Muss der Staat die Familien erlösen und endlich glücklich machen?

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Juni 032010
 

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Streitgespräch: „Eltern wird es in Berlin nicht leicht gemacht“ – Familie – Berlin – Tagesspiegel

Lesenswertes Interview mit drei Vätern und einer Mutter im gedruckten Tagesspiegel heute auf S. 10! Jürgen Zöllner, Franziska Eichstädt-Bohlig, Thomas Heilmann und Peter Ruhenstroth-Bauer. Viele gute und treffende Beobachtungen in diesem Geplauder, ehrliches Ringen um das gute Wort! Am besten gefallen mir persönlich die Bemerkungen Thomas Heilmanns (Fettdruck durch dieses Blog):

  … und die Autos bringen dann die Kinder zu Schule. Hier werden Stadtplanungsfehler ausgebadet, die Jahrzehnte alt sind. Provozierend ist allerdings, dass die Probleme nicht angepackt werden. […]

Wenn wir wirtschaftlich nicht mehr Dynamik in die Stadt bringen, wird alle Familienpolitik nur den Charakter von Trostpflastern haben. Dazugehören heißt eben auch, dass die Familie mit wenigstens einem Elternteil am Erwerbsleben teilnimmt. Wenn das nicht klappt, ist man schon ein Stück weit ausgeschlossen. […]

Zustimmung, Herr Heilmann! In der Sozialhilfe wird Integration nicht gelingen. Die Familien müssen mit mindestens einem Elternteil am offiziellen Erwerbsleben (nicht nur an der Schattenwirtschaft) teilnehmen. Diese Meinung teile ich voll und ganz.

Und jetzt erwartet ihr, dass auch ich meinen Senf dazugebe? Hier kommt mein Senf dazu. Achtung! Es ist scharfer Senf:

Das Hauptproblem in den Innenstadtquartieren ist heute ein ethnisches und ein kulturelles: Staatlich beförderte Segregation, Selbstabschottung der kurdischen, türkischen, arabischen Familien. Staatliches Faulbett allenthalben. Die zahlreichen Vorgängersenate (SPD- und CDU-geführt) haben zum eigenen Vorteil ein Desaster ohnegleichen angerichtet, insbesondere im Immobiliensektor. Verstrickung in Korruption, Kriminalität, Verbrechen, Vorteilsnahme ohne Ende! Darüber ist zu reden!

Ein klares Schuldeingeständnis fehlt bis zum heutigen Tag. Weder SPD noch CDU haben klaren Tisch gemacht. Sie haben nicht ausgeräumt. War Landowsky an allem schuld? Haha! Wurde Lars-Oliver Petroll ermordet? Oder hat er sich erhängt? Fragen, Fragen, Fragen! Fragen, die nur diejenigen beantworten könnten, die 2001 in der SPD und CDU Berlins mitgemischt haben. Aber sie tun es nicht, haben es nicht getan.

Nein, so wird das nichts. Da muss dringend Tacheles geredet werden. Anpacken, aufklären, ausräumen!

Nächstes Jahr jährt sich der Bankenskandal von 2001 zum 10. Male. Dieses Blog sieht genüsslich den Gedenkfeiern und Besinnungsritualen entgegen! Am liebsten 2 Wochen vor der Abgeordnetenhauswahl! Oder doch eher? Wann wird das angepackt? Wann wird hier endlich ausgepackt?

Zugleich sehen wir die Verdrängung der leistungswilligen russischen, polnischen, chinesischen und deutschen Familien aus den Innenstadtbereichen.

Leider äußern kluge, von mir geschätzte Leute erneut im Interview den nicht auszurottenden Unsinn vom „Armutsrisiko“ in unseren Innenstadtquartieren. „Kinderarmut“ usw. Das ist Unsinn, den man nicht mehr wiederholen sollte. Geht doch nach Indien, nach Angola, wenn ihr Armut sehen wollt! Bei uns in Kreuzkölln gibt es keine nennenswerte Armut. Es herrscht vielmehr Kinderreichtum, Reichtum an Kindern und Reichtum durch Kinder! Kinder bedeuten Stütze satt, Wohngeld, Kindergeld. Man hat ausgesorgt. Lebenslang.

Den Familien und Clans bei uns in Kreuzköllnwedding geht es materiell sehr gut, weit besser als in den anderen Ländern. Sie haben reichlich Geld aus den unterschiedlichsten Quellen, z.B. dem Sozialamt (aber das ist nur eine Quelle, die Schwarzarbeit und die Kriminalität sind die anderen).

Woran es den Kindern fehlt, ist streng-liebevolle, individuelle, persönliche Zuwendung durch Vater und Mutter. Erziehung zur Achtung, zum Anstand, zum Fleiß, zur persönlichen Leistung und zum Gemeinsinn, das fehlt. Das halte ich persönlich (ich, Johannes Hampel, wohnhaft in Kreuzberg) für das größte Problem der Familien in unserer Stadt Berlin. Für diese Aussage halte ich auch gerne meinen Kopf hin.

Die Schulen leisten Herausragendes, hängen sich rein. Aber der Staat bestärkt die Empfängerhaltung, fördert Nichtstun, Staatshörigkeit und Anspruchshaltung ohne Ende.

Schon der Titel des Interviews belegt dies erneut: „Eltern wird es nicht leicht gemacht“. Der Staat soll es also den Eltern „leichter machen“. Das ist ein Missverständnis.

Im Geiste der Klarheit, im Geiste der Wahrheit wird Berlin einen Neuanfang schaffen!

