Mai 062011
 

Hab ich doch immer gesagt! Warum zieht ihr nicht zu uns ins Armutsviertel? Nach Kreuzberg! Kuckt euch doch um, ihr Armutsklagesänger!

Wir haben ein Problem mit Parkplatzmangel für all die Vans und BMWs unserer armen Familien. Aber ist dies echte Armut, wenn man keinen Parkplatz für sein Auto findet?

Statistikpanne beim DIW: Forscher patzen bei Berechnung der Kinderarmut – SPIEGEL ONLINE – Nachrichten – Wirtschaft
Wie groß ist die Armut unter Kindern wirklich? Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung verbreitete einen extrem hohen Wert – und die Republik führte eine hochemotionale Debatte. Jetzt müssen die Ökonomen ihre Zahlen massiv nach unten korrigieren. Wissenschaft und Politik sind blamiert.

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Sind Eltern bessere Menschen?

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Mai 042011
 

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„Sind Eltern bessere Menschen?“, fragte mich kürzlich eine Freundin. Ich antwortete: Eltern sind nicht bessere Menschen, aber die Erfahrung des Elternseins hat eine zum Guten hin verändernde Kraft. Manche – so zum Beispiel der hier Erzählend-Geigende – lernten spät und mühsam im Wesentlichen dadurch Hingabe an einen anderen Menschen. Andere – auch Kinderlose! – waren mir darin ein fast unerreichbares Vorbild: die vielen Kita-Erzieherinnen, Grundschul-Lehrerinnen, Krankenschwestern, Klosterschwestern, Sozialarbeiter, Familienhelfer, denen ich in meinem Leben begegnet bin.

„Soziale Elternschaft“ – das wär’s! Das würde so vielen Erwachsenen einen Sinn geben, den sie sonst nicht finden.

Männliche Aufsichtsratsmitglieder bevorzugen ihresgleichen, biodeutsche Redakteure in Zeitungen bevorzugen ihresgleichen, Kinderlose bevorzugen Kinderlose – ich sehe mit Erstaunen, wie sich oftmals homogene Gruppen anhand des Kinderhabens oder Nicht-Kinderhabens bilden. Das ist nicht so gut. Ich bin für die richtige Mischung.


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Apr. 192011
 

Na also, diese Allensbach-Studie ist Wasser auf meine Mühlen!

Also frisch ans Werk, Bildungspolitiker aller Parteien! Ihr habt meines Erachtens jahrelang an den falschen Stellschrauben angesetzt.

Und die Haushaltszwänge sind nichts als eine bequeme Ausrede geworden, mit der alle den schwarzen Peter weitergeschoben haben.

An die Familien müssen wir ran!  DAS heiße Thema im Wahlkampf 2011: Familien und Schule – ein zerstrittenes Paar?

Wer traut sich?

Allensbach-Studie – Schulen versagen bei der Vermittlung von Werten – Inland – Berliner Morgenpost – Berlin
Konsens ist dagegen, die individuelle Förderung an den Schulen auszubauen. Doch was tut die Politik dafür? Längst nicht genug und oft das falsche.

Eine der teuersten Maßnahmen ist, die Klassengröße zu verkleinern; das ist freilich ein dankbares Wahlkampfthema. Denn 71 Prozent der Bürger glauben, dass sehr große Klassen zu den besonderen Herausforderungen der Lehrer gehören. Die Klassengröße wird stärker problematisiert als schlecht erzogene Schüler.
Mehr personelle Ressourcen

Kleine Klassen sind Lehrern dagegen gar nicht so wichtig, nur 39 Prozent wünschen sie sich explizit. Die Bildungsforschung ihrerseits hat bisher keinen Zusammenhang zwischen Bildungserfolg und Klassengröße ermitteln können. Für einen Lehrer ist es ohnehin unerheblich, ob er nun 28 oder 25 Schüler betreuen muss, in beiden Fällen ist eine individuelle Förderung illusorisch.

