modernen deutschen Demokratie unwürdig! Sie zählen zu den Ahnen unseres Grundgesetzes, sie forderten das, was erst 70 Jahre später Wirklichkeit wurde: eine parlamentarische Demokratie ohne feudales Oberhaupt! Sie haben Besseres verdient, als missachtet in irgendeinem Winkel hinzudämmern, zumal dies kein Mahnmal ist, sondern eine echte Gräberstätte. Sie bedarf einer sorgfältigen Pflege und Betreuung.

Ein Teilnehmer fasste so zusammen: „Vieles war neu für mich, manches war unbeschreiblich suggestiv, manches war einfach schön hässlich – aber alles immer lohnend, immer verlockend! Friedrichshain, das ist ja eine kleine Welt für sich. Hab ich so nicht gewusst. Danke für die hervorragende Vorbereitung und kundige Führung!“ Ich meine: Um mit der Realität einer Großstadt ins Gespräch zu kommen, gibt es kein besseres Mittel als eine Fahrradtour! Auf Dörfern oder im Gebirge sollte man zu Fuß wandern, aber unsere Berliner Bezirke sind zu groß, als dass man sie zu Fuß einigermaßen umfassend an einem halben Tag erwandern könnte. Fährt man aber mit dem Auto oder dem Bus, kriegt man einfach nichts mit und man kommt mit den Leuten nie und nimmer ins Gespräch.

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Mai 292008
 

Recht vollmundig hatten wir in diesem Blog verkündet, wir wollten das Wahlverhalten in vier ausgewählten europäischen Großstädten betrachten. London wurde am 12.05.08 bereits in diesem Blog umfassend abgehakt. Jetzt ist Augsburg dran. Was geschah in der Stichwahl am 16. März 2008?

Die Augsburger wählten den beliebten Oberbürgermeister Paul Wengert aus dem Amt und stimmten mehrheitlich für den parteilosen Kurt Gribl. Der Mann, ein promovierter Jurist, konnte keinerlei politische Vorerfahrung vorweisen. Er war nicht einmal Mitglied einer Partei. Die CSU machte ihn zu ihrem Kandidaten. „Wir haben keinen Besseren“, hört man oft in solchen Fällen. Was sprach für ihn?

1) Er ist das Gegenteil eines Politikers der alten Garde, sondern trat als kundiger Vermittler der Bürgerinteressen an. 2) Er versprach, unbeliebte Großprojekte des Amtsinhabers zu kippen, so etwa den ÖPNV-freundlichen kompletten Umbau der Friedberger Straße. 3) Er spielte den „Ich-bin-einer-von-euch“-Trumpf aus. Der waschechte Augsburger schlägt den Berufspolitiker von auswärts. 4) Er präsentierte sich als moderner Internet- und Popfan. Er hat ein Profil auf Myspace und Xing. 5) Er hat ein Ohr für die kleinen pragmatischen Anliegen. In seinem Hundert-Punkte-Programm nimmt er zahlreiche Forderungen von Betroffenen auf, kümmert sich höchstpersönlich um kommunalpolitische Kleinstprojekte, wie etwa Fahrradabstellbügel und Popkonzerte. Die Botschaft ist klar: „Ich kann zuhören, ich wälze euch kein Programm zur Weltverbesserung auf.“ 6) Er formulierte alle seine Anliegen positiv, nach vorne gewandt. Er stellte ein positives Leitbild für seine Vaterstadt auf, gestützt auf Werte wie Selbstvertrauen, Zukunft, Selbstbewusstsein. 7) Er griff nicht den beliebten Amtsinhaber an, sondern überging ihn weitgehend einfach mit Schweigen. Kein Zank, kein Gezetere. Was blieb ihm auch übrig?

Was lernen wir daraus? Ich würde sagen: Das Kleine 1 mal 1 der politischen Kommunikation in diesem ersten Jahrzehnt:

