Nov 082010
 

Ja wie … lesen die Tazzler denn dieses Blog mit, frug ich heute verwundert, als ich die gute alte taz vom heutigen Tage aufschlug. Gestern hatte dieses Blog über die Kirche der Angst orakelt:

Was diese Gemeinden zusammenbindet, ist die Selbstermächtigung: “Was Reinheit und Sicherheit ist, das bestimmen wir! Wir brauchen uns an kein Recht und kein Gesetz zu halten.”

Und in seinem treffenden Deutungsversuch erklärt Martin Kaul auf Seite 1 der heutigen taz  das Blockieren und Verhindern der Castor-Transporte, das Schottern, den Widerstand gegen die Polizei mit genau diesem Ausdruck: Massenhafte Selbstermächtigung.

Der Protest wächst in die Breite und verschärft sich gleichzeitig: Massenhafte Selbstermächtigung – taz.de

Selbstverständlich denkt man beim harmlosen Ausdruck Ermächtigung in Deutschland auch an das schändliche Ermächtigungsgesetz vom 24.03.1933. Dieses von einer breiten Mehrheit getragene Gesetz gilt heute zu Recht als verhängnisvolle Selbstausschaltung des Parlaments. Den zahlreichen ab 1922 verübten Rechtsbrüchen, Plünderungen, Sachbeschädigungen, Körperverletzungen, der üblen Hetze und Agitation der Nationalsozialisten wurde so ein Mantel der Legalität umgehängt – unter Verweis auf die „Behebung der Not von Volk und Reich.“ Die vermutete „besondere Bedrohung und Gefährdung“, etwa durch die „jüdische Immobilienmafia“, durch das „internationale Großkapital“ usw. rechtfertige die Übertragung der verfassungsmäßigen Rechte des Parlamentes auf den Reichskanzler. Die Erhaltung der Reinheit der „arischen Rasse“ rechtfertigte nach dem Willen des Ermächtigungsgesetzes die massenhaften Rechtsbrüche, welche die Nationalsozialisten sowohl vor wie auch nach dem 24.03.1933 begingen.

Dieser Anschein der Legalität durch eine gesetzliche Grundlage wird bei der aktuellen „Selbstermächtigung“ gar nicht erst angestrebt.

Es wird stillschweigend vorausgesetzt: „Castor-Transporte sind ein schlimmes Verbrechen. Atommüll-Entsorgung ist ein schlimmes Verbrechen. Gegen dieses schlimme Verbrechen gilt es sich zur Wehr zu setzen.“ Wie? Durch Sachbeschädigungen, durch Körperverletzungen an Polizisten, durch gefährlichen Eingriff in den Schienenverkehr, durch massenhafte Nötigung.

Holla!

Gegen die Laufzeitenverlängerung, gegen den Ausstieg aus dem durch rot-grün ausgehandelten Ausstieg kann man demonstrieren, man kann das Verfahren sogar für einen schweren politischen Fehler halten – wie dies in aller Öffentlichkeit etwa der Bundestagspräsident Norbert Lammert (und auch dieser Blogger) tun. Aber weder Norbert Lammert noch dieser Blogger noch irgendjemand sonst hat das Recht zum Schottern, das Recht sich an Gleise zu ketten.

Ich sage: Es gibt in der Demokratie kein Recht auf den Rechtsbruch! Es gibt grundsätzlich kein Recht auf Widerstand gegen die Staatsgewalt.

Außer in den seltenen Fällen, wo schwere Verbrechen durch eine Strafttat verhindert werden können. So hätte man wahrscheinlich ab 1943 durch die Sabotage, durch „Schottern“ und gezielte Bombardierung der Eisenbahnlinien nach Auschwitz, Treblinka, Majdanek usw. einen Teil der millionenfachen Massenmorde an den Verfolgten verhindern können. Aber dazu waren die europäischen Völker am Boden nicht bereit, und die Alliierten in der Luft wollten es auch nicht, obwohl sie über die laufenden Massenmorde im Bilde waren.

Das Schottern der Bahnstrecken im Wendland, den „heldenhaft-rebellischen“ Widerstand gegen die Polizei halte ich für politisch gefährliche, für dummdreiste Straftaten.

Was sagt Künast dazu? Es war sicher politisch außerordentlich klug, nicht hinzufahren und die eigene Teilnahme an den Protesten gegen die unter rot-grün ausgehandelten Transporte abzusagen. Wer protestiert schon gegen sich selbst. Als Sprachregelung für Renate Künast würde ich vorschlagen: „Das Schottern der Bahnstrecken, die Gewalt gegen Polizisten sind nicht … HILFREICH!“ Nicht hilfreich! Oder „überflüssig„. Mit diesen Wörtern können alle leben. Aalglatt.

Kucken wir mal. Wir sind gespannt, ob die Grünen der massenhaften Selbstermächtigung zustimmen werden.

 Posted by at 11:39

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