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Brauchen wir „Familienbildung“?

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Apr. 132011
 

Ich meine: ja!

Unter Familienbildung versteht man heute eine Weiterentwicklung der herkömmlichen betreuenden Sozialarbeit. Eltern werden nicht als zu betreuende Mündel der „Versorgung“ gesehen. Eltern und Kinder sollen unter Anleitung von Fachkräften und im Verein mit anderen Familien lernen, wie sie Kindern ein liebevolles Zuhause schaffen, wie sie Konflikte ohne Gewalt austragen und füreinander dauerhaft Verantwortung übernehmen.

Familienbildung ist Teil des präventiven Kinderschutzes. Gewalttätigkeiten kommen häufig von der Erfahrung eigener Ohnmacht in der eigenen Kindheit.

Kinder brauchen die Erfahrung der liebevollen Fürsorge und der Zuwendung – aber auch die Erfahrung fester Grenzen. Beides sollen oder sollten eigentlich zunächst einmal die Mütter und Väter in den Familien bieten. Eine Gesellschaft, die nicht beständig darauf hinarbeitet, dass die Familien möglichst allen Kindern Geborgenheit, Liebe und feste Regeln bieten, droht sich selbst aufzugeben.

Familienbildung ist EIN großes Thema, vielleicht sogar DAS große Thema der Gewalt- und Kriminalitätsdebatte!

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Apr. 112011
 

Late Night „Anne Will“: „Fresse halten und anpacken“ für den sozialen Aufstieg – Nachrichten Fernsehen – WELT ONLINE
Bettina Cramer, Journalistin und Botschafterin des Kinderhilfswerks „ Die Arche“: „Wir haben Bürgerinitiativen gegen Stuttgart 21, wir haben Bürgerinitiativen gegen Atom. Warum gibt es keine Bürgerinitiative gegen Armut?“

Tja, warum, warum, wir sind doch die Dagegen-Republik?

Ich würde sagen: Weil es keine Armut in Deutschland gibt. Es gibt Armut in Anatolien, Ghana, Kasachstan, Weißrussland. Fahrt hin oder zieht dorthin um, wenn es euch interessiert.

Es gibt massenhaft Demonstrationen für Lärmfreiheit im reichen Südwesten Berlins, für mehr staatliches Geld in die eigenen Taschen, für saubere Umwelt, sauberen Strom, für gutes Gewissen. Damit wir uns alle so richtig wohlfühlen – jeder soll sich selbst richtig wohlfühlen. Sauber!

Die echten Probleme – ethnische Segregation, Entstehen von Fürsorge-Reservaten, generationenübergreifende gewollte Arbeitslosigkeit – werden von kaum jemandem benannt, geschweige denn, dass den Menschen reiner Wein eingeschenkt würde.

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Apr. 082011
 

Und wieder einmal werden die Tränendrüsen arg strapaziert. Bitte kräftig weinen! Als ob es den Kindern an Geld und Kleidung, an Essen und Obdach, an medizinischer Versorgung und an kostenlosem Schulbesuch fehlte!

Wir haben 800 Millionen Menschen weltweit, denen es an Kleidung und Essen, an Trinkwasser, an medizinischer Versorgung und an kostenlosem Schulbesuch fehlt. DIE sind arm.

Sozialstudie – Berlin ist trauriger Spitzenreiter bei Kinderarmut – Brandenburg Aktuell – Berliner Morgenpost – Berlin

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Apr. 062011
 

Im Jahr 1972 las ich erstmals als 12-jähriger Gymnasiast den Bericht des Club of Rome. Die Botschaft war eindeutig: Wenn wir so weitermachen, zerstören wir die Erde! Ein dumpfes Gefühl der Angst beschlich mich. War es noch zu verantworten, Kinder in die Welt zu setzen? War es nicht unverantwortlich von unseren Eltern, uns Kinder in eine derart von Umweltzerstörung, Kriegen und Atomunglücken geprägte Welt hineinzugebären? Würden wir im Jahr 1990 noch leben? So fragten wir nicht nur stillschweigend, sondern ganz offen!

