Jan 232010
 

Ihr erinnert euch? Wir sprachen über die Vorliebe des einteilenden Denkens: Oben, Mitte, Unten. Adlige, Bürger, Arbeiter und Bauern. Lehrstand, Wehrstand, Nährstand. Du weißt, wo du hingehörst. Beweg dich nicht. Diese Drei-Schichten-Modelle haben eine sich selbst verstetigende, ja zementierende Funktion. Du wirst als Bauer geboren und bleibst dein Leben lang ein Bauer!

Ebenso funktioniert auch das Schichtenmodell der „festschreibenden“ Soziologie, wie es dem Ansatz der „Sozialen Stadt“, der neuesten Sozialstudie von Häussermann zugrunde liegt. Der Ansatz ist einfach: Ermittle die Parzellen mit „niedrigem“, „mittlerem“ und „hohem“ Entwicklungsindex. Gib die Ergebnisse deiner Untersuchung breit bekannt! Dann wissen alle, wo sie hingehören! Jeder, der aufsteigen will, wird die Parzelle mit niedrigem Status verlassen. Denn die Parzellen sind überwiegend fest. Wie die Querschnittuntersuchungen gezeigt haben, vergrößern sich dank der soziologischen Erkenntnisse die Unterschiede zwischen den Parzellen mit hohem und niedrigem Index sogar noch!

Eine Schar ausgesandter Sozialarbeiter  bestärkt Menschen im Gefühl der Hilfsbedürftigkeit. Das System alimentiert sich selbst: Denn Anschluss-Studien müssen nachweisen, dass die eingesetzten Mittel der „Sozialen Stadt“ nötig waren. Da einige Sozialarbeiter den Kiez bisher nicht gerettet haben, müssen es viele sein. Da viele Sozialarbeiter den Kiez nicht retten konnten, mussten es sehr viele werden. Am Schluss wird der Kiez aus zwei Häften bestehen: Die Betreuten einerseits, die Betreuer andererseits. Beide Hälften können nicht voneinander lassen. Sie leben voneinander. Sie gehen eine wechselseitige symbiotische Beziehung ein.

Genau so läuft es!

Schlecht sind natürlich die Menschen und die Störenfriede wie dieser Blogger hier: Ein Mann, der ohne jede Sozialhilfe lebt, Kinder in die Welt setzt, nur Gutes über seinen Kiez erzählt, obendrein den Kontakt zu den deklassierten Migranten hält, ja selbst mit einer Migrantin verheiratet ist, der Mut macht, Kraft zuspricht und sagt: „Ihr schafft das alleine. Euch steht die Welt offen – oder mindestens Deutschland.  Hepimiz insaniz, Leute, arkadaslar! Ihr müsst es wollen, dann geht es auch.“

Mein riesiger strategischer Vorteil ist: Ich stecke mitten drin in dem angeblichen Problembezirk Kreuzberg.  Und siehe da: Wir weigern uns, uns so blöd zu fühlen, wie wir das eigentlich tun müssten. Das erkannte gestern auch der Tagesspiegel:

Und ringsherum ist kaum ein Kreuzberger zu finden, der nicht gern hier arbeitet oder lebt. Sie loben die schöne Mischung aus Nationen und Berufen, die Toleranz und Lebendigkeit. „Hier leben kühne, mutige Menschen“, findet ein überzeugter Oranienplatzanwohner, „keine Spießer“.

Ich meine: Die Parzellierung der Stadt mit ihrem ständischen, an Schichten orientierten Denken bringt uns nicht weiter. Sie hat einen verheerenden, niederschmetternden Effekt auf die Menschen in den Verliererbezirken. Sie befördert die auseinanderdriftende Stadt.  Die Erfolgsmenschen verlassen weiterhin die Verliererbezirke. Die, die bleiben, werden als Verlierer abgestempelt. Die Wirkung der Häussermann-Studie hier vor Ort ist kontraproduktiv.

Deshalb meine Bitte an alle Politiker, die sich übers Wochenende den Kopf zerbrechen: Denkt um! Zieht um! Kommt zu uns! Traut euch! Zieht um – zu uns! Nur Mut! Wir sind nicht so blöd, wie wir in der Sozialstudie erscheinen!

