Was wählst du: Das Recht der Macht – oder die Macht des Rechts?

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Juni 142025
 

„Судьба людей и наций, пока они живы, в их доброй воле. Одно только мы знаем наверное: если Россия не исполнит своего нравственного долга, если она не отречется от национального эгоизма, если она не откажется от права силы и не поверит в силу права, если она не возжелает искренно и крепко духовной свободы и истины – она никогда не может иметь прочного успеха ни в каких делах своих, ни внешних, ни внутренних.“

So schreibt es Wladimir Solowjew am 17. April 1888 in Moskau. Seine Mahnungen behalten auch heute ihre Gültigkeit, und zwar – so meine ich – für alle Staaten:

„Das Schicksal von Menschen und Nationen steht und fällt, solange sie leben, mit ihrem Willen zum Guten. Nur eines wissen wir mit Gewissheit: Wenn Russland seine sittliche Pflicht nicht erfüllt, wenn es sich nicht vom nationalen Egoismus abwendet, wenn es nicht auf das Recht des Mächtigeren verzichtet und nicht an die Macht des Rechts glaubt, wenn es nicht redlich und hartnäckig nach geistiger Freiheit und Wahrheit strebt, dann kann es in keiner seiner Angelegenheiten, weder in innen- noch in außenpolitischen Fragen, nachhaltigen Erfolg haben.“ (Übersetzung aus dem Russischen: Johannes Hampel).

„Ich rufe Himmel und Erde jetzt zu Zeugen an: Ich habe nun Leben und Tod vor dein Angesicht gelegt – Segen und Fluch. Wähle das Leben, damit du und deine Nachkommen leben« (5. Mose 30,19).

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Vom heilenden Blick eines Hundes

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Dez. 132023
 

Unverhoffte Begegnung. Langsam setzt sich die S-Bahn in Bewegung. Draußen ziehen streifig die Häuser vorbei, an dunklen Fichtenästen schmelzen letzte Schneereste. Die gesperrte Fußgängerunterführung von Eichwalde wartet seit vielen Jahren auf den Fortgang der Bauarbeiten. Seit sechs Jahren wartet die ebenfalls gesperrte Fußgängerunterführung von Zeuthen auf den Fortgang der Bauarbeiten. Ich spreche eine Mitreisende an. Was ist da los? „Nicht einmal das klappt also in diesem Land!“ – An einer simplen Bahnunterführung scheitert schon die Planungs- und Handlungsfähigkeit der staatlichen Akteure. „Das stimmt mich höchst besorgt über den Zustand unserer Wirtschaft in Deutschland überhaupt“, erklärt mir die mitreisende Eichwalder Bürgerin, mit der ich angeregt in der S-Bahn plaudere. „Dass die Bahn es nicht schafft, unsere Bahnhöfe, die eigentlich Schmuckstücke sind – damals, im 19. Jahrhundert gebaut in wenigen Monaten! – oder sein könnten, in einigermaßen zugänglichem Zustand zu halten! Die Kioskbetreiber kämpfen um das nackte Überleben.“

Ich suche beim Heimfahren einen festen Halt in der Umgebung. Da – eine Frau mit Hund steigt ein. Der Hund legt sich unter die Bank mir gegenüber, betrachtet mich unverwandten Blicks. Ich merke auf: Die Augen dieses treuen Hundes strahlen etwas zutiefst Menschliches aus, dem kein noch so hartes Menschenherz widerstehen kann! Seine Herrin weiß und fühlt das. Sehen kann sie es nicht. Denn sie ist ja blind. Unverhofft strahlt mich dieses Wunder in der S46 an, irgendwo zwischen Eichwalde und Johannisthal. Und vertreibt alles Grämen und Barmen ob der Handlungs- und Planungsunfähigkeit staatlicher oder staatsnaher Akteure selbst bei kleinen Projekten.

Danke, du lieber Hund!

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Nov. 232023
 

Wie sehen uns Deutsche die anderen? Um diese Frage zu beantworten, ist es immer gut, die Auslandspresse zu lesen, so etwa heute die Neue Zürcher Zeitung! Besonders zu empfehlen ist der folgende Kommentar:

René Höltschi: Besoffen von den Staatshilfen. Milliarden für Chipfabriken und Wasserstoffprojekte, eine Ermässigung der Stromsteuer für Teile der Wirtschaft, eine Bürgschaft für Siemens Energy: Deutschland hat sich in einen Rausch der Subventionen getrunken. Nun erwacht es mit einem bösen Kater. Neue Zürcher Zeitung. Internationale Ausgabe, 23.11.2023, S. 13

Hier wird der Deutsche als glücklich schlummernder Kater dargestellt, der immer wieder einen Schluck aus der Pulle der staatlichen Subventionen nimmt. „Doch Subventionen sind wie Drogen: Sie machen süchtig.“

Zum Hintergrund:

Das Bundesverfassungsgericht hat mit seinem Urteil 2 BvF 1/22 vom 15. November 2023 entschieden, „dass das Zweite Nachtragshaushaltsgesetz 2021 mit Art. 109 Abs. 3, Art. 110 Abs. 2 und Art. 115 Abs. 2 Grundgesetz (GG) unvereinbar und nichtig ist“.

Wesentliche Teile des staatlichen Handelns – die Hoheit über die staatlichen Haushaltsgesetze ist nun einmal die Kerndomäne der Parlamente – erweisen sich somit als grundgesetzwidrig und nichtig.

Wie kam es dazu? Der Autor der Zürcher Zeitung meint, die tieferen Ursachen dieser verfassungswidrigen Staatsverschuldung Deutschlands in allzu freigebiger Ausreichung von staatlichen Beihilfen, Zuschüssen, Vergünstigungen, Erleichterungen zu erkennen. Seien diese im Haushaltsjahr 2023 mittlerweile auf 208 Milliarden angestiegenen Finanzhilfen früher zum Teil noch durch die Ausrufung von Krisenzuständen zu rechtfertigen gewesen, so müsse spätestens jetzt eine Besinnung auf die verheerenden Auswirkungen des staatlich gelenkten, wesentlich auf Subventionen beruhenden Wirtschaftens einsetzen. Höltschi zitiert den Präsidenten des Kiel-Instituts für Weltwirtschaft, Moritz Schularick, mit folgender pointierter Aussage:

„Der Staat ist zwar nicht gut darin, die Gewinner von morgen zu finden, aber ganz sicher finden die Verlierer von gestern den Staat.“

Welchen Ausweg schlägt der Schweizer René Höltschi uns Deutschen vor? Er schreibt:

„Statt einzelne Unternehmen und Branchen zu fördern, sollte der Staat die Standortbedingungen für alle verbessern.“

Das hieße: Ordnungspolitik für alle statt Begünstigungspolitik für einige.

