Halkyonische Tage: una semana de oro (2)

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Jul 072016
 

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Halkyonische Tage! Sanfte Wollust des Daseins!
Betrachte die weitgeöffneten Blüten,
Höre hinein in den Hörnerschall,
vertraue dich an dem Bach der Bilder!

Glutkern des Sommers, grüne Symphonie,
Genieße das Reiben der Zikadenflügel,
Koste aus die Reibungen der Dissonanzen
In Mozarts köchelndem Andante.

Schmatze die Lasagne in dich hinein,
Sauge am Sellerie, koste die Karotte,
Schenk nach den roten Wein,
Pack Backblech in Klappkorb,

Tritt in die Pedale, fahr hin und her,
Zwischen Kreuzberg und Schöneberg,
Nimm das Kreuz an vor jeder Note,
So schön es ist! Und so gut, so wahr uns…

 

 

 

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Arkadische Melodie. Südgelände, Schöneberg

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Jun 042016
 

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Schon verloren die Guteschafe
die Hälfte des wolligen Kleides,
während auf sicher gebauetem Steg
der selberernannte Schäfer

Quendel und Quecke nicht achtend
stumm summend auf unhörbarer Flöte
zärtlich lockend die Zicklein heranruft,
die seiner nicht achten, nein:

Eifrig nicken die Köpfchen, zupfen
am Thymian und an Wegwarte
Blatt um Blatt, Halm um Halm,
eifrige Rasenstutzer im Dienste

des unbekannten, des unerkannten Gottes.
Die Sprayer werkeln und schütteln die Döschen,
träge rummen die Interregios vorüber;
ein uralter Opel-Schornstein qualmt unsichtbar weiter.

hic in reducta valle caniculae vitabis
vitabis aestus, die Fräulein Grimms erzählen indes
dein leichtes, dein sanft plätscherndes Leben,
dein Leben: das war, das ward, das wird und das sein wird.

 

 

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„Lies keine oden mein sohn, lies die fahrpläne:

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Jan 192016
 

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… die sind genauer!“ So Hans Magnus Enzensberger in seinem berühmten Gedicht „Ins Lesebuch für die Oberstufe“ des Jahres 1957.

Heute sagen wir:

Lies keine Lyrik aus uralten Zeiten,
kuck keine Talkshows über die Wirtschafts- und Währungsunion,
und all die bösen Rechtspopulisten.
Sitz nicht mit zu Gericht,
wenn aus Schönebergs Gasometer gesendet wird.
Mach dir dein eigenes Bild.
Hör nicht auf Weißwäscher und Schwarzmaler,
lass dich nicht in Glaubenskriege hineintreiben,
o besorgter Bürger,
lies die Wirtschafts- und Finanzdaten:
die sind genauer.

Überprüfe erneut, o Sohn, den Befund,
den wir erhärteten schon vor Monaten:
Arbeitslosenquoten, die Wachstumsraten
vergleichbarer Wirtschafts- und Währungsräume,
o ihr Indikatoren der Stimmung!
O ihr untrüglichen Witterungszeichen!
Was nennet ihr uns,
Was sagt ihr uns heute an?

USA:
Arbeitslosenquote (Dezember) 5,0%
Wachstumsrate BIP (2015) +2,5

China:
Arbeitslosenquote (3. Quartal 2015) 4,1%
Wachstumsrate BIP (2015) + 6,9

Eurozone:
Arbeitslosenquote (November) 10,5%
Wachstumsrate BIP (2015) + 1,5

Schweden (als Nicht-Euro-Land zum Vergleich)
Arbeitslosenquote (November) 6,2%
Wachstumsrate BIP (2015) + 3,2

Resultat:
Wie schon seit Jahren weist die Eurozone (Euro-19) aktuell weiterhin ein deutlich schlechteres gesamtwirtschaftliches Bild und eine signifikant höhere Arbeitslosigkeit als der Größe nach vergleichbare Wirtschaftsräume (USA, China) auf.

Der Wirtschafts- und Währungsraum der 19 Euro-Länder wiederum weist ein deutlich niedrigeres Wachstum und eine deutlich höhere Arbeitslosigkeit als die EU außerhalb der Eurozone (z.B. Schweden, Polen, Großbritannien) auf.