Die tiefe Verunsicherung, welche die damals entstehende Ökologie- und Anti-Atom-Bewegung in die Kinderseelen einpflanzte, hat eine ganze Generation geprägt. Diese Generation der etwa 50-Jährigen stellt heute das Führungspersonal in großen Teilen der Parteien. Diese Bangnis überlagerte in mir nach und nach wie Mehltau das tiefe Urvertrauen, das ich in meiner frühen Kindheit erlebt hatte. Bis zum heutigen Tag entdecke ich in vielen Deutschen eine völlig überflüssige, eine lähmende Zukunftsangst und Kleinmütigkeit. Sie stürzen sich mit Wollust auf Unglücksnachrichten, quälen sich mit düsteren Ahnungen und vergessen dabei, das Leben wie es kommt und ist anzupacken. Ganz zu schweigen davon, dass niemandem, der in Not ist, geholfen wird, wenn er wieder und wieder hört: „Die Welt ist bedroht. Du bist Opfer. Böse Mächte haben uns alle im Griff.“ In meinem Bekanntenkreis hatten wir vor wenigen Jahren einen schrecklichen Selbstmord zu beklagen. Der Jugendliche hatte ausdrücklich die unaufhaltsame Umweltzerstörung und die weltweit tobenden Kriege als Auslöser seines Freitodes genannt!

Heute wissen wir: Die Voraussagen des Club of Rome waren viel zu düster. Sie sind nicht eingetreten. Ihre Voraussetzungen waren teilweise wissenschaftlich falsch, teilweise wurde durch das Handeln der Menschen Abhilfe geschaffen. Das Ausmaß der Umweltschädigung in den sozialistischen Staaten hingegen war größer als bekannt. Die Abhilfe gegen die unleugbare Umweltzerstörung war in den freien Marktwirtschaften besser, effizienter, als man damals annahm. Insbesondere die natürlichen Ressourcen haben sich als viel größer herausgestellt als damals angenommen. Der Hunger, die Kindersterblichkeit, die Zahl der Kriege sind seit 1970 zurückgegangen, obwohl die Erdbevölkerung zugenommen hat.

Aber diese düstere Grundstimmung wird weiterhin in die Kinderseelen eingepflanzt. Soeben sah ich mit meinem Sohn logo, die Kindernachrichten des öffentlichen Fernsehens KiKa. Aufmacher der ganzen Sendung: „Verseuchtes Wasser quillt unaufhörlich aus dem AKW Fukushima in das Meer, Radioaktivität wird von Fischen aufgenommen, gelangt in die Nahrungskette.“ Unterschwellige Botschaft an die Kinder: „WIR SIND ALLE BEDROHT.  Die japanischen AKWS fügen uns unermesslichen Schaden zu!

Diese Angst der Deutschen vor Verunreinigung, vor Verseuchung, vor Zerstörung durch fremde Mächte hat schon sehr viel Unheil bewirkt. Ist es eine typisch deutsche Angst? Ja! Genau diese Angst hat zu den größten Demonstrationen in der Geschichte der Bundesrepublik geführt!

Ich halte diese Panikmache bei den Kindern, wie sie etwa KiKa einflößt, für unverantwortlich. Mit teilweise unhaltbaren, teilweise falschen Aussagen wird den Kindern, die den KiKa kucken, eine tiefe Weltangst eingepflanzt. Die Aufmerksamkeit der Kinder wird auf einen einzelnen fernen Punkt in Japan fokussiert. Fukushima – das ist das Böse. Das tiefe Leid der Menschen, die durch den Tsunami (nicht durch den Unfall im AKW) ihre Habe und ihr Obdach verloren haben, wird überhaupt nicht erwähnt. Das ist obendrein zynisch.