1) Die alten Parteien sind (fast) abgeschrieben, Personen zählen mehr. 2) Fahrrad schlägt Straßenbahn! Kleinstprojekte kommen besser an als Großbaustellen. 3) Zeig, dass du zuhören kannst. Rede weniger, höre mehr zu. 4) Spalte nicht, beleidige nicht, lärme nicht rum. Polarisiere nicht. Lass die Welt eher so, wie sie ist. 5) Blicke nach vorn, nicht in die Vergangenheit. 6) Zeige ein klares Leitbild auf! Wo siehst du deine Stadt in 5 oder 10 Jahren? 7) Kopple dich von der veralteten Rhetorik der Volksparteien CSU/CDU und SPD ab. Präsentiere dich als Außenseiter, Quereinsteiger, Querdenker, als Fachmann/Fachfrau oder Moderator oder was auch immer, eher denn als Berufspolitiker. 8) Sei keine Trantüte, sondern zeige, dass du dein Leben genießt. 9) Such dir die richtige Unterstützerin. Lade Angela Merkel in dein 264.000-Seelen-Dorf ein. Die Frau segelt weiterhin auf herausragenden Zustimmungswerten. Segle auch du mit den Erfolgreichen. 10) Mach dein Schicksal nicht vom Ausgang dieser einen Wahl abhängig!

Zum Nachlesen auf der Homepage des neuen Augsburger Oberbürgermeisters hier klicken.

Unser Foto zeigt heute einen Blick auf die Lechauen im Stadtteil Hochzoll-Nord, nur einen Steinwurf von der Friedberger Straße entfernt. Übrigens: Dies war in meiner Jugend ein Teil meines täglichen Schulwegs.

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Gegen Lärm – Aktionsbündnis für nachhaltige Mobilität in Tempelhof

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Apr. 152008
 

Gestern erreichte mich eine Einladung zu einer sehr guten Aktion:

„Aktionsbündnis fordert die Ausarbeitung eines Verkehrskonzeptes für nachhaltige Mobilität in Tempelhof

Datum: Mittwoch, 16.04.2008
Zeit: Zwischen 12-13 Uhr
Ort: Ecke Tempelhofer Damm und Alt-Tempelhof !!Treffen für Aktive 11 Uhr!!
BVV-Sitzung, Rathaus Schöneberg, 17 Uhr

Am Mittwoch – dem bundesweiten Aktionstag gegen den Lärm – unterstützt die ADFC-Stadtteilgruppe Tempelhof-Schöneberg mit den Grünen und dem BUND den Verein TeMa e.V. bei ihrer Aktion am Tempelhofer Damm, bei der der Bezirk und insbesondere die Stadtplanung des Senats aufgefordert werden, einen «Runden Tisch» einzuberufen. Dieser soll ein tragfähiges, sicheres und nachhaltiges Verkehrskonzept für den Tempelhofer Damm erarbeiten, das alle Verkehrsteilnehmer berücksichtigt.
Aktueller Anlass für diese Initiative ist unter anderem der tödliche Fahrradunfall einer 14-jährigen Schülerin mit einem Lkw Anfang März.

Am gleichen Tag um 17 Uhr findet auch eine BVV-Sitzung im Rathaus Schöneberg statt. Ergebnisse der Aktion werden von der Initiative in die Sitzung getragen werden.“

Ich halte solche aus aktuellem Anlass entsprungenen, konzentrierten, punktartigen, durch ein Bündnis getragenenen Aktionen für goldrichtig!

Über 1 Mio. Berliner klagen nach der neuesten Mobilitätsstudie des Senats über belästigenden Dauerlärm in ihrer Wohngegend – und Dauerlärm auch in der Wohnung macht krank. Nebenbei: Gerade diese Zahl ist auch durch die namhafte Boulevardpresse (BZ, Bild) breit unters Volk gebracht worden. Zitat aus der größten Zeitung Berlins vom 27.03.2008:

Eine Million Berliner leidet unter dem Krach des Straßenverkehrs – pausenlos, 24 Stunden am Tag.

Das ergab eine neue Verkehrsanalyse des Senats. Folge seien Schlafstörungen, Kopfschmerzen und hoher Blutdruck, so Dr. Friedemann Kunst, Leiter der Verkehrsabteilung beim Stadtentwicklungssenat, der die Studie vorstellte. Sein Resümee: „Lärm ist wie Körperverletzung.“

„Über 500 000 Wohnungen sind von Lärmbelastung über 55 Dezibel betroffen“, sagte Kunst.

Ergebnis: Man rennt mit solchen Aktionen offene Türen ein – auch bei solchen, die noch nicht das Rad nutzen, weil sie durch schlechte Bedingungen abgeschreckt werden.

