Marmorstirn. Cremona. In aller Frühe

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März 152016
 

 

 

 

 

 

 

 

 

„Singst du mir ein Lied zum heutigen Geburtstag?“
Ja, ich singe Dir ein Lied zu deinem heutigen Geburtstag, – ein Reiselied, das ein anderer geschrieben hat!

Hier ist es:

Wasser stürzt, uns zu verschlingen,
Rollt der Fels, uns zu erschlagen,
Kommen schon auf starken Schwingen
Vögel her, uns fortzutragen.

Aber unten liegt ein Land,
Früchte spiegelnd ohne Ende
In den alterslosen Seen.

Marmorstirn und Brunnenrand
Steigt aus blumigem Gelände,
Und die leichten Winde wehn.

Marmorstirn, Marmorstirn? Was steckt hinter diesem Wort? Zweifellos – die Fassade. Marmorstirn ist ein anderes Wort für Fassade. Fassaden sind Stirnseiten von Gebäuden aus Marmor, wie hier diese Fassade des Domes in Cremona.

Marmorstirn und Brunnenrand, in diesen beiden Worten fügte Hugo sein Italien-Erlebnis zusammen. Siehst du es? Der Stein wird so leicht, dass Vögel ihn forttragen könnten.

Wir besuchten ihn am vergangenen Sonntag in aller Frühe in voller Nüchternheit. Die Marmorstirn lächelte uns entgegen. Sie war geöffnet. Die Türen standen offen und wir traten ein.

„Non ricordate più le cose passate,
Non pensate più alle cose antiche!
Ecco, faccio una cosa nuova:
proprio ora germoglia, non ve ne accorgerete?“

scholl die Stimme uns laut und deutlich aus den alten geöffneten, ewig jungen Mauern  entgegen.  Schaut nicht in die Vergangenheit, sondern blickt nach vorne! Diese alte Fassade lädt dazu ein, mutig und froh nach vorne zu schauen.

Ja! Schau hier, ich mach was Neues! Wir dürfen aufschauen, dürfen und sollen nach vorne schauen. Jeder Tag mit dieser Wahrheit ist ein Geburtstag, ein ganz schöner wie der deine heute, hier und jetzt. Das bedeutet kein Vergessen oder Verleugnen dessen, was vergangen ist. Wie könnten wir all das Schöne, all das Schreckliche der Vergangenheit vergessen?

Aber wir lassen das Licht des Kommenden herein, das gerade jetzt aufkeimt, wir erwarten, wir eilen, wir gehen nach vorne!

Bemerkt ihr dies nicht?

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Giovanni Battista, il grande semaforo della modernità

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Jan. 102016
 

Johannes IMG-20160110-WA0015 (1)

Avete il novo e ‚l vecchio Testamento
e ‚l pastor de la Chiesa che vi guida
questo vi basti a vostro salvamento

Ihr habt den neuen und den alten Bund
Und auch den Hirten der Gemeinde, der euch leitet
Bescheidet euch damit, so werdet ihr gesund

Soweit die Stimme Beatrices in der Wiedergabe durch Dante (Div. Com., Par. V 76-78), durch uns übersetzt ins Deutsche. Anlaß für eine kleine abendliche Disputation!

Ego:
Aber liebe Beatrice, erlaube eine Frage: „Haben“ wir wirklich ein für allemal das Alte und das Neue Testament?

Beatrice:
Überlege selbst! Ist das so? Kann es einen endgültigen Besitz der Schriften geben? Ich bezweifle dies ebenfalls!

Ego:
Kleine, unmerkliche Rückungen, Umdeutungen, Anverwandlungen! Das ermöglicht mir das tastende Nachlesen des hebräischen und des griechischen Wortlautes der Schriften des alten und neuen Bundes!

Beatrice:
Du tust gut daran! Umdenken, Nach-Denken, Voraus-Denken, das ist der Kern der Johanneischen Botschaft, o Freund! Der Täufer ist nicht selbst das Licht, er ist nicht selbst die Bedeutung, er weist nur hin auf die Bedeutung, er ist ein Träger des Zeichens – ein Sema-Phor!

Ego:
Er ist also … ein Semaforo, wie die Italiener heutigentags sagen! Nennen wir doch deinen Johannes einfach Giovanni Semaforo!

Beatrice:
Du machst mich lachen! „Semaforo“ – das heißt doch Ampel, die „Lichtzeichen-Anlage“ der StVO in deiner geliebten deutschen Sprache?

Ego:
Richtig, Beatrice, ich sehe, du interessierst dich für unsere Lebenswirklichkeit im 21. Jahrhundert!