Toll dagegen, wie Schalke gestern Abend Inter Mailand zerlegt hat!  Rangnick hat die Mannschaft gedreht, obwohl Magath große Verdienste um den Spielaufbau erworben hat. Magath kommt in der Darstellung meist zu schlecht weg, finde ich. Die Grundeinstellung stimmte einfach! Sie haben sich durch das frühe Tor nicht entmutigen lassen. Eine Zuversicht, ein Glück des Gelingens war in den allermeisten Spielzügen zu erkennen. Keine Spur von Zukunftsangst! Sehr gut!

KI.KA – Fernsehen – logo

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„Bitte alle 7 Strophen noch einmal!“

 Deutschstunde, Kanon, Kinder, Rilke, Was ist deutsch?  Kommentare deaktiviert für „Bitte alle 7 Strophen noch einmal!“
März 212011
 

u1_978-3-596-90327-6343324.jpg„Guter Mond, du gehst so stille“ – dieses Lied sang ich gestern in allen 7 Strophen für meinen kleinen Sohn, wie es einst unser eigener Vater auch sang. Nach einem anstrengenden Tag entfaltete das Singen des Liedes eine unglaublich befreiende, lindernde Wirkung. Der Sohn sagte dann: „Jetzt singe das ganze Lied noch einmal!“ Ich traute meinen Ohren nicht.

Ich schüttelte alle Sorgen ab und schlief den erquickenden Schlaf.

Das Buch „Die schönsten Volks- und Wanderlieder“ hatte ich nahezu druckfrisch von meinem Besuch der Buchmesse Leipzig mit nachhause genommen und schon im ICE leise zu singen angefangen.

Die Kinder von heute lernen diese Lieder, die teilweise über mehrere Jahrhunderte weitergegeben worden sind, nicht mehr in der Schule. Ich wiederum kenne keine Lieder, die meine Söhne in der Schule gelernt hätten. Die Lieder im Musikbuch sind mir alle unbekannt. Keines bleibt haften. Rilke stellte im Malte Laurids Brigge fest: „Dass man erzählte, das muss vor meiner Zeit gewesen sein.“ Mir scheint: „Dass man die Kinder singen lehrte, das war vor unserer Zeit.“

Ich denke: Es wäre doch schön, wenn die Kinder in Kita und Schule Lieder sängen –  nebenbei würden sie auch eine gute deutsche Aussprache erlernen. Mir fällt auf, dass die Aussprache des Deutschen sich bei Kindern und Jugendlichen in Berlin schon sehr zu wandeln beginnt. Die Kinder verschlucken immer mehr Laute, die Vokale werden immer farbloser, Quantitäten verschwimmen, oft habe ich das Gefühl, die Berliner Kinder „kriegen die Kiefer nicht mehr auseinander“. Es wird vieles verhuscht und vernuschelt, die Satzmelodie ändert sich. Tausende und abertausende Berliner Kinder verlassen die Schulen jedes Jahr mit rudimentären Deutschkenntnissen. Vielleicht eine Folge dessen, dass fast nicht mehr gesungen wird?

Die schönsten Volks- und Wanderlieder. Texte und Melodien. Herausgegeben von Günter Beck. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main, März 2011, 304 Seiten, € 8.-

Fischer Klassik

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März 162011
 

Kinder brauchen ein Gegenüber, um zu wachsen. Sie brauchen Struktur, sie brauchen Grenzen, sie brauchen die Auseinandersetzung mit dem anderen Menschen. Sie brauchen als Jugendliche nicht nur liebevolle Zuwendung, sondern auch Aufgaben, Ansprüche, an denen sie wachsen können. Das kann auch ein unbequemer Mensch sein – etwa der Vater oder ein Berater oder Lehrer.

Im Ratgebergespräch beschreibt der Kreuzberger Kinderpsychiater Dr. Andreas Wiefel etwas sehr Richtiges! Der Jugendliche Johann, 15 Jahre alt, hat sich zurückgezogen. Was wird ihm helfen?

