Jul 252009
 

sow_cover_schwarzweiss.jpg Hoch aufschlussreich ist der Eintrag Neger im neuesten Rechtschreibduden. Es heißt da auf Seite 769: „Viele Menschen empfinden die Bezeichnungen Neger, Negerin heute als diskriminierend […]“

Gestern las ich in der Buchhandlung am Potsdamer Platz das Buch Deutschland Schwarz Weiß von Noah Sow. Spannend! Sow behandelt ausführlich genau diese heiklen Begriffe und meint nachweisen zu können, dass in deutschen Wörterbüchern weiterhin ein deutlich rassistischer Unterton vorhanden sei – wie ja in der deutschen Gesellschaft überhaupt. Nebenbei: Das Wort Neger – so meint Sow – sollte man heute wirklich nicht mehr verwenden. Es sei ein rassistisches Unwort geworden. Im Buch selbst wird sogar ein Schriftwechsel mit einem Wörterbuchverlag zu diesem Thema abgedruckt.

Wir zitieren aus dem Werbetext des Verlags:

Alltäglicher Rassismus beginnt nicht erst bei gewalttätigen Übergriffen. Er manifestiert sich in Aussagen wie „die deutsche Nationalmannschaft ist ja wirklich nicht sehr deutsch“ oder in der Feststellung, die Sängerin Jessye Norman trete „wie eine Stammeskönigin“ vor ihr Publikum.

Sind wir alles Rassisten, ohne dies zu wissen? Nun denn – ich habe vor wenigen Tagen einmal direkt neben unserem bekannten Berliner Abgeordneten Kurt Wansner im Gasthaus Glashaus sitzend die jetzige U-21-Fußball-Nationalmannschaft als „vorbildlich“ bezeichnet, weil da so viele Spieler „mit Migrationshintergrund“ drin seien. Ich habe gesagt: „So wie in der U21 gelingt Integration.“ Ich habe gesagt: „Unser Mesut Özil macht es vor!“

Ich HOFFE, ich WÜNSCHE mir, dass dies keine rassistischen Aussagen waren! Ich hoffe, es ist nicht rassistisch, wenn ich sage: „Wir müssen die Kinder aus den türkischen und arabischen Familien hier in Deutschland integrieren! Sie gehören zu uns.“ Vermutlich ist das aber auch schon wieder rassistisch. Denn es zieht einen Unterschied. Es unterstellt, türkische und arabische Familien böten grundsätzlich einen anderen kulturellen Hintergrund als deutsche Familien. Aber genau das scheint mir der Fall zu sein! Das ist doch einfach so! Man denke nur an den hohen Rang, den Begriffe wie Familie und Freundschaft bei den Türken und Arabern haben. Ist es rassistisch zu sagen: „Die Türken und die Araber in Deutschland messen herkömmlichen Werten wie Familie, Freundschaft, Ehre, Solidarität und Sittlichkeit einen höhereren Wert bei als die Deutschen“?

Bin ich also ein Rassist, wenn ich sage: In den türkischen und arabischen Familien wachsen Kinder überwiegend anders auf als in den deutschen Familien, sie bekommen von zuhause ein ausgeprägtes Sonder- und Gruppenbewusstsein mit?

Ich meine: Nein, das sind keine rassistischen Aussagen. Das würde auch Noah Sow wohl nicht sagen. Jedoch stimme  ich Noah Sow in jedem Fall zu: Die Selbstbezeichnung entscheidet! Und die allerwenigsten Kinder in unserem Kreuzberg werden sagen: „Ich bin ein deutsches Kind.“ Sie werden auch nicht sagen: „Ich bin ein Kind von Migranten. Ich habe Migrationshintergrund.“ Fragt sie! Die meisten Kreuzberger Kinder werden sagen: „Ich bin ein türkisches Kind.“ Oder: „Ich bin ein libanesisches Kind. “ Ihr werdet Sätze hören wie: „Ich bin Türke. Meine Familie lebt seit Jahrzehnten in Berlin. Das ist in Deutschland.“ Und die meisten Kinder werden denken: „Ich weiß nicht, wo ich hingehöre.“ Darüber sollte man mal eine Umfrage machen! Mit 1000 oder 2000 Kindern hier.

Oder ihr glaubt es mir einfach aufs Wort.

Ich meine: Nicht jede klare Grenzziehung zwischen Gruppen, nicht jedes Vorurteil über andere ethnische oder politische Gruppen ist rassistisch. Es gibt nun einmal starke Gruppenidentitäten.

Nur der Hass, die Verachtung, die Gewalt gegen andere Gruppen – die sind falsch. Egal ob der Hass sich gegen linke Zecken, rechte Faschos, braunes FaSCHISStenpack, rotlackierte Faschisten, deutsche Schlampen, Kapitalistensäue   oder Schweinefleischfresser richtet. Rassismus in Verbindung mit Hass und Verachtung – dagegen müssen wir arbeiten.

Entscheidend ist, dass wir Menschen einander stets, in jedem Augenblick, mit dem Geist der Achtung, der Wertschätzung  und der Zuwendung begegnen.

Ich gebe euch mein Wort!

 Posted by at 13:48

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