Okt 202008
 

Auch Italien diskutiert nunmehr staatliche Beihilfen für die Automobilbranche. Fiat stottert und hüstelt, der Staat soll die Medizin reichen. Der Corriere berichtet heute:

Scajola: «Il governo sta valutando incentivi alla rottamazione» – Corriere della Sera
Il governo sta pensando a incentivi per la rottamazione di auto ed elettrodomestici. Lo ha reso noto il ministro per lo Sviluppo economico, Claudio Scajola. «C’è una valutazione da parte del governo,e la sta seguendo il presidente del Consiglio insieme ai diversi ministri interessati, per far sì che si possa far ripartire il mercato delle auto, che è fermo in tutta Europa, e quello degli elettrodomestici, anch’esso fermo». Secondo Scajola «lo scopo è mettere insieme due esigenze: da un lato ridurre le emissioni nell’atmosfera e l’assorbimento di energia e nel contempo aiutare lo sviluppo industriale di tutti questi settori in difficoltà». Il ministro ha sottolineato che «il governo deve agire perché la crisi finanziaria non si riversi nell’economia reale e quindi stiamo accelerando il percorso di incentivi sull’innovazione, sulla ricerca e sull’alta tecnologia per far ripartire una situazione industriale che è vicina alla crescita».

Ähnliches hat Kanzlerin Merkel am Sonntag vorgeschlagen: Staatliche Anreize zum Kauf neuer Autos, damit es der Automobilbranche besser gehen möge. Staatliche Eingriffe in die Konjunktur zugunsten des emissionsstarken PKW-Verkehrs?

Das kann nicht überzeugen. Wir wollen doch – so verkündete Kanzlerin Merkel selbst – das Fernziel erreichen, dass jeder Erdenbürger nur noch 2 Tonnen Kohlendioxid pro Jahr ausstößt. Derzeit liegen wir etwa beim 4- bis 5-fachen! Mehr Autos passen da nicht ins Bild. Eher schon mehr Fahrräder!

Aber ich wäre auch gegen staatliche Beihilfen für die Fahrradindustrie. Wir brauchen vielmehr eine bessere Infrastruktur für den Radverkehr. Keine Kaufzuschüsse, die nur wettbewerbsverzerrend wirken.

Und deshalb halte ich es für dringend geboten, dass in die Vorlage zur Fahrradnovelle zur StVO der bisher vorgesehene Hinweis auf die Empfehlungen für Radverkehrsanlagen (ERA)  eingefügt wird!  Gute, sichere und ausreichend breite Radverkehrsanlagen, die bundesweit einem einheitlichen Qualitätsstandard entsprechen, sind ebenso unverzichtbar wie eine einheitliche Gestaltung und Ausschilderung der Bundesautobahnen. Bundesrat, aufgepasst! Denkt an den Radverkehr, ehe ihr die Novelle abnickt!

Selbst Verbandssprecher Matthias Wissmann (CDU) lehnt im Namen der deutschen Automobilbranche das „unmoralische Angebot“ ab. So schreibt die Financial Times Deutschland am 13.10.2008:

Allerdings hatten deutsche Branchenvertreter das Hilfspaket auch scharf kritisiert: „Wenn die amerikanische Autoindustrie ihre strukturellen Probleme nicht löst, helfen alle Subventionen nichts“, sagte Matthias Wissmann, Präsident des Branchenverbands VDA. „Wir sind Gegner von Subventionskämpfen.“Es war befürchtet worden, dass die Unterstützung der US-Regierung eine Lawine ähnlicher Stützungen in anderen Ländern nach sich zieht und so ein Wettrüsten der Subventionen entsteht.

 Auch die italienischen Gewerkschaften und der italienische Sozialminister Sacconi lehnen die direkten staatlichen Beihilfen zur Anschaffung neuer Autos ab. Richtig! Staatliche Wirtschaftslenkung zugunsten einzelner heimischer Branchen ist der falsche Weg. Das gilt in Italien ebenso wie in Deutschland.