Ratgeber – Unser Sohn hat sich völlig zurückgezogen – Expertenfrage – Berliner Morgenpost – Berlin
Dort wird es darum gehen, dass Johann wieder eine andere Person als „Gegenüber“ kennen lernt, von der er wieder erfahren kann, dass der Mensch zunächst ein Seelenwesen ist, das auf emotionale Nahrung angewiesen ist.

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März 132011
 

Eine erste Wanderung am heutigen  Sonntag führte meine Schulgemeinschaft vom schroffen Machtkult des Olympiastadions über die hingemähten Leidensmale des britischen Soldatenfriedhofs in den Grunewald. „Es grunelt“, so nannte Goethe des öfteren dieses erste flächenhaft hingesprenkelte Grüne, dieses Voratmen des Frühlings. Herrlich! Unser Lachen schallte durch den noch laublosen Wald.

Und sogleich entspringt ein Leben,
Schwillt ein heilig heimlich Wirken,
Und es grunelt und es grünet
In den irdischen Bezirken.

Dann, beim letzten steilen Anstieg zum Grunewaldturm, staunte ich baff. Was hörte mein Ohr?  „Kannst du mich tragen?“ Ein achtjähriges Kind verlangte dies von mir! SIE VERSUCHEN ES HALT IMMER WIEDER!, dachte ich. Die Kinder sind wie Empfänger staatlicher Hilfe, wenn man nicht aufpasst. Kinder sind schlimmstenfalls wie konkursgefährdete staatsgestützte Betriebe, wie bankrotte halbstaatliche Banken, notleidende EU-Länder, wie lernunwillige Jugendliche mit oder ohne allerlei migrantische Hintergründe. „Kannst du mich tragen!“ Die Spatzen kriegen den Hals nicht voll genug! Sie tschilpen und fiepen!

Ich lehnte schroff ab: „Ich denke nicht im Traum daran, dich zu tragen! Geh selber!“ Und gut war. Der Knabe schaffte die schroffe Anhöhe spielend und ohne weiteres Jammern.

Gut auch: Die Radfahrer sind wieder los. Es werden immer mehr!

Geht selber und fahrt selber, mit eigener Kraft! Strampelt euch frei!

Der Radverkehr legt zu, die Planer müssen sich drauf einstellen!

Vom Erfolg überrollt – Berliner Zeitung
Die Planer müssen aber nicht nur über neue Wege nachdenken – sondern verstärkt auch darüber, wie bestehende Anlagen, die für den gewachsenen Radverkehr zu klein geworden sind, erweitert werden könnten. Zu diesen „Hot Spots“ gehören die Schönhauser, Prenzlauer und Frankfurter Allee , sagte Arvid Krenz, Fahrradbeauftragter des Senats. „Dort reicht vor allem vor den Ampeln der Platz nicht mehr aus, es gibt regelrechte Fahrradstaus.“ Das Problem ist: „Wenn man Radfahrern mehr Platz gibt, muss man anderen Platz wegnehmen“ – meist den Autofahrern, so Guggenthaler. Neue Radfahrstreifen fallen mit 2,30 Meter meist 50 Zentimeter breiter aus als frühere.

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März 122011
 

Sicher, zielstrebig, auf geraden Gleisen brachte mich der ICE gestern von Hamburg nach Berlin zurück. Das schreckliche Unglück in Japan erschütterte mich mit Magnitude.

Von irgendwoher erinnerte ich mich des großartigen Augustinus-Wortes: ama et fac quod vis. „Liebe und tu was du willst.“ Bei allen Zweifelsfragen, bei allem  Tappen und Tasten kann dieses starke Wort helfen, den richtigen Weg, den Weg der Mitte zu finden.