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Fahrradschule für Migrantinnen: Fahrt in die Freiheit

 Donna moderna  Kommentare deaktiviert für Fahrradschule für Migrantinnen: Fahrt in die Freiheit
Jan 222010
 

Guter Artikel in der FAZ von heute! Das Fahrradfahren bedeutet nicht nur für erwachsene deutsche Männer wie mich ein Stück Freiheit, sondern auch für migrantische Frauen wie etwa meine Ehefrau. In so einem Fahrradkurs werden Ängste vor der näheren Umgebung überwunden, Frauen er-fahren sich als unabhängige, entscheidungsfähige Menschen, der Aktionsradius vergrößert sich ungemein:

Fahrradschule für Migrantinnen: Fahrt in die Freiheit – Arbeitswelt – Beruf und Chance – FAZ.NET
„Als Nächstes möchte ich einen Deutschkurs machen“

Gülcan Mavitas ist 26 Jahre alt und trägt als Einzige im Kurs ein schwarz-weiß gemustertes Kopftuch. Sie kommt aus Gaziantep in Anatolien. Dass es manchen Männern dort ungehörig vorkommt, wenn Frauen Rad fahren, stört die inzwischen seit vier Jahren in Deutschland lebende Hausfrau nicht. Stolz thront sie auf ihrem Rad. „Ich wollte schon in der Türkei fahren lernen, ich genieße das sehr!“, sagt sie und strahlt. „Als Nächstes“, lässt sie Yesim Cil übersetzen, „möchte ich einen Deutschkurs machen.“

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Stadtraum umverteilen!

 Bergmannstraße  Kommentare deaktiviert für Stadtraum umverteilen!
Jan 222010
 

22012010.jpg In winzigen Schritten nähern wir uns dem Ziel des menschengerechten Bezirks! Dazu gehört auch, dass die zu Fuß laufenden Menschen, die radfahrenden Menschen weniger an den Rand gedrängt werden. Dass insgesamt die laufenden Menschen, die nicht motorisierten Menschen mehr Platz bekommen. Ein kleiner winziger Sieg: Neue Fahrradabstellbügel auf der Fahrbahn der Bergmannstraße, da wo bisher Autos 23 Stunden am Tag herumstanden. Das sind die berühmten „Kreuzberger Bügel“!

Im Vordergrund: das meine mit Helm. Eine Rückfrage beim Händler ergab: Es ist nahezu baugleich mit dem taz-Rad, das ich auf dem Kongress „30 Jahre taz“ im Haus der Kulturen der Welt anfasste und bewunderte, aber nicht kaufte. Das meine hatte vorgestern den ersten Defekt. Heimradelnd von der ADFC-Bezirksratssitzung, zog ich ein Splittkörnchen zwischen Decke und Schlauch. Ich staunte über die Verwundbarkeit des neuen Rades, ich war platt. Das ist andererseits unvermeidlich, dass so etwas passiert.

Ich steigerte heute mit € 18,70 für Schlauch und Montage das Bruttoinlandsprodukt und die Wirtschaftskraft des Bergmannkiezes. Ihr werdet denken: „Was … das machst du nicht selber?“ Antwort: Ja, mach ich nicht selbst. Bin jetzt Oberschichtler. Ich lasse machen. Das taz-Rad beweist es! Ihr wisst doch, wieviel das taz-Rad kostet? taz-Leser zahlen mehr fürs gleiche, wissen mehr. taz-Leser sind heute Oberklasse.

Meins war übrigens einen winzigen Deut billiger als das taz-Rad. Denn es hat kein Logo „taz-Rad“ drauf. Aber Oberschichtler bin ich doch! Das geht ja schon aus dem neuen Sozialatlas des Soziologen Häussermann hervor. Denn der Bergmannkiez ist neben dem Kiez Viktoriapark/Kreuzbergstraße das einzige Gebiet in Kreuzberg, das nicht als entwicklungsschwach gilt. Und wer dort, im blauen Kiez, ein taz-rad-baugleiches Rad kauft, der hat es geschafft.