Lies es genau, bedenke dies, o Sohn!
Was bedeutet das für dich und deine Zukunft?
Wie erklärst du dir das?
Überlege: Stimmst du der Aussage zu: „Der Euro sichert unseren Wohlstand!“?

Quelle:
„Economic and financial indicators“, in: The Economist, volume 418, number 8972, January 16th-22nd 2016, p. 89
Bild:
Ein Schneemann vom heutigen Tage, vor dem Gasometer in Schöneberg

 Posted by at 16:51

… ktoś kaszle, płacze, ktoś złorzeczy – Was bleibt von der gerühmten Hochkultur?

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Jan 172016
 

Beatrice:
„Ktoś kaszle, płacze, ktoś złorzeczy!“
Und nun, Kulturmensch, o du Freund höherer Kultur, du geschworener Europäer!
Hörst es nicht:
Da weint jemand, da hustet jemand, da flucht jemand!
Und, Wandrer, eingefleischter Europäer,
was bleibt nachert von aichener herrlichen Hochkultur?

Der Wandrer:
Sprich mir nicht von höherer Kultur und höherer Bildung!
Auch wenn ich alle Verse Dantes und Goethes auswendig könnte,
auch wenn ich jeden Tag einen Festtag mit Mickiewicz und Miłosz zusammen feierte,
und wenn ich jubelte jeden Tag
mit Johann Sebastian Bachs Ciacona und mit il Davide di Michelangelo,
und hörte es aber nicht,
wie nebenan jemand hustet und auf den Husten flucht,
wie nebenan jemand weint,
und wenn ich unsern kranken Nachbar auch nicht besuchte,
so wäre ich nur ein Haufen Wisssen,
sarei un’accozzaglia di regole,
una farragine della cultura e del sapere,
ich wäre Gerümpel, Geröll, ein Gelump europäischer Regeln,
ineinandergefahren, rettungslos, echolos.

 Posted by at 14:43

Weit mehr als ein dekarbonisierter Untersatz: der Stromer Citroen C-zero

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Dez 202015
 

Surrend, nahezu lautlos gleitet der Stadtflitzer dahin. Ein kleiner Umzug nötigte uns heute dazu, einen fahrbaren Untersatz zu mieten. Gesagt, getan! Gleich um die Ecke, auf dem EUREF-Campus, warten 3 schmuck aufgeputzte elektrische Stadtflitzerchen. Mit einigen Klicks auf dem Internet-Auftritt von Flinkster ist der Citroen C-zero reserviert und gebucht.

Wie die allermeisten Stromer weist der C-zero kein Differenzialgetriebe auf; wer also keine Erfahrung mit Automatikgetrieben bei Verbrennungsmotoren gesammelt hat, sollte sich vorher sorgfältig mit den Antriebszuständen Parken, Rückwärts, Leerlauf und Vorwärts vertraut machen.

Die maximal 49 kw Leistung beschleunigen den C-zero im Tempobereich unter 50 km/h in wenigen Sekunden machtvoll wie ein Raubkätzchen bis an die Grenze des Erlaubten.

In den Innen-Rückspiegel ist ein Navigationssystem eingebaut; Bedienung, Informationsverarbeitung und digitale Ausrüstung des C-zero sind durchaus mit einer gut ausgestatteten modernen Mittelklasse zu vergleichen.

Als wir nach 10 Kilometer Fahrt die Rest-Reichweite abriefen, zeigte uns das System bei ausgeschalteter Belüftung 91 km an, bei eingeschalteter Lüftung mit leichter Heizung hingegen nur 51 km. Die eingeschränkte Reichweite ist in der Tat das einzige Hindernis, sollte man eine Überlandfahrt ins Oderbruch oder gar in den Harz planen!

Wirkliches Kopfzerbrechen bereitete mir nur das gesamte Thema Inbetriebnahme und Rückgabe an der EUREF-Ladestation. Ich rätselte 10 Minuten herum, was der erste Schritt sein sollte. Das Display an der Ladesäule diente nur dem Vermietungswesen für Call-a-bike! Das war ich mir nicht vermutend. Ich hatte ja noch nie einen rein elektrischen Leihwagen in Betrieb genommen! Hier sollten die Planer und Ingenieure von EUREF bzw. Flinkster ruhig einmal 10 Testkunden unter Beobachtung auf ihr schnurrendes Raubkätzchen loslassen und dann schauen, welche Fehler und Rätseleien da unterlaufen können. Einfache, unmissverständliche Benutzerführung lautet hier das Zauberwort, das auch beim Abstellen des Fahrzeuges in den Sinn der Marketing-Fachleute kommen sollte. Wo etwa sollte der Schlüssel eingesteckt werden? Eine knifflige Nuss, die zu knacken uns beim Schein zweier Handy-LED’s nicht leicht fiel! Ein Anruf bei der Hotline brachte mehr Klarheit ins Spiel.