SACCONI: NO AIUTI ALLA FIAT – Il ministro del Welfare, Maurizio Sacconi, in un’intervista al Riformista apparsa lunedì mattina, si era detto contrario a nuovi «aiuti di Stato alla Fiat» e di essere «contrario a un intervento dello Stato per settori o singole aziende». Le imprese, per Sacconi, andrebbero aiutate irrobustendo il canale che garantisce loro liquidità.

NO ANCHE DEI SINDACATI – Anche Cgil, Cisl e Uil si erano dette contrarie a un intervento specifico da parte dello Stato per la Fiat. «Il problema della Fiat non si risolve con una rottamazione o gli incentivi», ha detto il segretario confederale della Cgil, Susanna Camusso. «La crisi riguarda i beni di prima necessità». Per Paolo Pirani della Uil «la rottamazione in questo momento non avrebbe alcun senso». Gianni Baratta della Cisl: «Più che risposte spot serve una consapevolezza che la crisi non è solo finanziaria ma strutturale».

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„Gute Kommunikation ist das A und O“

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Okt 202008
 

„Gute Kommunikation ist das A und O bei uns“ – so sagte mir erst vor wenigen Tagen eine Berliner Unternehmerin, als ich mit ihr über den fabelhaften Erfolg ihrer Firma sprach. „Wenn wir nicht weiterkommen, dann rufen auch wir auch schon mal eine externe Trainerin. Wir setzen uns zusammen, diskutieren Schwachstellen und ändern unser Verhalten. Danach läuft der Laden wieder. So etwas nennen wir: professionelles Krisenmanagement.“

„Aha! Und was halten Sie für das Wichtigste bei guter Kommunikation?“, frage ich, neugierig geworden. Sie antwortete: „Klare Botschaften sind wichtig. Mal hü – mal hott – das kommt nie gut an. Niemand darf in Konfliktfällen sein Gesicht verlieren, auch die Unterlegene nicht. Man muss Fehler zugeben können. Wenn niemand mehr eigene Fehler zugibt, läuft etwas schief. Und sobald einmal eine verbindliche Vereinbarung getroffen ist, müssen sich alle daran halten.“

Wieder einmal beschlich mich der mulmige Verdacht: Sind Frauen besser im Kommunizieren? Einiges spricht dafür. Aber auch wir Männer sind Menschen. Menschen können lernen. Menschen können sich ändern, das wir wissen wir doch.

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Nach dem Machtkampf ist vor dem Machtkampf ist während des Machtkampfs

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Okt 182008
 

Wer aufmerksam die Vorgänge in Wirtschaft, Politik und Kultur verfolgt, stellt fest: Immer wieder verschleißen Organisationen wichtige Führungsgestalten. Die Frage lautet dann: Wer sind die nächsten? Es lässt sich meist bereits früh absehen, dass eine vorschnelle Benennung von Kandidaten nur zu deren vorzeitigem „Abräumen“ führt, wie das in Berlin recht grob genannt wird. Es werden – wenn nicht bewusst gegengesteuert wird  –  sicherlich mehr als sieben Kandidaten verschlissen, ehe dann der letzte, der einzig noch wählbare, übrigbleibt. Was läuft in solchen Fällen falsch?

Ich meine: Die wichtigsten der zahlreichen Blöcke und Kleinstparteien innerhalb der Firma müssen befragt werden, ehe ein Vorschlag ins Rennen geschickt wird.  Der Dauerstreit geht sonst endlos weiter. Wer sich hierüber wundert, muss sich einen Mangel an politischem Instinkt vorhalten lassen.

Wenn bereits früh massive Kritik an den Personen und dem Verfahren laut wird, dann sind diese Kandidaten nicht mehr durchsetzbar. Der Fachmann sagt: Sie sind „verbrannt“. Man sollte sie dann aus der Schusslinie nehmen.Ich meine: Eine Lösung der Probleme kann nur im Zusammenwirken aller beteiligten Fraktionen, Seilschaften, Blöcke und Kleinstparteien innerhalb einer handlungsunfähigen Organisation gelingen. Hierzu könnte man an das „Beichstuhlverfahren“ Angela Merkels  denken. Es müsste ein Unterhändler gefunden werden, der über den Parteien steht und dann in mühseliger, diskreter Kleinarbeit ohne Büchsenspanner aus der Lokalpresse einen Vorschlag zum Verfahren macht, dem alle Streitkräfte zustimmen können.