Das ist ein höchst bedenkenswerter Ratschlag, wie ich finde! Wir Bürger Deutschlands sollten uns – sofern ich René Höltschi richtig verstehe – weniger als am staatlichen Geld nuckelnde „Kater“, sondern mehr als „Füchse“, als gewitzte, selbständig handelnde Menschen sehen, die jederzeit bemüht sind, aus eigenen Kräften Nahrung zu finden.

(2) René Höltschi auf X: „#Deutschland hat sich in einen Rausch der #Subventionen getrunken. Nun erwacht es mit einem bösen Kater. Das Haushalts-Urteil aus #Karlsruhe böte Anlass zum Entzug. Ein Kommentar. https://t.co/fesI7hOJrX via @NZZ“ / X (twitter.com)

Bild: Ein Fuchs auf Nahrungssuche, gesehen vorgestern am S-Bahn-Gelände beim Hans-Baluschek-Park in Berlin-Schöneberg

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Juni 292020
 

Das Recht der Europäischen Union und das Verfassungsrecht der Mitgliedsstaaten stehen in einem vorderhand ungeklärten Widerstreit einander ausschließender Geltungsansprüche. Dies haben wir seit Jahren in diesem Blog wiederholt herausgearbeitet, darauf haben wir wiederholt hingewiesen, so etwa auch am 3. November 2015 unter dem Titel: „Unauflöslicher Widerspruch“.

Eine weitere Umdrehung im Rad der einander widerstrebenden Argumente vollzieht sich vor unseren Augen im Anschluss an das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 5. Mai 2020, 2 BvR 859/15. Dieses Urteil zur verfassungsrechtlichen Legitimität des EZB-Anleihen-Kaufprogramms hat europaweit einen Aufschrei des Entsetzens ausgelöst. Genau hierzu äußert sich heute nun ein Richter des zuständigen Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichtes:

Mit dem Aufschrei haben wir gerechnet, aber man muss eben sehen, dass das Verhältnis von Europarecht und nationalem Verfassungsrecht seit 60 Jahren in der Schwebe hängt. Die Luxemburger Kollegen postulieren, dass das Unionsrecht über allem steht, und wir und die anderen Verfassungsgerichte sagen: ,Nein, nur in dem Rahmen, in dem ihr durch unsere Parlamente ermächtigt worden seid.‘ Die Entscheidung zwischen diesen beiden Ansätzen ist keine Glaubensfrage, das sagen nur diejenigen, die nicht intensiv genug darüber nachgedacht haben. Ich bin der Überzeugung, dass es zwanzig Argumente für unsere Auffassung gibt und eineinhalb für die des Gerichtshofs.

https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/mehr-wirtschaft/verfassungsrichter-huber-kritisiert-mangelnde-kooperation-der-ezb-16836457.html?premium
Quelle: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 29.06.2020

Ich halte dies für eine sehr gute Grundsatzanalyse des Richters des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts zur reichlich verkorksten europäischen Gemengelage! Was Peter Huber heute in der FAZ erklärt, trifft, so meine ich, ins Schwarze.

Es stimmt mich sprachlos und nimmt mich wunder, wenn wieder und wieder von den Politikern der EU versucht wird, durch beständig wachsende, in den Raum gestellte Geldbeträge oder eher Geldberge (derzeit sind es zusätzlich zu verteilende etwa 1500 Milliarden Euro) der Europäischen Union ein derart massives pekuniäres Gewicht zu verleihen, dass die Staaten schließlich gar nicht mehr anders können, als Teile ihrer durch Verfassungen geschützten Rechte an die Europäische Union zu übertragen. Zu diesem Zweck wird alle paar Monate ein neuer Ausnahmezustand ausgerufen! Und – das wissen wir seit Carl Schmitt – wer die Macht hat, den Ausnahmezustand auszurufen, der hat auch die Macht, die Rechtsordnung vorübergehend außer Kraft zu setzen und verfassungsrechtliche Vorschriften zu brechen.

Die hierdurch hervorgerufene, meines Erachtens nicht von der Hand zu weisende Befürchtung lautet: Die Gliedstaaten könnten gewissermaßen hineingleiten oder sanft hineinrutschen in ein Abhängigkeitsverhältnis von der höheren EU-Autorität, innerhalb dessen die Souveränität der Verfassungsstaaten zur leeren Hülle würde, da sie nicht mehr mit eigener Handlungsmacht unterlegt wäre. Die Staaten würden dann zu Bittstellern der übergeordneten EU-Autorität: europäischer Transformismus, der zum europäischen Autoritarismus zu werden droht!

Das Hauptargument für diesen Transformismus oder Autoritarismus lautet mit ermüdender Wiederholungsfrequenz, die globalen Herausforderungen seien einfach zu groß, als dass ein einzelner Staat sie bewältigen könne. Welche Herausforderungen sind aber gemeint? Nun, dafür werden immer wieder neue Kandidaten aufgetrieben: Mal ist es die Finanzkrise, mal ist es der Klimawandel, dann sind es die Europafeinde, dann wiederum die Energiewende, dann die globale Migration, dann der Rechtspopulismus in den „osteuropäischen“ EU-Staaten, dann der Terrorismus, dann die Flüchtlinge des Südens, dann die Infektionsrisiken durch das Coronavirus, dann der Rassismus in den USA … die Hitliste der vom einzelnen Verfassungsstaat angeblich nicht mehr zu stemmenden Risiken wird monatlich länger bzw. monatlich überarbeitet! Die Überlebenszeiten der jeweils ausgerufenen globalen Katastrophen, die kein einzelner Staat mehr bewältigen könne, fallen hingegen. Die Namen der zahlreichen globalen Katastrophen, die jederzeit um die Ecke lauern, sind austauschbar. Das nervt.

Doch schließen wir positiv! Dem Verfassungsrichter Peter Huber gebührt heute Dank dafür, dass er als eine der sehr selten gewordenen Stimmen von Rang in der FAZ öffentlich (nicht bloß hinter vorgehaltener Hand) Stellung bezieht und sich für den Vorrang des demokratisch legitimierten Verfassungsrechtes der Staaten vor dem auf zwischenstaatlichen Verträgen gestützten Unionsrecht in die Bresche geworfen hat.