Das Fahrerlebnis war rundum positiv: Der Kleinwagen bietet sicherlich auf nicht allzu langen Fahrten ausreichend Platz für Erwachsene, er fährt sich sanft, gleitend, man schwimmt sozusagen mühelos dahin. Die umklappbare Rückbank schafft eine freie Fläche, auf der ein Geigenkasten, ein Desktop-Computer, ein 21-Zoll-Flatscreen und eine Sporttasche mit allem Sonstigem, was ein Jugendlicher über einige Tage braucht, locker Platz findet!

Die 8 Stunden Mietzeit kosteten 40 Euro (Stundenpreis 5 Euro).

Insgesamt unbedingt empfehlenswert! Eine Technik-Erfahrung der besonderen Art, die wir gern wiederholen werden, zumal wir jetzt wissen, wie es gemacht wird.

Der schnelle Tag ist hin,
Das Handy hat jetzt Ruh
Die Nacht schwingt ihre Fahn,
Uns fallen nun die Augen zu,
Der Mond führt schon die Sternen auf,
Am Euref-Campus sind die LEDs herabgedimmt,
Wo Thier und Vögel waren,
Trawrt itzt die Einsamkeit,
Der Port naht mehr und mehr heran,
Gleich wie dieß Licht verfiel,
so wird in wenig Jahren,
Ich, du, und was man hat,
und was man sieht hinfahren.

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 Posted by at 23:01

Wüstentraum. Versteppung. Auskippung.

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Dez 172015
 

Advent, das ist Versteppung.
Die Zeit der Auskippung.
Fast-Verlöschung. Ankunft,
Schubkarren hochgestellt,
rauskippt’s den Dichter aus Prag:
Vor dem deutschen Institut
vermag er nicht zu bestehen: streng!
„Hau raus den Mist!“
Wenzelsplatz, saumselig,
endlich statuenentleert.

GASAG liefert Energie
schrittweis, engellos,
zum neunarmigen Leuchter.
Wipfellos, lichtlos,
Bäume, Drähte, Lämpchen.
Vorm Tore Touristen kucken.

Und sonst? Du, so fernher?
So weit weg? Was sagtest du?
„… Nicht durch Macht,
und nicht durch Kraft,
sondern durch Meinen
Geistbraus …“

Bild:
Der Eingang zum GASAG-Wintermarkt, Berlin, Unter den Linden, Aufnahme vom 05.12.2015, 16:35 Uhr

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 Posted by at 19:28
Aug 272015
 

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Letztes Wochenende süffelte ich zusammen mit meinem Bruder ein Weizenbier im Vereinslokal des DJK Augsburg Hochzoll in der Zugspitzstraße. Der kurzgeschorene Rasen lag ausgedörrt in der Sonne, die Zunge klebte ebenfalls ausgedörrt am Gaumen. Es stand 1:0 beim Spiel des FCA gegen Frankfurt. Würde Frankfurt noch den Ausgleich schaffen? Es war so heiß, das Reden fiel mir schwer. Alte Erinnerungen stiegen hoch. War es nicht hier? Hier hatte ich doch damals mit der Schülermannschaft des TSV Firnhaberau ein Fußballspiel ausgetragen, hier hatte ich doch unter sengender Hitze das blechern klingende Lied „Ein Student aus Uppsallallala“ aus dem Stadionlautsprecher gehört, oder täuschte ich mich? Wir verloren, wie hoch? Das habe ich vergessen. Nicht vergessen habe ich „Ein Student aus Uppsala“!

Doch, das war so. Und das Lied „Ein Student aus Uppsala“ prägte sich mir unauslöschlich ein.  Gesungen hat es die Kirsti mit ihrer bezaubernden Stimme. Viele Verse daraus kann ich heute noch auswendig. Warum?