Wichtig ist, dass die Unternehmung  sich auf eine Art Regelwerk der guten Zusammenarbeit einigt und diese Selbstverpflichtung von allen Kämpfern und Matadoren unterzeichnen lässt, so dass eine Abfolge von wiederholten schweren und schwersten Fehlern verhindert werden kann.

Zeitdruck besteht dabei nicht.

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Nehmt ihn aus der Schusslinie!

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Okt 172008
 

saviano_5_12_2007.jpg Heftige Debatte in Italien um die Gefährdung des Schriftstellers Roberto Saviano. Todesdrohungen aus Gefängniszellen heraus werden berichtet. Der Innenminister Maroni versuchte heute, durch eine paradoxe Intervention den Schriftsteller aus der Schusslinie zu nehmen: Er leiste nicht die Hauptarbeit. Die Hauptarbeit leisteten Justiz und Polizei. Die Repubblica schreibt in diesem Sinne heute:

Parole forti, perfino frecciate polemiche, del ministro degli Interni Maroni a Roberto Saviano. „E‘ un simbolo – dice il ministro – ma non è il simbolo. La lotta alla criminalità organizzata la fanno poliziotti, carabinieri, magistrati, imprenditori che sono in prima linea ma non sulle prime pagine dei giornali“.

Maroni „ridimensiona“ Saviano „La lotta al crimine la facciamo noi“ – cronaca – Repubblica.it

Unser Foto zeigt von links: den hier schreibenden Verfasser, Roberto Saviano und Giovanni di Lorenzo. Bei einer Veranstaltung im Hamburger Kampnagel, Dezember 2007.

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Okt 172008
 

Liebe Blogger, gestern war ein guter Tag. Am Vormittag radelte ich mit Bezirks-Baustadträtin Jutta Kalepky und zwei Freunden aus dem ADFC durch unser heimatliches Friedrichshain-Kreuzberg. Ihr wisst ja: Fachgespräche als solche sind gut, aber Fachgespräche in Verbindung mit praktischen Erfahrungen in Berlins Straßenland sind noch besser. Eine gemütliche Kaffeerunde in einer Friedrichshainer Bäckerei beschloss die herbstliche Erkundungstour.

Der Höhepunkt folgte  am Abend. Der Bezirksrat des ADFC tagte. Alle Sprecher der verschiedenen Stadtteilgruppen treffen dort mit dem Landesvorstand  zusammen, stimmen sich ab, besprechen Strategien, tauschen Tipps aus. Auf der Tagesordnung stand auch die Wahl des Sprechers des Bezirksrates. Da musste ich ran! Ich liebe Wahlen – dieses leichte Kribbeln in den Handflächen! In meiner Bewerbungsrede hob ich hervor: „Ich sehe dieses Amt als Herausforderung. Viele Einzelmeinungen müssen abgestimmt werden. Nach außen müssen wir mit einer Stimme sprechen. Der Sprecher muss gegebenenfalls auch seine persönliche Meinung hintanstellen können. Mitglieder, Gremien, Landesvorstand, Bundesverband – wir müssen alle an einem Strang ziehen. Mein persönliches Herzensanliegen: Sicherheit im Straßenverkehr. “

Warnend fügte ich an: „Bedenkt: Ich bin erst seit Januar 2008 Mitglied! Wollt ihr so einen jungen Hupfer vorne hinstellen?“ Es nützte nichts. Sie wollten. Ich erhielt alle Stimmen. 100%. „Werd ich gleich nach Bayern kabeln. Bin aber nicht von der CSU.“ Na, da hab ich mich sehr gefreut. Und ein kühles Fläschchen Bocksbeutel von der Bundestagsabgeordneten Heidi Wright wartete nur darauf, von uns entkorkt zu werden. So geschah es. Ich mag die Frankenweine! Sehr sogar.