Beim Blättern einer in Hamburg erscheinenden Tageszeitung stieß ich auf die Wendung „personalistische Mitte“. Ein bekannter Diener des Wortes und Diener der Gemeinde hat diese gute Wendung gefunden! Die Welt berichtet darüber:

Die Vernunft ist nicht ewig haltbar – Nachrichten Print – DIE WELT – Kultur – WELT ONLINE

„Wie man ein Kind lieben soll“ – dieser Titel eines großen Buches von Janusz Korczak fiel mir ein, nachdem der ICE-Schaffner seinen Zangenabdruck hinterlassen hatte. Kann man Liebe lehren? Ich meine: ja! Das richtige Erziehen, die richtige Liebe zu Kindern ist kein Zauberkunststück. Sie muss das Kind annehmen und ernstnehmen, dem Kind bedingungslose Aufmerksamkeit und Wertschätzung entgegenbringen, aber auch feste Grenzen und erreichbare Ziele setzen. Dies alles in einen Ausgleich zu bringen, zwischen den Extremen der Verwöhnung und der Vernachlässigung die rechte Mitte zu finden, ist nicht leicht. Aber es ist möglich, sofern nur die Person des Kindes mit seinen Grundbedürfnissen nach Geborgenheit und Selbständigkeit ganz im Zentrum steht.

Diese Haltung nenne ich den Personalismus der Mitte.  Der Personalismus der Mitte – das sei meine Haltung in vielen Dingen – im Umgang mit Menschen ebenso wie in der Politik.

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When It Comes To Class Size, Smaller Isn’t Always Better

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März 032011
 

Kuckstu mal hier in die TIME: Die kleine Klasse – heilige Kuh aller Bildungswutbürger – ist weniger wichtig als die Persönlichkeit des Lehrers. Spannend! Hab ich immer gefühlt. Zu den teuersten und (am leichtesten zu fordernden Maßnahmen) gehört ja die Forderung nach „kleineren Klassen“. Schön und gut. Aber es fehlt an Geld und an Lehrern.

When It Comes To Class Size, Smaller Isn’t Always Better – TIME
In other words, class size matters, but teacher effectiveness matters more. That means that as a parent, you’re better off with 28, 30, or maybe even more kids and a great teacher, than 24 or 22 and a mediocre one. What’s more, to really make a difference smaller must mean much smaller. Fewer than 16, for instance.

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Was haben Jeffrey W., Andreas Baader und König Friedrich Wilhelm I. in Preußen gemeinsam?

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Feb. 172011
 

Einen unauslöschlichen Eindruck hinterließen mir gestern Theodor Fontanes Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Da wir am Wochenende die Bahn nach Küstrin besteigen werden, las ich mich in dem Abschnitt über Küstrin fest, und hier fesselte mich insbesondere die Katte-Tragödie, welcher der Autor nicht weniger als 40 Seiten widmet. Kronprinz Friedrich versuchte 1730 vor dem herrischen, gewalttätigen und jähzornigen Vater, dem König Friedrich Wilhelm I., zu fliehen. Hier ein Ausschnitt der packenden Schilderungen Fontanes:

Theodor Fontane: Wanderungen durch die Mark Brandenburg
Die Reise ging nun rheinabwärts. Am 10. war man in Bonn, am 11. in Wesel. Der »Arrestant« ward am Ufer von dem Oberstlieutenant von Borcke mit einem starken Kommando in Empfang genommen und in die Festung gebracht. Am anderen Morgen, den 12., erfolgte seine Vorführung vor den König.

»Warum habt Ihr entweichen wollen?«

»Weil Sie mich nicht wie Ihren Sohn, sondern wie einen gemeinen Sklaven behandelt haben.«

»Ihr seid nichts als ein feiger Deserteur, der keine Ehre hat.«

»Ich habe soviel Ehre wie Sie, und ich habe nichts getan, was Sie an meiner Stelle nicht auch getan hätten.«

Bei diesen Worten zog der König den Degen und wollte den Prinzen erstechen. Aber der tapfere Kommandant, Generalmajor von der Mosel, warf sich dazwischen und sagte: »Sire, durchbohren Sie mich, aber schonen Sie Ihres Sohnes.«