Kirsti hatte die Gabe, jedes einzelne Wort und jeden einzelnen Satz so zu singen, dass sie über Jahre und Jahrzehnte haften blieben. Kirstis Aussprache des Deutschen war vorbildlich. Kirsti hatte offenbar eine sehr gute Schulung durchlaufen.

Ebenso unvergesslich: Der „Surabaya Johnny“, das Lied von Bert Brecht und Kurt Weill, gesungen von Lotte Lenya. „Nimm doch die Pfeife aus dem Mund, du Hund!“ Hier stimmt jedes Wort, hier stimmt jeder Satz, man sieht gewissermaßen, man erlebt mit, wie Lotte Lenya diesem unverwüstlichen, unsympathischen und doch unwiderstehlichen Surabaya Jonny die Pfeife aus dem Mund schlagen möchte!

Hört man solche und andere ältere Aufnahmen von deutschsprachigen Songs, Schlagern, Liedern und Opernarien an, so stellt man immer wieder fest, dass jedes einzelne Wort noch Jahrzehnte später klar, frisch und eindeutig zu verstehen ist.

Die Norwegerin Kirsti Sparboe, die Wienerin Lotte Lenya, der niederländische Kinderstar Heintje  … die Reihe lässt sich fortsetzen:   die Italienerin Milva, der Tscheche Karel Gott, der Österreicher Peter Alexander – sie alle verfügten noch über das, was heute bei deutschsprachigen Schauspielern und Sängern fast nicht mehr zu finden ist, weder im Pop noch im Rap, weder in der Unterhaltungsmusik noch auf der Sprechbühne noch in der sogenannten E-Musik: eine bestechend klare, fest sitzende, das Verständnis der Worte und Wörter sichernde Aussprache des Deutschen – oder auch des Englischen.

Diese hohe Kultur des Sprechens und Singens droht heute mindestens in Deutschland nach meinen Eindrücken verlorenzugehen, und zwar durch die Bank bei Sängern, Schauspielern, Chören, bei Profis und bei Laien, bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen fast gleichermaßen.

Der European Song Contest liefert Jahr um Jahr besonders schlagende Belege dafür. Viele Texte (in diesem Fall in Englisch) sind gerade bei deutschen Teilnehmerinnen nur halb verständlich, es wird genuschelt, gemümmelt, gedrückt und gesäuselt, was das Zeug hält. Technische, computertechnische, ja pyrotechnische Effekte beherrschen die Szene, die Show überwiegt, das gesungene Wort verschwimmt und verschwindet. Und viele besonders erfolgreiche  Sänger könnten eindeutig auf offener Bühne gar nicht mehr ohne technisches Backup oder Playback singen.

Woran liegt das? Vielleicht daran, dass von Kindesbeinen an nicht mehr so viel gemeinsam gesungen wird? Vielleicht daran, dass es keine gemeinsamen Texte, keinen gemeinsamen Kanon an Liedern, Märchen und Geschichten mehr gibt?

Wie auch immer. Abfinden sollte man sich damit nicht!  Ich denke, gerade wenn wir jetzt 800.000 Menschen, 800.000 neue Mitbürger ohne jede Kenntnisse der Landessprache Deutsch in einem einzigen Jahr in Deutschland integrieren wollen, was ja löblich ist, was ich gutheiße, müssen wir unbedingt unsere Muttersprache Deutsch mehr achten und pflegen. Und wir sollten bei uns, bei unserem Sprechen damit anfangen.

Kirsti, Milva, Lotte, Heintje, Peter, Karel … sie alle können uns lehren, dass gutes, klingendes, verständliches, beseeltes Deutsch möglich und nötig ist, wenn wir es wollen. So wahnsinnig schwer ist es auch wieder nicht! Und es macht Spaß!

Das Motto der Arbeit ergibt sich zwanglos beim Betrachten eines beliebigen Bildes, hier zum Beispiel: der Hochablass in der Brecht-Stadt Augsburg, aufgenommen in Hochzoll am 22. August 2015.
Nimm doch die Pfeife aus dem Mund!
Sei doch kein knurrender Hund!
Höre das Rauschen des tosenden Lechs,
wie er hinabstürzt über den Hochablass!
Kiesel um Kiesel nimmt er mit sich.
Wer kann dem tosenden Fluß widerstehen?
Wer könnte, wer wollte sich diesem Fluß entgegenstemmen?
Ich nicht! Du nicht! Schwimme mit mir!
Aber noch einmal sage ich’s dir:
Nimm doch die Pfeife aus dem Mund.
Sei doch kein knurrender Hund.

