Juli 232011
 

Dies behaupten die jungs  von K.I.Z. im titelsong ihres neuesten albums, den ihr hier hören könnt:

K.I.Z. | HAUS-ANGST

gestörte kids, für die wir mucke machen die mütter verbuddeln frühchen im blumenkasten

an berliner schulen salamiverbot

usw. usw.

Ich denk die kids von K.I.Z. übertreibens hier. Richtig ist: An einer normalen kreuzberger grundschule wirst du regelmäßig blöd angemacht, wenn du ein wurstbrot in der pause isst bei dem der verdacht besteht: es könnte schweinefleisch enthalten. die neue mehrheit an den staatlichen grundschulen will kein schweinefleisch auf berliner schulhöfen sehen. ihh schweinefleisch! von einem salamiverbot kann aber keine rede sein. am besten ist: man gibt seinem kind keine salami mit. ganz schlecht kommen auch blonde haare bei einem jungen an, die ein bisschen länger als der heute übliche bürstenschnitt sind. also eltern aufgepasst: keine wurstbrote in die kreuzberger grundschule mitgeben! jungs: haare kurz schneiden!

insgesamt: sehr sehr cooles album, das K.I.Z. vorgelegt hat!  „lass uns aufs klo gehen, heiraten!“ klingt voll krass. kommt aber schon  hin. das ist die sprache, wie sie an normalen berliner grundschulen heute gesprochen wird. woher ich das weiß? aus erster hand.

voll cool ist auch der bericht im aktuellen tip nr. 16/2011, S. 64-65 : „Die kinder von kreuzberg“. tolle stories übers prinzenbad!

Lest das mal! Kauft das neue album von K.I.Z.!

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Gemeinsame Aufmerksamkeit

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Juni 232011
 

Gemeinsame Aufmerksamkeit – unter diesem Ausdruck beschreibt Michael Tomasello etwas fundamental Neues, das die Säuglinge im Alter von etwa 9-12 Monaten zu entwickeln beginnen: die Fähigkeit des Menschen, über längere Zeit hinweg mit anderen Menschen ein gemeinsames Objekt des Merkens, des Hinschauens, des Zeigens und Beobachtens zu verfolgen. Durch Gebärden, durch Bewegungen und Zeigehandlungen stellen Babies lange lange vor der Entwicklung von Sprache mehr oder minder dauerhafte Beziehungen zu anderen Menschen her. So kann ein Kind durch Zeigen oder Berühren einer Rassel den Erwachsenen dazu veranlassen, ihm diesen Gegenstand zu reichen. Das Kind „zeigt“ dem Erwachsenen die Rassel. Nur dem Menschen eignet diese Fähigkeit!

Michael Tomasello: Die kulturelle Entwicklung des menschlichen Denkens. Zur Evolution der Kognition. Aus dem Englischen von Jürgen Schäfer. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2006, hier S. 84-94

Ich füge hinzu:

Diese Fähigkeit muss durch Erziehung nach und nach über lange Monate und Jahre gepflegt und ausgebaut werden. Tausenderlei Objekte können den älteren Menschen als Brücken dieser gemeinsamen Aufmerksamkeit dienen: gemeinsames Singen eines Volksliedes ebenso wie das gemeinsame Betrachten der Bewegungen einer lederummantelten Gummiblase (adulte Exemplare der Art Homo sapiens nennen es: „ein Fußballspiel“), das gemeinsame Rechnen ebenso wie das Bergwandern.

Es handelt sich bei all diesen Ereignissen nicht um sprachähnliche oder sprachvermittelte kulturelle Tätigkeiten, wie man im Zuge der Wendung zur Sprache ab etwa 1970 glaubte, sondern um originär auftretende, Gemeinsamkeit stiftende Haltungen oder besser „Verhaltungen“ des Menschen, die ihn bereits vor dem Erwerb von Sprache zu einem sozialen Wesen werden lassen.

Die Aufmerksamkeit dauerhaft gemeinsam auf etwas richten  – dies scheint etwas zu sein, was den Menschen doch recht deutlich von anderen Tierarten abhebt.