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März 132019
 

PFLICHT! Dieses Wort hat keinen guten Klang bei uns in Deutschland, ja manche würden den Gedanken der Pflicht am liebsten beerdigen.  Dafür sei ein zufälliges Beispiel angeführt: 

Immer wieder berichten uns Polizisten, Schulhelfer und Sozialarbeiter, dass Schulversäumnisse oft der Einstieg in kriminelle Karrieren sind. Schüler mit mehr als 40 Fehltagen, also Tagen unentschuldigten Fernbleibens vom Unterricht, sind keine Seltenheit bei den Intensivtätern.

https://www.lr-online.de/lausitz/guben/junge-intensivtaeter-im-justizvisier_aid-3361583

Daneben habe ich sehr oft miterlebt, wie Eltern ihre Kinder einen Tag oder mehrere Tage vor dem Ferienbeginn von der Schule nehmen, um noch einen günstigeren Flug zum Ferienziel zu ergattern. 

Und warum besuchst du nicht die Schule?“ – „Keine Lust!“, „In den letzten Tagen vor den Ferien wird nichts mehr gelernt!“, schallt es mir dann entgegen. 

Fazit: Die staatliche Schulpflicht wird von vielen Kindern und Eltern nicht anerkannt, sondern nach Gutdünken ausgesetzt.  Auch die „Schulstreiks für das Klima“, von der Bundeskanzlerin und dem Bundespräsidenten erst vor wenigen Tagen einhellig gelobt und ermuntert, hauen in diese Kerbe. Denn selbstverständlich ist es unerheblich, aus welchen Gründen schulpflichtige Kinder beschließen, der Schule fernzubleiben – ob es nun um den Kampf für den Beginn einer Politik gegen den Klimawandel oder das Ergattern eines billigeren Ferienfluges geht, in allen diesen Fällen trifft das Kind eine Entscheidung, die gegen die gesetzliche Pflicht des Schulbesuches verstößt.  

https://www.zdf.de/nachrichten/heute/fridays-for-future-steinmeier-lobt-schuelerdemos-100.html

Ich selber meine übrigens, dass die Schulpflicht grundsätzlich immer gilt, von Fällen ernsthafter Erkrankung und dringender persönlicher Angelegenheiten wie etwa der Beerdigung eines Familienangehörigen abgesehen. Die überwiegende Mehrheit der Eltern und Lehrer dürfte diesen Strandpunkt teilen.

Wir müssen jedoch anerkennen, dass viele Kinder und auch einige Politiker wie etwa die Bundeskanzlerin und der Bundespräsident diese Meinung vom überragenden Rang der Schulpflicht nicht teilen. Viele Kinder und auch einige Politiker halten den Kampf dafür, dass die Politik endlich etwas gegen den Klimawandel zu tun beginnt, offenbar für ein so hohes Rechtsgut, dass er die Verletzung der Schulpflicht rechtfertigt.

https://www.sueddeutsche.de/politik/merkel-schueler-streiks-klima-fridays-for-future-1.4352065

Und wenn selbst die Bundeskanzlerin und der deutsche Bundespräsident die schulstreikenden, den Unterricht versäumenden Kinder unterstützen und loben, dann „hat selbst der Kaiser sein Recht verloren“.  „Ich gebe es auf! Es hat ja doch keinen Sinn, auf die Schulpflicht zu drängen“, werden sich jetzt viele Polizisten, Sozialarbeiter, Lehrer und Bewährungshelfer denken, wenn  sie das Lob des Bundespräsidenten und der Bundeskanzlerin für streikende Schüler hören. 

Der Beweis ist hiermit erbracht: Das Wort Pflicht hat keinen guten Klang bei uns in Deutschland! 

Dafür sei noch ein weiterer Beleg angeführt:

Immer wieder berichten mir Flüchtlingshelfer*innen und gastfreundliche Wohnungsgeber*innen, dass die bei ihnen wohnenden Geflüchteten keinerlei Pflichten anerkennen wollten, weder die Pflicht, Deutsch- und Integrationskurse zu besuchen, noch die Pflicht, sich um die Integration zu kümmern, oder die Pflicht, sich zu einer und nur einer Identität zu bekennen. Viele Geflüchtete scheinen nach diesen, meiner Meinung nach glaubwürdigen Berichten in der Tat virtuos mehrere Identitäten zu bespielen, tauchen mal hier, mal dort auf, besetzen mehrere Schlafplätze zugleich und streichen auch die gesamten Sozialleistungen für mehrere Identitäten ein. Überragende, virtuose Beispiele für dieses offenbar weitverbreitete Verhalten sind der europaweit berühmte, mittlerweile verstorbene Geflüchtete Anis Amri, der Mann vom Breitscheidplatz. Aber auch der geflüchtete Bilal Ben Ammar, ein Berliner Weggefährte Anis Amris scheint ein Meister in diesem Jonglieren mit zahlreichen, bis zu 14  Identitäten gewesen zu sein.

https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/aufenthaltsort-amri-freund-ben-ammar-ist-in-tunesien-unbekannt-16085829.html

Der Staat lässt dies sehenden Auges zu, die Unterkunftgeber*innen oder auch Heimbetreiber*innen bemerken dies Mehrfachspiel zwar häufig, doch sehen sie keinen Anlass dies zu melden, könnte die Meldung doch zur Streichung der dringend benötigten Zahlungen des Staates für die Quartiergeber der Geflüchteten nach sich ziehen.

Es ist das große Verdienst der Journalistin Silvia Perdoni und des Berliner Tagesspiegels, am 11.03.2019 diese offenbar weitverbreitete virtuose Praxis der Fehlbelegungszahlungen am Beispiel der Schmidt-Knobelsdorff-Kaserne deutlich angesprochen zu haben: 

https://www.tagesspiegel.de/berlin/schmidt-knobelsdorf-kaserne-in-berlin-spandau-vorwurf-gegen-heimbetreiber-fluechtlinge-als-karteileichen-gefuehrt/24085696.html?