Eine schöne Handreichung zur eigenen Arbeit an guter Aussprache möchte ich abschließend noch empfehlen:

Klaus Heizmann: So spreche ich richtig aus. Eine Hilfe für Redner, Chorleiter und Sänger. Schott Verlag Mainz, 2. Aufl. 2011

 

 Posted by at 13:54

Un monde plus vaste: Großseggenried, Schlaubetal

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Aug 172015
 

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Ostkreuz, bloß Umsteigen und weg, irgendwie sehr … ostig.
Kräne ragen, Bagger rasten,
Baustelle halt. Was erwartest du?

Erkner, heute Abfahrt Jacobsthal
auf Gleis 1 statt auf Gleis 2.
Ja, warum sagt das denn keiner!

Weisheit des Schwarms
einfach so in den Wind geschlagen –
dann laufts halt den andern nach!
Hach so ein Schreck! Herzpochen,
Schweißausbruch, wegen so was!

Belohnung lasest du beim Nachbarn im RE 1 mit:
un couple est un monde autonome,
un monde autonome et clos
qui se déplace au milieu d’un monde plus vaste (S. 132)
(Geflüstert): „Kuck doch mal: Soumission, Houellebecq,
Der ist schon weiter als ich!“ Scham wegen Lesefaulheit? I wo!

Im Talgrund der Schlaube,
die letzte Aufwallung des Sommers, erwandert.
Erlenbruchwälder: wohlige Verschattung
am Beginn der Wanderung.

Hier schau: Weidegebüsch durchsetzt den Talgrund!
Da graste noch vor vierzig Jahren das Viehzeug.

Viehzeug fehlt heut! Unweigerlich dann die Durchnässung!
Aufschossen die Seggen dann!
Die Steifsegge, die Sumpfsegge, die Ufersegge, die Rispensegge,
mit einem Wort: ein richtiges Großseggenried!
Breitblättrig hingestreut wuchert’s hervor, das Knabenkraut,
da, da und da, verkrautete Wege!

Ja, schau nur hin:
5,3 Kilometer zur Ragower Mühle;
aber waren es nicht vor 500 Metern
5,4 Kilometer?

Logische Folge: Verunsicherung, aufkommender Durst.
Lichtere Wälder. Kiefernforst, klar: Hitzespeicher!
Erdursten, wieder das Herzpochen,
oder schon Vorhofflimmern?
Schritt um Schritt hin
zum Baumlabyrinth für Rollstuhlfahrer.

 

Foto:
Großseggenried im Schlaubetalgrund, Aufnahme vom 15.08.2015
Zitat:
Michel Houellebecq: Soumission. Flammarion, Paris 2015, S. 132

 Posted by at 17:53

Wir aber sind frei, mögen sie auch ihr geliebtes Geld hätscheln und hedgen!

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Okt 132014
 

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Mögen sie doch ihr geliebtes Geld hätscheln und hedgen!

Gutes, erquickendes Losschütteln der Sorgen ums Geld, das ich am Wochenende feierte! Das „Lied vom unfruchtbaren Weinberg“ aus dem Buch Jesaja wies mir den Weg!  Jesaja erkannte, dass Recht und Gerechtigkeit, dass Barmherzigkeit und Vergebung, dass Freiheit und Wahrheit über dem Willen der Fürsten und Mächtigen thronen. Das wahre Wort ist wichtiger als das Geld, das freie Wort zählt mehr als die Währung.