Wenn dem Kind in den ersten Jahren zu wenig Gelegenheiten gemeinsamer Aufmerksamkeit geboten werden, verkümmern seine sozialen Fähigkeiten. So erklärt es sich, wenn Berliner Grundschullehrer immer wieder klagen: „Dieses Kind kann sich nicht konzentrieren. Sein Geist gleitet gewissermaßen stets ab. Es kann die Augen nicht auf eine Zeile im Heft richten. Es kann nicht länger als wenige Sekunden zuhören.“

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Lasset uns lernen, Politiker_innen!

 Das Gute, Freude, Gute Grundschulen, Integration durch Kultur?, Kinder, Migration, Theater  Kommentare deaktiviert für Lasset uns lernen, Politiker_innen!
Juni 192011
 

Lasset uns lernen, Politiker_innen! « Politikselbermachen
Toller Erfolg gestern mit dem Regenbogenfisch! Wir haben eine öffentliche Veranstaltung abgehalten, bei der etwa ein Drittel der Teilnehmer Kinder waren, mindestens die Hälfte der Erwachsenen nichtdeutscher Herkunft waren und nur etwa 15% der Teilnehmer im engeren Sinne politiknah waren. Teilnehmerzahl: 40, mehr kriegen Bundesminister bei uns im Bezirk auch nicht zusammen. Großer Erfolg, die Kinder begeisterten die Erwachsenen! Die aus St. Petersburg zugewanderte Alla Karpova nahm Groß und Klein mit. Zwar gab es auch die hammerharten Frontberichte aus dem Alltag von Berliner Grundschulen und migrantischen Sozialkiezen. Und die zugewanderten Eltern, die deutlich die Mehrheit bildeten, führten den Wurzeldeutschen erneut vor Augen, wie enttäuschend die Lehrer-Schüler-Beziehung in Berlin gehandhabt wird. „Kein Respekt vor dem Lehrer, das ist unerträglich!“
Doch alles wurde überstrahlt von der Begeisterung, der Freude, der Lernbegierigkeit der Kinder mit der Theaterpädagogin Alla Karpova. Da kann die Politik aber mal was lernen! Ein tolles Programm! Würde das umgesetzt, hätten wir die Hälfte der Probleme mit Schulversagern schon weggeschmolzen, und zwar im Kita-Alter. Die Kinder sind unsere Zukunft!

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Juni 162011
 

13062011725.jpg „Mit welcher neuen Einsicht / Botschaft gehen die Menschen nach Hause?

Diese Frage sollte sich jeder stellen, der eine öffentliche Veranstaltung plant. Nehmen wir die Veranstaltung am kommenden Samstag, 11 Uhr – der Regenbogenfisch. Unsere Antwort lautet:

Wir (Alla Karpova, ich und einige andere Eltern, vor allem russischer Herkunft) wollen in systematischer Absicht den Grundgedanken vermitteln, dass gerade im Vorschulalter musisches Arbeiten (Rollenspiele, Musik, Tanzen, Poesie) viel mehr gepflegt und gehegt werden kann als wir das an den verschiedenen Kitas in Berlin beobachten.

 

Die Prinzipien der Schauspielarbeit im Anschluss an Stansislawski und einige andere bahnbrechende Theaterpädagogen lassen sich behutsam auf die Arbeit mit Kindern im Vorschulalter übertragen. Genau dies unternimmt Alla Karpova auf beeindruckende Weise. Gerade im Bereich deutsche Sprache, räumliche Orientierung, visuelle Orientierung lassen sich durch praktisch gerichteten Übungen und Erfahrungen der Kindertheaterarbeit viele Erfolge erzielen.

 

Wir glauben, dass es in Berlin nicht an Geld oder Ressourcen fehlt, sondern an pädagogischer Leidenschaft, an Zutrauen in die Fähigkeiten der Kinder, an Vertrauen in die überragende Wichtigkeit der Persönlichkeit. „Die Kinder könnten viel mehr“, so eines unserer Prinzipien. Wir wenden uns mit dieser Veranstaltung gegen den immer wieder zu hörenden Grundansatz, dass die Vorschulbildung und überhaupt das ganze Berliner Bildungswesen grundsätzlich an „Unterfinanzierung“ litten.

 

Die Teilnehmer der Veranstaltung, vor allem die Erzieher sollen also in sich und an sich selbst jene schlummernden Fähigkeiten entdecken, die sie dann in den Kindern fördern.

 

Die Darstellungsform sollte in der Veranstaltung praktisch ausgerichtet sein – also weniger „dozierend“ und mehr „probierend“. Eine Mischung aus Workshop, Vortrag und Diskussion. Dazu können auch einige konkrete Übungen der Teilnehmer gehören.