Was war das für ein Mensch, dieser König Friedrich Wilhelm? Wie konnte es dazu kommen, dass er sich so oft an seiner Umgebung verging? Selbst ihm wohlgesonnene Schriftsteller  wie Theodor Fontane oder Jochen Klepper, die seine großen, unbestreitbaren Verdienste um die innere Festigung des Landes und die Sanierung der bei seinem Regierungsantritt heillos zerrütteten Staatsfinanzen rühmen, verfehlen nicht, seine häufigen Wutanfälle, sein rohes Treten, Schlagen und Einprügeln auf Diener, auf den Sohn, auf Offiziere und Angehörige zu erwähnen.

Als häufigste Erklärung für Rohheit, für Gewaltdelikte bei Männern wird meist Gewalt und Prügeln in der Herkunftsfamilie angegeben. Auch der jüngste, unfassbare Gewaltvorfall am U-Bahnhof Lichtenberg wirft viele Fragen auf. 4 männliche Jugendliche im Alter von 14 bis 17 Jahren haben einen Maler schwer zusammenschlagen, getreten und fast zu Tode zugerichtet. „Die Hauptursache von Gewalt unter Jugendlichen“ sieht die Präventionsbeauftragte der Polizei, Susanne Bauer, „in der häuslichen Gewalt“. So berichtet es heute die Berliner Zeitung auf S. 23. „Wer groß werde mit Schlägen in der Familie, für den gehöre Gewalt zum Leben. Dies betreffe vor allem Migrantenfamilien aus Kriegsgebieten.“

Das geschlagene Kind wird selber zum Schläger. So behaupten es immer wieder manche Psychologen, manche Sozialarbeiter und eben auch manche Präventionsbeauftragten. Die Legende von der Kriegstraumatisierung hält sich hartnäckig – auch dann, wenn die Kinder gar nicht aus Kriegsgebieten stammen, sondern aus Wedding, Lichtenberg oder Neukölln.

Ich kann dem so einfach nicht zustimmen. Denn – und hier schließt sich der Kreis zu zahlreichen anderen Einträgen dieses Blogs – die Gewaltkriminellen kommen häufig nicht aus Prügler-Familien, sondern ganz im Gegenteil aus verwöhnenden Familien. Sehr viele dieser Gewalttäter wuchsen ohne männlichen Einfluss auf, wurden verhätschelt und betüttelt. Auch die vier Gewalttäter von Lichtenberg bilden da offenbar keine Ausnahme. Lest selbst, Berliner Zeitung heute, S. 23:

Er gilt als schwieriger Schüler, so wie viele in der Schule Am Rathaus. Sie liegt in einem Kiez, wo die meisten Kinder aus zerrütteten Familienverhältnissen kommen. Jeffrey W. wird als unruhig beschrieben, von einigen auch als hyperaktiv. Lehrer bescheinigen ihm, er sei „durchaus in der Lage, Leistung zu zeigen“, etwa in Biologie und Physik. Die Mutter, die alleinerziehend ist, habe sich kooperativ gezeigt und an den Elterngesprächen und Versammlungen teilgenommen. Schulleiterin Petra Jäger sagt nur: „Für den Schüler haben wir uns alle erdenkliche Mühe gegeben, dass er seinen Hauptschulabschluss macht.“

Also: Viele Frauen geben sich alle erdenkliche Mühe um Jeffrey. Dass er von den Frauen – der Mutter, der Rektorin, den Lehrerinnen – geprügelt wird, halte ich für äußerst unwahrscheinlich. Der Vater fehlt.

Jeffrey ist kein Geprügelter. Er ist eher der Prinz, der sich alles erlauben darf.