Selbst wenn sein Kind in den entwicklungsnegativsten aller Kieze, in den tiefroten Kiez Nr. 1 Anhalter Bahnhof/Stresemannstraße geht.

Steht alles nachzulesen im gedruckten Tagesspiegel heute auf Seite 10.

Und genau dort, wo die neuen Kreuzberger Bügel stehn, ist auch der Eingang zum Ort für die morgige Veranstaltung der Chamisso Akademie: „Der Einfall der Transzendenz“. Morgen, 16 Uhr. In Weilands Wellfood. Da geh ich hin. Man sieht sich! Unterschicht, Mittelschicht und Oberschicht willkommen.

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Markenkennzeichnungskraftverwässerungsgefahr nebst Rufausbeutungsanfangsverdacht!

 Rechtsordnung  Kommentare deaktiviert für Markenkennzeichnungskraftverwässerungsgefahr nebst Rufausbeutungsanfangsverdacht!
Jan 222010
 

Mein kluger Sohn, ein studierender Jurist, stößt mich mit der Nase in Facebook auf das in der Tat gravierende Problem der Markenkennzeichnungskraftverwässerungsgefahr. Aber lest selbst selbst:

Markenrecht: Die lustigste Abmahnung des Jahres – SPIEGEL ONLINE – Nachrichten – Netzwelt
Vorwurf: „Es besteht neben der Gefahr der Verwässerung der Markenkennzeichnungskraft ein Verdacht auf Rufausbeutung.“

Auf diese Gefahr sollte man mal unsere 5 großen Volksparteien hinweisen! Aber nervt uns bitte nicht mit Abmahnungen, wenn ihr einen radelnden CDU-Mann oder einen Saab-9000i-fahrenden Grünen seht.

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Die auseinanderfallende Stadt – brauchen wir das Umdenken?

 Sezession, Sozialstaat  Kommentare deaktiviert für Die auseinanderfallende Stadt – brauchen wir das Umdenken?
Jan 212010
 

Schade, dass diese neue Sozialstudie des Soziologen Häußermann erst 5 Tage nach meiner Bewerbung als Kreisvorsitzender vor der CDU Friedrichshain-Kreuzberg erscheint. Mein Leitbild „Die zusammenwachsende Stadt“ hätte ich als die direkte Antwort auf diese sozialen Probleme Berlins an die Wand pinseln können! Und dass es Hamburg besser kann als Berlin, brachte ich schon in dem Begriff Zusammenwachsende Stadt zum Ausdruck, der ja der Wachsenden Stadt Ole von Beusts nachempfunden ist.

Na ja. Statt dessen konzentrierte ich mich in der Bewerbung mehr auf die „hereinholende Volkspartei“. Auch das passte. Nur eine hereinholende Volkspartei kann die Probleme der auseinanderfallenden Stadt glaubhaft meistern.

CDU, FDP und Grüne Berlins – ich frage euch: Wo wart ihr denn die ganze Zeit? CDU, FDP und Grüne! Ihr hättet punkten können! Schaut auf diese Stadt und erkennt, dass ihr sie nicht auseinanderfallen lassen dürft!

Großes geplant, wenig geschehen – Berliner Zeitung
Unterdessen wachsen Zweifel an der Effizienz der Strategie des Senats. Es scheint, als ob die Bemühungen der Politik verpuffen. Die Studie des Soziologen Hartmut Häußermann ist bereits die zweite Untersuchung in dieser Woche, die die Sozialpolitik des rot-roten Senats in keinem guten Licht erscheinen lässt. Nirgendwo sei das Armutsrisiko so groß wie in der Hauptstadt, hatte eine Bertelsmann-Studie konstatiert. Häußermann belegt, dass die Armut sich auf wenige Gebiete beschränkt, in denen die Chancenlosigkeit so verfestigt ist, dass sie selbst vom wirtschaftlichen Aufschwung nicht profitieren.

Die Opposition kritisierte die Versäumnisse des Senats. CDU, FDP und Grüne sind sich einig, dass Geldtransfers in bestimmte Gebiete nicht ausreichen. „Nach elf Jahren des Programms ,Soziale Stadt’ sind keine signifikanten Trendänderungen zu verzeichnen“, sagte CDU-Fraktionschef Frank Henkel.