 

Machen – nicht bloß drüber reden, lautet das Zauberwort.

Bild: Kleines Mädchen „Steiler Fels“ – eine Schöpfung von Irina Potapenko und Nichte Franka (6 Jahre)

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Juni 132011
 

11062011714.jpg

„Was kann denn ich dafür,
Dass ich nicht ähnlich bin wie ihr?“

Diese Zeilen aus dem Regenbogenfisch hängen mir noch im Ohr. Alla Karpovas kleine Theatertruppe hat mich begeistert. Ich freue mich auf die bunte Veranstaltung am kommenden Samstag. Hoffentlich kommen viele große Menschen, um die kleinen Menschen zu bewundern!

Wann und wo?

Zeit Samstag, 18. Juni 2011· 11:00 13:00
Ort

Gemeindesaal der Ev. Luthergemeinde, Berlin-Schöneberg

Bülowstraße 71/72

Berlin-Schöneberg

Wir fragen:

Wie schaffen wir es, alle Kinder im Kita-Alter zu ihrem vollen Potenzial zu führen?

Obwohl weit mehr als 90% aller Berliner Kinder bei Schuleintritt mindestens ein Jahr lang die Kita besucht haben, fehlt es unfassbar vielen Kindern an den Grundfertigkeiten Sprechen, Hören, Singen, Bewegen, Gehen, Sitzen, Wartenkönnen. Der theaterpädagogische Ansatz Alla Karpovas bietet die riesige Chance, allen Kindern Freude am Lernen und Wachsen zu vermitteln. Es hat System! Mit Spiel und Spannung, Eigenaktivität und Beiträgen der Teilnehmer!

 Posted by at 13:05
Juni 082011
 

Es gibt heute im Bereich Bildungsforschung einen wahren bunten Kosmos an Instituten, Modellen, Kongressen, Konferenzen&Konzepten, Evaluationen, Tests, Programmen und Forderungen! Vom Sprachlerntagebuch über VERA, PISA usw. usw. Von Integration über Inklusion bis hin zum Diversity Management. „Vielfalt als Chance!“ Die Liste ist endlos.

Hart und schroff davon abweichend: die Realität!

Toll aber, wenn irgendwann doch wieder alte Grundeinsichten zum Tragen kommen: Kinder brauchen Liebe. Eine höchstpersönliche Zuwendung, eine Beziehungsqualität.

Und: Wer hätte gedacht, dass Kinder vor allem eine liebe Mama und einen guten Papa brauchen. Das scheint mir fast das A und O zu sein.  Wer hätte das gedacht. Aber fragt, wen ihr wollt: Darauf läuft es meistens hinaus. Die Kita ist sekundär.


Das Berliner Bildungsprogramm –

 Posted by at 15:22
Juni 072011
 

06062011697.jpg „Alles nur ein Geldfrage“, so höre ich es immer wieder bei Gesprächen über das Berliner Bildungswesen.

Wirklich?

Ich erzähle gerne von meinem Berliner Palästinenser, der mir begeistert von seiner kargen Dorfschule in Ramallah erzählte. Ein Lehrer unterichtete 40 Schüler in einem Raum. „Dieser Lehrer war streng, aber – er glaubte an uns. Er wollte unseren Erfolg. Ausreden ließ er nicht gelten. Faulheit ließ er nicht gelten. Er duldete keine Disziplinlosigkeit. Er liebte das Lesen, das Rechnen, das Schreiben, er liebte Arabisch, er rezitierte leidenschaftlich gerne die Dichter, er liebte Englisch und diese Liebe teilte er uns mit.“ Ergebnis: Alle Schüler gingen weiter auf weiterführende Schulen, viele studierten, einige wurden Professoren in den USA.

Aber selbst unter den wesentlich besseren materiellen Bedingungen der deutschen Grundschule gelingt dieses Kunststück sehr oft. Entscheidend scheint mir dabei die Persönlichkeit  des Lehrers zu sein. Die Persönlichkeit des Lehrers ist wichtiger als die finanzielle und materielle Ausstattung der Schulen.