Einige wenige Male habe ich den Tempelhofer Damm in seiner ganzen Länge, auch noch weit in den Mariendorfer Damm hinein, mit dem Rad abgefahren. Eine echte Cross-Country-Fahrt, mit zahlreichen Engstellen, durch Astwurzeln aufgewölbten Radwegstellen und vielen unfreiwiligen Begegnungen der besonderen Art! Hier sind die wahren Kämpferherzen gefordert. Insbesondere Richtung Süden echt zum Abgewöhnen – abgesehen davon, dass es an einigen Stellen leider lebensgefährlich ist!

Ich wünsche der morgigen Aktion große Aufmerksamkeit, rege Beteiligung und weites Medienecho, vor allem natürlich bei Berlins führenden Zeitungen!

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In Berlin mobil – mehrheitlich ohne Auto

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März 272008
 

Gute Nachrichten vom Berliner Verkehr bringt der Berliner gedruckte Tagesspiegel von heute auf S. 9: Die Studie „Mobilität in der Stadt – Berliner Verkehr in Zahlen“ belegt: „Immer mehr Berliner steigen aufs Rad.“ Pro 1000 Einwohner gibt es in Berlin etwa 320 PKW, in Innenstadtbezirken oft nur etwa 200. Damit hebt sich Berlin deutlich von anderen deutschen Großstädten ab. Auf der nächsten Seite (S.10) finde ich die Anzeige der Kampagne des Bundesverkehrsministers: „Runter vom Gas. Jährlich sterben in Deutschland rund 5000 Menschen bei Verkehrsunfällen.“ Diese Anzeigenkampagne, die in Gestalt von Todesanzeigen daherkommt, erregt den Unwillen mancher Umwelt- und Verkehrsinitiativen, etwa von „Pro Tempolimit„.

Die Kritiker haben in einem Recht: Es kommt nie gut an, wenn sich eine Instanz – hier also das Bundesverkehrsministerium – mit zwei einander widersprechenden Botschaften zugleich präsentiert: Einerseits wirbt das Ministerium für eine Verringerung der Geschwindigkeit, andererseits wehrt sich Verkehrsminister Tiefensee gegen die Einführung eines Tempolimits auf den Autobahnen, obwohl dort etwa 200 Menschen pro Jahr aufgrund überhöhter Geschwindigkeit auf Strecken ohne Geschwindigkeitsbeschränkung sterben und obwohl die Einführung eines 120-km-Limits Jahr für Jahr etwa 3,7 Mio. Tonnen Kohlendioxid einsparen hülfe. Wahrlich keine Kleinigkeit! Die Zeiten vom Mai 1995, als sich die damalige Umweltministerin Merkel mit Tränen in den Augen für die Einführung eines Tempolimits auf deutschen Autobahnen einsetzte, sind offenbar vergessen. Man kann wahrscheinlich bei den Wählern noch keine Mehrheiten für die Geschwindigkeitsbeschränkung auf Autobahnen gewinnen, obzwar die allerneuesten Umfragen bereits anderes besagen.

Ich wäre schon froh, wenn innerorts die bestehenden Tempolimits von der Mehrheit der Autofahrer eingehalten würden. Dies ist derzeit nicht der Fall. Soweit ich weiß, gilt grundsätzlich Tempo 50 als Obergrenze, gebietsweise auch Tempo 30. Derartige „Freiheitsbeschränkungen“ scheinen ebenfalls in Vergessenheit geraten zu sein.

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Feb. 192008
 

Der autofreie Sonntag in Berlin erweist sich eher als eine parlamentarische Totgeburt. Nicht einmal die SPD-Fraktion steht geschlossen hinter dem Vorschlag, juristische Bedenkenträger erheben deutlich ihre Stimme. Für einen solchen Vorschlag müsste man wohl beizeiten Unterstützung in den eigenen Reihen sammeln. So wird wohl nichts draus. Schade eigentlich. Die Berliner Morgenpost meldet dementsprechend:

Verkehrssenatorin Ingeborg Junge-Reyer lehnte einen verpflichtenden autofreien Sonntag ab. Auch der parlamentarische Geschäftsführer und verkehrspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Christian Gaebler, nannte es „ärgerlich“, dass Buchholz den autofreien Sonntag über gesetzliche Vorgaben zwangsweise einführen wolle, obwohl das Jugendforum für Freiwilligkeit plädiert habe. „Das wird von der SPD-Fraktion nicht unterstützt“, so Gaebler. Es sei den Autofahrern nicht zu vermitteln, die ganze Stadt abzusperren. Zudem lasse die Straßenverkehrsordnung eine flächendeckende Straßensperrung gar nicht zu.