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„Sie wollen, dass ihnen geholfen wird!“

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Mai 252010
 

Der neueste Newsletter der Grünen-Fraktion der BVV berichtet:

„In der Kreuzberger Fanny-Hensel-Siedlung explodieren die Mieten, vielen BewohnerInnen droht die Vertreibung. Der Bezirksbürgermeister Franz Schulz (Grüne) hat deshalb
gemeinsam mit dem Berliner Mieterverein und den Betroffenen einen offenen Brief an den Senat geschrieben. Denn das Problem steht im Zusammenhang mit der Entscheidung vom Land Berlin, die staatliche Förderung im Sozialen Wohnungsbau zu beenden. Nach Auslaufen der Subventionierung müssen auch die BewohnerInnen im Fanny-Hensel-Kiez deutlich höhere Mieten zahlen – oder ihren Kiez verlassen.“

Sie wollen, dass ihnen geholfen wird!“ So ein flehentlicher Satz aus dem offenen Brief des Bürgermeisters an den Senat. Ein herrlicher Satz! Ein erhellender Brief, ein Bekenntnisbrief über all die jahrzehntelange Klientelpolitik, welche unsere Berliner Parteien aus dem Effeff beherrschen und welche uns den gigantischen Schuldenberg hinterlassen hat, an dem noch unsere Enkel abtragen werden.

Tja. Der Bürgermeister bittet, unterstützt von einigen BVV-Fraktionen, um öffentliches Geld des Senats, damit das „angestammte Wohnumfeld“ erhalten bleibt. Er bettelt um unser Steuergeld. Auf dass sich nichts ändere! Der Staat sorge für seine Schäfchen – die ihrerseits nie mit Namen in Erscheinung treten. Haben die Schäfchen keine Namen? Das ist Entmündigungspolitik pur!

Kennen die Leute, die sich da so inbrünstig für ihre namenlose Empfänger-Klientel ins Zeug werfen, das „angestammte Wohnumfeld“? Kennen sie die sozialen Verhältnisse im Fanny-Hensel-Kiez? Können sie Arabisch? Können sie Türkisch? Haben sie die Untersuchungen des aus Beirut stammenden Soziologen Ralph Ghadban gelesen? Kennen sie auch nur eine einzige von den Familien? Haben sie mit den türkischen, den polnischen, den anderen Familien gesprochen, die den Fanny-Hensel-Kiez verlassen, sobald sie können?

Würden sie, diese wohlmeinenden, lyrische Bekundungen versendenden Bezirkspolitiker denn ihre Kinder zu uns in die Fanny-Hensel-Schule, in unser herrliches „angestammtes Umfeld“ schicken? Nein, sie tun es nicht. Die Bezirkspolitiker haben keine Ahnung, wen sie sich da als Klientel herangezogen haben.

Die guten Deutschen lassen uns Migrantenfamilien alleine, ziehen ihre eigenen Kinder von uns ab, und wir bleiben unter uns. Warum schickt ihr eure Kinder nicht zu uns, oh ihr wohlmeinenden deutschen Bezirkspolitiker? Sind wir euch zu migrantisch, zu kriminell, zu sippenhaft, zu dumm? Sprechen wir euch nicht gut genug Deutsch? Sprecht ihr nicht gut genug Arabisch?

Bitte! Kommt zu uns! Zieht in den Fanny-Hensel-Kiez, schickt eure Kinder in die Fanny-Hensel-Schule!

Ihr wollt nicht? Was für eine Heuchelei! Warum?

Antwort: Mit UNS will niemand etwas zu tun haben. Das Wohnumfeld ist nicht das richtige für die guten DEUTSCHEN Kinder.

Und weil es also ein Sozialghetto ist wie es im Buche steht, kann man diesem Wohnumfeld nichts besseres wünschen als einen Austausch der Mieterschaft. Einige sollen gehen, andere sollen kommen.  Die Mischung macht’s.

Die arabisch-türkischen Migrantenghettos in Kreuzberg, Neukölln, Wedding sind „angestammte Wohnumfelder“, denen der kräftige Wind des Wandels zu wünschen ist. Nicht zuletzt für die Kinder, die den Aus- oder Aufstieg nur aus eigener Kraft kaum schaffen werden.

offener_brief_von_franz_fannyhensel_22042010.pdf (application/pdf-Objekt)

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Apr. 032010
 

30032010.jpg Freunde, es geht immer noch tiefer. In meiner schwarzen Kreuzberger Seele tauchen erste Wünsche nach einer Gated Community auf. Grund: Die dauernden Sachbeschädigungen an unseren Fahrrädern, die dauernden Fahrraddiebstähle, die vermehrten Wohnungs- und Kellereinbrüche – und seit einigen Jahren eine ausufernde Straßenkriminalität – übrigens auch in Gestalt von Körperverletzung. Vor wenigen Tagen berichtete ein Nachbar aus unserem Haus, was ihm widerfahren war. Lest das Bild hier oben.

Wir sind noch nicht in Neukölln – sondern in Kreuzberg-West! Der genaue Beobachter kann jedoch den schleichenden Niedergang dieses Viertels mitbekommen. Man braucht nur Bekannte auf der Straße oder Kioskbetreiber anzusprechen – jeder weiß von einem Überfall, von einer Bedrohung zu erzählen oder hat sie selbst schon erlebt.