Nun, ich habe mir gestern im Rathaus Schöneberg ebenfalls die Freiheit genommen, vom ressourcenorientierten Ansatz der Bildungsdebatte Abstand zu nehmen. „Es liegt nicht am Geld, es liegt auch nicht an der absolut gemessenen Zeit, die die Erzieher mit den Kindern verbringen.“ Wenn es am Geld läge, müsste Berlin ja hervorragende Ergebnisse seiner Schulen vorweisen können, denn Berlin ist Spitze in der Höhe seiner Ausgaben für die Schule pro Kind.

Ich glaube, der Grundgedanke von Frau Preissing führt weiter: Kinder brauchen jeden Tag das Gefühl der Geborgenheit, der Liebe, der Ermunterung zur Freiheit. Sie wollen gefordert werden. „Du musst etwas lernen, auch damit du später einmal für dich und andere den Lebensunterhalt verdienen kannst.“ Dieses Gefühl – so meine ich – sollte und muss vorrangig durch den privaten und privatesten Bereich, durch die Mitmenschen, die Nächsten, die Nachbarn, die kleinen Gemeinden, die Familien, also durch Vater und Mutter, durch die Geschwister und Freunde  erzeugt werden.

Wenn die Familien diese einfache, aber unerlässliche Aufgabe endlich übernehmen und annehmen, werden die allermeisten Schwierigkeiten verfliegen. Wir brauchen eine Rückbesinnung auf den überragenden Rang der Familie.

Die Versäumnisse der Familien sind durch die Schulen allein nie und nimmer wettzumachen. Familien, die eingelullt werden im Gefühl „Wir, der Staat, sorgen für dich“, werden nach und nach alle Verantwortung auf den Staat abwälzen. Genau dies geschieht zur Zeit.

Schüler und Lehrer wollen mehr Geld – Berliner Zeitung

 Posted by at 23:05
Juni 072011
 

06062011698.jpg Große, spannende, gut gemachte, hervorragend besetzte Veranstaltung zu den Kernaufgaben der Berliner Bildungslandschaft gestern im Schöneberger Rathaus. Mein Dank dafür gebührt dem Berliner Volksbegehren Grundschule, mit dem bekanntlich vier Hauptforderungen durchgesetzt werden sollen:

1) ein Rechtsanspruch auf Hortangebote für alle Grundschüler ohne Bedarfsprüfung, insbesondere auch für Grundschüler der Klassen 5 und 6 („Lückenschluss“)

2) ein subventioniertes Mittagessen als Angebot für alle Grundschüler

3) intensive Förderung und Betreuung der Kinder durch bessere Personalausstattung: 16 Kinder/Erzieher statt wie bisher 22

4) verbindliche gemeinsame Fortbildung für Lehrer und Erzieher auf der Basis des Berliner Bildungsprogramms

Ich sitze an der Abfassung eines Protokolls, blättere meine Notizen durch und greife einen zentralen Punkt heraus, den Dreh- und Angelpunkt der ganzen Übung, wie mir scheint, nämlich die Frage: Was brauchen Kinder wirklich?

Christa Preissing, Direktorin des Berliner Kita-Instituts für Qualitätsentwicklung (BeKi) und Vizepräsidentin der Internationale Akademie (INA) gGmbH an der FU Berlin, äußerte sich hierzu im ersten Teil ihres Podiumsbeitrages wie folgt:

Wir wissen: Jedes Kind hat laut UN-Kinderrechtskonvention einen Anspruch auf Beteiligung und Teilhabe, hat Recht auf Schutz, hat Rechte auf Versorgung. Zu dieser Grundversorgung gehört nicht nur Ernährung und Bekleidung, sondern auch Liebe. Darunter ist eine bestimmte Qualität der Beziehung zu verstehen, ein dialogisches Aufmerken und gemeinsames Einfühlen ineinander, mit einem englischen Fachbegriff sustained shared thinking. Idealerweise sollte jedes Kind jeden Tag für  1 Stunde eine solche intensive Zuwendung und Betreuung in einer Kleingruppe von 5, 6 oder maximal 7 Kindern erfahren.

Meine Meinung hierzu: Zustimmung, Frau Preissing! Diese Erfahrung ist das Entscheidende. Jedes Kind hat offenbar bestimmte Grundbedürfnisse, die gestillt werden müssen, wenn das Kind sich richtig entfalten und entwickeln soll.