So übernehme ich also Verantwortung – nicht nur für die etwa 1000 ADFC-Mitglieder in meinem Heimatbezirk, sondern in gewisser Weise für alle bestehenden Stadtteilgruppen, für alle 12000 Berliner Mitglieder. Sehr gut!

Beschwingt radelte ich bei leichtem Nieselregen nachhause. Dort wartete bereits meine Theater-Prinzipalin auf mich. Sie heißt Ira. Denn heute werden wir wieder einmal Mozarts Zauberflöte aufführen, in Iras Kurzfassung für Marionettentheater. Diesmal in der Staatlichen Europaschule am Brandenburger Tor. Es gab zwei Durchlaufproben. Meine Prinzipalin war streng mit mir. Da musste ich durch. Aber ich liebe Mozart. Sehr sogar!

Unser Foto zeigt Papageno und Papagena, zwei Puppen aus unserer eigenen Herstellung.

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„Warum hältst nur du bei Rot, Papa?“

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Okt 162008
 

15102008006.jpg Es ist schon erstaunlich, was ich in meiner Eigenschaft als unerschrockener Kämpfer für den Radverkehr regelmäßig als erstes zu hören bekommen: „Die meisten Radfahrer scheren sich einen Deibel um die Rechte und Pflichten eines Verkehrsteilnehmers. Schafft erst einmal Ordnung unter euren Leuten, dann können wir weiterreden!“

Zwar bin ich selbst begeisterter Radfahrer, aber diese Klagen, die ich in den letzten Monaten sogar noch mehr zu hören bekommen, sind leider berechtigt.

Untrüglicher Indikator dafür ist mein sechsjähriger Sohn. Er benimmt sich wie ein mitfahrender Polizist, der ständig im Dienst ist. Mit dem Rad, mit dem Auto, überall. Sobald ich auch nur einen Kilometer mit dem Auto  zu schnell fahre, schlägt er an: „Du fährst 81, Papa. Erlaubt sind 80!“ So geschehen auf dem neu eröffneten Teilstück der Stadtautobahn vor drei Wochen.

Und natürlich sieht er, dass fast kein Radfahrer sich hier in Berlin an die grundlegenden Verkehrsregeln hält, die ich ihm einimpfe. „Warum hältst nur du bei Rot? Warum fährst nur du nicht auf dem Gehweg?“ „Weil es so die Regel ist.“ Ich erkläre es ihm immer wieder, wiederhole die Verkehrsregeln. Einfach, weil ich will, dass er sicher ankommt.

In Münster scheint die Situation so ähnlich zu sein. Dort besteht offenbar ein besonders hohes Unfallrisiko, weil der Radverkehrsanteil so hoch ist. Trifft dies zu? Der Spiegel zumindest schreibt heute:

In Münster, der Musterstadt der Zweiräder, fühlen sich viele Velofahrer offenbar per se im Recht. Oft bekommt Boecker zu hören, dass er sich doch besser um die Autofahrer kümmern solle. Regelmäßig machen sich die Verkehrssünder auch einfach aus dem Staub, wenn der Polizist sie heranruft. Kürzlich musste er einen Studenten, der eine rote Ampel missachtet hatte, mit seinem Trekkingbike über drei Kilometer quer durch die Innenstadt verfolgen. Fahrradfahrer hätten ja leider keine Kennzeichen, man müsse sie „stellen“, um sie bestrafen zu können, sagt Boecker.

Fahrradstadt Münster: Pedalisten ohne Manieren – SPIEGEL ONLINE – Nachrichten – Auto

Liebe Blogger, ich werde innerhalb des ADFC weiterhin für mehr Verkehrssicherheit kämpfen. Dazu gehört auch ein regelkonformes, faires Verhalten der Radfahrer. Ich habe dort einige Verbündete.

Gestern besuchte ich meine Schwester in Frankfurt. Dort entstand unser heutiges Foto: Ein Fahrradschlauchautomat. Im weinseligen Stadtteil Bornheim. Dort geht es den Radfahrern gut. „Nie mehr ohne!“ Aber werden auch alle Verkehrsteilnehmer nach dem Besuch der Weinstuben stets erkennen, welche Art Gummi es hier zu kaufen gibt?