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Où va l’État? Der kühne Zwischenruf Pierre Birnbaums

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Juni 292018
 

Paris, 22.15 Uhr, im Hotelzimmer

Gutes, kluges Gespräch mit dem französischen Soziologen Pierre Birnbaum, das da gerade jetzt im französischen Senatssender „Public Senat“ läuft! Die Sendung heißt „Livres & vous“. Nachdenken über Aufgaben und Bestimmung des Staates, das ist es, was er vehement einfordert in seinem neuen Buch „Où va l’État?“

Den Staat sieht Birnbaum als festes Institutionengefüge, das mehr als nur eine Schutz- oder Vermittlungsfunktion habe. Vielmehr schreibt er dem Staat, hier dem französischen Staat, eine hohe Würde zu. Der Staat solle und müsse sich als Hüter und Mehrer der Werte des Universalismus verstehen. Er sei in Frankreich – anders als in Spanien oder Italien – der Kulturträger par excellence. Er dürfe sich nicht in Geiselhaft einer gesellschaftlichen Gruppe begeben, wie er dies während der perversen faschistischen Zeit Frankreichs in den Jahren 1940-45 gemacht habe. Er sei aber auch nicht bloßer Überbau über dem gesellschaftlichen Gegeneinander der Interessen, der eine Art Schiedsrichterrolle spiele. Die Feindseligkeit gegenüber dem Staat, wie sie die 68-er-Bewegung manifestiert habe, sei deshalb im Grunde ebenso verkehrt wie die mythische, ja totalitäre Verschmelzung des Staates mit dem Volk, wie sie in Frankreich von 1940 bis 1945 geherrscht habe.

In Frankreich, insbesondere in der französischen Soziologie fehle es seit Durkheim fast völlig an einer deontologischen Bestimmung der Staatlichkeit! Kaum ein Soziologe habe sich ernsthaft an die Soziologie des Staates oder die Politiksoziologie herangetraut.

Äußerst reizvoll wäre es, das Nachdenken Pierre Birnbaums über die „Bestimmung des Staates“ einmal auf Deutschland zu übertragen!

Wir erleben ja derzeit, so meine ich, ebenfalls eine tiefe Krise der Staatlichkeit in Deutschland. Die Bundesrepublik Deutschland läuft – dies meine These – tatsächlich Gefahr, in Geiselhaft von platitüdenschwingenden Funktionseliten zu geraten – und damit meine ich nicht die Populisten, sondern ein ziemlich bräsiges, ziemlich selbstzufriedenes, sattes Geflecht an Massenmedien, Politikern, Fußballfunktionären, Wirtschaftsführern, die beharrlich der Frage ausweichen: „Was soll der Staat?“ Oder, um es mit Karl Jaspers zu sagen: „Wohin treibt die Bundesrepublik?“

www.seuil.com/ouvrage/ou-va-l-etat-pierre-birnbaum/9782021377576
https://www.publicsenat.fr/emission/livres-vous/ou-va-l-etat-avec-pierre-birnbaum-et-etat-des-lieux-avec-claire-chazal-84480

 Posted by at 22:41
Apr. 092018
 

Es stimmt, dass Einwanderer unsere Sozialsysteme ausbeuten wollen. Ebenso, dass es viele Menschen aus Mittelschichten oder aus der Oberschicht gibt, die unser System schröpfen, indem sie Steuern hinterziehen. Steuerhinterziehung und Einwanderung in Sozialsysteme sind zwei Seiten einer gleichen Münze, nämlich die Schwächung des Gemeinwesens.“

Recht starke Worte sind es, die der 1945 im französischen Montauban geborene Abgeordnete Daniel Cohn-Bendit da im Europäischen Parlament vortrug (taz, 07.12.2010). – Keine Angst, der ist ein Linker, ist bester Herkunft, der darf so was sagen!

Ähnlich wie Cohn-Bendit äußerte sich an diesem 7. April 2018 zwar nicht in der taz, aber immerhin in der FAZ der 1949 im Libanon geborene Ralph Ghadban; wir zitieren aus dem Gespräch über bekannte arabische große Familien, die es sich im deutschen Sozialsystem behaglich eingerichtet haben und zu erheblichem Reichtum in mehreren Generationen gelangt sind:

„Gleichzeitig nehmen sie den Sozialstaat gezielt aus: 90 Prozent der Clan-Mitglieder in Berlin sind arbeitslos gemeldet, Hartz IV betrachten sie als ihr „Grundgehalt“. Sie lassen sich also von der Gesellschaft aushalten, die sie zur selben Zeit ausbeuten. Ihre Verachtung für die scheinbar schwache Gesellschaft, die sich das alles bieten lässt, verstärkt das noch.“

Keine Angst, der ist bester Herkunft, der darf so was sagen!

Dieses Interview in der FAZ, das Reiner Burger führte, ist aufschlussreich. Beiden Beobachtern ist die Kenntnis der tatsächlichen Lage in deutschen und französischen Großstädten nicht abzusprechen.

Kleine Anmerkung: Kaum beachtet wurde bisher, wie leicht sich das deutsche Sozialsystem austricksen lässt. So hat Anis Amri, ein mittlerweile verstorbener, europaweit bekanntgewordener Geflüchteter, sich unter nicht weniger als 14 Identitäten registrieren lassen und bezog dementsprechend Unterstützung aus den Sozialkassen verschiedener Gemeinden. Mehrfachanmeldungen, eine Option unter vielen! Es ist wirklich kinderleicht, bei den Behörden unterschiedliche Identitäten in unterschiedlichen Gemeinden anzugeben. Jeder weiß, dass es noch zahllose andere Arten gibt, den deutschen Sozialstaat hinters Licht zu führen.

Die Ausdrücke „Ausbeutung des Sozialstaates“, „Einwanderung in Sozialsysteme“, die Cohn-Bendit und Ghadban verwenden, scheinen mir durchaus angemessen.

„Wir müssen die Clan-Strukturen jetzt schnell zerschlagen“. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 07.04.2018, Seite 4
http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/wie-kriminelle-araber-clans-die-stadt-beherrschen-15529799.html

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Okt. 122015
 

Im Gränzenlosen sich zu finden,
Wird gern der Einzelstaat verschwinden,
Sich aufzugeben, ist Genuß!

So mag es einem wohl spielerisch in den Sinn kommen, nachdem man mit Hochgenuß die späten politisch-moralischen Gedichte Goethes durchgelesen hat.