Ich lernte gestern: Jedes Kind braucht einen Hort dieser Geborgenheit. Es gibt entweder diesen Hort der Geborgenheit oder, wenn es ihn nicht gibt, sollte es ihn geben.

Unser Bild zeigt von links nach rechts das Podium zu Beginn der Veranstaltung:

Klaus Schröder, GEW Berlin
Christa Preissing, INA FU Berlin
Inge Hirschmann, Vorsitzende des Grundschulverbandes Berlin
Burkhard Entrup, Trägersprecher Volksbegehren Grundschule
Roland Kern, Dachverband Berliner Kinder- und Schülerläden
Steffen Zillich, Bildungspolitischer Sprecher der Linke-Fraktion, Abgeordnetenhaus

Mathia Specht-Habbel, FDP-Landesvorstandsmitglied Berlin

(Berichterstattung wird fortgesetzt)

 Posted by at 14:20
Juni 032011
 

02062011675.jpgGestern beschlossen wir: Wir machen eine Veranstaltung mit der CDU Kreuzberg-West am 18. Juni 2011, 11 Uhr, im Gemeindesaal der Ev. Luthergemeinde in Schöneberg, Bülowstr. 71/72. Thema: „Schauen – Spielen – Lernen: Frühkindliche Bildung durch Musiktheater förden.“ Mit Kindern und mit Alla Karpowa. Kinder, Eltern, Erzieher, Lehrer, Pädagogen, Fachkräfte der psychosozialen Versorgung und Politiker sind willkommen!

 Posted by at 22:56

2%! Kinder brauchen mehr Armut! Die Kultur des Weniger!

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Mai 192011
 

16052011606.jpg Nur für 2% der berechtigten Kinder wurde bisher das Bildungspaket beantragt.

Wundert das die Damen und Herren Politiker? Mich wundert es nicht.

Ich diskutiere immer wieder mit Eltern, Lehrern und Pädagogen die Probleme der heutigen Armutskinder. Es herrscht weitgehende Einigkeit: Das Hauptproblem heute liegt darin, dass die armen Kinder zu viel Kram, zu viel Geld, zu viel Ablenkendes bekommen. Sie erhalten zu wenig Zuwendung, zu wenig Zumutungen, zu wenig echte Liebe, zu wenig Strenge.

Die Kinder sind überschüttet. Nach einer mit Kindern gemeinsam vorbereiteten Zauberflötenaufführung in einer Grundschule in einem der bundesweit bekannten Armutsbezirke Berlins sahen wir einige Knaben draußen im Schulkorridor sitzen. Sie hatten ein Nokia N 97, das berühmte Slider-Handy und guckten seelenruhig Hardcore-Pornos, die sie kostenlos  aus dem Internet herunterluden.

Ich frage euch: Werden diese armen Kinder mit ihrem Nokia N 97 in der „Hauptstadt der Kinderarmut“ die Angebote kostenlosen Instrumentalunterrichtes annehmen? Pustekuchen!

In Mozarts Zauberflöte geht es für Pamina und Tamino um das Wartenkönnen, um das Bestehen von Prüfungen, für Papageno und Papagena um Kinder, „die der Eltern Segen sind“. Tamino und Pamina werden durch das Wartenmüsssen, durch das Bestehen von Prüfungen zu erwachsenen, beziehungsfähigen Menschen.

Wer überhaupt nicht mehr warten kann, wird auf Dauer beziehungsunfähig und gleitet in die Sucht ab.

Zu viel, zu früh, zu schnell! Daran leiden unsere Kinder.

Die armen Schüler von heute sehen sich einer maßlosen Fülle an Angeboten gegenüber. Sie haben eigentlich alles verfügbar: Essen, Handys, Sex, Satellitenfernsehen in beliebigen Sprachen rund um die Uhr, die berühmte Capri-Sonne (ein beliebtes Zuckergetränk), zur Not auch Alkohol und Zigaretten. Sie lernen es von früh an zu wenig sich zu konzentrieren, sie lernen es zu wenig, sich lange auf eine Aufgabe vorzubereiten.

In dieser Fülle welche Armut!„, möchte man hier ausrufen. Hier droht vor unseren Augen eine Generation an Kindern verlorenzugehen oder ist schon verlorengegangen.

Und jetzt kommt obendrein noch das Bildungspaket für Kinder in Kinderarmut!  Die armen Kinder fragen: „Wozu denn das? Ich habe doch alles!“

Nein nein, mich wundert es nicht, dass das Bildungspaket so wenig abgerufen wird.