„Denn jeder Euro, den wir jetzt in Sozialarbeit, in Beratung und Betreuung stecken, zahlt sich aus. Je mehr Geld wir in Integrationslotsen, in kostenlose Angebote, in Armutsbekämpfung und Sozialarbeit stecken, desto weniger Geld müssen wir später in Sozialhilfe, in Gefängnisse und Verbrechensbekämpfung stecken.“

So oder oder so ähnlich hört man es immer wieder. Das ist geradezu Dogma geworden, an dem erst in letzter Zeit ein bisschen gekratzt wird. Wir haben mit diesem Dogma eine blühende, staatlich finanzierte Sozial- und Integrationsindustrie geschaffen! Es wird bereits jetzt sehr viel Geld in Sozialhilfevereine, in nachhholende Integration, in Betreuung, in aufsuchende Sozialarbeit usw. gesteckt. Üppige Autos der Marke Maserati, richtige Luxusreisen sind ermöglicht worden – nicht nur für die Berliner Treberhilfe, sondern auch für wohlmeinende Sozial-Rettungssanitäter wie etwa Hatun und Can e.V. Es gibt keinen wirksamen Kontrollmechanismus für die Vielzahl an Sozialprojekten. Manche Kennerinnen der Szene sprechen bereits offen von einer Berliner Sozialmafia – ähnlich der Berliner Immobilienmafia, der Berliner Drogenmafia …

Ich zweifle dieses Dogma „Wir müssen noch sehr viel mehr Geld für Integration in die Hand nehmen“ ebenfalls an. Warum probieren wir es nicht einmal umgekehrt? Nehmen wir weniger Geld in die Hand! Geld, das wir sowieso nicht haben. Ich meine, man muss das gesamte System der Sozialhilfe umbauen. Es kann nicht sein, dass jede und jeder, der seinen „gewöhnlichen Aufenthalt“ in Deutschland hat, unbefristet mit Kind und Kegel eine üppige Grundversorgung zugesichert bekommt. In der jetzigen Form ist das Sozialgesetzbuch II eine Einladung zur Selbstbereicherung und zur gnadenlosen Staatsausbeutung. Ein Eintrittsbillet zur Kriminalität. Und zwar sowohl für die „zuwandernden Betreuten“ wie die „deutschen Betreuer“. Der Staat wird zum Anspruchsgegner, den man mit einigen leicht erlernbaren Kniffen und Tricks über den Tisch ziehen kann. Man muss wissen, was man in die Formulare hineinschreibt, und dann rollt der Euro.

Wer bringt den Mumm auf, offen für die Devise einzutreten: „Je weniger Sozialhilfe, desto bessere Integration“?  Ich würde umformulieren: „Je genauer befristet jede Art von Hilfe ist, desto besser wird Integration gelingen.“

Ich behaupte: Wir brauchen eine umfassende Fristenregelung in der Integrationshilfe. 6-12 Monate intensivste Unterstützung für Zuwandernde mit ausländischer Staatsangehörigkeit, und ab dann wird die Sozialhilfe planmäßig zurückgefahren.

Wir zitieren die Ex-Tazzlerin Mariam Lau aus dem Blog „Die neuen Deutschen“. Lau ist eine der wenigen, die den Zusammenhang durchschaut haben. Der Fettdruck stammt übrigens von mir.

Je weniger Sozialhilfe, desto bessere Integration « Die neuen Deutschen
Mariam Lau schreibt: “In einigen Staaten ist es leicht, in die Sozialsysteme einzuwandern, und schwer, in den Arbeitsmarkt zu kommen, in anderen ist es umgekehrt. Es ist nicht schwer zu erraten, wo die Integration besser funktioniert. Studien zeigen: Je weniger Sozialhilfe, desto besser sind Zuwanderer integriert. Solange der deutsche Sozialstaat in dieser Hinsicht nicht grundlegend umgebaut wird, wird es keine Integration von Zuwanderern in Deutschland geben. Aber weder die CDU noch sonst irgendeine Partei in Deutschland traut sich derzeit an diesen Umbau. Die meisten wollen ihn ja auch gar nicht.”

Mariam Lau: Die letzte Volkspartei. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2009, S. 149

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März 252010
 

Interessanter Bericht heute in der Berliner Zeitung  unter dem Titel „Geschlossene Gesellschaft“. Die dort gesammelten Beobachtungen halte ich für zutreffend. Es ist tatsächlich eine selbstgezogene unsichtbare Mauer um diese arabischen Familien. Sie wollen offenkundig nicht behelligt werden. Ich habe dies selbst erlebt, als ich intensiv an der Fanny-Hensel-Schule für den gestrigen Abend zum Thema „Die neuen Deutschen“ warb. Mehr als die Hälfte unserer Kinder dort kommen aus genau diesen geschlossenen kinderreichen arabischen Familien. Deutsche, polnische und türkische Eltern aus meinem Bekanntenkreis haben ihre Kinder schon abgemeldet. Referent: Badr Mohammed, ein CDU-Politiker kurdisch-libanesischer Abstammung. Einer der ihren! Wer hätte besser über die Lage der libanesischen Einwanderer reden können als er!

Der Abend war ein großer Erfolg! Es kamen viele Deutsche, Deutsch-Türken, Muslime deutscher und türkischer Abstammung, Christen und Konfessionslose, Schulhelferinnen, Sozialarbeiterinnen, 2 Journalistinnen namhafter Berliner Tageszeitungen, sogar einige wenige Mitglieder von der CDU Friedrichshain-Kreuzberg! Toller Referent, gute Beiträge und Fragen, tolle, offene, ehrliche Diskussion um die Überlebensfragen unserer Berliner Gesellschaft.

Wer nicht kam, das waren die Menschen, die Eltern von der Fanny-Hensel-Schule. Ich hatte Dutzende von Einladungen verteilt, die Eltern direkt angequatscht, sogar den unverzeihlichen Fauxpas begangen, arabische Frauen im Schulgebäude direkt anzusprechen und sie zu einem Diskussionsabend über ihre Lage, über die Lage unserer Kinder einzuladen. Nichts zu machen. So leicht kriegt man sie nicht. Eine Mutter hat die Einladung direkt vor meinen Augen in lauter kleine Stückchen zerrisssen. Auch sonst ist kein Vater und keine Mutter von der Fanny-Hensel-Schule gekommen. Wir haben es auch bisher nicht geschafft, dass eins der Kinder unserer wiederholten Einladung zu einem Besuch gefolgt wäre. Aber einen Bogen mache ich nicht um diese Menschen. Im Gegenteil! Ich gehe direkt auf sie zu.