Von „entgrenzter Demokratie“ schreibt sehr packend, sehr überzeugend der Düsseldorfer Politikwissenschaftler Stefan Marschall. Er erkennt, dass Phämomene wie „Europäisierung“ (gemeint ist jedoch nur der absolute Vorrang der EU-Rechtsakte vor den Rechtsakten der EU-Mitgliedsstaaten) und „Globalisierung“ den herkömmlichen westlichen Staatstypus zunehmend ins Abseits manövrierten und potenziell handlungsunfähig machten; in der Tat, so meine ich, Altertümlichkeiten wie etwa die Gewaltenteilung zwischen gesetzgebender, ausführender und rechtssprechender Gewalt werden in modernen Zeiten zunehmend außer Kraft gesetzt; gefragt ist in unseren Zeiten der wachsenden Anomie, der Widersprüchlichkeit unvereinbarer Rechtsordnungen wie etwa derjenigen der EU einerseits und der Nationalstaaten andererseits heute rasches, kühnes Zupacken, Raffen und Schaffen, auch wenn dieses „Schaffen“ oft nur ein „Abschaffen“ oder auch ein „Sich-Aufgeben“ ist, in diesem Fall also ein Abschaffen des herkömmlichen Souveränitätsgedankens der Territorialstaaten.

Wir zitieren Stefan Marschall (Hervorhebungen durch dieses Blog):

„In der Gesamtschau spricht vieles dafür, dass die Globalisierung der Gesellschaften und staatlicher Politik einen Beitrag zur Entparlamentarisierung, zur Schwächung des Bundestages im politischen System Deutschlands leistet und damit an die Substanz der parlamentarischen Demokratie geht.“

In scharfen Tönen, die nicht frei von Polemik sind, spricht der hochangesehene ehemalige Spiegel-Chefredakteur Stefan Aust am 9.10.2015 von der „Kanzlerin ohne Grenzen“; der europäische Politiker Guy Verhofstadt wiederum geißelte kürzlich im EU-Parlament die derzeitige europäische Anomie als reinstes Chaos, in dem es nicht eine, sondern „mindestens zehn Unionen“ gebe.

Nun, ich meine: Die zutreffend erkannte „Entgrenzung“ oder auch Regellosigkeit der hohen Politik macht uns einfachen Bürgern zunächst einmal Angst. Wir einfachen Bürger wissen derzeit oft nicht mehr, woran wir sind – was gilt, beispielsweise in der Euro-Staatschuldenkrise, in der wirtschaftlichen Dauerkrise der Eurozone und der Massenmigration in die verschiedenen europäischen Sozialsysteme? Was hat Vorrang? EU-Recht? Deutsches Recht? Das Recht des Stärkeren? EZB-Recht? Eine Art permanentes Notfallrecht? Oder brauchen wir gar in Europa endlich wieder einmal eine starke Frau, die vernünftigen Sinnes alles lenkt und leitet, „legibus absoluta“, also oberhalb der Gesetze stehend, wie etwa Kaiserin Maria Theresia oder Zarin Katharina II.? Oder ist alles letztlich sowieso eins, im Sinne eines Goethe’schen „Eins und Alles“? Fragen über Fragen!

Hier meine ich: Wenn man manche Zuspitzung und im Eifer des Gefechts unterlaufende Übertreibung abzieht, sollte und müsste man die Bemerkungen und Einwürfe eines Johann Wolfgang Goethe, eines Stefan Marschall, eines Stefan Aust und eines Guy Verhofstadt durchaus ernst nehmen. Sind letztlich doch alles besonnene, welterfahrene Menschen!

Belege:

Stefan Marschall: „Die entgrenzte Demokratie – Europäisierung und Globalisierung“, in: Stefan Marschall: Das politische System Deutschlands. Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 2015, S. 234-259, hier bsd. S. 247, S. 255, S. 257

Rede Guy Verhofstadts im EU-Parlament vom 07.10.2015
https://www.youtube.com/watch?v=D_VbHfgPVlg (hier besonders 4:47)

Stefan Austs Artikel vom 09.10.2015:
http://www.welt.de/debatte/kommentare/article147423831/Angela-Merkel-Kanzlerin-ohne-Grenzen.html

Goethes Gedicht „Eins und Alles“ (mit einigen schweren Schreibfehlern!):
http://gutenberg.spiegel.de/buch/johann-wolfgang-goethe-gedichte-3670/243

Bild:
Lascia dir la gente
e va per la tua strada (Dante). Bild vom Havelland-Radweg, unterwegs zu dem Ribbeck von Ribbeck auf Havelland.
20151004_090713

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„Powers divided mutually destroy each other“ – Hobbes‘ Urteil über die Gewaltentrennung

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Aug. 162015
 

Wir sind für Machtverteilung.“  So Konrad Adenauer vor der Interparlamentarischen Union 1949 in Bern. Er legte damit ein klares Bekenntnis gegen die Machtballung, die zentralistische Machthäufung und Machtkonzentration ab, wie sie die zahlreichen zentralistischen Führerstaaten Europas, darunter Deutsches Reich (1933-1945), Königreich Italien (1921-1943) und Sowjetunion  (ab 1919) kennzeichnete.

Weitgehende Machtballung, Machtkonzentration und Einheitlichkeit in der Machtausübung seien hier als Merkmale des monistischen Politikverständnisses angesehen.

Als wesentliches Merkmal der Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland muss dagegen in der Tat eine weitgehende Machtverteilung, Machtstreuung und Gewaltenteilung gelten.

Von besonderem Interesse ist heute, dass die Währung des Staates (also die D-Mark) streng unabhängig von der Politik gehalten wurde. Die Bundesbank war bis zur Errichtung der EZB weisungsunabhängig; die Währung bzw. die sie steuernde Zentralbank  war in der alten Bundesrepublik Deutschland kein Teil des politischen Systems, wie sie es hingegen seit jeher in Frankreich, Italien oder den USA ist.

Als Beleg für die These, dass die Währung kein Teil und kein Gegenstand  der Politik war, mag gelten, dass es durchaus brauchbare Darstellungen des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland gibt, die der Währung bzw. der Zentralbank keinerlei Aufmerksamkeit widmen, so etwa das Buch „Das politische System Deutschlands“ von Stefan Marschall, erschienen bei der Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 2015.

Allerdings wurde genau deswegen die DM nie in Frage gestellt; sie stand abseits des Parteienstreits; alle Parteien, alle Bürger wollten die DM nach wenigen Jahren des Zweifelns; nicht zuletzt deshalb war die DM und die soziale Marktwirtschaft der alten Bundesrepublik bis 1996 so erfolgreich. Umgekehrt war und ist der Euro vor, während und nach seiner Einführung in dem meisten EU-Ländern umstritten gewesen, heute sogar mehr denn früher. Er ist in schroffem Gegensatz zur früheren DM durch und durch politisiert.