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Feb. 182008
 

Brauchen wir einen autofreien Sonntag in Berlin? Im Gespräch ist der 1. Juni 2008. Vertreter mehrerer Fraktionen haben heute im Abgeordnetenhaus einen Antrag eingebracht, wonach das Autofahren an diesem Tag – von berechtigten Ausnahmen abgesehen – verboten werden soll. Die Leser des Tagesspiegels sprechen sich online teils dagegen, teils dafür aus. Anstoß nehmen einige daran, dass wieder ein Verbot erlassen werden soll – wieder eine Einschränkung der Freiheit von oben herab, fürchten sie.

Ich meine: Als sichtbares Zeichen dafür, dass Berlin mehr für eine vernünftigere innerstädtische Mobilität, für die Eindämmung des Autoverkehrs tun sollte, wäre so ein autofreier Tag etwas Gutes! Viele italienische Städte haben so etwas mit großem Erfolg gefeiert! Ich erinnere mich noch an den letzten Berlin-Marathon, – wie herrlich es war, mit dem Rad durch die Innenstadt zu fahren. Ganz neue Geräusche tauchten auf, man hörte plötzlich Vogelgezwitscher mitten in der Stadt. Wichtig wird sein, den autofreien Tag nicht als fühlbare „Strafmaßnahme“ zu gestalten, sondern als „Belohnung“, als eine besondere Chance, dank derer man neue Erlebnisqualitäten geschenkt bekommt. Das kann Musik sein, Straßentheater, Artisten, Jongleure können die freien Straßen bevölkern, ethnische Vielfalt kann man durch einen Erlebnispfad erfühlen, erschnuppern, ertasten – oder auch essen. Blinde und Lahme, Behinderte aller Art könnten erstmals die Straßen ohne Angst queren. Was für ein schönes Bild!

Mir gefällt auch, dass der Antrag fraktionsübergreifend eingebracht wurde – das Anliegen ist ein wahrhaft überparteiliches, dem Sinn des Ganzen kann man sich schwerlich verschließen, auch wenn das eine oder andere sachliche Argument dagegen sprechen mag.

Ich bin gespannt, was dabei herauskommt!

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Shared space – Lösung für einen Teil unserer Verkehrsprobleme?

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Jan. 042008
 

Auf der Homepage der Berliner Grünen fand ich ein sehr interessantes Konzept, das mir als vielfach gebeuteltem Berliner Fahrradfahrer sehr vielversprechend erscheint: Shared space – gemeinsam genutzter Raum. Grundidee: Weniger Vorschriften, weniger Barrieren, stattdessen stetes Aufeinander-Achten aller Verkehrsteilnehmer. Dadurch werden angeblich alle tödlichen Unfälle vermieden. Was mir daran gefällt, ist, dass endlich der städtische Raum als gemeinsamer Lebensraum wiedergewonnen werden soll. Vermutlich bedarf es aber noch zahlreicher flankierender Maßnahmen, um die derzeit bestehende einseitige Bevorzugung des Autoverkehrs zugunsten eines gedeihlichen Miteinanders aller umzukehren.

Zitat:

„Das Konzept von „Shared Space“ ist verblüffend: An die Stelle von Schildern und Ampeln treten Aufmerksamkeit und gegenseitige Rücksichtnahme in einem von allen VerkehrsteilnehmerInnen gleichberechtigt genutzten Straßenraum und der Grundsatz Rechts vor Links. Der Straßenraum wird den NutzerInnen nicht mehr durch Linien, hohe Bordsteinkanten oder Blumenkübel zugewiesen. Farbliche Kennzeichnungen und ein bis drei Zentimeter hohe Niveauunterschiede erleichtern die optimale Bewegung im Straßenraum. „Shared Space“ zielt auf die Gestaltung des öffentlichen Raumes, in dem Verkehr, Verweilen und andere Funktionen wieder miteinander im Gleichgewicht sind. Hans Monderman beschreibt den Zusammenhang zwischen der Qualität des öffentlichen Raumes und dem Verhalten der Menschen mit dem zutreffenden Vergleich: „Wer will, dass sich die Menschen wie in einer Kirche verhalten, darf keine Disko bauen.“