Mit dem neuen „Aktionsräume“-Programm werde eine neue Verwaltungsebene eingezogen, bemängelten die Grünen. Franziska Eichstätt-Bohlig, die stadtpolitische Sprecherin, äußerte sich besorgt, dass die schon jetzt kaum noch zu koordinierende Programmvielfalt vergrößert wird. Sie wünscht sich eine ressortübergreifende Bündelung.

 Posted by at 22:14

Im Problemgebiet tiefrot

 Friedrichshain-Kreuzberg, Sezession, Willkommenskultur  Kommentare deaktiviert für Im Problemgebiet tiefrot
Jan 212010
 

Sozialstudie: Kreuzberg fällt durch

Jetzt wissen wir es also: Wir leben in einem „Problemgebiet“.  Ganz Kreuzberg, außer dem schicken Bergmannkiez, gehört zu den 5 Berliner „Problemgebieten“mit dem niedrigsten Entwicklungsindex. Ich selber wohne übrigens im „blauen“ Gebiet Nr. 11 (Großbeeren- und Obentrautstraße) in der Karte, die sich im obigen Link öffnet, und unser Sohn geht zur Schule im tiefroten Gebiet Nr. 1 (Anhalter Bahnhof, Stresemannstraße). Wir kreuzen also jeden Tag zwei Mal die Grenze zwischen blau und tiefrot.

Bezirksbürgermeister Franz Schulz fordert eine Bildungskampagne vor allem für die „Kinder mit Migrationshintergund“. Gemeint sind also die arabische Kindermehrheit und  die türkische Kinderminderheit in unserem Bezirk Nr. 1. Da ja die deutschen Eltern ihre Kinder fast nicht mehr in tiefrote Gebiete (wie unser Nr. 1) schicken, sehe ich mich als Blogger in der Berichtspflicht!

Ich schließe mich der Forderung des Bürgermeisters an. Allerdings meine ich: Was soll die Schule denn noch alles machen! Die Bildungskampagne läuft doch längst! Ich wünsche mir, dass recht viele Menschen an unserer Schule Anteil nehmen, dass endlich auch die deutschen Eltern erkennen, dass sie uns etwas bringen können. Wir sind doch keine Asozialen, oder?

Die „Bildungskampagne“ müsste das große Rad schlagen! Warum haben unsere Kinder im tiefroten Gebiet Nr. 1 keine Lesebücher? Warum haben sie keine Schulbücher, sondern nur lose Blätter? Warum sind die Lehrer so oft krank? Warum fallen so viele Stunden aus? Was sollen unsere Kinder lernen?

Deutsche Eltern, zieht nicht aus Kreuzberg weg, beendet den umweltschädlichen Bildungstourismus, schickt eure Kinder zu uns – in den Problembezirk 1! Wir haben tolle Schulen! Wir werden euch mit offenen Armen empfangen! Ihr dürft euren Kindern ruhig Salami mit aufs Pausenbrot legen!

 Posted by at 21:52
Jan 212010
 

Interessante Abstimmung zu der folgenden Frage:

Kann Integration per Gesetz funktionieren?

Das Ergebnis der Befragung scheint mir einen deutlichen Stimmungsumschwung anzuzeigen! Noch vor 5 Jahren hätte sich wohl eine Mehrheit der Leser dafür ausgesprochen, dass der Staat mehr tun müsse. Heute ist die Mehrheit, zu der ich mich selbst ebenfalls rechne, der Ansicht, dass der Einzelne – also die Eltern, die Kinder – mehr tun müssten.

Wir sind eine Chancengesellschaft. Auf, nur zu! Packt es an!

 Posted by at 16:19
Jan 212010
 

4. Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg ist wie die Stadt Berlin durch eine starke Zerklüftung und zunehmendes Auseinanderdriften der verschiedenen Bevölkerungsteile geprägt. Die zersplitterten Milieus versuchen nun, das jeweils Beste für sich herauszuholen, da sie sich keinem gemeinsamen Leitbild verantwortlich wissen.