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Okt 132008
 

13102008.jpg Nennen wir sie – Alexa. Denn ich sah das Portrait dieser Nachwuchshoffnung der deutschen Politik mit einem großen Werbeplakat in der Einfahrt der Tiefgarage neben dem Schöneberger Fitnessstudio Axxel 24.

Warum bin ich so begeistert von Alexa? Warum sage ich: Stellt sie als Direktkandidatin für den Bundestag in Friedrichshain-Kreuzberg auf!? Warum würde ich sie wählen?

Erstens: Sie stellt auf einem Werbeplakat eine Frage – das wünsch ich mir schon lange. Hey Parteien, schafft ihr das auch irgendwann einmal? Keine Aufforderung. Keine Parole. Kein Name.

„Nachdenken. Diskutieren. Handeln“, sagt Alexa. Sie sagt nicht: „Nachtreten. Zutexten. Jammern.“ In letzterem gibt es Pappkameraden, die sind darin Meister!

Alexa fragt: „In was für einer Gesellschaft wollen wir leben?“  Sie fragt nach dem Wir, nach der Zukunft. Sie zeigt nicht mit dem Finger auf andere. Sie fordert nicht:  „Weg mit dem dem Chaos. Weg mit …!“ Sie erinnert sachte, aber beharrlich an unsere Verantwortung. Daran, dass wir etwas machen können. Dass wir nicht ausgeliefert sind.

Nein, sie stellt sich hin und bittet um Gehör für eine Frage. Vorbildlich! Ich würde dich wählen, Alexa! Lass dich aufstellen! Gib dir einen Ruck! Oder bist du nur der Traum einer Politikerin?

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„Wir waren gewarnt“

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Okt 132008
 

Als Beobachter betrachten wir die Politik nicht als Handelnde, sondern als Hörende. Was meine ich damit? Da uns bei den meisten politischen Vorgängen die vertiefte Sachkenntnis fehlt, beurteilen wir die Geschehnisse nach den Äußerungen der Beteiligten. Bei der globalen Finanzkrise fand ich auffallend, dass die in den letzten sechs Monaten häufig getroffenen Voraussagen und Warnungen zumeist in den Wind geschlagen wurden. Wie wurde doch Horst Köhler wegen seiner Tirade gegen den Finanzmarkt, den er als Monster bezeichnete, belächelt! Dieses Blog berichtete am 19.05.2008. Ich selbst hielt damals seine Warnung für zu emotional, zu effekthascherisch. Geradezu entlehnt aus der Fibel eines linksradikalen Stamokap-Verfechters! Und doch – Horst Köhler und andere haben recht behalten. „Heute würde ich sagen, ich hätte das noch energischer aufgreifen sollen“, zitiert ihn heute die FAZ.

Wir hätten Horst Köhler Glauben schenken sollen. Glaubwürdig ist eine Warnung sicherlich immer dann, wenn sie unseren Erwartungen widerspricht, und wenn der Warnende keinen egoistischen Nutzen daraus ziehen kann, wenn wir seinen Warnungen folgen. Dies gilt insbesondere dann, wenn Parteien im Spiel sind. Eine linke, äußerst kapitalismuskritische Äußerung eines CDU-Politikers verdient genauso ernst genommen zu werden wie die Gewerbe-Ansiedlungsbemühungen eines Wirtschaftssenators der Linken.

Die Erschütterungen auf dem Finanzmarkt bringen die gewohnten Links-Rechts-Denkmuster erneut durcheinander. Davon können wir alle maximalen Proft ziehen. Profitmaximierung in diesem Sinne ist angesagt. Abschließend ein Ausschnitt aus einem Interview des Tagesspiegels mit Gewerkschaftschef Sommer:

„Wir hatten leider Recht“

Angela Merkel und Peer Steinbrück rühmen sich heute, sie hätten weltweite Regulierungen der Finanzmärkte bereits beim G-8-Gipfel in Heiligendamm angemahnt.