Beatrice:
Sehr wohl! Hast du auch der heutigen Lesung im Gottesdienst zugehört? Hier stand Johannes im Mittelpunkt, der Schutzpatron meiner geliebten Vaterstadt Florenz, die meinen Dante so schnöde zum Tode verurteilt hat und sich heute seiner rühmt, als hätte es nie ein tiefes Zerwürfnis gegeben!

Ego:
Wenn’s dem eigenen Heil und dem Stadtsäckel dient … O ja, ich hörte sehr genau hin, Beatrice! Und ich staunte lange über die Zusendung einer Darstellung aus dem Metropolitan Museum of Art in New York, die mich heute ebenfalls erreichte! Sie zeigt Johannes, wie er das lebendige Zeichen der Gnade Gottes auf den Schultern trägt!

Beatrice:
Er ist – der Hinweisgeber, der Zeichenträger… er ist nicht selbst das Licht …

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Das Wort in Fleisch und Blut hören. Vom Geheimnis Bachs

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Nov. 252015
 

Vielleicht kann man sagen, daß Beethoven, Schumann und die anderen Romantiker alle ihr eigen Fleisch und Blut zum Ausdruck gebracht haben. Bach steht auf einer anderen Ebene und wird in dieser Weite zum Sinnbild gleich seinem Gott.
Wir wenden uns zu Bach wie zu einer größeren Kirche, wie zu einem Heiland der Musik. Obgleich der Klang der Musik unantastbar ist, so daß man annehmen könnte, er sei nicht zu verderben, ist Bachs Musik doch gegen Mißdeutungen nicht gefeit, so wenig wie Christi Wort. Spätere Geschlechter haben nicht immer gehandelt, wie das WORT es gebietet.

So schrieb es Yehudi Menuhin im Jahr 1962, und aus diesen Worten spricht etwas, was mich ebenfalls bereits als 14-jährigen Knaben unerklärlich berührte und berückte, als ich erstmals die Sonaten und Partiten Bachs in einer Aufnahme mit Henryk Szeryng hörte und sie später selbst zu spielen versuchte. Was geschah in diesen Tönen der d-moll-Partita? Insbesondere bei dem unfassbaren Übergang, in der Ciaccona, zu D-Dur, von Takt 132 zu Takt 133? Es war etwas Unnennbares, das mich fast zu Tränen rührte und mich buchstäblich dazu antrieb, durch Wald und Felsen zu wandern. Es war ein unbegreiflich holdes Sehnen! Aber was, was war das?

Erst vor wenigen Wochen, beim Lesen des Geleitwortes von Yehudi Menuhin zu einer Wiedergabe der Handschrift, fand ich eine mögliche Antwort auf diese Frage. Menuhin gibt eine, gibt SEINE Antwort, die für mich nunmehr ebenfalls sprudelnde Quelle einer tröstlichen Gewißheit geworden ist.

Quellen:
„Geleitwort“ von Yehudi Menuhin, in: Johann Sebastian Bach: SONATEN UND PARTITEN FÜR VIOLINE ALLEIN. Wiedergabe der Handschrift. Mit einem Nachwort herausgegeben von Günter Haußwald. Geleitwort von Yehudi Menuhin. Insel-Verlag, Leipzig 1962 [=Insel-Bücherei Nr. 655] S. 5-8, hier S. 8

J.S. Bach: Drei Sonaten und drei Partiten für Violine solo. Hrsgg. von Günter Haußwald. Revidierte Ausgabe von Peter Wollny. Urtext der Neuen Bach-Ausgabe. Bärenreiter Kassel, Basel, London, New York, Praha [=BA 5116] 2012, S. 36

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„Kommt ihr alle!“ Die hymnische Glücksverheißung der Bundesrepublik Deutschland

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Sep. 022015
 

„Kommt ihr alle!“, dichtete Goethe einst in seinem Hymnus Mahomets Gesang. In Goethes Sicht verkörperte der Prophet Mohammed diese umfassende Erlösungssehnsucht, verknüpft mit einem schaffenden, städtebauenden, kulturschaffenden Impuls:

Kommt ihr alle! –
Und nun schwillt er
Herrlicher; ein ganz Geschlechte
Trägt den Fürsten hoch empor!
Und im rollenden Triumphe
Gibt er Ländern Namen, Städte
Werden unter seinem Fuß.