Wir sind ja nicht deutsche Mittelschicht, sondern Kreuzberger Unterschicht. Wir haben ja nicht mal ein Auto.

Geschlossene Gesellschaft – Berliner Zeitung
Nicht nur die deutsche Mittelschicht macht einen großen Bogen um diese Familien. „Sobald mehrere arabische Familien an einer Schule sind, melden die türkischen Familien ihre Kinder dort nicht mehr an“, sagt die Jugendstadträtin von Kreuzberg, Monika Herrmann von den Grünen. Mit all den Sozialhelfern könne man im Grunde nur die Frauen und die Kinder unterstützen. „Wir haben große Schwierigkeiten, in so einen Clan reinzukommen“, sagt sie. Die Familien würden ihre Probleme lieber allein lösen, nicht mit Hilfe des Staates. Das wiederum hänge vor allem mit ihrem Eindruck zusammen, hier nicht gewollt zu werden.

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Ein Bezirk steigt auf: Modellbezirk Radverkehr

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März 182010
 

28112009.jpg Sehr gute Sitzung des bezirklichen Fahr-Rates gestern im Rathaus Kreuzberg! Besonders freut mich, dass auch eine einfache Bürgerin und die Politik erschienen sind: Fraktionschefin Antje Kapek und BVV-Abgeordnete Paula Riester erweisen dem bezirklichen Radverkehr die Ehre! Gut so, bitte weitersagen, Staffelstab weitertragen!

Nach kurzer Aussprache wählen wir Merja Spott vom BUND einstimmig zur Sprecherin des Fahr-Rates. Eine sehr gute Wahl! Ich kenne Merja seit zwei Jahren, sie bringt sehr viele Erfahrungen in der Gremien- und Öffentlichkeitsarbeit mit und hat für den Radverkehr in unserem Bezirk schon viel bewegt! Gratulation!

Tiefbauamtsleiter Schulz-Hermann erläutert die aktuellen Planungen zur Warschauer Straße. ADFC-Vertreter Wolfram Däumel lobt nach Einsichtnahme die vorgelegten Planunterlagen, macht aber auf mögliche Umsetzungsschwierigkeiten aufmerksam.

Dann darf ich mein Manifest „Modellbezirk Radverkehr“ vorstellen. Ich skizziere mit dürren Worten die Grundgedanken, lege aber auch ein bisschen Feuer hinein, zeige gar bunte Fotos von Fahrradbügeln, Stadtlandschaften und Kunstwerken von Kindern. Ich meine: Radverkehr ist eine symbolische Gemeinschaftsaufgabe, der alle Abteilungen zuarbeiten sollen. Es geht um Tugenden wie Fürsorglichkeit, Achtsamkeit, Sparsamkeit. Aber vor allem um Freude am Leben.

Ich entfalte einen Stadtplan des Bezirks auf dem Tisch. Baustadträtin Kalepky, Fraktionschefin Kapek und die Abgeordnete Riester drücken deutliche Unterstützung aus, regen aber Feinabstimmung, Nachbesserung und weitere einzelne Arbeitsschritte an. Bürgerin Annette Ahme, die der Sitzung beiwohnt, schlägt vor, grüne Durchwegungen einzurichten – etwa vom Halleschen Ufer zum Viktoriapark.

Jedenfalls ist ein Stein ins Wasser geworfen. Möge er Wellen schlagen und Kreise ziehen! Wir werden jedenfalls dieses Konzept „Friedrichshain-Kreuzberg – Ein Bezirk steigt auf: Modellbezirk Radverkehr“ weiterhin vertreten und möglichst viel Unterstützung zu sammeln versuchen!

 Posted by at 11:39
März 162010
 

Noch einmal eine Stunde habe ich herumgebosselt an dem Vorschlag „Modellbezirk Radverkehr“. Den werde ich morgen im Fahr-Rat im Rathaus Kreuzberg vortragen dürfen. Ob es die Mitglieder des Rates zu überzeugen vermag? Zweifel sind angebracht! Zuviele Gewohnheiten werden hier durchbrochen. Darf man denn einfach neue Pfade betreten – auch wenn manches auf Ablehnung stößt? Ich glaube: ja! Man soll sogar!

Und so geht es los:

Friedrichshain-Kreuzberg – ein Bezirk steigt auf

Schaffen wir den Modellbezirk Radverkehr!

Vorschlag von Johannes Hampel für die Sitzung des bezirklichen Fahr-Rates Friedrichshain-Kreuzberg am 17.03.2010

1.       Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg erklärt sich durch Beschluss der BVV für die Zeit vom 01.09.2010 bis 31.08.2011 (Zeiten veränderbar) zum Modellbezirk Radverkehr.

2.       Alle Fachbereiche der Kommunalpolitik (namentlich Stadtplanung, Bildung, Sport, Wirtschaft, Ordnungsamt, Gesundheit, Soziales, Jugend, Familie, Schule, Bauen, Wohnen, Immobilienservice) verpflichten sich für die Laufzeit des Programms auf den Modellbezirk Radverkehr.

3.       Die Verantwortung für die Umsetzung des BVV-Beschlusses und die Koordination der Maßnahmen wird einer hierzu geschaffenen Funktion oder der Sprecherin des Fahr-Rates übertragen.