Ich schlage stattdessen vor, dass die armen Kinder in Kita und Schule frühzeitig an kleine Entbehrungen, an kleine Prüfungen herangeführt werden. Welche? Nun, z.B. 5 km am Wandertag zu Fuß zu gehen. Von der Schule weg. Auf Schusters Rappen. Ohne Einkehr, ohne Volksbespaßung, ohne Kino, ohne Geld.

Oder: die 5 Strophen eines alten Volksliedes zu singen, etwa folgendes Lied: „Die güldene Sonne“ von Philipp von Zesen.

1. Die güldene Sonne
bringt Leben und Wonne,
die Finsternis weicht.
Der Morgen sich zeiget,
die Röte aufsteiget,
der Monde verbleicht.2. Nun sollen wir loben
den Höchsten dort oben,
daß er uns die Nacht
hat wollen behüten
vor Schrecken und Wüten
der höllischen Macht.
3. Kommt, lasset uns singen,
die Stimmen erschwingen
zu danken dem Herrn.
Ei, bittet und flehet,
daß er uns beistehet
und weiche nicht fern.4. Es sei ihm ergeben
mein Leben und Streben,
mein Gehen und Stehn.
Er gebe mir Gaben
zu meinem Vorhaben,
laß richtig mich gehn.

5. In meinem Studieren
wird er mich wohl führen
und bleiben bei mir,
wird schärfen die Sinnen
zu meinem Beginnen
und öffnen die Tür.

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Mai 162011
 

16052011608.jpg „… der Eltern Segen werden sein, der Eltern Segen werden sein!“ Wie, ja was? Kinder sind der Segen der Eltern. Ein schönes Wort, das mir aus unserer heutigen Aufführung der Zauberflöte in der Kreuzberger Charlotte-Salomon-Grundschule im Kopf bleibt.

„Abtreibung? Nein, aber das ist doch Sünde!“ So spricht eine Mutter in dem Film „Almanya – Willkommen in Deutschland“ ihrer Tochter ins Gewissen, die ohne Trauschein „zur Unzeit“ schwanger geworden ist – obendrein mit einem Engländer! Mozarts Zauberflöte und die türkische Mama in Almanya kommen darin überein, dass Kinder der Segen der Eltern sind. Die absolute Hochschätzung des Lebens spricht aus Mozarts Zauberflöte ebenso wie aus der kategorischen islamischen Ablehnung der Abtreibung.

Leider wird das Kinderkriegen in der deutschen Gesellschaft fast ausschließlich als pekuniäres Problem gesehen. Es gibt fast keine relevante gesellschaftliche Kraft, die Elternschaft und Familie als Wert preist, die den Mut hätte, junge Erwachsene zum Familiengründen und zur Elternschaft zu ermutigen. Keine deutsche Partei traut sich, eindeutig die Familie als Lebensform zu rühmen.

Kein Wunder, dass alle Versuche, durch sozialtechnische Maßnahmen die deutsche Geburtenrate zu heben, gescheitert sind. Weder mit Geld noch mit besserer Kinderbetreuung lassen sich Menschen bewegen, Kinder in die Welt zu setzen.

Ich halte dies sogar irgendwo für gut. Es zeigt, dass der Staat durch monetäre und sozialpolitische Anreize etwas so Fundamentales wie das Zeugen und Erziehen von Kindern nicht beeinflussen kann.

Umgekehrt ist niemand so von allen guten Geistern des heute üblichen hemmungslosen Opportunismus verlassen, die weit über 120.00 Abtreibungen, die pro Jahr in Deutschland vollzogen werden, als großes Unglück darzustellen. „Nehmen Sie nie das Wort Abtreibung in den Mund, lassen Sie bloß die Finger von dem Thema!“, ist ein Ratschlag, den man jeder Jungpolitikerin ins Stammbuch schreiben muss. „Letztlich muss das Kind in MEINE Lebensplanung hineinpassen, ICH muss letztlich selber entscheiden, ob ICH das Kind haben will oder nicht.“ So in etwa denken viele, mit denen ich gesprochen habe.