Als ungeheuerliche, umfassende Glücksverheißung, als umfassende Einladung an alle Menschen, nach Deutschland zu kommen, ist die Pressekonferenz der Bundeskanzlerin vom vergangenen Montag in der internationalen Flüchtlingsbewegung aufgenommen worden. Der staatliche Fernsehsender RAI sprach gestern am Nachmittag um 17 Uhr ganz wörtlich von der „Einladung“, dem „invito“  Angela Merkels an alle Asylsuchenden; „alle sind nach Deutschland eingeladen!“ Wie ein Lauffeuer machte diese Botschaft die Runde; die bedingungslos zugesagte Hilfe der Bundesrepublik Deutschland für alle löst einen Taumel der Hoffnung bei allen Menschen aus, die endgültige Befreiung von irdischer Mühsal, Not, Elend und Armut ersehnen. Zweifellos hat die Bundeskanzlerin dies nicht ganz so gemeint und nicht ganz so gesagt – entscheidend ist, dass die Medien bei den des Deutschen, ja meist auch des Englischen oder Französischen unkundigen Flüchtlingen es so dargestellt haben. Den Flüchtlingen wird jetzt mehr denn je das Blaue vom Himmel herunter versprochen.

In manchem erinnert das grandiose Grundgefühl der aus aller Herren Ländern heraneilenden Flüchtlinge an die Stunden des 09.11.1989, die der Maueröffnung vorangingen.

Wer dächte nicht an den Ausruf „Seid umschlungen Millionen“! Diese Worte aus Schillers Hymne an die Freude inspirierten Beethoven zum Schlusschor „An die Freude“, der nicht zufällig zur offiziellen Hymne der Europäischen Union erwählt worden ist.

Die Hilfe der Bundesrepublik Deutschland wird allen Menschen, die die Grenze der EU überqueren, wird nach allgemeiner Darstellung allen Flüchtlingen ohne Bedingungen in Aussicht gestellt und gewährt, sie brauchen keine Gegenleistung und keinen Beweis der Bedürftigkeit mehr zu erbringen. So war es zwar nicht gesagt, so wird es aber dargestellt, so wird es praktiziert. Wie sollte man auch die Bedürftigkeit nachweisen? Genügt es doch offenkundig zu sagen, „from Syria“, und schon erhält jedermann bedingungslos das Bleiberecht.

Und wer dächte nicht an die Einladung Jesu Christi an alle, die er bei Matthäus anspricht:

Δεῦτε πρός με πάντες οἱ κοπιῶντες καὶ πεφορτισμένοι, κἀγὼ ἀναπαύσω ὑμᾶς …

„Kommt ihr alle, die ihr euch abplagt und beladen seid, ich will euch erleichtern. Nehmt [wir ergänzen: statt eurer bisherigen schweren Last] mein Joch auf euch und lernt von mir, denn ich bin sanft und im Herzen demütig, und ihr werdet Erholung  für eure Seelen finden. Denn mein Joch ist brauchbar, und meine Last ist  geschmeidig“ (Mt. 11,28-30).

Erstaunlich ist, dass Jesus keineswegs das Ende aller Mühsal verspricht; er verspricht nur eine Erleichterung, ein leichteres Joch, kein Paradies auf Erden. Er verspricht nicht wie die Bundesrepublik Deutschland das Ende aller Not, das Ende aller Unterdrückung. Jesus verlangt im Gegensatz zur Bundesrepublik Deutschland sogar etwas, zunächst einmal eine Entscheidung, dann eine Nachfolge, und dann auch die Bereitschaft, sich lernend einzubringen und Verpflichtungen einzugehen.

Die hymnische, grandiose Machtverheißung Mohamets, das universale, menschheitserlösende Glückspathos der Hymne der Europäischen Union, die umfassende Einladung der sich in geradezu romantischem Sinne entgrenzenden, sich aufopfernden Bundesrepublik an alle Menschen weltweit – diese drei großartigen, universal gültigen Verheißungen kontrastieren auffällig mit dem deutlich bescheideneren, mehr auf menschendienliche Erleichterungen bedachten Arbeitsethos Jesu Christi.

 

 

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An einem letzten Sommermorgen, vor Sonnenaufgang

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Sep. 012015
 

Dienstliches zwang mich heute, vor Tagesanbruch loszufahren. Ich schwang mich aufs Radl und nahm den Weg von Schöneberg durch den Park am Gleisdreieck. Noch war der erste Sonnenstrahl nicht hervorgebrochen.  Ein Tier raschelte unerkannt davon, dumpfe Feuchtigkeit lag lastend auf Laub, Bank und Stein. Und mitten hindurch – ein freier Mensch, das Rad des eigenen Willens steuernd, das Ich, einsam, und folglich ganz bei sich.

Schon gestern war von den Meteorologen angekündigt worden: dies wird der letzte heiße Sommertag des Jahres.