4.       Die Maßnahmen umfassen kostengünstige, leicht umsetzbare Maßnahmen. Der Bezirkshaushalt wird nicht zusätzlich belastet. Kostspielige zusätzliche Tiefbaumaßnahmen in der Radverkehrsplanung werden vermieden.

5.       Der  von der BVV 2006 in Auftrag gegebene frühere „Vertiefungsplan Radverkehr“ wird durch einen anschlussoffenen, periodisch fortzuschreibenden Radverkehrsentwicklungsplan 2011-2015 ersetzt, der neben dem üblichen topographischen Kartenwerk auch Zielvorgaben in Worten enthält.

6.       Der Modellbezirk Radverkehr wird durch ein Signet öffentlichkeitswirksam kommuniziert. Das Signet soll die charakteristische Umrisslinie des Doppelbezirks mit dem „Vorderrad“ Friedrichshain, dem „Hinterrad“ Kreuzberg und dem vorwärtsstrebenden „Kopf“ Stralauer Halbinsel aufgreifen. An allen Straßeneinfahrten in den Bezirk wird ein Schild angebracht, das auch das Signet zeigt:

Friedrichshain-Kreuzberg
Modellbezirk Radverkehr [Signet]

Oberstes Ziel des Programmjahres:
Gesamthafte Radverkehrsförderung als fachbereichsverklammernder Teil der Bezirkspolitik – aus einem Guss. Enge zeitliche Planung, terminiert, mit Evaluation am Schluss.

Hier das gesamte Dokument zum Nachlesen:

2010_03_17_fahrrat_modellbezirk_radverkehr_hampel.pdf

 Posted by at 23:03
März 162010
 

Heute holte ich den neuen Reisepass meines Sohnes aus dem Bürgeramt in der Schlesischen Straße ab. Da ich es eilig hatte, fuhr ich auf direktestem Wege mit meinem schnellsten Fahrzeug, dem VSF T300, über die Gitschiner Str. – Skalitzer Str. – bis zur Schlesischen Straße. Wie üblich, fuhr ich auf der Mitte der rechten Fahrspur, um niemanden und auch mich selbst nicht zu gefährden. Ich kam sehr schnell voran. Auf dem Heimweg wurde ich bei der Kolonnenfahrt bei Tempo 30km/h (vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit) durch einen hinter mir dreinzockelnden LKW bedrängt und angehupt. Gebracht hat es ihm nichts. Ich ließ mich nicht aus der Ruhe bringen, pedalierte weiter bei 30 km/h, zeigte ihm nicht meinen Unwillen. Er musste sich genauso in der Kolonne einreihen wie ich auch. Dann kamen wir zur Ampel. Ich wechselte auf den holprigen engen Radweg und ließ alle in Kolonne wartenden LKW und Autos hinter mir. Und tschüß!

Wir Radfahrer haben jederzeit das Recht auf der Fahrbahn zu fahren, solange der Radweg nicht als benutzungspflichtig ausgewiesen ist.

Ich weiß natürlich: Als Radfahrer bin ich ein sozial Schwacher auf der Fahrbahn. Aber ich lasse mich nicht verdrängen!

Ein wichtiges Thema auch der Politik! Bezirksstadtrat Knut Mildner-Spindler schreibt sich ausdrücklich das Verhindern von Verdrängung und die Armutsreduzierung auf seine Fahnen (Bezirksbroschüre). „Verdrängung zu verhindern und Armut zu reduzieren sind große Herausforderungen, besonders für den Verantwortungsbereich Gesundheit, Soziales und Beschäftigung.“

Na bitte!  Dann fangen wir doch mal gleich im Straßenverkehr damit an! Und für die Gesundheit habe ich heute schon genug getan, denn ich bin 40 Minuten bei etwa 30 km/h durch Kreuzbergs beliebteste Auto-Rennpiste gefahren, wobei ich sämtliche Verkehrsregeln und Vorschriften einhielt, niemanden gefährdete, belästigte, beleidigte oder behinderte.

Gut für den Kreislauf, gut für das Nervenkostüm, gut für das Selbstwertgefühl!

Foto: Beginn der Skalitzer Straße, von der Schlesischen Straße her gesehen. Aufgenommen heute.

Quelle:
Friedrichshain-Kreuzberg. Ein Bezirk mit vielen Gesichtern. 2009/2010. Herausgegeben vom Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg, hier: S.77

apercu Verlagsgesellschaft

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Fürsorgliche Radfahrer

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März 162010
 

bb_fh-kb_2009-2010_gross.jpg Rechtzeitig vor der Sitzung des bezirklichen Fahr-Rates Friedrichshain-Kreuzberg morgen, 17 Uhr, blättere ich unsere neue Bezirksbroschüre durch. Das Thema der Aufmerksamkeit und Fürsorge füreinander beschäftigt mich weiterhin. Was die Schildkröten können, das können wir Menschen doch auch, denke ich!

Wie oft hörte ich: „Ich kannte diesen Freund als coolen Kumpel, aber sobald er am Steuer des Autos saß, schimpfte er wie ein Rohrspatz, wenn sich mal eine Fußgängerin ein bisschen mehr Zeit ließ.“

Ich lese die „Statements“ des Bezirksbürgermeisters Dr. Schulz und der fünf anderen Bezirksstadträte durch. Was sagen sie über Aufmerksamkeit und Fürsorge? Haben sie so etwas überhaupt auf dem Schirm? Und – ich werde fündig!