So ist denn der EZB der Eurozone mittlerweile eine ungeheuerliche Machtfülle zugewachsen; ihre geldpolitischen Maßnahmen können der Eurozone den Garaus machen oder auch neues Leben einhauchen! Diese überragende Machtfülle der EZB manifestiert sich im offensiv eingeforderten Glaubenskenntnis des EZB-Chefs Mario Draghi: „Believe me … believe me … it will be enough.“ Der geforderte Glaube richtet sich bezeichnenderweise nicht auf das politische System des Euro, sondern auf eine und nur eine Person – den redenden EZB-Direktor selbst. Das ist politischer Monismus in Reinstform!

Zurück zur Bundesrepublik! Vertikal haben wir die Machtverteilung und Machtstreuung im dreistufigen Aufbau der Gebietskörperschaften nach Gemeinden, Bundesländern und der Bundesrepublik, horizontal haben wir die Machtverteilung in der systematischen Trennung von gesetzgebender, ausführender und rechtsprechender Gewalt, wobei im parlamentarischen System eine gewisse Überlappung zwischen Legislative und Exekutive unvermeidlich ist. Legislative und oder Exekutive sehen sich jedoch stets einer unabhängig agierenden „anderen Gewalt“ gegenüber, der Gerichtsbarkeit, die sehr oft mit größter Selbstverständlichkeit gegen die Regierung entscheidet.

Insofern kann man durchaus von einem Dualismus sprechen, der das gesamte Staatsdenken und die politische Praxis der Bundesrepublik Deutschland durchzieht. Nie kann EINER oder EINE allein ihren Willen durchsetzen, stets muss die mächtigste Figur im Spiel – also etwa der Bundeskanzler – gewärtig sein, irgendwo ausgebremst zu werden. Ein echtes „Durchregieren“ der Mehrheit kann es in der Bundesrepublik nicht geben.

Die Bundesrepublik Deutschland ist also geprägt durch einen vielfältigen Dualismus oder auch Pluralismus an Entscheidungsträgern und Machtinstanzen. Sie ist das glatte Gegenteil eines monistisch aufgebauten Staates, wie ihn beispielsweise Thomas Hobbes forderte.

Typisch für das eindeutig monistische EU-Recht ist hingegen der größtmögliche Konzentrationsgrad an Entscheidungskompetenzen bei der Zentrale.  Dies gilt insbesondere für die Kommission als zentrale Macht- und Gesetzgebungsbehörde der EU. Sie ist ganz nach dem jahrhundertealten Muster der französischen Zentralverwaltung aufgebaut. Ein Blick auf Art. 17 des EU-Vertrages lehrt dies auf frappante Art.

Der Kommission stehen demnach unter anderem zu:
Rechtsetzung einschließlich des Initiativrechtes, Beteiligung an sämtlichen Rechtsetzungsakten der EU; Erlass von zwingenden Durchsetzungsbestimmungen; Erlass von zwingend einzuhaltenden Richtlinien; Entscheidungen im Verwaltungsvollzug; Kontrollaufgaben (Vertragsverletzungsverfahren; Nichtigkeits- und Untätigkeitsklagen; Genehmigung bzw. Nichtgenehmigung der Abweichungen von unionsrechtlichen Regeln).

Als ewig strahlender Vordenker eines monistischen Staatsverständnisses muss Thomas Hobbes gelten; Machtverteilung, Gewaltentrennung, ein System an „Checks and Balances“, wie es das westliche Demokratiemodell und insbesondere die Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland auszeichnet, war ihm ein Symptom der Krankheit und des Zerfalls, ein Greuel, der letztlich zu Liederlichkeit, Staatsauflösung und verheerendem Bürgerkrieg geführt habe. Hobbes geißelt die Lehre von Gewaltentrennung sogar ganz ausdrücklich, nennt sie eine wahnhafte Ausgeburt der Gehirne  von Politlaien, von Juristen, die keine Ahnung von echter Machtausübung hätten. Es lohnt sich, seine Begründung im Original nachzulesen. Wir finden sie im Kapitel 29 des 2. Buches seines Leviathan von 1651:

There is a sixth doctrine, plainly and directly against the essence of a Commonwealth, and it is this: that the sovereign power may be divided. For what is it to divide the power of a Commonwealth, but to dissolve it; for powers divided mutually destroy each other. And for these doctrines men are chiefly beholding to some of those that, making profession of the laws, endeavour to make them depend upon their own learning, and not upon the legislative power.

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„Bruch“, „Beugung“ oder „schleichende Umformung“ des bestehenden Rechts?

 Erosion des Staates, Europäische Union, Faschismus, Italienisches, Mussolini, Rechtsordnung, Trasformismo europeo  Kommentare deaktiviert für „Bruch“, „Beugung“ oder „schleichende Umformung“ des bestehenden Rechts?
Feb. 042015
 

Einen schwer übersetzbaren Begriff möchten wir in die EU-Debatte einführen, den des „trasformismo“. Wie vieles andere Bedeutende stammt er aus Italien. Trasformismo meinte in der jungen italienischen  Monarchie, dem neuen Nationalstaat Italiens im 19. Jahrhundert das Abschleifen der Gegensätze zwischen Links und Rechts, zwischen Einerseits und Andererseits, zwischen Regierung und  Opposition.  Trasformismo bedeutet das nachholende Einverständnis der Bürger zu einem Konstrukt, das die Bürger „eigentlich“ nicht haben wollten. Der italienische Trasformismo ist im Grunde das Vorbild für die „Alternativlosigkeit“ der Großen Koalition in der Bundesrepublik Deutschland.

Nach und nach schleift sich alles ab, durch Geschenke, Versprechungen und durch Machtverheißung wird der anfängliche Widerstand gegen ein von oben herab verfügtes, in der Breite nicht bejahtes Rechtskonstrukt gebrochen. So festigten unterschiedliche Politiker wie Agostino de Pretis, Giovanni Giolitti und Benito Mussolini ihre Herrschaft, so gelang es ihnen, weit über eigene Parteigrenzen hinaus Zustimmung zu sichern. Die langjährige Herrschaft des Faschismus in Italien lässt sich ohne diesen habituellen Trasformismo nicht erklären! Dass selbst führende Politiker der späteren Kommunistischen Partei Italiens als junge Erwachsene während des Ventennio überzeugte Faschisten und aktive Mitglieder in faschistischen Organisationen waren, geht auf das Konto dieses schleichenden Wandlungsprozesses.