Sommer: Wir Gewerkschaften haben bereits vor dem G-8-Gipfel ein Gutachten über die Gefahren des Finanzmarkts vorgelegt, Vorschläge zur Regulierung unterbreitet und darüber auch mit Peer Steinbrück und Angela Merkel gesprochen. Die Erkenntnis, was sich da zusammenbrauen könnte, ist in dieser Zeit auch bei ihnen gewachsen. Allerdings kam die Erkenntnis bei ihnen sehr spät an und bei den Angloamerikanern überhaupt nicht. Denn regulierende Maßnahmen konnten weder auf europäischer noch auf OECD- Ebene durchgesetzt werden. Wäre das gelungen, wäre uns diese Krise erspart geblieben.

 Posted by at 19:47

Lasst euch von euren Gegnern beraten!

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Okt 132008
 

Die wertvollste, obendrein kostenlose Unternehmensberatung  erhalten Firmen von unzufriedenen Kunden. Die wertvollste Politikberatung, zudem kostenlos, erhalten Parteien von ihren Gegnern.  Alle Kandidaten tun gut daran, die Negativpropaganda gegen sich genau zu studieren – um daraus dann ein Argument für sich zu schmieden.

 Posted by at 09:01

Vermeide gespaltene Botschaften! (2)

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Okt 122008
 

Ich bin zwar stets ein Verfechter der offenen Aussprache, des Wettbewerbs der Meinungen gewesen. Das sollen und können die Mitglieder einer Partei auch jederzeit so halten. Die können plaudern und bloggen, so viel sie wollen. Die können und dürfen auch jederzeit zu den Vorleuten der Partei hingehen und sagen: „Was ihr macht, halte ich für falsch!“

Aber die führenden Repräsentanten einer Partei müssen sich untereinander abstimmen. Sie dürfen nicht umstandslos ihre eigene Privatmeinung oder ihre höchst privaten Machtinteressen als Parteilinie ausgeben.

Eine gute Partei ist nicht einfach die Aufaddierung von zusammengelesenen Einzelmeinungen, sondern der ständig fortzuschreibende Versuch, unterschiedliche Einzelmeinungen aus der Gesellschaft zusammenzubringen und dann als konkrete, unmissverständliche Botschaft in die Politik hineinzutragen.

 Posted by at 11:19

Bitte noch mehr Selbstkritik!

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Okt 122008
 

Deutschlands beliebtester Systemkritiker und Querdenker, der Bundespräsident Horst Köhler, nimmt sich diesmal nicht die dysfunktionale Parteienherrschaft in unserem Lande vor. Dieses Mal lässt er sich mit klaren Worten zur gegenwärtigen Finanzkrise vernehmen:

„Mehr Selbstkritik wäre gut, Menschen, die sagen: Ja, hier haben wir einiges falsch gemacht, und dafür stehen wir jetzt gerade“, sagte Köhler dem SPIEGEL. Die Wirtschaftseliten müssten wieder lernen, „was Maß und Mitte ist, was Bodenhaftung bedeutet“. Da sei „eine Menge Unaufmerksamkeit, Selbstzufriedenheit, Zynismus“ im Spiel gewesen. Besonders in der angelsächsisch geprägten Finanzbranche habe man geglaubt, „aus nichts Gold machen zu können, und das dauerhaft“.

Ich meine: Horst Köhler ist glaubwürdig. Er war selbst jahrelang als Staatssekretär im Bundesfinanzministerium und als Geschäftsführender Direktor des Internationalen Währungsfonds (IWF) ein Teil eben jenes Systems, das er nun mit so starken Worten anprangert. Er kennt den Laden.

In solchen Krisen gilt meist das gleiche: Sie zeichnen sich mit einem großen Vorlauf ab. Diejenigen, die warnend den Finger heben, werden nicht ernst genommen, als Kabarettisten oder Störenfriede verlacht. Dann fällt das Kind in den Brunnen. Die Warner bekommen recht. Die Systemkritiker, auch solche, die selbst das System verantwortlich mitgestaltet haben, treten nach vorne und sagen: „Lasst uns gemeinsam handeln!“

So verlangt es jetzt erneut Bundespräsident Köhler – in Worten, denen man schwerlich widersprechen kann:

Er hoffe, sagte Köhler dem SPIEGEL, die aktuelle Krise werde „einer neuen Kultur der Gemeinsamkeit im Wettbewerb“ zum Durchbruch verhelfen. Notwendig sei auch eine „wirksame Regulierung für die Finanzmärkte“, die „Wiederentdeckung von Ethos“ bei den handelnden Personen und ein „Frühwarnsystem“, das Warnungen nicht nur für Experten verständlich mache.