So schrieb ich am 06.01.2010. Dies war einer der erschreckenden Befunde, der zum Leitbild „Die zusammenwachsende Stadt“ führte. Meine Diganose wird nun durch den neuesten Sozialatlas gestützt. Sein Titel: Monitoring Soziale Stadtentwicklung. Der Tagesspiegel berichtet heute:

Die soziale Kluft zwischen Berlins Problemkiezen und dem Rest der Hauptstadt hat sich weiter vergrößert. Arbeitslosigkeit, Armut und Chancenlosigkeit sind in sozial schwachen Stadtvierteln nach der jüngsten Untersuchung im Auftrag der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung im Jahr 2008 nicht spürbar zurückgegangen.

Überflüssig zu erwähnen, dass ich als Kreuzberger mittendrin wohne und die empirischen Daten nicht überraschend finde.

Es wäre schön gewesen, wenn die Parteien dieser Stadt  – SPD, CDU und Linke vorneweg – dieses Problem der sich zunehmend spaltenden Stadt erkannt hätten, das sich ja nun schon seit vielen Jahren abzeichnet. Aber sie haben es nicht erkannt, sie haben es nicht aufgegriffen! Ich vermisse Diagnosen und Konzepte. Es war kein Thema in den Wahlkämpfen.

Bemerkenswert: Wieder einmal zerhacken die Parteien die unterschiedlichen Ansätze in Stückwerk. Es fehlt ein umfassender Ansatz.Warum nimmt sich keine Partei ein Herz und packt das Ganze an?

Ich meine: Mehr Geld wird die Lage nicht bessern. Das fehlende Geld ist nicht das Problem.  Ein Hauptproblem scheint mir zu sein, dass überhaupt viel zu viel vom staatlichen Handeln erwartet wird. Über Jahrzehnte hinweg hat eine satt profitierende politische Kaste in dieser Stadt hübsch davon gelebt, dass Hilfeempfänger herangezogen wurden. Die unselige Verquickung von Wohnungswirtschaft und Politik, von Landesbanken und Politik, von Sozialleistungsindustrie und Politik halte ich für eine der Ursachen dieser schwierigen Lage.

Es war allzu bequem, die Kinder unablässig als „benachteiligt“ einzustufen, statt den Eltern und den Kindern mehr abzuverlangen. Diesen Fehler sollte man nicht endlos wiederholen.

 

 Posted by at 16:02
Jan 202010
 

Als eines der wenigen nichtmuslimischen Kinder an seiner Schule erfährt unser Sohn sich immer wieder in der Außenseiterposition.

„Papa, warum sagen alle Kinder iiih, wenn ich ein Salamibrot esse?“, fragte er uns heute.  Dann müssen wir ihm geduldig erklären, dass für die muslimischen Kinder alles Schweinefleisch unrein ist und Ekel erzeugt. Wir tun dies – noch – gelassen, noch mit Humor.

Diese unbeugsame, starke Einwurzelung muslimischen Reinheitsdenkens, diese Einteilung in halal – rein – und haram – verboten – schon bei den kleinen muslimischen Kindern  ist etwas mich Überraschendes. Vor 20 Jahren, als mein älterer Sohn hier in Kreuzberg zur Grundschule ging, war das noch nicht so stark. Aber wir haben ja auch einen anderen Kreuzberger Islam als vor 20 Jahren!

Die Berliner Grundschulen leisten Hervorragendes, sie erziehen – soweit ich das beurteilen kann – die muslimischen Kinder der Mehrheit zur Toleranz gegenüber all denen, die in ihren Augen Verbotenes essen, Verbotenes tun.  Aber dennoch bricht das Vorurteil immer wieder hervor!

Sollen wir aufhören, unserem Sohn Salamibrötchen mitzugeben, damit er nicht mehr Ekelgefühle bei der Kindermehrheit hervorruft? Ein heikles Thema!

 Posted by at 15:00
Jan 202010
 

Immer wieder treten Politiker mit dem Anspruch an, man müsse „neu denken“. Adenauer tat dies mit seiner Alternativen Liste der 50er Jahre, der CDU. Obama tat dies mit seinen Demokraten. Kanzlerin Merkel tat dies soeben. Was heißt dies eigentlich – „neu denken“?