Hiermit hat sich die Gesellschaft schon recht weit von jener absoluten Schutzwürdigkeit des menschlichen Lebens entfernt, wie sie etwa der römische Kaiser Konstantin 318 vertrat, der die in der gesamten Antike durchaus übliche Kindstötung durch den Vater verbot. Für Konstatin genoss das neugeborene Kind ein Recht auf Leben, das nicht von Zustimmung oder Ablehnung des Erzeugers abhing. Der römische Kaiser war der Meinung, dass alle Kinder ein Recht auf Leben hatten – unabhängig davon, ob sie in die Lebensplanung des Vaters hineinpassten oder nicht.

 Posted by at 18:36
Mai 132011
 

affe-in-waldsieversdorf-011.jpg Ein Wort, bei dem ich nur noch laut auflachen kann, ist das Wort „Kinderarmut“. Es wird so getan, als hätten die Kinder in Berlin, „der Hauptstadt der Kinderarmut“, zu wenig Kram, zu wenig Geld, zu wenig Zerstreuung, zu wenig Hab und Gut. Ein leider fest verwurzelter, wirklich nur noch lachhafter Unsinn! Eine jener grandiosen Dummheiten, die unauslöschlich die politische Debatte durchziehen! Oder sagen wir es mal so: Es gibt in der Tat eine große kulturelle Öde, eine geistige Kinderarmut, ausgelöst durch materielle Überversorgung, durch den Versorgungs- und Verschwendungsstaat, genannt Bundesrepublik Deutschland. Die armen Kinder kommen vor lauter Fernsehen, Computer, Wii und Nintendo nicht mehr in Kontakt mit dem „Reichtum“ der Kultur.

Ich meine im Gegensatz dazu:

Alle Berliner Kinder sollen frühzeitig mit großen Leitwerken und Leitwerten der europäischen und orientalischen Kulturen bekannt gemacht werden. An den Berliner Schulen ist leider ein äußerst zaghafter Umgang mit den großen europäischen und den orientalischen Kulturen der vergangenen Jahrhunderte zu beklagen, als hätten die Schulen Angst, den Kindern etwas anzubieten, was nicht vollständig den Wertvorstellungen und mehr oder minder erleuchteten geistigen Moden des Jahres 2011 entspricht. 

Die Kinder, aber vor allem die männlichen Jugendlichen wachsen bei uns in einer Öde, in einem kulturellen Vakuum heran, das dann von elektronischen Medien aufgefüllt wird. Die Kinder sind völlig wehrlos im Griff der kommerziellen Pop-Kultur und der glitzernden Verheißungen der Warenwelt.

Riesige Themenbereiche scheinen mittlerweile völlig ausgeklammert zu werden, so etwa die Fabeln und Märchen, die Gedichte der klassischen Autoren (soweit für Kinder fasslich), die Mythen und Sagen, die Religionen und die Motive der mündlichen Erzählung, des Singens und des Tanzens.

Die Schulen berauben die Kinder in ihrer prägbarsten Phase des Zugangs zu den reichen Quellen unserer europäischen und orientalischen Kulturen. Das muss sich ändern. Deutschland und Europa dürfen in den Berliner Schulen nicht als blinder Fleck erscheinen. Warum sollen Grundschulkinder nicht bereits erfahren, wer Odysseus oder Sindbad der Seefahrer waren? Warum sollten sie nicht wissen, dass der arabische Burâq unserem griechischen Kentauren entspricht? Warum sollten sie nicht Goethes „Ein großer Teich war zugefroren“ oder Schillers „Kraniche des Ibykus“ lesen und auswendig lernen? Warum nicht Heines „Ich weiß nicht, was soll es bedeuten“ singen? Warum nicht Teile aus Mozarts Zauberflöte oder Bachs Matthäuspassion hören und mitsummen?

 Posted by at 11:26

Diagnose: Testeritis frenetica, oder: Sollen Berliner Kinder noch richtig gutes Deutsch lernen?

 Deutschstunde, Europäisches Lesebuch, Gute Grundschulen, Kinder, Konservativ  Kommentare deaktiviert für Diagnose: Testeritis frenetica, oder: Sollen Berliner Kinder noch richtig gutes Deutsch lernen?
Mai 132011
 

affe-in-waldsieversdorf-001.jpg Groß ist das Jammern und Klagen in diesen Tagen über den VERA-Vergleichstest! „Zu schwer“, „die Kinder kennen kaum 700 Wörter und sollen jetzt den Test schreiben?“, stöhnen die Lehrer. Nun, ich kenne die Tests, mein vorwiegend russisch erzogener Mit-Migrationshintergrund-Sohn schreibt ihn dieses Jahr zum zweiten Mal mit.