Wie sehnsüchtig erwarteten die Menschen im Altertum früher den ersten Strahl des Tages. Wie dankbar rühmten und priesen sie das Hervorbrechen des Lichtes! Fanfaren erklangen, Haydn und Beethoven wählten stets lautes Blech und vorzeichenloses C-dur, um diesen Schöpfungs-Augenblick hervorbrechen zu lassen.  Himmelstore knarrten prasselnd, Phöbus Räder rollten rasselnd, Propheten und Weissager bezogen sich auf den Moment, ehe die Perlenkette des Lichtes zuerst aufschimmerte. Das Fasten beginnt in genau diesem Augenblick im Monat des Fastens. Der freie Wille ergibt sich damit dem Hervortreten eines Größeren. Der freie Wille, das aus sich rollende Rad, erkennt, dass er aus einem größeren Willen entspringt, und er dankt und preist.

Als ich am Hoftor des Dienstgebers anlangte und den elektrischen Summer drückte, umgab uns schon der Dämmerschein des letzten Sommermorgens in diesem Jahr. Und dieser Tag, der letzte große heiße Tag dieses sehr großen Sommers, erhob beschwingt die Flügel.

 

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Im Schatten ihrer Flügel – am Stammhaus der Bachs

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Aug. 122015
 

Wanja Wechmar

Den andern Tag – also am 18. Juli – erreichten wir schon nach kurzer Fahrt von Gotha herkommend den kleinen Flecken Wechmar. Hier hielten wir am Stammhaus der Familie Bach an. Als Ahnherr der Linie mit den vielen Musikern gilt heute der Bäcker Veit Bach. Veit Bach war – so erzählt Albert Schweitzer – aus Thüringen nach Ungarn ausgewandert und kehrte dann dorthin zurück, „als die Leiden der Gegenreformation über die Deutschen daselbst niederbrachen. Er ließ sich in Wechmar, nahe bei Gotha, nieder. Wenn er in die Mühle ging, um Getreide mahlen zu lassen, nahm er die Zither mit und musizierte derweilen, ohne sich um das Getöse und Geklapper zu kümmern.“

Nun, war es so? Kümmerte er sich wirklich nicht um das Getöse und Geklapper? Die gesamte Genealogie der Bach-Familie vor Johann Sebastian Bach (geb. am 21.03.1685 in Eisenach) ist weiterhin Gegenstand von Forschungen! Gesichert dürfte sein, dass die Vorfahren J.S.Bachs meist begabte Musikanten oder auch nebenamtliche Musiker waren; ohnehin dürfte der Unterschied zwischen Musikant und Musiker damals unerheblich gewesen sein.

Wie auch immer! Als wir um die Mittagsstunde am Bach-Stammhaus ankamen, war es  geschlossen. Wir schossen ein paar Fotos und schwangen uns aufs Rad Richtung Mühlberg. Das Getöse und Geklapper der Mühle vernahmen wir nicht, aber in mir tönt ohnehin immerfort die Musik Johann Sebastian Bachs.

Bild: ein junger Musikant sitzt einfach so vor dem Stammhaus der Bachs in Wichmar.

Zitatnachweis:
Albert Schweitzer: „Von Eisenach bis Leipzig“, in: ders., J.S. Bach. Vorrede von Charles Marie Widor. Breitkopf & Härtel, Wiesbaden 1976, S. 84-97, hier S. 84

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Jesus bleibet meine Freude

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Mai 262015
 

Tewahedo Gemeinde 20150525_114736

Gestern gutes, umfassendes, einbeziehendes Mitfeiern des Gottesdienstes mit der vielsprachigen Gemeinde vor dem Rathaus Schöneberg am John-F.-Kennedy-Platz. Der Koreanische Musikerchor unter Leitung von Youngwook Kim rief mich. Er setzt sich mühelos gegen den unaufhaltsam vorbeirauschenden Autolärm durch. Er übertönt das Brausen der Autos, aus ihm bricht Dank, Gedenken, Freude und Erkenntnis hervor. Die Bürgermeisterin des Bezirks, in den ich zugewandert bin, Angelika Schöttler, trägt in ihre Muttersprache Deutsch übersetzt Genesis 11,1-9 vor: „Allons! Bâtissons-nous une ville et une tour dont le sommet pénètre les cieux!“ Einige Anstöße regen zum Nachdenken über das Fremdsein an – einen dauernden Zustand, der uns von früh bis spät begleitet. „Kommtm anach hie miteu armtor nister!„, wer verstünde heut und hier diesen Münsteranischen Satz? Wir verstanden ihn und wir lachten.

