Jan 022010
 

02012010005.jpg Die drei ersten Tage im Jahr verbringe ich in Augsburg und Dießen. Meine Eltern benötigen von Jahr zu Jahr mehr Liebe, mehr Sorge und Zuwendung.  Wie immer streife ich durch die alten Bücherbestände, greife dies und das heraus. Ein Buch über die Religion in Russland hat es mir besonders angetan. Die beiden Autoren, Thomas Ross und Adolf Hampel, haben Russland in den frühen neunziger Jahren durchstreift und dabei insbesondere das erstaunliche Aufblühen der orthodoxen Christenheit begleitet.

Als wir 2002 unseren Wanja nach orthodoxem Ritus taufen ließen, wurden zugleich auch zwei Erwachsene ganzkörperlich eingetaucht. Und der Teufel, den der Ritus im Westen vermutet, wurde wortreich vertrieben. Kein Zufall, die russisch-orthodoxe Kirche scheint nach dem Zusammenbruch des aus dem Westen stammenden, atheistischen Kommunismus Orientierung und Halt zu bieten.

Unser Bild zeigt eine Skulptur im Park des Augustinums in Dießen am Ammersee. Dort spazierten wir heute vorbei. Warum sitzt denn die Liesel verkehrt herum auf dem Tier? Niemand reitet auf einem Esel mit dem Gesicht nach hinten! Zu Jahresbeginn schaue ich nach vorne! Was steht an?

Ich wünsche mir für Russland das weitere Erstarken einer neuen Mittelschicht, die die Traditionen der Fürsorge, der Bindung an sittliche Werte, wie sie etwa die orthodoxe Kirche liefern kann, mit den tatkräftigen Engagement für Gesellschaft und Staat verbindet.  „In der Wechselwirkung von Mittelklasse und Kirche könnte sich die Rechtskultur entwickeln, der Sinn für Initiative und Verantwortung, ein Mechanismus gewaltfreier Konfliktbewältigung und andere Qualitäten und Strukturen, die Voraussetzung für ein neues, zukunftsreiches Russland sind.“ So schreiben die Autoren auf S. 142 des höchst instruktiven Bändchens.

Ich füge hinzu: Diese „Mittelschicht“, die sollte natürlich nicht hermetisch abgeschlossen sein, keine „Bourgeoisie“, wie das Marx/Engels immer formulierten. Sondern eine Gesellschaft von tüchtigen Aufsteigern, von Chancenverwertern und Neubürgern, die das beste aus ihren Möglichkeiten und Potenzialen machen. Jeder, der will und kann, sollte dazustoßen können. Zusammenwachsen – zusammen wachsen! Das ist mein Motto.

Die Gelegenheiten zum Zusammenwachsen sind günstig. Packen wir sie beim Schopfe!

Quelle: Thomas Ross/Adolf Hampel: Gott in Russland. Ein Bericht. Carl Hanser Verlag, München 1992

 Posted by at 23:58

Sorry, the comment form is closed at this time.