Ich meine: Köhler hat recht. Hätte es das gegeben, was Köhler fordert – ein Frühwarnsystem, ein Ethos der Gemeinschaft, ein klares Bekenntnis zum lauteren Wettbewerb- , dann stünden wir jetzt nicht vor dem Scherbenhaufen, als der sich die Finanzmärkte darbieten.

Ich glaube, dass die Einsichten Köhlers durchaus in andere Lebensbereiche übertragen werden können.

Finanzkrise: Köhler fordert Entschuldigung von Banken-Managern – SPIEGEL ONLINE – Nachrichten – Politik

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Okt 102008
 

10102008.jpg Eine gute Fee aus einem Schweizer Verlagshaus sendet mir ein geheimnisvolles Paket zu. „Schicken Sie mir Bücher von fremden Ländern und Menschen, die zu mir passen!“ So, oder so ähnlich hatte ich mir gewünscht, als meine Gönnerin mit sagte: „Sie haben einen Wunsch frei!“

Und so kam der schöne Stapel gestern an. Seit meiner Jugend erliege ich immer wieder dem Reiz neuer unbekannter Bücher. Welches greife ich zuerst? Eine Stimme sagt: Tolle lege! Das schmalste. Es heißt: „Die Faust im Mund“. Autor ist Georges-Arthur Goldschmidt. Ich schlage gleich das dritte Kapitel auf: „Offenbarungen“.

Ich lese mich gleich saugend fest, überfliege Zeilen und Zeilen, Seiten und Seiten. Danach wird mir bewusst: ich habe meine eigene Geschichte gelesen. Goldschmidt, geboren 1928, verbrachte seine Jugend in einem streng katholisch geprägten Umfeld. Bücher waren seine Leidenschaft. Ständige Selbstzweifel und Schuldgefühle quälten ihn. Die Bücher, die er las, und die ihm das Tor zu einer unbekannten Welt eröffneten, waren zu großen Teilen dieselben Werke, die auch ich während meiner Gymnasialzeit las: Also sprach Zarathustra, die Kritik der reinen Vernunft, die Werke Franz Kafkas. Verstand er damals alles, verstand ich alles? Sicher nicht – aber wer kann das von sich behaupten? Entscheidend ist: diese Bücher waren für uns eine Art Zauberteppich in eine andere Welt – und in die Welt des eigenen Ich. So wie für Goldschmidt die deutsche Literatur, so stellte für mich die französische Literatur, stellten Proust und Flaubert eine Begegnung mit dem „nächsten Fremden“ dar.

Obwohl Goldschmidt der Generation meiner Eltern angehört, las er einen Kanon, der im wesentlichen auch der meine war. Sicher, ich las auch Böll, las Grass und Christa Wolf. Aber die Bücher, die mich besonders stark berührten, waren andere. Goldschmidt nennt sie.

Und dann lese ich mich fest an einer Stelle, die fast wie ein Seziermesser ein Grundgefühl offenlegt, das mich in der Jugend und auch später noch – ebenso wie Georges-Arthur Goldschmidt – immer wieder begleitet hat:

Ich war dabei und gehörte doch nicht dazu, ich war Fisch und Fleisch, ich war beides und gleichzeitig keines von beiden, und obwohl ich ein Bürger der französischen Republik war, konnte ich mich mit nichts identifizieren, was irgendwie anerkannt war (S. 65).