Pastor Kienberger trägt in der Muttersprache John F. Kennedys aus Apostelgeschichte 2,1-11 eine Völkerliste der damaligen und heutigen Welt vor: Parthians, Medes, Elamites, and residents of Mesopotamia, Judea and Cappadocia, Pontus and Asia, Phrygia and Pamphylia, Egypt and the parts of Libya belonging to Cyrene, and visitors from Rome, both Jews and proselytes, Cretans and Arabs.

Aus Äthiopien, das in der Antike zeitweise als Teil Ägyptens galt, trägt uns die Äthiopisch-Orthodoxe Tewahedo-Gemeinde einen fröhlichen Tanz mit Gesang vor. Die Botschaft ist dieselbe.

Ein Kantor der syrisch-orthodoxen Gemeinde Mor Dodo trägt uns singend in der Sprache, in der die Mutter Jesu Christi sprach, also auf Aramäisch, das aus dem Griechischen übersetzte Matthäusevangelium 25,31-40 vor: Ὅταν δὲ ἔλθῃ ὁ υἱὸς τοῦ ἀνθρώπου ἐν τῇ δόξῃ αὐτοῦ καὶ πάντες οἱ ἄγγελοι μετ᾽ αὐτοῦ, τότε καθίσει ἐπὶ θρόνου δόξης αὐτοῦ αὶ συναχθήσονται ἔμπροσθεν αὐτοῦ πάντα τὰ ἔθνη.“

Dies war für mich der erhebendste Augenblick, diesen frei schwebenden, diesen die Töne verschmelzenden, verbindenden, diesen kantillierenden Sprechgesang zu hören. Ja, so ungefähr muss es damals geklungen haben, so ungefähr singen auch heute noch die Kantoren der jüdischen Gemeinden, so hörte ich einst den Berliner Kantor Estrongo Nachama singen, so ungefähr hörte ich einst in Russland auch die Priester in den russisch-orthodoxen Gottesdiensten das Evangelium Jesu Christi verkünden. Und mit eben dieser graziösen Wucht hörte ich den Muezzin in Kadikalesi die Gläubigen zum Gebet rufen.

Jeder hörte die eigene, seine eigene zeitumspannende Botschaft heraus, jeder hörte seine völkerumspannende Botschaft hinein! Koreaner, Syrer, Schöneberger, Kreuzberger, Äthioper, Ägypter, Araber, Münsteraner, Amerikaner – sie alle waren einen Augenblick lang, ein paar Silben lang eine Gemeinde. Sie verstanden einander, mindestens einen Augenblick lang.

Und irgendwann, beim griechisch gesungenen Kyrie Eleison Kyrie eleison Kyrie Eleison, verschmolz auch die singende Stimme des hier Schreibenden in diesen einzigen, einigenden großen Gesang.

Bild: Die äthiopisch-Orthodoxe Tewahedo-Gemeinde beim Ökumenischen Gottesdienst evangelischer, katholischer, freikirchlicher und orthodoxer Kirchen in Schöneberg und Tempelhof, 25. Mai 2015, Rathaus Schöneberg

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„Ihr seid — SPITZE!“ Konzert der Flüchtlinge in der Notunterkunft

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Mai 172015
 

„Müht euch um das wol der Stad / in die ich euch gefürt / vnd in die ich euch verbannt habe / vnd betet für sie zum Herrn / denn wens jr wol gehet / so gehets euch auch wol.“ Seit 2100 Jahren etwa kennen die Verbannten, die Wanderer, die Schutzflehenden diesen Spruch des Jeremias. Seit 120 Jahren lautet so das Motto der Stadtmission! Das Leitwort empfing uns gestern in der Notunterkunft für Flüchtlinge, die die Stadtmission betreibt. Freunde hatten uns dorthin eingeladen, Freude brachten die Flüchtlinge uns, Freunde fanden wir dort.

Eine Traglufthalle ist aufgespannt. Sie gleicht von außen irgendwie dem Tropical Island bei Brand in der Mark Brandenburg. Eingang und Ausgang werden bewacht. Wir betreten die Halle durch eine Luftdruckschleuse. Alles ist wohlgeordnet, sauber, geregelt.

Es herrscht ein leichter Innendruck, der die sinnreiche Konstruktion, die durch Stahlgurte von außen gehalten wird, aufspannt und sicher trägt. Die Flüchtlinge verbringen in dieser großen Halle gleich nach ihrer Ankunft einige wenige Tage, ehe sie dann weiter geführt werden.

Es herrscht ein stetes Kommen und Gehen. Die Flüchtlinge sitzen, gehen, stehen, spielen Tischtennis oder Kicker, die Kinder der Flüchtlinge rennen umher, staunen uns an.