„Das Geld, das geliebte Geld ist stärker als Recht und Gerechtigkeit, die Währung ist wichtiger als das gegebene Wort!“

So sprechen die Heuchler und Krämerseelen.
Sie haben das gute C ihres Namens in ein € verwandelt.
Auf dem € singen sie, auf das € schwören sie,
wie sie sich früher auf das C beriefen. So sprachen sie:

„Jeder, der angreift das hohe, das zweigestrichene €,
ist eine Schande für unsere Heimat. Eine Schande für Deutschland!
Ihn treffe der Bannfluch.
Denn das € ist heilig. Mit dem schändlichen Zweifler
setzen wir uns an keinen Tisch.  Alles dürft ihr bezweifeln,
am zweigestrichenen €, das aus dem tiefen C hervorging,
dürft ihr nicht zweifeln. Von dieser Frucht dürft ihr nicht nicht essen!
Esst – oder ihr werdet gestopft! Ein Greuel sind uns all jene,
die das Geld nicht zum obersten Wert erklären.
Scheitert das zweigestrichene €, so scheitert der Kontinent.“

Also verehrten sie das Geld, das Geld ward ihnen zum Maß aller Dinge.
Ihm unterjochten sie alle Völker. Eine eiserne Hecke umschlang den Weinberg,
gefangen waren die Menschen im Weinberg wie irrende Schafe.
Was half ihnen all das Jammern und Zagen, das Pochen und Feilen am zweigestrichenen €?

Dieser Weinberg verfiel dennoch, im Süden des Weinbergs verdorrten die Böden,
im Norden des Weinbergs blähten sich Hoffahrt und Stolz. Geiz und Habsucht,
Zank und Hader verkehrten die einen gegen die andern,
wandten das Herz des Südens gegen das Herz des Nordens.

„Il attendait le droit et voici l’iniquité, la justice et voici les cris.“

Statt Gerechtigkeit – Schlechtigkeit, statt Barmherzigkeit
herrschte  Schmächtigkeit im Weinberg!

Bitter wurde der Wein, sauer wurden die Trauben,
von denen sich die Trinker betranken.
Den Trinkern und den Töchtern und Söhnen der Trinker
wurden die Zähne stumpf.

Da ertönte die Stimme – und von denen, die sie hörten, wußte später  niemand mehr,
ob sie von innen oder von oben kam:

„And now I will tell you
What I will do to my vinyard:
I will remove its hedge —“

Das ist zu Deutsch: Ich werde die Hecke des Weinbergs einreißen,
den Schafen werde ich die Freiheit zurückgeben,
sie sollen sich tummeln auf grüner Au!

Und wieder ertönte die Stimme:

„Ich sag‘ es euch: ein Kerl, der auf den € spekuliert,
Ist wie ein Tier, auf dürrer Heide
Von einem bösen Geist im Kreis herum geführt;
Und rings umher liegt schöne grüne Weide.“

Auf, ihr Kerls, hängt euer Herz nicht länger ans Geld, ringsherum ist grüne Weide.
Lasst euch nicht einzwängen, lasst euch nicht hätscheln, lasst euch nicht hedgen!

Atmet frei! Sprengt eure Fesseln!

Geht! Atmet! Dehnt euch, streckt euch.

Ihr könnt! Glaubt! Ihr seid frei!

 

Quellen Europas:
Le chant de la vigne, in: Le livre d’Isaïe. In: La Bible de Jérusalem. Les éditions du cerf, Paris 1998, Seite 1234, hier: Kapitel 5, Vers 7
The Book of Isaiah, in: The Holy Bible. Revised Standard Version. CollinsBible, Stonehill Green 1952, Seite 603, hier Kapitel 5 Vers 5
Johann Wolfgang Goethe. Faust. Texte. Herausgegeben von Albrecht Schöne. Deutscher Klassiker Verlag, Frankfurt 1999, S. 80, hier: Vers 1830

 Posted by at 22:58

„Sieh die Gänse, die Fänge …“

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Aug 082014
 

Am 20. Juli des genannten Jahrs unternahm Gottfried Benner, der am Mehringdamm 38 – also hier in Kreuzberg – seine Hautarztpraxis hat, eine Radtour durch das Märkische Land. Benner, der eine Aversion gegen den Klassizismus Schinkels hat, wählte dennoch Müncheberg als Ausgangspunkt der Fahrt: „Hat man die Müncheberger Marienkirche mit dem wuchtigen, viel zu großen, nach Entwürfen von Schinkel gebauten  Turm einmal hinter sich, fühlt man sich endlich frei von Schinkel“, erklärte der Hautarzt, dessen Spezialgebiet die Psoriase ist. „Drehst du dich um, erkennst du, dass Schinkel im Grunde gar nicht an der Funktion der Gebäude interessiert war – er wollte nur richtig groß, richtig wichtig in die Landschaft hinein zeichnen. Er war ein mittelprächtiger Zeichner, deshalb hat er so viele Zeichnungen hinterlassen“, führte Benner aus, während wir hinter ihm herkeuchten. Benner, der 55 Jahre alte Arzt, der ein Leben lang stets dem Rotwein und den Zigarren zugesprochen hatte, erwies sich zu unserer Überraschung als unbezwinglicher Tourenradler. Wir, die wir doch im Schnitt 10 bis 15 Jahre jünger waren, hatten Mühe, ihm hinterherzustrampeln.

