Jan 242011
 

Die vaterlose Gesellschaft ist in gewisser Weise die „überaus mütterliche Gesellschaft“, also die Gesellschaft, die sich ganz auf die Versorgungsleistungen herum gruppiert. Das Bundesland Berlin ist – wie ich meine – unter allen 16 Bundesländern das „vaterloseste“, das „mütterlichste“ Bundesland.

Nirgendwo werden so sehr wie hier alle Probleme des einzelnen sofort auf staatliche Hilfsangebote hin umgedeutet.

Was die Berliner SPD-Fraktion jetzt wieder auf ihrer Dresdener Klausur zur Familienpolitik hervorgezaubert hat, bestätigt meine Analyse in schonungsloser Offenheit! Von mehr, von beser ausgebauten Hilfsangeboten ist die Rede. Mehr Essen vom Staat, mehr Hilfe vom Staat, mehr Betreuung vom Staat, mehr Beratung vom Staat! Berlin ist Spitze darin und soll es laut SPD auch bleiben, mögen Mappus‘ böse Buben aus Bayern, Baden-Württemberg und Hessen noch so poltern und toben ob der knapp 3 Milliarden Euro, die sie aus dem Länderfinanzausgleich berappen!

Herrlich ist das Bild in der taz, welches Wowereit – den Bürgermeister und symbolischen „Vater“ der Stadt – geradezu erdrückt von weiblich-wolkigen Glücksversprechungen in Gestalt der sozialen Engel-Frauen zeigt. DAS ist eine Welt, DAS ist die wolkig-duftig-lockere Welt des fürsorglichen Übermutterstaates, genannt Bundesland Berlin! Die Hauptstadt der Verwöhnung!

Lest jetzt die hellsichtig-prophetische Psycho-Analyse des heutigen taz-Bildes aus der Feder von Alexander Mitscherlich (verfasst 1963):

Alexander Mitscherlich – Auf dem Weg zur vaterlosen Gesellschaft
»In der unübersichtlichen Massengesellschaft«, schrieb Mitscherlich 1963, »hat diese autoritäre Form der Eingewöhnung in das soziale Feld aber eine unerwartete Antwort gefunden, nämlich eine Stärkung der Abhängigkeitsbestrebungen und eine Bejahung der Unmündigkeit. Das faktische Gegenbild zu den für unsere Zeitläufte charakteristischen Helden der Massen sind die ‚initiativarmen“ Frühpensionäre, die in ihren Wohlfahrtsstaaten nie flügge werden wollen.«

 Posted by at 14:41

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