Wir stellen unser Casio-Keyboard auf, packen unsere beiden Geigen aus. Mascha gibt uns das A, Ira zieht sich das Opernsängerinnenkleid an. Ich begrüße alle in deutscher Sprache, dann geht es auch schon los mit Carl Maria von Webers Jägerchor. Wanja spielt dann den langsamen Satz aus Vivaldis Violinkonzert a-moll, Ira singt Mon cœur s’ouvre à ta voix, und das großartige Почему … Любовь … , dann folgt das Gloria patri et filio et spiritui sancto von Vivaldi. Dann der eine oder andere Tanz.

Die Kinder fangen an zu tanzen und mitzuklatschen. Einige Kinder ahmen unsere Geigenbewegungen mit Stäben und Stöcken nach. Nach und nach fangen die Erwachsenen an mitzuklatschen. Nach jeder Nummer wird der Beifall lauter. Neue Kinder kommen dazu. Der Kickertisch verwaiste, er klackerte nicht mehr, wir zogen die Kickerspieler ab zu uns her, sogar das brummende Gebläse der Traglufthalle hatte sein Brummen eingestellt. Dann spannte der Schwan von Camille Saint-Saëns als Violinsolo seine weiten weißen Flügel aus und flog durch die weite weiße Traglufthalle, als flöge er nachhaus.

„Ihr seid alle — SPITZE, ihr macht uns große FREUDE“, rufe ich zwischen den Stücken in die Traglufthalle hinein und springe dabei dalli dalli mit beiden Beinen hoch in die Luft, als wollte ich an die Decke der Traglufthalle reichen. Und zum Schluss spielen wir als Violinduett das bekannte Wiegenlied von Johannes Brahms, und dann singe ich zwei Mal mit lauter Stimme in die Traglufthalle hinein das Lied „Guten Abend gut Nacht“ in deutscher Sprache, immer in der Hoffnung, dass schon irgendwann irgendjemand dieses Lied irgendwie mitbrummen, mitsummen, mitsingen wird. „Was redest du da? Was singst du da? Sie können doch kein Wort Deutsch!“, belehrt mich ein Kind. Irrtum, Madjida unterrichtet ja schon Deutsch mit großem Erfolg – ehrenamtlich.

Jetzt verstehen sie die Worte noch nicht, aber sie verstehen doch schon den Geist, der in dieser Traglufthalle weht und bläst.

Größten Wert lege ich auf einige Gespräche mit Flüchtlingen. Ich lasse mir ihre Geschichten erzählen, blicke in dunkle, in helle, in strahlende, in traurige, fragende, zuversichtliche Augen. Augen, immer wieder Augen! Die Augen der Flüchtlinge sind tausend Fenster zum Du.

Wir stellen uns vor: der kleine Jahja, der kleine Mahmoud, der kleine Ivan, der Johannes — na, kuckstu ma hier, drei dieser Namen sind dieselben, einmal auf Arabisch, einmal auf Russisch, einmal auf Deutsch. Denk darüber nach: Übersetzbarkeit der Vornamen! [Bedenke: In der polytheistischen Antike wurden die Namen der vielen Götter ineinander übersetzt, in der monotheistischen Moderne lassen sich die Vornamen fast aller Flüchtlingskinder ineinander übersetzen.]

Großes Händeschütteln, großes Lachen, großes Abschiednehmen. So geht das Konzert der Flüchtlinge in der Traglufthalle im Gefühl großer Freude zuende.

Ich bin zuversichtlich, irgendwann werden sie, diese Kinder, diese Menschen beim Wiegenlied „Guten Abend gut Nacht“ von Johannes Brahms mitbrummen, mitsummen, mitsingen, auf Arabisch, Russisch oder Deutsch. Ist ja eh alles übersetzbar. Es ist zu schaffen. Ja, es ist möglich. Wir schaffen das.

 Posted by at 17:11

Lass deine Stimme laut erschallen …

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Nov. 112014
 

Theater Pamukkale 2013-07-23 12.49.30

[…] denn du sprichst und singst ja gern in Gärten, in Sälen, in Hallen, in Tempeln und Theatern ohne Mikrophon; gegen den Wind, mit dem Wind, gegen das Meeresrauschen, mit dem Meeresrauschen, mit und ohne Murmeln im Mund. So hast du  vor einem Jahr im Sommer im jahrtausendealten Theater von Hierapolis in Kappadokien einige griechische Verse von Sophokles laut ins Rund hinab rezitiert, und in diesem Jahr im Sommer sangest du  im Garten eines Kreuzberger Pflege- und Altenheims in der Wilhelmstraße vor den Alten, den Uralten ein deutsches Volkslied von Felix Mendelssohn Bartholdy laut und tönend   – ohne Mikrophon, ohne technische Hilfsmittel, ohne Subwoofer und Bass-Booster, gehört von allen, die dies hören wollten, gestützt allein auf die Kraft des Leibes, des Atems, der Stimme.