Die Baustadträtin Jutta Kalepky etwa schreibt (S. 43): „Wichtig ist auch, die angemessene Geschwindigkeit für alle zu finden, im Sinne der Aufmerksamkeit und Fürsorge füreinander. Und den sinnvollen Einsatz des Fahrrads für die kurzen Wege durch Prüfung und Verbesserung der Radwege zu unterstützen und gemeinsam mit der Senatsverwaltung neue Radfahrstreifen einzurichten.“

Fürsorge füreinander als Aufgabe der Tiefbaumaßnahmen und der Verkehrslenkung? Das finde ich gut. Denn daran fehlt es allzu oft. Und gerade beim Fahrradfahren kann und soll man diese Tugenden ausüben.  Beim Autofahren wird es schwieriger, weil man meistens zu stark mit der Bedienung der Gerätschaft befasst ist und keine Aufmerksamkeit für andere hat, von Fürsorge ganz zu schweigen.

 Posted by at 18:34

„Ach du aufgeblasener … Fahrradaufstellstreifen“

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März 152010
 

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Was ihr da seht, das nannte man früher einen aufgeblasenen Fahrradaufstellstreifen! Hättet ihr’s gewusst?  Dieser hier ist in Düsseldorf zu sehen. In Berlin-Mitte gibt es sie recht prominent etwa an der Einmündung der Oranienburger Straße in die Friedrichstraße. Probiert es mal aus, fahrt mit euren Fahrrädern hin!

Fahrradfreundliche Straßen: Planungsbeispiele Südliche Friedrichstadt in Berlin

Am kommemden Mittwoch, 17.03.2010, 17 Uhr tagt das nächste Mal der bezirkliche FahrRat Friedrichshain-Kreuzberg! Alle Sitzungen sind öffentlich, es lohnt sich, dieses Gremium durch eure Anwesenheit zu beehren! Wo? Rathaus Kreuzberg, Yorckstraße 4-11, Raum 2051. Da geh ich selbst natürlich auch hin!

Noch einmal schaue ich in meine Notizen von der letzten Sitzung! Ich ziehe folgende Bilanz:

Recht weit war das verkehrspolitische Denken schon in unserem Bezirk vor 23 Jahren. Wolfram Däumel vom ADFC hielt bei der letzten Sitzung des bezirklichen FahrRats Friedrichshain-Kreuzberg eine sehr ansprechende Präsentation über die Probleme der Ost-West-Querung in der Südlichen Friedrichstadt, wie sie 1987 in einer von ihm und anderen Autoren verfassten Broschüre zur Internationalen Bauausstellung (IBA) aufgearbeitet worden waren. 

In seinem Vortrag stellte Däumel Damals-Heute-Vergleiche an, die er durch aktuelle Fotos untermauerte. Daran schlossen sich kurze Besprechungen einzelner Punkte an.

Die 1987 erarbeitete Broschüre ist heute im Internet abrufbar unter der Adresse:

http://www.däumel.de/WD/Radverkehr/IBA87/

 Allgemeine Themen, die damals, 1987, schon in der Luft lagen:

1.       Radwege auf Bürgersteigen?  Können eine Verschlechterung der Situation des Radverkehrs bedeuten. Denn es kommt häufig zu Konflikten zwischen Radfahrern und den Fußgängern. Bürgersteigradwege stellten also bereits 1987  – selbst wenn sie zu Fahrradrouten gehören – nicht grundsätzlich eine Verbesserung dar.

2.      Sinnvolle Fahrradrouten ermöglichen den Radfahrenden das Durchfahren längerer Strecken auch ohne besondere Ortskenntnisse. Mit ihrem deutlich erkennbaren Leitsystem sind sie ein wichtiger Bestandteil der Fahrrad-Infrastruktur.

3.     Wichtige Kriterien guter Radverkehrsführung: Einbeziehung ruhigerer Nebenstraßen, Wegweisung für Radfahrer, auf Hauptverkehrsstraßen Radfahrstreifen von 2 m Breite.

4.      Bereits damals (1987) wurden wichtige Neuerungen und Verbesserungen gefordert und erklärt: Radfahrstreifen, vorgezogene Aufstellflächen (damals: „aufgeblasener Fahrradaufstellstreifen“ genannt), Abstellbügel (die heutigen „Kreuzberger Bügel“), die „Fahrradstraße“.

U11032010001.jpg Und das hier sind vorbildliche Anlehnbügel … gesehen vor der Heinrich-Böll-Stiftung in Berlin-Mitte. Ein Vorbild auch für die Konrad-Adenauer Stiftung, die Friedrich-Naumann-Stiftung, die Hanns-Seidel-Stiftung, die Friedrich-Ebert-Stiftung und die Rosa-Luxemburg-Stiftung? Haltet euch ran! Lehnt euch daran an!

 

 Posted by at 12:22

Ist Friedrichshain-Kreuzberg reich?

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Feb. 282010
 

560 Millionen im laufenden Haushalt – das ist viel Geld. Also ist Friedrichshain-Kreuzberg reich? Wir mutmaßten dies vorhin. Auch weil Geld für Straßenumbenennungen ausgegeben wird.  Falsch! Die BVV hat dem Haushaltsplan für die Jahre 2010/2011 nicht zugestimmt. Man könne den vorgesehenen Einschnitten nicht zustimmen. Somit unterliegt der Bezirk weiterhin der Haushaltswirtschaft durch das Land Berlin.

Der Bezirk hängt am Tropf des Landes Berlin. Ist er eine Kolonie geworden? Wer beutet da wen aus?

BÜNDNIS90/Die Grünen Friedrichshain-Kreuzberg – Bezirk spart sich den Haushalt
Friedrichshain-Kreuzberg hat für 2010 einen Haushalt in Höhe von rund 560 Millionen Euro. Der Bezirk kann nur über einen kleinen Teil von etwa sechs bis acht Prozent frei verfügen; der Rest sind Durchlaufposten, etwa für Transferleistungen wie Sozialhilfe oder Wohngeld. Obwohl der Bezirk schon heute in vielen Bereichen Einsparungen vornehmen musste, verbleiben wegen der unzureichenden Zuweisungen des Landes Berlin weitere Kürzungen in Höhe von rund sechs Millionen Euro allein für das Jahr 2010.

