Utopia concreta: la bicicletta

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Juni 252009
 

Gute, fruchtbare Sitzung des ADFC-Bezirksrates gestern abend! Ich erhalte am Rande der Sitzung ein Buch überreicht: „Wir haben Erfolg! 30 muslimische Frauen in Deutschland. Vorwort von Seyran Ates.“ Fackelträger Verlag, Köln 2008. Autorin Kerstin E. Finkelstein überreicht mir das Buch persönlich. Ich bin begeistert, verspreche gleich eine gute Rezension, ohne das Buch gelesen zu haben! Bin ich unehrlich? Nein! Der Gedanke, dass man Erfolgsgeschichten erzählen muss, überzeugt mich auf Anhieb! Möge dieser Gedanke die heute stattfindende Islamkonferenz des Bundesinnenministers beflügeln! Heute habe ich das Buch schon gelesen. Es ist wirklich gut! Ich habe mich nicht getäuscht!

Herrlicher Hymnus auf das Fahrrad im aktuellen italienischen Wochenmagazin L’espresso! Ivan Illich hatte bereits 1973 ein „Lob des Fahrrads“ verfasst.  Der Espresso zitiert daraus: „Um 40.000 Menschen in einer Stunde über eine Brücke zu bringen, braucht man 12 Fahrspuren für PKW, aber nur zwei, wenn die Leute mit dem Fahrrad fahren!“ Na bitte!

Sogar der ehemalige Ministerpräsident und frühere EU-Kommissionspräsident Romano Prodi ist ein begeisterter Radfahrer. Er berichtet brühwarm aus seinen Erfahrungen in Bologna: So wird er angeredet. „Hau ab, du Arschloch!“ hört er immer wieder, wenn er zur Uni radelt. „Die beziehen sich nicht auf den Politiker Prodi, denn von hinten können sie mich nicht erkennen. Wenn mich ein Bus mit 36 cm Abstand überholt, kann man nicht glücklich sein. “

„Il ciclismo offre una dimensione concreta al sogno di un mondo migliore.“  Sagt Marc Augé. Das heißt auf gut Deutsch: „Das Radfahren eröffnet dem Traum einer besseren Welt eine konkrete Dimension.“ Schön!

Quelle: Gigi Riva: Utopia su due ruote. L’espresso. N. 24, 18 giugno 2009, pagina 96-99.

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Euro-twitteren is mannetjesmakerij, oder: Bram Boriau hat einen Zahn verloren!

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Mai 252009
 

Zaghafte Gehversuche in den neuen Internet-Medien unternehmen die Europa-Kandidaten in unseren Nachbarländern, um die Herzen der jungen Menschen im Sturm zu erobern. Der niederländische Kandidat Wim van de Camp zieht eine erste vorläufige Bilanz:

Van de Camp wil het niet groter maken dan het is. ‘Als ik een politieke mening twitter, krijg ik vier reacties. Als ik meld dat ik met de motor op pad ben, zijn het er al twaalf. Maar toen ik twitterde dat het mistig was in Lage Vuursche en vroeg hoe het weer elders was, kreeg ik weerberichten uit heel het land.’

 Euro-twitteren is mannetjesmakerij – Multimedia – de Volkskrant

Auf gut Deutsch: Die Leute, die van de Camp beim Twittern folgen, scheinen sich mehr für Wetterberichte als für Politik zu interessieren. Wahlkampf als Dienstleistung für den Bürger, indem die neuesten Wetterdaten über Twitter vermittelt werden? Wie dem auch sei – vermutlich erfüllt das einen Zweck: Die Leute vernetzen sich, lernen den Namen van de Camp kennen. Wir ihr zum Beispiel! Stellt euch vor, ihr müsstet unter 10 Namen, die euch allesamt unbekannt sind, bei denen völlig unklar ist, wofür sie europapolitisch stehen, einen Namen ankreuzen – und darunter wäre der Name van de Camp … wen würdet ihr wählen? Wahrscheinlich würdet ihr denken: „Van de Camp …. das ist doch der Mann, der so lustige Wetterberichte twittert – den werde ich wählen!“ Ziel erreicht!

Ein anderer Parlamentarier, der Belgier Bram Boriau,  lässt per Twitter wissen, dass er einen Zahn verloren habe. Schlimm für ihn, gut für uns zu wissen!

Übrigens: Der Bundespräsident Köhler hat in den vergangenen Wochen offene Listen bei Wahlen gefordert. Ich bin auch dafür – aber was gilt es zu bedenken? Folgendes: In Italien hatten sie beim letzten Mal schon offene Listen. Die Wähler konnten aus vorgegebenen Landeslisten die Kandidaten auswählen, die sie ins Parlament bringen wollten. Ergebnis: Es gewannen diejenigen Kandidaten, die aus dem Fernsehen bekannt waren, also berühmte Nachrichtenansagerinnen und Journalisten, die im Moment nichts besseres zu tun hatten, als auf den Europa-Wahllisten zu kandidieren. Die Wähler verlangten keine politische Inhalte, sondern Bekanntnheit. Motto: „Die kenne ich vom Fernsehen, die sieht gut aus, die wähle ich!“ Viele von den TV-Zelebritäten gaben das Mandat nach 1-2 Jahren zurück, da sie etwas Besseres in ihrem angestammten Beruf gefunden hatten.

Ist das Europaparlament also nur eine Verlegenheitslösung für Menschen, die im Moment nichts besseres zu tun haben?

Wenn dem so wäre, dann müssten wir Blogger die Kandidaten daran erinnern, dass wir eine klare Ansage erwarten: „Was wollt ihr im Europaparlament? Warum sollen wir euch wählen?“

Das Europaparlament hat immerhin auf breiter Front die neuen Medien für die Mobilisierung der Jungwähler eingespannt. Das Blog von Le Monde berichtet heute darüber:

En plus de son propre site, accessible en 22 langues, le Parlement européen a aussi ouvert sa chaîne sur You Tube, des pages sur Facebook et My Space, ou encore des galeries photo sur Flickr … “C’est clair“, écrit Evenimentul Zilei, “ce type d’agression multimédia est destiné à toucher une seule cible : les jeunes. Les ingrédients sont nombreux et font appel à tout un imaginaire collectif et culte : films d’horreur ou héros modernes“.