Die freie Stimme, die singende Stimme, die nur durch Atem, Leib und Wind getragene Stimme – welche Freiheit, o welche Lust!

Lass deine Stimme laut erschallen!

Bild: ein Blick in das Theater der antiken griechischen Stadt Hierapolis im heute türkischen Pamukkale, August 2013

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Beim Checken der ersten e-mails am Morgen … Morgenglocken

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Okt. 042014
 

Schafe7424

 

 

 

 

 

 

Hi followers, hi bloggers, ich  sitze am geöffneten Kammerfenster und lese die News im Internet: Krieg, Hetze, Niedertracht, Lüge, Verleumdung, Drohungen, Angst um das Geld, Gier, starrende Verehrung des Geldes,  – dieses Zeugs beherrscht gerade heute die digitale Bühne. Free stuff!, könnte man sagen.

Gerade, während ich die E-mails zu checken anfange,  läuten die Kreuzberger Morgenglocken durch das offene Fenster. Und eine erste Mail erreicht mich aus Franken.

Ich höre heraus:

Ängste dich, quäle
dich nicht länger, meine Seele.
Freu dich, schon sind da und dorten
Morgenglocken wach geworden.

Die eine Kirche, die Christuskirche läutet auf g‘, die andere, St. Bonifatius, läutet auf e‘. Welche Kirche ist die wahre? Welche trifft den richtigen Ton? Anhand der Klangprobe mit meiner unhörbar leise angezupften Geige ergibt sich: die evangelische Kirche läutet heute tatsächlich auf dem eingestrichenen g, die katholische eine kleine Terz darunter  auf dem eingestrichenen e. Welche Kirche ist also die wahre Kirche? Welche Klangquelle trifft den richtigen Ton? St. Bonifatius, die Christus-Kirche – oder doch die unhörbar gezupfte Geige in der Kammer des Kreuzberger armen Hansels?

Der Zusammenklang der Christuskirche, der Bonifatiuskirche und der Hanselgeige ergibt ein fast unlösbares Rätsel: drei in einem. Nur eine – Kirche g, Kirche e, Geige des Hansels – kann doch recht haben!

Die Lösung des Rätsels lautet:

Diesen Dreiklang dir zu deuten
weise gern ich dir den Sinn:
Fühlst du nicht an diesem Läuten,
Dass ich drei in einem bin.

 

Die Botschaft ist klar: g und e, das ergibt zusammen mit dem h der Hansel-Geige das Wort: „Geh!“ Mit der Geige zusammen ergeben sich drei Wörter: : „Steh auf, geh!“ Du bist frei. Lass dich nicht niederwerfen. Oder drei Wörter in einem Wort: „Geh, spiel, sing!“

Und jetzt werden die Glocken schon schwächer. Und der Tag beginnt. Er hat die geschlossenen Lider geöffnet. Und es geht.

Das uns zugesandte Foto zeigt fränkische Schafe auf grüner Au im Oktober 2014.

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Terzo Mondo: Mageds Klang der Farben

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Sep. 082014
 

Starke, kräftige Farben verwendet Maged Houmsi, der Maler, dessen Ausstellung im Terzo Mondo in der Grolmannstraße ich am vergangenen Freitag zur Eröffnung besuchte.

Unter seinen Bildern entspringt sofort der Quell des Gesprächs.  Ich spreche bekannte und unbekannte Menschen an. Überall ergibt sich ein lockeres Geplauder, aber auch tiefe, in den Brunnen der Seele tauchende Gespräche.

Mohamed Majdeddin Houmsi, 1962 in Syrien/Aleppo geboren, lebt seit 1980 in Berlin. Seine Ausstellung im Terzo Mondo läuft bis 31.10.2014.

Jeder, der dort hingeht, kann diesen Sprung in die Freiheit, ausgelöst durch den Klang der Farben, erleben!

via Klang der Farben – Mohamed Majdeddin Houmsi – Terzo Mondo – Taverne • Galerie • Bühne.

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Joy comes, grief goes: Aus dem Kupferstichkabinett der englischen Sprache

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Sep. 022014
 

Joy comes, grief goes, we know not how. Eine Weisheit, die ich heut gleich zwei Mal, fast anlasslos, im Gespräch mit Freunden anbrachte!

Eine sehr tiefsinnige Bemerkung, die James Russell Lowell in seiner Vision of Sir Launfal gewissermaßen fein in die Kupferplatte der englischen Sprache eingraviert! Ich werde sie alsogleich ins eigene Kupferstichkabinett meines geistigen „Oxford Pocket Book of Quotations“ einsticheln.