Wie schaut’s beim echten Prinzen aus, beim jungen Friedrich Wilhelm? Er wurde ebenfalls in früher Kindheit nur von Frauen erzogen, zunächst von seiner Großmutter, anschließend von der Hugenottin Marthe de Montbail, der späteren Madame de Roucoulle. Wie war er als Junge?  Hierzu las ich gestern die große Biographie des Berliner Autors Jochen Klepper.

Der junge Prinz schlief während des Unterrichts auf der Couch, rauchte Tabak, fluchte in einem fort, lärmte mit Hunden durch die Gemächer, ging statt der Türen durch die Fenster ins Freie. Jochen Klepper notiert: „Alle Frauen, auch die eigene Stiefschwester, nannte er Huren.

Wikipedia sagt lakonisch zum Betragen des jungen Prinzen:

„Seine Mutter verwöhnte ihn. […] So vertrug er sich nur schlecht mit seinem fünf Jahre älteren Cousin und Spielgefährten, Georg August, dem späteren Georg II., König von Großbritannien, den er des öfteren verprügelte. Die beiden entwickelten aufgrund dessen eine lebenslange persönliche Feindschaft.“

Der Hohenzollernprinz zeigt also alle Anzeichen eines systematisch verwöhnten, nicht an Grenzen herangeführten Jugendlichen, der alle Merkmale eines gewalttätigen Jugendlichen unserer Tage aufweist: Jähzorn, Neigung zur Gewalt, Unbeherrschtheit, Verachtung des Weiblichen, des „Effeminierten“, wie es der junge Prinz Friedrich Wilhelm verspottete.

Von irgendwelchen Prügelexzessen seines Vaters ist nichts bekannt. Im Gegenteil!

Gerade aus verwöhnten, verhätschelten, weitgehend unter Frauen aufwachsenden Jungen werden oftmals die brutalsten Schläger und Gewalttäter – so wie etwa Jeffrey W., Friedrich Wilhelm I. oder auch der in diesem Blog mehrfach erwähnte verwöhnte RAF-Prinz Andreas Baader, über den Andreas Veiel ja gerade in diesen Minuten seinen neuen Film zeigt.

„Der Geschlagene wird selber zum Schläger“ – so einfach ist es nicht! Zum Schläger wird oft der verzogene, der launische Prinz.

Ich hatte als einfacher Kreuzberger Bürger ebenfalls Gelegenheit, den einen oder anderen wirklich schwer gewalttätigen Jungen kennenzulernen. Auch in diesen Fällen bemerkte ich stets eine alleingelassene, hoffnungslos überforderte Mutter und viele, viele wohlmeinende Frauen. Der Vater fehlt. Dieses Setting kann Gift für das Sozialverhalten unserer Prinzen werden. Die Sozialkosten dieser verwöhnenden, grenzenlos verhätschelnden Erziehung sind unermesslich hoch. Das Lichtenberger Opfer, der 30-jährige, ins Koma getretene und verprügelte Malermeister, aber ebenso auch das traurige Schicksal des Hans Hermann von Katte belegen dies zur Genüge.

Gute Präventionsarbeit scheint übrigens die Berliner Polizei zu liefern. Denn die Polizisten leisten genau das, was den Jungen fehlt: feste, durch einen erwachsenen Mann gezogene Grenzen. Nur reicht es oft nicht aus.

Quellen:

Theodor Fontane: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Zweiter Teil. Das Oderland. Barnim-Lebus. Küstrin. Die Katte-Tragödie. Aufbau Taschenbuch Verlag, Berlin 1997, S. 299-339, hier: S. 302-303

Andreas Kopietz: Hätten die Schläger gestoppt werden können?, in: Berliner Zeitung, 17.02.2011

Lutz Schnedelbach: Gewalt beginnt zu Hause, in: Berliner Zeitung, 17.02.2011

Jochen Klepper: Der Vater. Roman eines Königs. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1986, insbesondere S. 16 (Erstausgabe 1937)

heute Magazin, 17.02.2011

Bild: Schloss Sans-Souci in Potsdam, aufgenommen am 28.12.2010

 Posted by at 23:39