Ich meine: Blogs und neue soziale Medien sind in der Tat unerlässlich, wenn man die Jung- und Erstwähler gewinnen will.  Aber Inhalte müssen dazukommen.

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… und so vergeht wenigstens die Zeit

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Mai 092009
 

09052009.jpg „Wenn man keine Handzettel vor Karstadt verteilt, wird man nichts in dieser Partei“, so wird im aktuellen Spiegel Nr. 19/2009 auf S. 48 die Lebensweisheit der Bundestagsabgeordneten Monika Grütters wiedergegeben. Ein guter Tipp! Ob gleiches für Plakate gilt? Muss man nächtlicherweise bei Wind und Wetter Plakate kleben, um dazuzugehören?

Meine klare Antwort: Nein! Denn Plakate werden heute nicht mehr geklebt, sondern mit Kabelbindern um Laternenmasten gehängt. Das geht schneller, ist allerdings auch keine leichte Übung – wenn man mal 100 Plakate hinereinander weg erst sinnreich verknüpft und dann hochgehängt hat. Diese widerborstigen Kabelbinder! Ich spreche aus Erfahrung.

Aber die böse Presse, die bösen Kommunikationsfachleute erkennen unsere Mühen nicht an! Wie gemein! Aber lest selbst:

„Nur langweilig“, „völlig ineffektiv“: Die Kommunikationswissenschaftlerin Christina Holtz-Bacha geht im SPIEGEL-Interview mit den EU-Wahlplakaten der Parteien hart ins Gericht. Lob hat sie nur für die angriffslustige Kampagne der SPD – die allerdings auch riskant sei.

 Wahlplakate: „Parteien sollten sich etwas besseres einfallen lassen“ – SPIEGEL ONLINE – Nachrichten – Politik
SPIEGEL: Wird die CDU-Werbung Wähler mobilisieren?

Holtz-Bacha: Kaum zu glauben, die Plakate „Wir in Europa“ erinnern an die Zeiten des Helmut Kohl und an Bundestagswahlen, bei denen die CDU ebenso einfallslos mit „Wir in Deutschland“ warb. Das ist nur langweilig.

SPIEGEL: Auch die FDP recycelt offenbar ihre Kampagne. Zieht das?

Sind Plakate sinnlos? Ich glaube, wenn sie provozieren, wenn sie Anlaß zum Streiten und Lachen bilden, dann nicht. Eine wichtige Aufgabe der üblichen Wahlplakate der Parteien scheint mir eine Art Gehorsamsprüfung für die Fußtruppen, fürs einfache Parteivolk wie etwa den hier bloggenden Plakathänger zu sein. Wer drei Stunden Schlaf für das Aufhängen solcher Plakate opfert, in dem setzt sich der Glaube fest: „Aber zu irgendetwas muss es ja gut sein! Denn sonst würde ich das ja nicht machen. Ich wäre ja blöd.“

Das Foto zeigt ein von dem hier bloggenden Fußsoldaten mit aufgehängtes Plakat zur Europawahl in der Kreuzberger Oranienstraße. Da finde ich es aber schon wieder toll, denn es sticht ins Auge … ihr wißt warum, oder?

Bitte bitte nicht vergessen: Am 7. Juni ist Europawahl! Stellt euch vor, keiner geht hin. Das könnt ihr uns nicht antun! Bei so tollen Plakaten!

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Apr. 202009
 

Gestern erlaubte ich mir die Bemerkung, die CDU sei die Partei der „bildungsfernen Schichten“. Das war natürlich überspitzt, zumal es gerade unter den Spitzenleuten der Union viele Menschen mit Doktortitel gibt. Aber der Besuch des taz-Kongresses in den vergangenen zwei Tagen zeigte doch, dass die Musik der Akademiker heutzutage weitgehend außerhalb der Unionsparteien spielt. Immerhin war mit Wolfgang Schäuble ein namhafter Vertreter der Unionsparteien geladen, und die Reaktion im Saal habe ich so erfühlt: „Der Mann hat völlig recht, auch wenn er von der CDU ist.“ Aber die eigentlichen Debattenthemen kann die Union nicht setzen. Der Zentralbegriff der ganzen Veranstaltung war Verantwortung – eigentlich ein Kernbegriff der CDU/CSU. Auch hier hat sich die Union offenbar die Diskurshoheit abnehmen lassen. Die taz ist nunmehr – unter diesem Leitbild der Verantwortung – weder eine linke noch revolutionäre Zeitung mehr, das wissen sie auch längst. Der herausragend gut besetzte taz-Kongress spiegelte vielmehr den Hauptstrom des bürgerlich-gesitteten Tischgesprächs wider. Sie, die taz, ist eine Zeitung der Töchter und Söhne der bürgerlichen Mitte. Während die Väter und Mütter des bürgerlich-gesitteten Tischgeprächs die Nase weiterhin in Zeitungen wie etwa FAZ, Süddeutsche oder Berliner Zeitung  stecken.

Ganz wichtig: Die lokale Berliner CDU muss sich wegbewegen von einer Politik der heruntergezogenen Mundwinkel, von einer Politik des Ressentiments. Unter Ressentiment meine ich hier den Appell an negative Grundhaltungen, Haltungen der Mißgunst, des Neides, des Schlechtredens, der Verteufelung. Re-Sentiment – das heißt ja: Eine Re-Aktion in den Gefühlen auslösen, und zwar eine vorwiegend negativ besetzte Reaktion. Das Grau der Antipathie herrscht dann vor. In einem Ruf lässt sich diese Haltung zusammenfassen: „Tu nix – es bringt nix!“

Erfolgreiche Politik arbeitet mit Zuversicht, mit den bunten Farben der Sympathie und Ermutigung. Sie äußert sich in Aktionen, nicht in Reaktionen, also in positiven, nach vorne gerichteten Botschaften. In einem Grundwort: „Tu was – du kannst was!“

Hier noch ein empirischer Beleg aus der Morgenpost vom 17.04.2009 für meine gestrige Behauptung:

Berlin-Trend – SPD baut Vorsprung vor der CDU wieder aus – Berlin – Printarchiv – Berliner Morgenpost
Die Daten verdeutlichen einige gravierende Probleme der CDU. Die Partei kommt nicht nur im Ostteil schlecht an, sondern bei jüngeren Leuten generell. Erst in der Altersgruppe 45 bis 60 überspringt die CDU die 20-Prozent-Marke, bei der Generation 60 plus liegt sie dann mit 33 Prozent vorn. Entsprechend der Altersstruktur ihrer Wählerschaft liegt die CDU auch unter den Eltern schulpflichtiger Kinder mit 19 Prozent deutlich hinter SPD (25) und Grünen (22) zurück. Unschön für die CDU ist ein weiterer Befund. Unter den besser gebildeten Berlinern fällt die Union durch. Bei Menschen mit Abitur oder Fachhochschulreife, die die Mehrheit der vielen Zuzügler in die Stadt stellen, kommt die CDU gleichauf mit der Linken nur auf 18 Prozent. Bei den Hochgebildeten rangiert abermals die SPD mit 25 vor den Grünen mit 24 Prozent.