Eine winzige Facette zum augenfälligen Trasformismo der Europäischen Union steuert heute unter dem Titel „Bruch der Rechtstradition“  in der FAZ auf S. 16 Uwe H. Schneider bei, der Direktor des Instituts für Kreditrecht der Universität Mainz: „Am Kapitalmarkt sollen nur noch EU-Gesetze gelten“, und zwar werde nach dem Willen der EU-Kommission der Wortlaut der EU-Gesetze in allen Amtssprachen gleichermaßen gelten.

Es entsteht so eine „legislative Schnitzeljagd“, bei der die Richter ohne gute Kenntnisse der 24 Amtssprachen kaum Recht sprechen können, denn spezifisch deutsche Rechtsinstitute wie die berühmte „Gewährträgerhaftung der Gebietskörperschaften“, die „Tarifautonomie der Sozialpartner“, die „Weisungsungebundenheit der Zentralbank“ werden vor dem EU-Recht langfristig keinen Bestand haben können; irgendeine Fassung in einer der 24 Amtssprachen wird sich schon finden, um die Besonderheiten der nationalen Gesetzgebung auszuhebeln. Zug um Zug, Schritt um Schritt wird also die Rechtsordnung der Mitgliedsstaaten überformt bzw. „transformiert“, und zwar keineswegs nur in Randbereichen wie etwa dem Glühlampenrecht, sondern im Kernbestand der Marktordnung. Wer soll da noch den Überblick behalten?

Wer weiß, vielleicht einigt man sich entnervt irgendwann – dem Rat des Bundespräsidenten Gauck folgend – auf eine einzige Amtssprache (Englisch) und schafft die Besonderheiten der Rechtskulturen  der Mitgliedsstaaten komplett ab? Dies wäre nach der Gesellenprüfung der Einheitswährung das Meisterstück des Trasformismo europeo!

 

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Nov. 112014
 

Den ganzen Knäuel an Lügen, das Wegducken der Politik, die abgrundtiefe Verlogenheit der europäischen Flüchtlingsdebatte arbeitet die tapfere und einfühlsame Katrin Bischoff heute auf Seite 3 der Berliner Zeitung heraus.

http://www.berliner-zeitung.de/berlin/prozess-um-messerstecherei-kontrollverlust-in-der-gerhart-hauptmann-schule,10809148,29007036.html

Der Gambier Nfamara J. gesteht, den Marokkaner Anwar R. am 25.04.2014 in der Kreuzberger Gerhart-Hauptmann-Schule erstochen zu haben, und steht deshalb jetzt in Berlin vor Gericht.

Woran zeigt sich die ganze Verlogenheit der Flüchtlingsdebatte?

1) Weder Täter noch Opfer sind oder waren Flüchtlinge. Sie stammen beide aus Staaten, in denen weder Verfolgung noch Krieg herrscht: Gambia und Marokko.

2) Sie hatten deshalb beide keinerlei Anspruch darauf, als Flüchtlinge oder Asylberechtigte anerkannt zu werden. Sie konnten – wie sie selbst berichten – schlecht und recht ohne Hunger, ohne Verfolgung, ohne echte Armut in ihren afrikanischen Heimatländern leben. Insbesondere Marokko steht im afrikanischen Vergleich sehr gut da!

3) Beide haben ihre Heimat aus freien Stücken verlassen, um in Europa bessere Verdienstmöglichkeiten für sich und ihre Familien zu finden. Sie waren und sind also nicht Flüchtlinge, sondern Wanderarbeiter oder Gastarbeiter.

4) Der geständige Täter war im Besitz einer Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung für den Schengenraum der EU. Er hätte jederzeit hier Arbeit und Wohnung finden können. Aber er wurde durch Unterstützer und Politiker auf  niederträchtige Weise dazu verleitet, in der Kreuzberger  Gerhart-Hauptmann-Schule, einer berüchtigten Brutstätte der Gewalt und der Kriminalität, zu verharren.

5) Senat und Bezirksamt haben diese von Anfang an unhaltbaren Zustände duldend hingenommen und durch heimliche, möglicherweise sogar gerichtsfeste Zusagen verstetigt. Der Berliner Senat und das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg, seine nachgeordnete Behörde, hätten längst, vor langer Zeit  einschreiten müssen; sie hätten dem Recht zur Geltung verhelfen müssen; sie hätten den Oranienplatz und die Gerhart-Hauptmann-Schule längst räumen müssen.

6) Der Senat von Berlin und das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg haben in Kreuzberg unfassbar viel falsch gemacht, sie treiben derzeit den Bezirk in den finanziellen Ruin. Sie haben der Erosion des Rechtsstaates zugesehen und sie proaktiv noch befördert. Sie haben sich in eine unhaltbare Situation hineingeritten, die großes Leid über die Menschen bringt – zum Beispiel über die Familien von Anwar R. und  Nfamara J.

7) Die Seite 3 in der heutigen Berliner Zeitung sollte man heraustrennen, sie lesen und sie gut aufheben! Sie belegt einen Abgrund an Politikversagen, aber auch an Verlogenheit und Verblendung der Unterstützer der vermeintlichen Flüchtlinge.

Gerhart-Hauptmann-Schule in Berlin: Flüchtling gesteht tödliche Messerattacke | Berlin – Berliner Zeitung.

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Okt. 102014
 

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Er hoffte auf Rechtsspruch, doch siehe da: Rechtsbruch.“ So äußerte sich der aus Jersualem stammende  israelische Publizist, Dissident und Lyriker Isaiah Nabi (hier zitiert  in deutscher Übersetzung aus dem Hebräischen) am vergangenen Sonntag in Kapitel 5, Vers 7 seines weltweit gelesenen Bestsellers „Das Buch Jesaja“. Wird Isaiah Nabi heute endlich den längst ihm zustehenden Friedens-Nobelpreis erhalten? Verdient hätte er ihn seit langem! Isaiah beklagt die Erosion des Rechts-Bodens, er gerät in Zorn über die Aushöhlung der Rechtlichkeit im Weinberg eines Freundes.