Wie vielen Tausenden und Hundertausenden junger Menschen mag es auch heute noch so ergehen? Sie fühlen sich weder Fisch noch Fleisch. Und doch enthält bereits diese Stelle den Keim der Heilung von diesem quälenden Gefühl der Nicht-Zugehörigkeit. Es heißt nämlich nicht: „… ich war weder Fisch ncoh Fleisch …“, sondern: „… ich war Fisch und Fleisch.“

Fisch und Fleisch: in diese Formel kann man zusammenfassen, was die Chance solchen Dazwischenlebens ist: beides zu sein, sich nicht festlegen, keinem einzigen Lager zugehörig zu fühlen, sondern hin und her zu gehen. Oder in beiden Lagern gleichzeitig zu sein. Weder nur Christ, noch nur Jude; weder nur Deutscher, noch nur Franzose. Weder nur links-alternativ, noch nur bürgerlich. Weder nur Fisch noch nur Fleisch. Sondern beides.

Danke für Fisch und für Fleisch, Zürcher Fee!

Unser Bild zeigt einen Blick auf die Russische Botschaft Unter den Linden, heute aufgenommen.

Quelle: Georges-Arthur Goldschmidt: Die Faust im Mund. Eine Annäherung. Aus dem Französischen von Brigitte Große. Amman Verlag, Zürich 2008. 158 Seiten.

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Bitte weiterschlafen

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Okt 102008
 

„Partei der Mauermörder!“,  „Es ist eine Schande, dass die unsere Stadt mitregieren! …“ solche und ähnliche andere wohlfeile Empörungsrufe hört man immer wieder aus der besonderen „politischen Einheit Westberlin“, die in einigen Köpfen immer noch webt und west. Für diese Menschen existiert die Berliner Mauer immer noch.

Ich meine: Man sollte solche bodenlosen Auslassungen nicht allzu ernst nehmen. Wer heute „die Linke“ immer noch als Partei der Mauermörder bezeichnet, beweist dadurch nur eins: Er hat nie mit Parteimitgliedern der Linken gesprochen, er kennt die Wähler der Linken nicht, er kennt überhaupt die Wählerschaft außerhalb seiner Stammklientel nicht, er will im Osten der Stadt keine Stimmen gewinnen. Er weiß nicht, was die Stunde geschlagen hat. Er schläft und will weiterschlafen. Er will nur zeigen: „Hört her, ich verstehe euch, ich leide eure Phantomschmerzen mit. Ich igle mich gerne bei euch an den Lagerfeuern ein. Es ist so schön kuschlig. Lasst uns näher zusammenrücken, uns verteidigen gegen die böse feindliche Welt da draußen! Die Mörder sind unter uns! Hütet euch vor denen! Wir sind die Guten!“

Für eine solche Haltung fand Minister Tiefensee (SPD) das richtige Wort: Heuchelei. Und Wolfgang Böhmer (CDU) nennt es Lüge. Dies berichtet die taz heute:

Ein Journalist fragt nach dem Ost-Kongress, den die CDU an diesem Freitag in Dresden abhält, und nach dem entsprechenden Antrag für den Bundesparteitag im Dezember, der sich zur Hälfte mit der DDR-Vergangenheit beschäftigt. Da bricht es aus Böhmer heraus. „Es kann doch nicht sein“, sagt er, „dass die CDU die einzige Partei ist, die nicht weiß, dass es zu DDR-Zeiten auch eine Ost-CDU gab.“ Die Blockpartei wird in dem Papier mit keiner Silbe erwähnt. Böhmer empfindet das offenbar als eine barmherzige Lüge.

Ganz in diesem Sinne schreibt heute der Tagesspiegel:

Tiefensee und Merkel streiten über DDR-Blockparteien

Der auch für den Aufbau Ost zuständige Tiefensee nannte Warnungen der Union vor einer Linksfront reine Heuchelei. „Es gibt eine Reihe von Städten, in denen die CDU munter mit der Linkspartei koaliert“, sagte er. In Cottbus hätten CDU und Linke einen gemeinsamen Oberbürgermeisterkandidaten aufgestellt. Zudem sage die SPD deutlich, dass auf Bundesebene wegen der grundsätzlichen Unterschiede zwischen SPD und Linkspartei keine Zusammenarbeit möglich sei.

 Posted by at 11:31