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Sehnsucht nach dem Frühling, oder: Gibt es ein Sehnsuchtsglück?

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März 192009
 

18032009.jpg Gestern durfte ich wieder einmal den Sohn in die Schule bringen. Ein großes Projekt ist angesagt: das Frühlingsprojekt. Jedes Kind sollte etwas in den Unterricht mitbringen, das an den Frühling erinnert. Wir beschließen: unser Wanja bringt seine Geige mit und spielt darauf das Lied „Sehnsucht nach dem Frühling“. Während er sich die Geige unters Kinn klemmt, wärme ich das Publikum vor: „Sehnsucht nach dem Frühling – es geht so los: „Komm lieber Mai und mache die Bäume wieder grün“, erkläre ich. „Wisst ihr auch, was Sehnsucht ist?“ Ein türkischer Junge, ein Drittklässler, meldet sich: „Sehnsucht ist, wenn man jemanden sehen will!“, antwortet er. „Sehr gut … und jetzt wollen wir hören, wie die Sehnsucht nach dem Fühling klingt.“ Wanja streicht das Lied fast ohne Stocken bis zum Ende durch, sogar das gis mit dem dritten Finger auf der D-Saite kommt fast sauber.  Großer Beifall – für mich als Vater ein echter Moment des Glücks!

Zuhause blättere ich wieder dieses und jenes Buch durch – wie es meine Art ist. Und siehe da, ich stoße auf einen Abschnitt über Sehnsuchtsglück:

Aristoteles versteht unter dem normativen Leitbegriff, dem Glück, nichts, was man passiv an sich herankommen lässt, weder den glücklichen Zufall eines Lottogewinns noch die Erfüllungen aller Hoffnungen und Wünsche, das Sehnsuchtsglück. Im Gegenteil kann und muß man sich das Glück erarbeiten. Es ist kein Geschick, das sich dem Zufall oder äußeren Mächten verdankt, sondern ein „Strebensglück“, für das man selber verantwortlich ist. […] Das Glück, das sich mit ziemlicher Verläßlichkeit erreichen läßt und auch vielen offensteht (hier zeigt sich eine Demokratisierung des Glücks), bedeutet vielmehr, daß eine Biographie als Ganze glückt. Das Strebensglück besteht in einem guten, einem gelungenen Leben.

Otfried Höffe: Kleine Geschichte der Philosophie, Verlag C.H. Beck, München 2005, S. 59

Was für eine gute Fügung! Das ist es ja genau, worum wir uns in diesem Blog seit Tagen bemühen: einen Glücksbegriff, der in die Demokratie passt. Ein Glück, das unabhängig von der ethnischen Herkunft und der religiösen Zugehörigkeit ist.

Eine bekannte deutsche Partei bat mich im Jahr 2007, kurz nach meinem Parteieintritt: Erklären Sie doch mal in einem oder zwei Sätzen fürs breite Publikum, warum Sie raten, dass man einer oder auch unserer Partei beitreten soll. Ich überlegte mehrere Tage hin und her und sandte dann per E-Mail den folgenden Satz: „In der Demokratie sind wir quer durch alle Parteien Schmiede unseres Glücks. Angela Merkel halte ich für ein begeisterndes Vorbild.“ Ist das logisch? Wohl nicht unbedingt, ich wollte damit in jedem Fall ausdrücken, dass Merkel eine Politikerin ist, die auf Wähler in allen Lagern attraktiv wirkt. Und solche Politiker braucht unser Land, nämlich Politiker, die sich in einen fairen Wettbewerb um Ideen, Lösungen, Perspektiven begeben – denn die anderen Politiker, die laut und großspurig verkünden „Mir san mir“, gibt es genügend.

Genau so wurde der Satz dann auch in einen Flyer gedruckt. Ob er wohl irgendjemanden überzeugt hat? Ich glaub nicht. Aber ich steh dazu. Und jetzt glaube ich sogar zu ahnen, dass Aristoteles mir – als seinem geringsten und verlorensten Schüler – auf die Schulter klopfen würde. Ich bin überzeugt: Es ist für unseren Staat in jedem Fall besser, irgendeiner Partei beizutreten, oder eine eigene Partei zu gründen, als immer nur beiseite zu stehen und abzulästern.

Heute abend geht’s ja bei Maybrit Illner um genau dieses Thema: Verdruß und Mißtrauen genüber den Parteien. Ich weiß noch nicht, ob ich mir die Sendung antue. Wahrscheinlich wird der Schwarze Peter mal wieder an alle Parteien gleichzeitig verteilt. Dem erwidere ich:

Bürger, geht rein in die Parteien, unterwandert sie in Scharen, arbeitet für euer Glück – euer Strebensglück. Hofft weder auf das Sehnsuchtsglück noch  auf das Versorgungsglück – weder vom Schicksal noch vom Kismet noch vom Staat noch vom staatlichen Rettungspaket. Ihr seid der Staat.

So – und jetzt kann der Frühling kommen! Das Foto zeigt unseren Schulweg, zwei Tage vor dem Frühlingsbeginn.

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Bitte mehr Bildzeitungs-Niveau!

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März 172009
 

Obwohl ich seit meinen Gymnasialtagen sehr gerne Kant, Hegel und Platon lese, bin ich dafür, in der Politik bei Bedarf auch mit klaren, handgestrickten, einfachen Botschaften zu arbeiten. Deshalb lese ich regelmäßig die taz, das Neue Deutschland, die Wurfpost der Versandhäuser und der politischen Parteien, die Bild, den Berliner Kurier. Aber auch Wolfgang Franz, ein anerkannter Wirtschaftswissenschaftler, findet bei aller Sachkunde doch den Mut zu schlichten Aussagen. Im Stil und im Gehalt halte ich diese Äußerungen für vorbildlich. Bitte mehr davon. Hallo Politiker! Bitte von Herrn Franz abkupfern!