 Posted by at 00:22
Feb. 252010
 

Der Traum jedes Vermieters in wirtschaftlich schwachen Zeiten und wirtschaftlich schwachen Lagen ist es, wenn das Sozialamt die Miete direkt zahlt. Denn der Staat ist ein verlässlicher Zahler, die Gefahr, dass hohe Mietausfälle wegen zahlungsunfähiger Mieter auflaufen, besteht nicht. Hunderttausende von Wohnungen wurden in West-Berlin im sozialen Wohnungsbau errichtet, die beteiligten Unternehmen waren bestens in die Politik hinein vernetzt, aus dieser Vernetzung ergaben sich riesige Gewinn- und Einnahmemöglichkeiten, zahlreiche Posten und Pfründen. Dieses System der sozialen Wohnwirtschaft war im alten West-Berlin ein Freifahrtschein zur Selbstbedienung aus den öffentlichen Kassen. Eines der Ergebnisse dieses Wildwuches ist die horrende Staatsverschuldung des Bundeslandes und das Schaffen von „Sozialghettos“ in Bezirken wie Kreuzberg (Kottbusser Tor!), Neukölln und Wedding.

Ein Musterbeispiel dafür stellt auch die Auseinandersetzung um den Fanny-Hensel-Kiez dar – also die Wohngegend, die ich seit Jahren bestens kenne und  der ja auch unsere Fanny-Hensel-Grundschule zugewiesen ist. Das berichtete gestern die Morgenpost:

 

Rund 28.000 Berliner Mietern von ehemaligen Sozialwohnungen droht der Auszug aus ihrer Wohnungen, wenn ihr Vermieter nach Auslaufen der Förderung für den sozialen Wohnungsbau die Kostenmiete in voller Höhe verlangt. In der Fanny-Hensel-Siedlung in Kreuzberg etwa sollen die Mieter 7,03 Euro statt zuvor 5,33 Euro pro Quadratmeter zahlen und haben die Kündigungen erhalten. Die Mieter kämpfen seit Wochen gegen hiergegen.

Der Berliner Kurier ist schnell mit einem Wort zur Hand, wenn es um das Gebaren des Vermieters geht: „Gier-Vermieter“ – und dies allein deswegen, weil der Vermieter seine Kosten hereinholen will. Der Besitzer fordert eine kostendeckende Miete.

Schimmelhaus-Mieter verloren ihren letzten Kampf – Berlin – Berliner Kurier
Nur ein Wunder kann jetzt noch verhindern, dass die sozial schwachen Bewohner bis 30. April ausziehen müssen. Ohne Zuschüsse, wenigstens für ein paar Monate, droht einigen sogar die Obdachlosigkeit. Mieter-Sprecher Sebastian Jung (35): „Obwohl die Senatorin das Gegenteil sagt, bieten die Wohnungsbau-Gesellschaften keinen Ersatz in der Nähe.“ Die Folge wäre die Zerschlagung eines lebendigen Multi-Kulti-Kiezes.

Ein lebendiger Multi-Kulti-Kiez? Darüber darf geschmunzelt werden … Die Fanny-Hensel-Siedlung ist das lehrbuchmäßige Musterbeispiel eines sogenannten Sozialkiezes – manche sprechen von „Sozialghetto“. Es fehlt vollkommen die soziale Durchmischung! Wo sind die deutschsprachigen Familien? Die ursprünglich aus arabischen Ländern stammenden Familien sind dort leider weitgehend unter sich. Die türkischen Familien, die Arbeit finden, ziehen von hier weg. Die anderen Familien, die Arbeit finden, werden von hier wegziehen.

Der Fanny-Hensel-Kiez braucht die Durchmischung. Dorthin müssen unbedingt auch eigenes Geld verdienende Menschen ziehen. Es ist immer schlecht, wenn alle oder fast alle Menschen eines Kiezes dauerhaft von Sozialhilfe leben. Von einer besseren Durchmischung profitieren alle, nicht zuletzt die Kinder, die dort aufwachsen.

Lehrbuchbeispiel Schimmelwohnungen: Sobald der freie Markt  einzieht, sobald die komplette Belegung mit Sozialmietern aufhört, wird sich das Schimmelproblem lösen, denn verschimmelte Wohnungen lassen sich auf dem freien Markt nicht vermieten, der Besitzer muss die Wohnungen auf eigene Kosten sanieren und dann zu vermieten versuchen.

Schlechte Wohnungen, verschimmelte Wohnungen wurden in West-Berlin routinemäßig zu überhöhten, nicht marktfähigen Preisen an sozial schwache Mieter losgeschlagen. Das hatte System, die Miete übernahm das Amt. So profitierten die Bauträger, die Vorstände der öffentlichen Wohnungsbaugesellschaften und nicht zuletzt die politische Macht-Elite West-Berlins, die ja ohne die Verquickung mit der Bauwirtschaft nicht zu verstehen war.

Durch den von den West-Berlinern nicht erwarteten Fall der Mauer wurde der alten West-Berliner Macht-Elite die Geschäftsgrundlage zerstört: Die üppigen Subventionen aus West-Deutschland entfielen rasch, es gab auf ein Mal viel weniger zu verteilen. Die politische Elite erkannte dies zu spät und versuchte noch die eigenen Schäfchen ins Trockene zu bringen. Die Zeche für jahrzehntelange öffentliche Misswirtschaft zahlen wir Bürger heute. Sie hat eine Zahl: 60 Milliarden Staatsschulden im Bundesland Berlin.