Wie in Israel am Sonntag – so auch heute in Kreuzberg!  Es gibt eine Erosion des Rechtsstaates von innen und von unten her zu beklagen. Eine Art Unterhöhlung der Rechtsstaatlichkeit setzen mit Zutun des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg und des Berliner Senats die neuen Hausbesitzer – fälschlich „Flüchtlinge“ genannt – in der Gerhart-Hauptmann-Grundschule seit Winter 2012/1013 ins Werk. Wir einfachen steuerzahlenden Bürger dürfen seit Monaten beobachten, wie die beteiligten Politiker – vielleicht mit Ausnahme des redlichen Hans Panhoff (Grüne) – seit Monaten einander den schwarzen und grünen Peter zuschieben. Neuester cooler Move, mit dem Bürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) den Grünschwarzen Peter an die Adresse von Senator Frank Henkel (CDU) zurückschiebt: „Er hätte schon längst räumen können. Er muss nicht warten, bis der Bezirk die Polizei zu Hilfe ruft.“

Tja, Freunde, was grünes Bezirksamt und rot-schwarzer Senat seit Monaten in dieser Sache  abliefern, könnte als Volksbelustigung durchgehen, wenn es nicht so bitter ernst wäre – bitter ernst, und wahnsinnig teuer.

Dann sollte man sich morgen die Lage einmal vor Ort anschauen. Gnädig wie sie nun einmal sind, haben die Hausbesitzer – fälschlich immer noch Flüchtlinge genannt – für morgen in die gute Stube eingeladen. Die tatsächlichen Herren und Besitzer des Hauses laden morgen zum Tag der offenen Tür in der Gerhart-Hauptmann-Schule. Großzügig!

Aber das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg steht den neuen Herren der Gerhart-Hauptmann-Schule in Großzügigkeit  nicht nach! Das Bezirksamt hat für die wahren Besitzer der Gerhart-Hauptmann-Grundschule die Spendierhosen angezogen. Da müssen Kitas, Bibliotheken, soziale Dienste, Schulküchen eben zurückstecken: Haushaltssperre im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg! Aber lest selbst, was der Tagesspiegel berichtet:

Die Situation hat den Bezirk in Finanznot gestürzt: Es fielen 1,5 Millionen Euro zusätzliche Kosten an, etwa für Wachschutz (593 000 Euro), Bewirtschaftung des Gebäudes (628 000 Euro), Unterbringung von Roma-Familien (65 000 Euro) und freiwillige Geldzahlungen an die Bewohner (97 000 Euro), wie aus der Antwort auf eine Kleine Anfrage im Abgeordnetenhaus hervorgeht. Der Bezirk hat eine Haushaltssperre verhängt.

via Gerhart-Hauptmann-Schule: Flüchtlinge laden zum „Tag der offenen Tür“ – Berlin – Tagesspiegel.

Bild: ein Blick auf die versperrte Gerhart-Hauptmann-Schule

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Was kommt am Ende des Lateins – Englisch, Europäisch oder Globisch?

 Erosion des Staates, Europäische Union, Geld, Latein, Sprachenvielfalt  Kommentare deaktiviert für Was kommt am Ende des Lateins – Englisch, Europäisch oder Globisch?
Okt. 022014
 

Die EZB ist am Ende ihres Lateins„, so konstatiert der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes Georg Fahrenschon unumwunden am 27./28.09.2014  in der Berliner Zeitung auf S. 10. Sie habe ihr Pulver bereits weitgehend verschossen; die Untätigkeit der Regierungen der Euro-Zone habe die EZB in eine Rolle gedrängt, die ihr nie und nimmer hätte zukommen dürfen. Fahrenschon sagt:

Stück für Stück wird die EZB zu einer Art europäischer Ersatzregierung.“

„As joblessness stays high and prices fall, pressure is mounting on E.C.B.“, sagt die International New York Times gleichlautend am 1. Oktober 2014 auf S. 17. Überall richten sich die Augen auf die EZB, der Politik wird offenbar gar nichts mehr zugetraut.

Die Geldpolitik der EZB wird ein Surrogat der gescheiterten Wirtschaftspolitiken der EU, ein derartig einhelliges Resultat findet sich kaum je sonst bei politischen Streitfragen.

Die Regierungen und die EZB sind am Ende des Lateins, was tun sie? Sie erfinden Wunderprogramme in englischer Sprache: Quantitave easing und Asset backed securities. Was bedeutet das? Wer weiß es? Wer würde heute zugeben, dass er kein Englisch kann? Also schweigt man lieber und hält die Füße still. Das ist das Ende jeder echten Debatte! Das ist die Selbstenteignung der Politik.

Englisch, Globisch, Europäisch, – ist doch alles egal.

Aber: In den drei größten Volkswirtschaften der Euro-Zone wird Deutsch, Französisch und Italienisch gesprochen. Die politischen Debatten finden hier auf Italienisch, Französisch und Deutsch statt. Und sie laufen seit Jahren kreuz und quer gegeneinander. Es ist doch unerträglich, dass über Wohl und Wehe eines riesigen Wirtschaftsraumes entschieden wird, ohne dass die maßgeblichen Politiker und die Bürger imstande wären, die Grundlagen ihrer Entscheidungen angemessen bei den anderen Partnern darzustellen. Ebensowenig VERSTEHEN die Politiker und die Bürger das, was jenseits der eigenen Landesgrenzen geschrieben und gesagt wird. Vor allem aber sind die Dokumente in einem für die Politiker und die Parlamentarier  nicht verständlichen Englisch, einem krausen Finanz-Globisch abgefasst, das bewusst geheimnisvoll und unverständlich daherkommt.

Folge: Die EU versucht nunmehr, alles im Bankwesen über einen Leisten zu schlagen. Sie ebnet die Unterschiede ein. Das deutsche Bankensystem – untergliedert in Sparkassen, Privat- und Genossenschaftsbanken – wird diese Gleichschaltung durch die EU vermutlich nicht überleben. Es werden die großen Geschäftsbanken  („too big to fail“) übrigbleiben, die nach und nach die kleineren Häuser übernehmen. Die kleinen Genossenschaftsbanken, die Kreissparkassen usw. werden vor dieser Gleichmacherei mit all den Stresstests wohl nicht bestehen können.

Wollen wir das? Wollen wir diese Uniformierung, diese Gleichmacherei der 28 Länder, von oben her verfügt durch die zentrale Gesetzgebungsbehörde, die Europäische Kommission?

Die Warnungen Georg Fahrenschons sollten nicht in den Wind geschlagen werden.

Interview zur Zinspolitik der EZB: Sparkassenchef warnt vor Enteignung der Bankkunden | Wirtschaft – Berliner Zeitung.

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