Autobauer in Not: Wirtschaftsweiser Franz gegen staatliche Opel-Rettung – SPIEGEL ONLINE – Nachrichten – Wirtschaft
Der neue Vorsitzende des Sachverständigenrates der Bundesregierung, Wolfgang Franz, hat sich gegen eine staatliche Rettung des angeschlagenen Autobauers Opel ausgesprochen. „Es ist nicht die Aufgabe des Staates, Opel zu retten. Das muss der Markt entscheiden, also die Käufer müssen entscheiden, welche Autos sie haben möchten“, sagte er der „Bild“-Zeitung.

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Jan. 202009
 

Freude, Freude, Freude allenthalben nach der Wahl in Hessen! Wir bescheinigten am 16.11.2008 in diesem Blog der jüngsten Generation von Grünen-Polikern, dass sie ihre Partei zielstrebig von einer Akademiker- und Elitepartei, die sie derzeit ist, zu einer kleinen, aber feinen Bürger- und Volkspartei umwandeln wollen. Das Bild der Bürgerschreck-Partei wird abgestreift, die Grünen werden erwachsen. Die gestrige Wahl in Hessen hat gezeigt: Ja, sie können es! Unter dem betont seriös, zugleich jungenhaft auftretenden Tarek Al-Wazir konnten sie ihren Stimmenanteil bei den Bürgern binnen eines Jahres nahezu verdoppeln. Al-Wazir finde ich ausgesprochen sympathisch, und er hat im Wahlkampf keine Fehler gemacht, sondern erfolgreich die grünen bürgerlichen Stammwähler mit den neubürgerlichen Wählern vereint. Deshalb: Freude bei den Grünen!

CDU und FDP freuen sich ausweislich der Stellungnahmen ihrer Spitzenleute wie die Schneekönige, dass die ersehnte „bürgerliche Mehrheit“ zustande kommt und träumen schon von ihrer bevorstehenden Hochzeit im Bund. Dass die CDU sogar binnen eines Jahres noch einmal 45.949 Bürgerstimmen verloren hat, trübt die Vorfreude nicht, denn es kann als sehr wahrscheinlich gelten, dass die CDU weiterhin stärker als die FDP bleibt und deshalb auch die Bundeskanzlerin stellen wird. Und „Merkel ist unser Angebot an die Wähler“, so hat es Herr Öttinger ja vor einigen Monaten gesagt. Da die FDP ja doch wohl in jedem Fall Frau Merkel mittragen wird, denkt sich der Wähler: „Wir müssen Frau Merkel ein wirksames Korrektiv und eine echte Unterstützung an die Seite stellen, zumal einige CDU-Landesfürsten schon öffentlich mit den Hufen scharren. Deshalb wählen wir FDP.“

Um 13 % weniger bürgerliche Stimmen vereinte die SPD auf sich. Dies zeigt die starken Beharrungskräfte der bürgerlichen Wähler, denn die SPD-Wähler in Hessen stehen als gute Bürger zu ihrer Partei, nur die Wechselwähler lassen sich durch erwiesene Unfähigkeit verprellen. Deshalb müsste auch in der SPD große Freude ob der Treue dieser 23% herrschen! Also, Bürgerinnen und Bürger: Freut euch doch ein bisschen!

Die Linkspartei darf sich ebenfalls freuen, denn sie konnte ihren Stimmenanteil ausbauen, obwohl es im Laden wegen interner Querelen und einiger Austritte kräftig gerummst hatte. Die anderen bürgerlichen Parteien werden – so steht zu erwarten –  sich weiterhin von der Linkspartei zum nächsten Schwächeanfall treiben lassen.

Was lernen wir daraus? Die Schwäche der CDU und der SPD  ermuntert die kleineren, also die notgedrungen lernfähigen Parteien, sich zu mausern und zu wandeln. Statt immer nur auf die eigene Klientel zu starren, haben es FDP, Grüne und Linkspartei geschafft, auch für neue Wählerschichten attraktiv zu werden. Das Parteiensystem steuert erkennbar auf ein 5-Volksparteien-System zu. Statt von einer Krise, von einem Herbst der Volksparteien zu sprechen – wie es etwa Franz Walter tut – spreche ich lieber von einem Wandel der Klientelparteien. Ich glaube, das Modell „Klientelparteien“ wird schwächer – Hessen lehrt dies. Was kommen wird, ist das Modell „Bürgerpartei“, das derzeit einen echten Frühling erlebt. Die Bürgerpartei ist offen für alle Bürger, die Bürgerpartei hört zu, in ihr mischen die Bürger kräftig mit, die mächtigen Parteiapparate werden gestutzt.

Der langfristige Trend wird – so meine ich – weitergehen: SPD und CDU schwächen sich selbst weiterhin, da bei abnehmenden Wählerstimmen die internen Ressourcenverteilungskämpfe an Härte noch zunehmen. Seitdem SPD und CDU immer weniger Posten und Mandate zu vergeben haben, werden sie immer stärker durch interne Machtkämpfe absorbiert. Es kracht sozusagen immer häufiger im Gebälk. Die Parteiapparate gewinnen dadurch paradoxerweise an innerparteilicher Macht, je schwächer sie beim Wähler dastehen. So deute ich jedenfalls die unerhört heftigen Binnenzwiste, die allein in den letzten 12 Monaten diese beiden Parteien immer wieder erschüttert haben und wohl auch weiter erschüttern werden – ich nenne nur die Namen Junghanns, Clement, Pflüger, Schmitt, Beck.

Die drei kleineren Volksparteien können von dieser fortgesetzten Selbstbeschädigung der SPD und der CDU profitieren, indem sie das tun, was die beiden größeren Volksparteien verlernt haben: Sie erzählen ihre Geschichte, ihren Parteikern so um, dass sie auch für frische Wählerstimmen anziehend werden.

Die CDU-Spitze hat sich offenbar auf den tollen Slogan verständigt: „Eine bürgerliche Mehrheit ist möglich!“

Was für eine starke, was für eine treffende Analyse! Auch ich meine: Da unsere Bürger unter 5 Bürger- und Volksparteien auswählen können, werden sich immer 2 oder 3 bürgerliche Parteien finden, die dann die Mehrheit bilden. Das ist die berühmte bürgerliche Mehrheit.Voilà!