Das subventions- und korruptionsgestützte System der wechselseitigen Vorteilsnahme wird jetzt, 20 Jahre nach dem Mauerfall, mühselig abgebaut.

Die Einführung von mindestens kostendeckenden Mieten ist notwendig, um den Fanny-Hensel-Kiez zu einem Multi-Kulti-Kiez werden zu lassen. Ich meine: Mindestens einige deutsche Familien sollen wieder im Fanny-Hensel-Kiez wohnen oder dorthin zurückkehren, die türkischen Familien mit eigenen Einkünften sollen zurückkehren.

Die Mischung macht’s! Sozialghettos, wie wir sie jetzt haben, sind nichts Gutes.

Hierbei sollte die zuständige Senatorin Junge-Reyer sich nicht durch den Vorwurf der sozialen Kälte ins Bockshorn jagen lassen.

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Nimm Hack und Spaten: Wir brauchen Eisbrecher!

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Feb. 212010
 

03022010002.jpg Am heutigen Vormittag nahmen wir in der Universität der Künste (UdK) stolz die Siegerurkunde für „Jugend musiziert“ in Empfang! Es gab ein großartiges Konzert einiger der Preisträger.

Darauf folgte nach dem Mittagessen der Siegerfamilien wieder ein schöner Schlittennachmittag am Kreuzberg mit einigen Kindern – deutschen, russischen, türkischen, einem japanischen Kind. Das waren alles deutsche Kinder. Sie leben hier. Sie sprechen deutsch. Also sind es deutsche Kinder. In Kreuzberg.

Eine gute Nachricht schrieb auch gestern Cem Özdemir direkt als Kommentar in dieses Blog: Er ist wirklich ein Kreuzberger Mitbürger, wohnt hier, hat hier – entgegen meinen irrtümlichen Vorstellungen – seinen alleinigen Wohnsitz. Das freut mich natürlich besonders, denn ich meine, wir brauchen hier genau das: Zuziehende Familien von außerhalb mit Kindern. Familien, die erkennen, dass es sich lohnt hierherzuziehen.

Ich freue mich über Familien, die Wohlstand und Geld hierherbringen. Es müssen ja nicht gleich Car-Lofts sein. Ich begrüße in Kreuzberg Familien mit guten Kenntnissen im Deutschen und anderen Sprachen, mit interessanten Berufen. Ich begrüße gut ausgebildete, beruflich erfolgreiche Eltern, die dann ihre Kinder hierher in die staatlichen Kitas und Grundschulen um die Ecke schicken. Ohne Auto. Zu Fuß. Mit dem Fahrrad.

Einfach hier um die Ecke, und da um die Ecke! Weil es sich lohnt, hier in Kreuzberg gemeinsam etwas aufzubauen. Ich bin für die Durchmischung der Milieus. Es soll nicht sein, dass in Gegenden wie rings um den Kotti nur Drogen, nur Arbeitslosigkeit, nur Perspektivlosigkeit und kulturelles Vakuum vorherrschen. Dem ist nicht so, dem war nicht so! Aber der Anschein drohte!

Özdemir nennt diese Menschen die „Eisbrecher“. So berichtet es Armin Laschet in seinem Buch „Die Aufsteigerrepublik“ auf S. 146.  Am 30.06.2009 und am 25.07.2009 – also vor dem Erscheinen von Laschets Buch – erzählten wir bereits in diesem Blog von Menschen wie Mesut Özal – Menschen, die sich bewusst für dieses Land entschieden haben, obwohl ihnen auch eine zweite Option offenstand.

Diese bewusste Entscheidung für dieses Land – die scheint mir genauso wichtig wie die Entscheidung für diesen Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg.  Ich wünsche mir mehr Menschen, die sich bewusst für dieses Land entscheiden. Ich wünsche mir mehr Menschen, die sich bewusst für diesen Bezirk entscheiden. Es lohnt sich! Denn das Eis wird und muss tauen. So dick kann gar kein Eispanzer sein.

Wie sagt doch Goethe: „Nimm Hack und Spaten! Grabe selber!“

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Der Reißwolf frisst alles – das Netz vergisst nichts

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Feb. 212010
 

Kein Gutachten kann den politischen Willensbildungsprozess ersetzen. Das tritt in aller Deutlichkeit wieder einmal zu Tage. Die taz berichtet: Das vom Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg  beauftragte Planungsbüro zieht das Gutachten zurück, mit dem der Bezirksbürgermeister Schulz den Weiterbau des Stadtrings heldenhaft von unserem kleinen bedrängten Sozial-Eiland, genannt Kreuzberg, zurücktreiben wollte. Die Daten stimmten hinten und vorne nicht, das Honorar für die getürkte Faktensammlung hat die Firma angeblich schon zurückgezahlt. Es war offenkundig eines jener Gefälligkeitsgutachten, mit denen Politiker gerne ihre Klientelinteressen zu begründen suchen.

Mit Daten lässt sich trefflich streiten,
Mit Daten ein Gericht bereiten!
Dem Volk wird’s eilig angericht’t,
Der Koch, dem schmeckt es selber nicht.

A 100: Gutachten aus der Bahn geworfen – taz.de
Doch nun hat die Gesellschaft ihr Gutachten zurückgezogen. Mit einem Schreiben, das der taz vorliegt, teilt sie dem Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg mit, das gezahlte Honorar sei bereits zurück überwiesen worden. „Die ausgelieferten Exemplare führen Sie bitte der Aktenvernichtung zu.“

Der Regionalleiter der Ingenieursgesellschaft, Josef Salm sagte, das Gutachten sei mit veralteten Daten entstanden, „die wir nicht hätten akzeptieren dürfen“.

 Posted by at 15:17