Joy Comes, we know not how. Die Freude kommt unverhofft, unverdient, sie „überkommt“ einen. Sie ist unerklärbar. Sie läutet kräftig, unüberhörbar, dauernd, hell bimmelnd, und ohne Vorankündigung – wie das Geläut der Christus-Erlöser-Kathedrale an der Ostoschenka in Moskau, das mich am Sonntag dem 10. August anrief. Ein helles, fröhliches, ein lachendes Läuten! Kurz, von oben herabfallend – es ist der Freude schöner Götterfunke, den Dante Alighieri im Paradiso in italienischer Sprache hört, die immensa gioia, die Friedrich Schiller in seiner Hymne „An die Freude“ in deutscher Sprache besingt.

Grief goes, we know not how. Die Trauer hingegen lastet schwer, sie, die Trauer, grief,  ist grievous, sagt der Engländer. Sie ist erklärbar. Trauer hat fast stets einen Anlass, einen Quell: den Tod eines nahen Menschen, den Verlust von etwas, was man lange besessen hat, das Nicht-Erreichen oder das Verlieren von etwas sicher Geglaubtem.   „Das wird nie vorbeigehen, das überlebe ich nicht. Mein Leben hat doch ohne den Verstorbenen, ohne diesen großartigen Menschen, keinen Sinn mehr“, denkt die abgrundtief Trauernde. Wenn sie dies dann auch ausspricht, hat sie schon den ersten Schritt zur Überwindung des Abgrunds getan. Lösende Tränen, tröstende Umarmungen  mögen hinzukommen. Und irgendwann wird die Trauer nachlassen. Dann verschwindet sie, wird verwandelt in Erinnerung. „Und von all dem Trauern schwebt ein Erinnern nur noch um das ungewisse Herz“, so mag es dann scheinen. Und schließlich denken wir: „Die Trauer ist gegangen. Ich weiß, dass ich eigentlich endlos trauern wollte. Und jetzt? Ich bin froh und dankbar, dass wir diesen großartigen Menschen erleben durften.“

Die ist der Schritt zur Heilung, zur Lösung von der Trauer.

 Posted by at 18:29

Oh gioia: Freude, der Götterfunke, das Weltenlächeln

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Aug. 302014
 

Aus dem fernen New Hampshire, einem der 13 Gründerstaaten der USA, erreichte uns vor einigen TagenHl. Katharina 2014-01-03 10.28.03 hier in Kreuzberg eine Leserzuschrift zum Lächeln des Bamberger Engels. Dort in den USA wird offenbar das alte, das lächelnde, das glaubende Europa geschätzt, gewürdigt und geliebt!

 

 

 

 

 

 

 

 

Lest selbst:

Ciò ch’io vedeva mi sembiava un riso
de l’universo; per che mia ebbrezza
intrava per l’udire e per lo viso. 6

Oh gioia! oh ineffabile allegrezza!
oh vita intègra d’amore e di pace!
oh sanza brama sicura ricchezza! 9

Dante, aus dessen Paradiso unser Leser mitten im amerikanischen New Hampshire zitiert, schildert eine strahlende, von innen herausbrechende Freude. Der Leser schreibt:

„Das Lächeln des Bamberger Engels ist von unglaublicher Kraft, Ausdruck überbordender Freude.“

Der Bamberger lachende Engel entstand wohl etwa zur selben Zeit wie die Divina Commedia Dantes, und auch zur selben Zeit wie die Statue der Hl. Katharina von Alexandrien im Magdeburger Dom. Doch ist der Gesichtsausdruck Katharinas verhaltener, ruhiger, gefasster, dennoch nicht weniger sprechend als das selige Aufscheinen des Weltenlachens im Bamberger Engel.

Carl Streckfuß übersetzte diese Stelle (La Divina Commedia, Paradiso, Canto XXVII, Verse 4-9) mit folgenden Worten:

Ein Lächeln schien zu sein des Weltenalles,
Das, was ich sah, drum zog die Trunkenheit
Durch Aug’ und Ohr im Reiz des Blicks und Schalles.

O Lust! O unnennbare Seligkeit!
O friedenreiches, lieberfülltes Leben!
O sichrer Reichtum sonder Wunsch und Neid!

Wir danken Dante, danken dem einsamen Leser in New Hampshire für die Zuschrift, danken den unbekannten Bildhauern des 13. oder 14. Jahrhunderts von Bamberg und Magdeburg, danken dem vorzüglichen Übersetzer Carl Streckfuß – und wir beschließen diesen durchsonnten Nachsommertag mit einem überbordenden Lächeln ins Weltall hinein.

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