Personen werden in diesem Wettbewerb der Bürgerparteien wichtiger als die Lagerzugehörigkeit des vergangenen Jahrtausends. Proletarier, Protestler, Lumpenproletariat, Adlige, Sozialhilfeempfänger, Spießbürgerliche, Kleriker – sie alle werden ihre Kreuze bei derjenigen der 5 bürgerlichen Parteien machen, die sie am Wahltage am meisten überzeugt. Der Hausbesitzer, der von Hartz IV lebt in Pankow, wird eher die Linkspartei wählen, der Hausbesitzer in Kronberg/Taunus, der von satten Prämien lebt,  eher die FDP. Aber das sind historisch zu erklärende Zufälle.

Meine Prognose für das Superwahljahr 2009 lautet also: SPD und CDU werden weiter verlieren, wenn sie nicht erkennbar und deutlichst umsteuern. Die drei anderen Volksparteien werden jede für sich und auch insgesamt zulegen.

Heute wird Obama vereidigt. Was hat er gemacht? Wie konnte er einen so überwältigenden Wahlsieg holen, und zwar mit und in der ältesten amerikanischen Volkspartei? Eines ist klar: Er macht es völlig anders als unsere deutschen Parteien – von Anfang an sprach er alle an! Er ließ sich nicht auf eine Revierbeschränkung ein wie unsere mutlosen deutschen Parteistrategen. Er erzählte von seinen Werten, die die amerikanischen Werte sind. Er sprach zu allen und mit allen. Er hörte zu. Und dann – erzählte er dasselbe noch einmal, aber mit anderen Worten. Dann hörte er wieder zu. Dann erzählte er. Er erzählte seine Geschichte. Es ist eine Geschichte, die jede und jeder so erleben kann. Er erzählte seine Werte. Es sind Werte, denen jede und jeder zustimmen kann. Und irgendwann – hörten die Leute ihm zu. Und ganz zum Schluss – wählten sie ihn. Auch darüber – herrscht Freude.

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Jan. 062009
 

Eine Kunst, die weitgehend verlorengegangen ist, konnte ich letzte Woche ausgiebig in der Tretjakow-Galerie bestaunen: die Portraitmalerei. Niemand behauptet, dass die gemalten Portraits realistische Abbilder der Dargestellten wären – viel besser! Sie zeigen die Personen so, wie sie der Maler sah, oder wie sie sich selbst zu sehen wünschten, oder wie andere, etwa die Auftraggeber sie sahen. Umgekehrt sollten diese Bildnisse auf die Wahrnehmung der Zeitgenossen zurückwirken. Besonders fesselnd fand ich das Dostojewski-Bildnis von Perow – und das hier zu sehende Portrait Katharinas II. von Fedor Rokotov.

Rokotov zeigt die Zarin auf eine Art, wie sie für Herrscherbildnisse der damaligen Zeit eher ungewöhnlich war: nicht erhaben, statuarisch, wuchtig-gedrängt, nicht in starrer Herrscherpose, sondern als nach außen gewandte, buchstäblich auf Augenhöhe wirkende, klug anweisende Gebieterin. Das Bild strahlt Weltzugewandtheit, ja sogar Sympathie aus. War Katharina II. so? Vermutlich werden mindestens die Polen einhellig sagen: „So war sie nicht, sie hat unser Land bedenkenlos drei Mal aufteilen lassen! Sie war eine Machtpolitikerin, die Allianzen zu ihrem eigenen Vorteil schmiedete.“

Dem ist zu erwidern: Solche Portraits zeigen Machthaber in einer unlösbaren Verquickung zwischen Wunsch und Wirklichkeit, zwischen Schein und Sein.

Und heute? Heute liefern die Fotografen ähnlich kalkulierte, auf Wirkung berechnete Portraits. Aus tausenden von möglichen Bildnissen wählen Auftraggeber und Dargestellte die wenigen Aufnahmen aus, in denen sie sich am vorteilhaftesten dargestellt glauben. Dabei bleibt nichts dem Zufall überlassen.

Und dies bringt mich zu meinem heutigen Buchtipp! Ich empfehle den neuen Fotoband über Wladimir Putin den Kommunikationsabteilungen aller Politiker. Ich fand das Buch in einem der Moskauer Buchläden, die ich in müßigen Stunden durchstreifte.

Der ehemalige Staatspräsident wird hier ebenfalls „auf Augenhöhe“ abgelichtet. Das Buch ist damit Lichtjahre entfernt von dem distanzierten, auf Würde und Respekt ausgerichteten Stil der Herrscherportraits früherer Jahrzehnte. Klickt auf das Foto, um es genauer zu betrachten.

Wir sehen Putin mal versonnen, mal lächelnd, mal entschlossen, – doch stets in gewinnender Haltung dargestellt.

Auch die Bildtitel und die gesamte Aufmachung haben es in sich: Die Macher haben den Band nämlich wie eine Art privates Fotoalbum angelegt, mit eingelegten Zwischenrahmen, die auf die Fortsetzung und Aufdeckung des ganzen Fotos neugierig machen sollen. Auch haben sie nicht versäumt, kleine, gleichsam hingetuschte Kommentare einzufügen, so wie es Privatmenschen gerne in ihren Familienalben machen. Die Wirkungsabsicht ist klar: „Schaut her, mit mir kann man reden, ich höre zu, ich habe Humor!“

Besonders beachtlich: dieses Doppelportrait mit der deutschen Kanzlerin.

Der Text lautet übrigens: „Angela Merkel gefällt es, etwas AUF RUSSISCH zu erklären. Nur manchmal noch – mithilfe von Gesten.“ Ein klares Signal geht von diesem Foto aus: Lasst uns miteinander reden – wenn es sein muss, auch mit Händen und Füßen.

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Was ist wichtiger in der Politik: Parteien oder Teams?

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Dez. 022008
 

Und auch dies wissen wir nunmehr amtlich: Wie wir bereits am 16.11.2008 in diesem Blog mutmaßten, wird die neue US-Regierung eine Art Bündnis der früheren Gegner, eine Große Koalition darstellen.

David Plouffe, der Wahlkampfleiter Barack Obamas, schreibt heute in einer Mitteilung an alle Unterstützer:

Barack and Joe have asked some of the country’s most experienced leaders on national security, foreign policy, law enforcement, and military matters to come together to renew America’s security and standing in the world.