Mein Gesamteindruck von VERA: der Test für die dritte Jahrgangsstufe orientiert sich an dem, was die Generation der heutigen Lehrer und Kultusbeamten in ihrer eigenen Schulzeit etwa am Ende der ersten Klasse beherrschte. Im Test wird also vorausgesetzt oder erwartet, dass die Berliner Kinder heute in der dritten Jahrgangsstufe etwa so gut Deutsch können wie vor 20 oder 30 Jahren die Lehrer am Ende der ersten Klasse. Eine fromme Hoffnung! Eine wortreich beschwiegene, von den Berliner Parteien nicht einmal ansatzweise erkannte Tatsache der Berliner Schulwelt ist: Große Teile der nachwachsenden Generation lernen bis zum Ende der Schulzeit nicht mehr richtig Deutsch. Wer das nicht anerkennt, kennt Kreuzberg, Wedding, Schöneberg, Spandau, Lichtenberg, Tiergarten, Neukölln nicht. Lest einen beliebigen Abschnitt aus einer beliebigen Jammerarie:

mobil.morgenpost.de
Marion Hein, Deutschlehrerin an der Sonnen-Grundschule, findet den Text zu anspruchsvoll für ihre Schüler. „Sie müssen nicht nur die verschiedenen Vogelarten bis zur Lerche kennen, sondern auch noch verstehen, dass den Tieren in der Fabel menschliche Eigenschaften zugeschrieben werden“, sagt sie. Diese Übertragung schaffen die Kinder noch nicht, meint sie. Zudem sei ihre Erfahrungswelt in der Natur oft sehr begrenzt. Als sie mit ihrer Klasse zum ersten Mal im Zoo war, dachten einige Kinder, die Affen seien große Eichhörnchen, erzählt die Lehrerin. Die meisten Eltern seien arbeitslos. Nur selten kämen die Kinder aus dem Neubaugebiet am Dammweg heraus.

Also, wir halten fest: Die Berliner Kinder kennen am Ende der dritten Klasse keine Fabeln. Sie wissen nicht mehr, worum es in einer der bekannten Tierfabeln geht, wie sie in den europäischen und orientalischen Kulturen seit etwa 2 Jahrtausenden gang und gäbe waren. Obwohl Tiere auch im heutigen Leben der Stadtkinder allgegenwärtig sind – etwa in Gestalt von Hunden und Katzen, aber zunehmend auch in Gestalt von Füchsen, Mardern, Eichhörnchen, Tauben, Ratten, Fischen, Spatzen, ja sogar Wildschweinen, lernen die Kinder nicht mehr, dass wir Menschen uns seit Jahrtausenden in den Tieren widerspiegeln und ihnen menschliche Eigenschaften zuschreiben.

Der „böse“ Wolf, das „sanfte“ Lamm, der „stolze“ Adler. Wolf, Lamm, Adler: unwillkürlich erscheinen uns diese Tiere als böse, sanft, stolz. Die Berliner Kinder heute kennen am Ende der dritten Jahrgangsstufe das Wort böse sicherlich noch, aber „sanft“ und „stolz“ sind ihnen meist schon spanische Dörfer. Redet mit ihnen!

Ich bedaure es sehr, dass die Berliner Parteien nicht zu erkennen geben, dass sie sich des Problems  der mangelhaften Deutschkenntnisse der Mehrheit der Berliner Kinder überhaupt bewusst sind. Außer einer  Testeritis frenetica fällt ihnen wenig ein. Es fehlt in Berlin und Brandenburg an jedem tauglichen Modell zur Unterrichtung in Deutsch als Zweitsprache!

Die Grundschullehrer sind sich selbst überlassen. Der Test VERA – oder vielmehr die Klagen der Lehrer über VERA – decken dies schonungslos auf.

Hier stehen wir deutschkundigen Eltern in der Verantwortung. Wir müssen die Berliner Parteien aufrütteln und kräftig durchschütteln! Ich persönlich habe dies vor einer Woche im Hotel Estrel mit schwachen Kräften versucht. Das Echo war mau, oder sagen wir: sanft.

Bild: ein Affe in Waldsieversdorf

 Posted by at 10:43