Hart an einem wogenden Sonnenblumenfeld – wir hatten 5 km von Müncheberg schon hinter uns gebracht – hielten wir an, um zu verschnaufen und die Richtigkeit der Analyse Dr. Benners zu prüfen. Als wir uns gerade umgewandt hatten, um den wie eine Landmarke in den Himmel ragenden Turm der Marienkirche zu suchen, da hörten wir plötzlich ein Pfeifen und Rufen über unseren Köpfen: eine Schar wilder Gänse hielt auf uns zu. Die Gänse flogen in Formation in weitem Bogen, drehten dann bei, schienen eine Zeitlang über uns zu schweben und verschwanden dann Richtung Neuhardenberg. Benner war sichtlich angerührt vom Flug der Vögel: „Das ist ein Zeichen, das ist eine Himmelsmarke!“, rief er sibyllinisch aus.  Wider alle Erwartung unterließ er für den gesamten restlichen Tag seine polemischen Spitzen gegen den – wie er zu sagen pflegte – „grotesk überbewerteten Karl Friedrich Schinkel, der einem Watteau nie und nimmer das Wasser reichen konnte“.

Wir merkten: es brütete etwas in Gottfried Benner. Benner war in sich gekehrt. Er heckte etwas aus. Und nach der Mittagspause, die wir unter einer Buche im Schlosspark Neuhardenberg verbrachten – eine Wassermelone konnte unseren Durst nicht stillen – kam Benner mit einem Blatt, vollgekritzelt mit Versen zu uns, und ehe wir uns wieder auf die Sättel schwangen, trug er uns das folgende Gedicht ohne jedes Stocken und fehlerfrei vor:

Sieh die Gänse, die Fänge
Lichts und Ahnung vom Meer,
Welche lauten Gesänge
Treiben sie kreischend her!

Du auch, die lautlos berufen
Und spät ins Gesicht mir gelacht,
Folg mit Augen den Rufen
Meerwärts ans Ende der Nacht.

Wenn S-Bahn-Ringe und Pforten
Durchschritten du hast ohne Scheu
Siehst neue Götterkohorten
Du und bleibst dir doch treu.

Am Fuß der Fürstenthrone
Entziffre die Schrift und die Wand,
Schüttle dein Haar mit der Krone
Gieße den Wein in die Hand

Der Nonnen, wie immer sie hießen,
Die Lehm und Tränen gemischt,
Alles rinnt im Verfließen,
Die Spuren im Kalk sind verwischt.

Stotternd besingst du die Mühlen,
Vom rautigen Wege ein Stück,
Gib weiten Raum den Gefühlen,
Vom Meer ruf die Gänse zurück.

Bild 1: Landschaft bei Müncheberg. Am linken Bildrand: die Marienkirche. Aufnahme vom 20. Juli 2014, 08.59 Uhr

Das hier zitierte Gedicht Gottfried Benns Sieh die Sterne, die Fänge findet sich in abgewandelter, auf die Hälfte gekürzter Form in folgendem Buch: Karl Otto Conrady (Hrsg.): Das große deutsche Gedichtbuch, Athenäum Verlag, Kronberg/Ts. 1977, S. 757

 Posted by at 22:18

blogs schweigen

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Aug 072010
 

bis 16. August no blog. Blogger hockt, kuckt&kocht bei moskau. Poka!

 Posted by at 07:46

Umschlag

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Jun 052008
 

In Schöneweide. Spät abends
treten die Streckenarbeiter über die Gleise.
In Richtung Baumschulenweg
versinkt die große Stadt glutrot. Und
einen kurzen Augenblick weißt du nicht,
in welche Richtung du einsteigen sollst.
Es war nur ein Augenblick. Dann
steigst du ein. Nichts ist geschehen,
aber wieder bist du ein anderer geworden.

 Posted by at 22:10