Watch the video of Barack’s announcement and learn about the national security team.

Hillary Clinton, U.S. Senator from New York and former First Lady, will serve as Secretary of State.

Secretary Robert Gates, the current Secretary of Defense, will continue to serve in that role.

Eric Holder, former Deputy Attorney General and a former United States Attorney for the District of Columbia, will serve as Attorney General.

Janet Napolitano, Governor and former U.S. Attorney for Arizona, will serve as Secretary of the Department of Homeland Security.

Dr. Susan E. Rice, a Senior Foreign Policy Advisor to the Obama for America campaign, a Senior Fellow at the Brookings Institution, and former U.S. Assistant Secretary of State for African Affairs, will serve as Ambassador to the United Nations.

General Jim Jones, USMC (Ret), former Allied Commander, Europe, and Commander of the United States European Command, will serve as National Security Advisor.

Barack’s national security team has been assembled to represent all elements of American power, diplomacy, and leadership that will be vital in overcoming the challenges of the 21st century.

Barack Obama scheint also das Gründungsmotto „E pluribus unum“ ernstzunehmen! Ich halte das für bezeichnend in der Staatskunst nach dem Ende des Kalten Krieges, nach dem Zusammenbruch des Lagerdenkens, der etwa 1990 eingesetzt hat: Parteizugehörigkeiten spielen keine entscheidende Rolle mehr. Wichtiger als die „eigenen Leute“ für erwiesene Dienste zu belohnen, sie in Ämter zu bringen, scheint es also zu sein, möglichst breiten Konsens herzustellen, erworbene Kenntnisse in einem ad hoc gebildeten Arbeitsbündnis zu Nutzen und Frommen des Ganzen einzusetzen.

Jahrzehntelange Kärrnerarbeit in den Parteien, das berühmte Plakatkleben bei Schnee und Eis, der erworbene Stallgeruch, die unerschütterliche Loyalität gegenüber der Partei – das sind Kriterien, die weiter an Bedeutung verlieren werden. Als Nachweis der Befähigung, ein Ministeramt oder ein sonstiges politisches Amt auszufüllen, sind sie ohnehin kaum geeignet.

Wichtiger als Parteien sind offensichtlich die berühmten „Teams“. Eine Regierung des neuen Typs, wie er sich – so meine ich – in den nächsten Jahren in den Demokratien durchsetzen wird, ist eine Art Team. Ganz unterschiedliche Kräfte finden in solchen zweckgebundenen Teams zusammen. Ob sie schon vorher zusammen- oder eher gegeneinandergearbeitet haben, ob sie in irgendwelche Seilschaften eingebunden waren – all das ist zweitrangig. Leitfrage ist vielmehr stets: Wer kann was zum Gelingen des Ganzen beisteuern? Wie führen wir die besten verfügbaren Kräfte so zusammen, dass für das Land die besten Lösungen erreichbar werden?

Es ist so, als stünde über dem ganzen Unterfangen ein Wort Abraham Lincolns: A house divided cannot stand.

 Posted by at 22:02
Nov. 252008
 

Eine gute Initiative startet in der BZ heute der bekennende Rad- und PKW-Fahrer Gunnar Schupelius. Statt immer nur zu schimpfen und sich zu ärgern, wie das wir anderen tun. Herr Schupelius scheint also den Pfad des „Gerechten Zorns“ sachte sachte zu verlassen – hin zum Pfad des „Freundlichen Handschlags.“ Löblich, so sei es! Er verlangt Rücksicht und Partnerschaft. Dabei wendet er sich gleichermaßen an Autofahrer wie an Radfahrer:

Autofahrer und Radfahrer ärgern sich im Berliner Straßenverkehr, jeder über den anderen, täglich, tausendfach, bis zur Weißglut. Die Situationen, in denen sie sich ärgern, sind meistens unspektakulär und immer die gleichen. Und immer glauben beide Seiten, von der jeweils anderen in ihrem guten Recht verletzt worden zu sein. Dabei könnten wir uns den Stress miteinander ganz einfach sparen: Wenn nämlich beide, Auto- und Radfahrer, jeweils nur drei Regeln des guten Benehmens einhalten würden, dann wäre der ganze Ärger schon längst verflogen.

Noch etwas ist gut: Er verknappt seine Hinweise, fasst einige wenige Einsichten in kurzen Geboten zusammen. Das endlose Debattieren „Wer hat recht?“  bringt uns in der Tat nicht weiter. Selbstverständlich mag man gegen das eine oder andere „Schupelius-Gebot“ Einwände erheben, so etwa gegen seine Aufforderung an Radfahrer, immer möglichst weit rechts zu fahren. Das würde nämlich voraussetzen, dass die Autofahrer genug Abstand halten und einen nicht ständig noch weiter nach rechts abdrängen, bis man am nächsten Bordstein oder PKW landet.

Aber der Grundansatz, dass alle Verkehrsteilnehmer sich mindestens an einige wenige Grundgebote halten sollen, ist schlechterdings nicht von der Hand zu weisen. Damit fährt Schupelius richtig.

Lesen wir die heutige BZ:

Und so sehen die drei Regeln des guten Benehmens für Autofahrer aus:

Regel Nummer eins: Achten Sie beim Rechtsabbiegen frühzeitig und ganz konsequent auf den Radfahrer. Es ist seine Urangst, von einem rechts abbiegenden Fahrzeug verletzt zu werden. Da er nicht in der Mitte der Straße fahren darf, muss er irgendwie rechts an Ihnen vorbeikommen. Machen Sie ihm diese Vorbeifahrt so angenehm wie möglich.

Regel Nummer zwei: Fahren Sie nie zu dicht an einem Radler vorbei. Das macht ihm Angst und löst Stress und Aggressionen aus. Oft passen Auto und Fahrrad nicht aneinander vorbei. Bleiben Sie hinter dem Rad, bis sich eine Überholmöglichkeit bietet, auch wenn das etwas Zeit kostet. Bedrängen Sie den Radler nicht. Denken Sie daran, dass Sie vielleicht 100 oder 200 PS zur Verfügung haben, Radfahrer aber nicht einmal ein halbes. Sie können eben nicht schneller fahren.