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Dez. 212007
 

21122007.jpg Architekten weisen immer wieder darauf hin, wie wichtig die Details für Qualität und Anmutung eines Bauvorhabens sind. Dann reden sie in lyrischen Tönen über Handläufe, Abstufungen, Durchwegungen und dergleichen Einzelheiten. Ein oft missachtetes Detail verdient alle Aufmerksamkeit: der Fahrradständer. Ein sehr gelungenes Beispiel fand ich heute in Kreuzberg vor dem Bürogebäude Tempelhofer Ufer 37 an der Schöneberger Brücke. Hier sind die griffartig geschwungenen, gut hüfthohen Edelstahlrohre als gestaltendes Element in einen mit Ziegel- und Natursteinen kleinteilig angelegten Eingangsbereich integriert worden. Eine optisch darauf abgestimmte Rampe ermöglicht Behinderten das mühelose Betreten des Gebäudes. Durch die in warmen Ocker-, Erd- und Rottönen gehaltenen Elemente entsteht eine einladende, zum Verweilen anregende Gesamtanmutung, die sich organisch an die Fassade anschließt. Die Fahrradständer sind nicht nachträglich „angeklebt“ worden, sondern markieren augenfällig das Sich-Beruhigen des noch in Bewegung befindlichen Besuchers, nicht unähnlich einer Art Wellenbrecher in der Brandung des Großstadtverkehrs. Da sie selbst die Kreisform eines im Boden verankerten Rades nachahmen, strahlen sie Verlässlichkeit, Bewegung und zugleich Ruhe aus. Funktional gesehen erfüllen sie ihren Zweck, den Diebstahl von Fahrrädern zu verhindern, auf vorbildliche Weise, doch verschmilzt die Funktion hier mit der Form zu einer überzeugenden Einheit. Form blends with function!

Ich selbst hatte übrigens keine Besorgung in diesem Gebäude, war aber versucht, mein Fahrrad dort abzustellen. Eine klug durchdachte Lösung eines häufig vernachlässigten Themas für die Aschenputtel des heutigen Stadtverkehrs, denen ihr großer Auftritt noch bevorsteht: die abgestellten Fahrräder.

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„Wir brauchen den langen Atem“

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Dez. 022007
 

01122007.jpg Auf dem Kreisparteitag wird zügig über 101 Änderungsanträge zum Kommunalpolitischen Grundsatzprogramm abgestimmt. Ein Hin und Her, oft einstimmig, aber an wichtigen Fragen wird kontrovers diskutiert. Fortschritte geschehen in der Demokratie in kleinen Schritten. Die meisten meiner 17 Anträge werden angenommen, doch sind es nur die kleineren. Für meine Herzenssachen – ein klares Votum für mehr Bildungsgerechtigkeit, Bekämpfung der Fahrraddiebstähle, Ausbau und Pflege des Radwegnetzes, unser Bezirk als Vorreiter beim Klimaschutz, etwa durch Verringerung des PKW-Verkehrs ohne dafür Zwangsmaßnahmen wie die Umweltzone einzusetzen – erhalte ich diesmal keine Mehrheiten. Aber ich habe es versucht und werde es weiter versuchen, dann mit mehr Vorlauf, besser überlegten Formulierungen, mehr Überzeugungsarbeit! Auch Kanzlerin Merkel fordert an anderem Ort in ihrer heutigen Ansprache erneut zum raschen Handeln für den Klimaschutz auf. Ich halte es mit Goethe: Klimaschutz fängt bei uns im Bezirk an, wir können alle etwas tun – denn:

Ein jeder kehre vor seiner eignen Tür

Und rein ist bald das Stadtquartier.

Wanja, den ich mitnehme, fragt mich: „Wo sind wir?“ Ich: „Auf einer politischen Versammlung.“ Er: „Was heißt politisch?“ Ich antworte: „Politisch, das ist, wenn man sich überlegt, wie wir zusammenleben wollen.“ Er ist nicht zufrieden, ich bin nicht zufrieden mit dieser Erklärung – wisst Ihr eine bessere?

Danach schaue ich mit Wanja, der unter liebevoller Betreuung (Dank an Ivonne!) heroisch dem Parteitag fast bis zum Ende standgehalten hat, beim Weihnachtsbasar in der Heilig-Kreuz-Kirche vorbei. Pfarrer Peter Storck begrüßt alle herzlich. Der Erlös geht an mehrere Hilfsprojekte. An der Wand finde ich, in einem Zeitungsausschnitt, mein Motto des Tages: „Wir brauchen den langen Atem.“

 Posted by at 01:11