Regel Nummer drei: Öffnen Sie die Fahrertür sehr vorsichtig. Der Radfahrer muss zwischen parkenden und fahrenden Autos fahren. Das ist nicht sehr angenehm. Die aufspringende Tür eines geparkten Autos kann für den Radler lebensgefährlich werden, weil er nicht ausweichen kann.

So sehen die drei Regeln des guten Benehmens für Radfahrer aus:

Regel Nummer eins: Fahren Sie nie bei Rot. Dieser schwere Verstoß gegen die Verkehrsregeln ist unter vielen Radlern zur Gewohnheit geworden. Wer bei roter Ampel fährt, stresst und verunsichert die Autofahrer ganz erheblich. Er macht sie außerdem wütend, weil sie Angst haben, einen Radler zu überfahren, und weil sie selber bei Rot halten müssen. Das verlangen sie dann auch von den anderen Verkehrsteilnehmern.

Regel Nummer zwei: Fahren Sie möglichst ganz rechts. Ermöglichen Sie es dem Autofahrer immer, Sie zu überholen. Er hat es eilig und fährt doppelt so schnell wie Sie. Wenn Sie zu weit in der Mitte der Fahrbahn fahren, dann wirkt das provozierend und ist oft der Anfang eines erbitterten Streits.

Regel Nummer drei: Nehmen Sie Rücksicht auf abbiegende Autos. Unter den Autofahrern gibt es nur wenige Rowdys, die meisten wollen die Radfahrer respektieren. Es kommt aber auch bei den routiniertesten Fahrern vor, dass sie ein Rad im toten Winkel übersehen. Das passiert ungewollt, ist aber gefährlich, und darauf müssen Sie vorbereitet sein.

Ich meine: Schupelius trifft den richtigen Ton. Seine Aufforderung, Rücksicht und Partnerschaft an die Stelle von Rechtsverletzungen und Grobheit zu setzen, ist goldrichtig. Weiter so – beschreiten oder befahren wir doch gleich alle miteinander den goldenen Pfad des „Freundlichen Handschlags“!

Berlin-Knigge – Radfahrer gegen Autofahrer – BZ-Berlin.de

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„Benutzt die Gegenwart mit Glück“, oder: Eine lernende Volkspartei braucht eine lernende Führung

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Nov. 092008
 

30082008.jpg Wie eine gut funktionierende, lernende Volkspartei geführt wird, kann man in aller Seelenruhe am Beispiel der Demokraten in den USA studieren – man kann es sogar nachahmen. Während die beiden deutschen Volksparteien CDU und SPD sich geradezu krampfgeschüttelt in einzelnen Bundesländern – Brandenburg, Hessen, Berlin, Bayern – immer wieder zerlegen und erfolgreich Geburtshilfe für die dritte deutsche Volkspartei, nämlich die Linkspartei, leisten, baute Team Obama im hellen Lichte der Öffentlichkeit mit harter Arbeit eine überwältigende Musterpartei auf. Dies erkennt heute Christoph von Marschall im Tagesspiegel:

Operation Obama
Er hat Managerqualitäten und die Fähigkeit zur Personalführung. Seine Kampagne setzte in anderthalb Jahren mehr als eine halbe Milliarde Dollar um, Hunderte arbeiteten hauptberuflich für ihn, Tausende in Teilzeit, die Zahl der freiwilligen Helfer, die es zu koordinieren galt, überstieg eine Million. Auch seine Gegner erkennen an, er habe einen nahezu fehlerfreien Wahlkampf geführt.

Hillary Clintons und John McCains Mannschaft machten mit internem Streit und Personalwechseln Schlagzeilen. Team Obama blieb geschlossen und diszipliniert. Sensible Details drangen nicht nach draußen. Wenn sich Journalisten auf exklusive Informationen von Obama-Beratern beriefen, war das entweder beabsichtigt oder man durfte nahezu sicher sein, dass die Quelle nicht zum inneren Zirkel gehört, der tatsächlich Bescheid weiß.

Obama zieht hochqualifizierte, ehrgeizige Mitarbeiter an und setzt sie effektiv ein. Erst das ermöglichte die Rekorde in fast allen Belangen des Wahlkampfs. Nie zuvor hat ein Kandidat so viele Spenden eingeworben, so viele freiwillige Mitarbeiter angelockt, so viele Erstwähler motiviert und so viele Bürger insgesamt mobilisiert. Anfangs hielten viele ihn für ein vorübergehendes Phänomen – eine Art politisches Popidol, dessen Attraktivität sich durch Wiederholung der immer selben Reden erschöpft. Sie haben sich geirrt. Obama bewies dauerhaft Anziehungskraft.

Was lernen wir daraus? Die Debatten in den nicht funktionierenden deutschen Volksparteien kreisen ständig um die Fragen: Wer hat was falsch gemacht? Wer ist schuld an dem Schlamassel? Wem schieben wir den Schwarzen Peter zu? Wen schicken wir diesmal als Sündenbock in die Wüste? Letztes Beispiel: Die Regionalkonferenz  im Glashaus am vergangenen Donnerstag (dieses Blog berichtete). Und das Schlimmste ist, Bloggerinnen und Blogger: Ich habe selbst mitgemacht – habe selbst recht amüsant geschimpft und kesselflickerhaft gelästert, statt noch einmal für meine schon mehrfach vorgetragenen konstruktiven Vorschläge zu werben. Au weia! Ich muss mich ebenfalls wandeln.

Ein himmelweiter Unterschied zu den Demokraten des Barack Obama: Die Debatten kreisten um folgende Fragen: Was läuft zur Zeit noch falsch? Wie können wir den Zustand ändern? Wer macht’s? Hillary Clinton oder Barack Obama? Wer zieht den Karren aus dem Dreck – besser: Wie ziehen wir den Karren aus dem Dreck? Wie holen wir die innerparteilichen Gegner (z.B. Hillary)  zurück ins Gespann?

In Anlehnung an Goethe drängt es mich zu sagen:

Amerika, Du hast es besser,

Hast keine Pfründen, keine Schlösser!

Hast keine wunderlichen Alten,

Die nur verwalten, nicht gestalten.

Die nur im Streiten sich ergehen,

Statt Krisen mutig zu bestehen.

Das Tollste ist: Diese Musterpartei reformierte sich nicht nur erfolgreich selbst, sondern sie gewann sogar den härtesten, schwersten und teuersten Wahlkampf aller Zeiten.

Werden wir Deutschen mit unserer vergleichsweise sehr jungen Demokratie das US-amerikanische Vorbild nachahmen können, wie wir es so erfolgreich nach 1945 nachahmten?

Ich glaube: Ja, wir schaffen das. Und ich habe in meinem vergleichsweise äußerst winzigen Umfeld begonnen, daran zu arbeiten.

Unser Bild zeigt heute einen Blick von einem unserer letzten Ostseestrandspaziergänge, aufgenommen in Dierhagen. Dort holte ich mir schon des öfteren Kraft und Weitblick für unsere recht kleinteiligen Berliner Verhältnisse.

Beschließen wir unseren sonntäglichen Zeiten-Strand-Spaziergang mit der Rezitation eines Goetheschen Gedichts:

Johann Wolfgang Goethe (1827)

Den Vereinigten Staaten

Amerika, du hast es besser
Als unser Kontinent, das alte,
Hast keine verfallene Schlösser
Und keine Basalte.

Dich stört nicht im Innern,
Zu lebendiger Zeit,
Unnützes Erinnern
Und vergeblicher Streit.

Benutzt die Gegenwart mit Glück!
Und wenn nun eure Kinder dichten,
Bewahre sie ein gut Geschick
Vor Ritter-, Räuber- und Gespenstergeschichten.

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Sanft, versöhnlich und stets positiv nach vorne gerichtet …

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Nov. 072008
 

… wie es dem von uns gepriesenen Obama entspricht, verlief die zweite Regionalkonferenz der Berliner CDU nicht durchweg. Das war gestern abend auch nicht zu erwarten.  Im Gegenteil, unterschiedliche Meinungen wurden geäußert. Es herrschte gestern Einigkeit: Meinungsstreit innerhalb einer Partei gehört dazu. Nur wenn innerhalb der Partei Unmut frei geäußert werden kann und dann auch ein merkbarer Wandel folgt, wird man die viel zitierte Geschlossenheit nach außen allmählich wieder herstellen können. Dann folgt Vertrauen auf dem Fuße.

Ort des Geschehens war erneut das berühmte Glashaus, das wir in diesem Blog schon mehrfach erwähnt haben. Eingeladen hatte der Kreisverband Friedrichshain-Kreuzberg.
Die beiden Kandidaten Frank Henkel und Dieter Walther stellten sich selbst mit ihren Ansätzen dar. Ich hörte aufmerksam zu und meldete mich selbst ebenfalls zu Wort. Besonders gut gefiel mir die Forderung Dieter Walthers: „Wir dürfen die Leute in der Stadt nicht zutexten, sondern müssen genau hinhören lernen.“ Ich schloss mich der früher bereits geäußerten Forderung nach einer Mitgliederbefragung an. Eine Mitgliederbefragung über den Landesvorsitz wird sicherlich als Signal verstanden werden, dass die Basis stärker zu Wort kommen soll.

Besonders gespannt war ich auf den letzten Beitrag von Vera Lengsfeld. Sie bewirbt sich als Direktkandidatin in unserem Bundestagswahlkreis 084. Sie stellte sich mit wichtigen Stationen ihres Lebenslaufs vor und bat um Unterstützung durch das gesammelte Wissen der „Ortskundigen“. Neben der Auseinandersetzung mit der DDR-Vergangenheit erwähnte sie als einen weiteren Schwerpunkt ihrer Kandidatur das Thema Energiepolitik. Hier gelte es dringend, bestehende Vorurteile auf den Prüfstand zu stellen.

Bilanz: Es war ein bewegt-bewegender Abend. Und wir können sehr viel von Obama und Merkel lernen. Ich selbst eingeschlossen.

 Posted by at 07:46

Öffnet die Tore zu neuen Chancen!

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Nov. 052008
 

Gestern hatten wir besonders abschreckende Beispiele von Berliner Lokalpolitikern für eine negative Grundeinstellung untersucht: Es sind die altbekannten Politiker, die die Rhetorik der Spaltung betrieben, die die Welt in „Wir – die Guten“ und „Ihr – die Bösen“ aufteilen, die Häme und Spott über die Fehlschläge der parteipolitischen Gegner ausschütten. Leider finden wir in der Berliner Landespolitik immer noch Vertreter dieser Negativpropaganda vor. Sie haben nichts eigenes zu verkünden, keine eigenen politischen Botschaften anzubieten, also müssen sie die anderen zur Schnecke machen.

In der Weltpolitik lieferten die USA erneut ein Vorbild für uns: Faire Auseinandersetzung zwischen zwei Bewerbern, ein klarer Sieg für den Vertreter eines neuen, positiven Politikverständnisses, und erneut eine mitreißende Rede des Gewinners Barack Obama.

Warum schaffen wir in der Berliner Landespolitik so etwas nicht auch? Warum immer so viel Verzagtheit, so wenig Vertrauen, so wenig Schwung? Sagt doch mal bitte: „Ja, wir schaffen das!“ Es geht!

Übrigens: Der Mann hat auch ein Programm, mit präzisen Ansagen, klaren Maßnahmen zu Bildung, Arbeit, Integration, Wirtschaft, Afghanistan. Leider haben die deutschen Medien fast gar nicht darüber berichtet, aber wenn man die amerikanischen Medien verfolgt, ergibt sich ein klares Bild. Warum verschwiegen die deutschen Medien die konkreten Planungen Obamas weitgehend? Ich meine: Die deutsche Politik ist so ausgehungert, das Publikum gerade in Berlin dürstet nach Menschen, die etwas Neues verkörpern. Das ist die Botschaft, auf die Deutschland und die Stadt Berlin wartet – das alltägliche mühselige Geschäft der Politik, das natürlich auch in den USA auf den neuen Präsidenten wartet, wird später kommen.

Lest hier noch einen Ausschnitt aus der Siegesrede Barack Obamas. Ich wünsche mir mehr von diesem Geist in meiner Heimat, dieser großartigen Stadt Berlin!

This is our time, to put our people back to work and open doors of opportunity for our kids; to restore prosperity and promote the cause of peace; to reclaim the American dream and reaffirm that fundamental truth, that, out of many, we are one; that while we breathe, we hope.

Obamas Rede im Wortlaut engl.: „Das ist euer aller Sieg“ – SPIEGEL ONLINE – Nachrichten – Politik

 Posted by at 09:37