Es geht dabei nie um das „erstmalige“ Denken, sondern es geht darum, früher gewonnene Einsichten in einer neuen Lage erneut zu bedenken.  Das „neue Denken“ ist ein nachholendes Bedenken der neuen Lage. Wir sprechen ja auch zurecht vom „Nach-Denken“. Das gründliche, das neue Denken vergewissert sich dessen, „was alles geschehen ist seit dem letzten Mal.“ Insofern ist es auch stets ein Umdenken, ein Verlassen der alten Denkgewohnheiten.

Merkel verlangt „neues Denken“

 Posted by at 12:45
Jan 202010
 

Gemeinsam lernen in der Grundschule – das ist eine Forderung, die ich immer wieder erhebe. Wenn es doch wenigstens gelänge, die Kinder ordentlich durchzumischen! Vielfalt in der Einheit, darum geht es! Aber davon sind wir weit entfernt. Die zahllosen Eltern, die ihre Kinder mit dem Auto zur Grundschule bringen, weil ihnen die Kreuzberger Stadtteilschule zu „kiezig“ ist, sind ein Beweis dafür.

So erlebte ich auch meine Zeit bei der Bundeswehr als Zeit der großen Durchmischung. Da war ich als einziger Schwabe mit lauter Franken, die „nur“ Hauptschulabschluss hatten, auf einer Stube. Und zwar Tag und Nacht. Eine der lehrreichsten Erfahrungen überhaupt! Das Militär, der „Barras“ erfüllte die Aufgabe, regionale und ständische Unterschiede zwischen den Soldaten aufzuheben. Man nannte ihn deshalb auch „Die Schule der Nation“.

Allerdings: Wer eine standortnahe, demokratische Vielfaltsschule unter einem einheitlichen Dach mit starken Leistungsanreizen auch nur anzudenken wagt, der wird sofort abgestraft, und zwar bei den nächsten Wahlen.

Es hat einige Jahrzehnte gedauert, ehe Preussen das Dreiklassenwahlrecht abgeschafft hatte. 1849 eingeführt, blieb es bis 1918 in Kraft. Es ist interessant zu sehen, dass Gesellschaften sich häufig in drei „Stände“ gliederten und dies dann auch in Schulsystemen abbildeten. Nährstand, Wehrstand, Lehrstand (Platon). Bauern, Bürger, Adlige.

Ausgerechnet ein adliger Hanseate von der Alster bezeichnete das dreigliedrige Schulsystem kürzlich als „ständisch“. Seine Name: Ole von Beust. Was der Hamburger Bürgermeister sagt, ist historisch zwar korrekt, politisch jedoch innerhalb seiner Partei derzeit noch in höchstem Maße inkorrekt. Interessantes Interview mit dem neuen bayerischen KMK-Vorsitzenden Spaenle in der taz!

Ich meine: Wir brauchen eine stärkere Leistungsbetonung. Jede kann es schaffen, wenn sie oder er sich anstrengt! Das muss die Botschaft sein. In einigen Jahrzehnten wird deshalb die vielgliedrige, tief gestaffelte deutsche Schullandschaft, die heute noch übersät ist mit allerlei Besonderheiten, überschaubarer, einheitlicher und „lesbarer“ geworden sein. Alle wollen das eigentlich. Die Grabenkämpfe drehen sich heute um Besitzstände, Wählerstimmen und Statuskennzeichen.

KMK-Präsident über Schulsysteme: „Ich verteile überhaupt niemanden“ – taz.de
Sie stärken personell also das mehrgliedrige Schulsystem. Der Hamburger CDU-Bürgermeister Ole von Beust hat dieses kürzlich als ständisch gebrandmarkt. Irrt er?

Ole von Beust, den ich sonst sehr schätze, ist da der Linken auf eine jahrzehntelang ausgelegte Leimrute gegangen. Wenn ich das dreigliedrige Schulsystem für ständisch halte, habe ich den klassenkämpferischen Ansatz der anderen Seite internalisiert. Das ist politisch bedauerlich.

Wie bezeichnen Sie denn die Tatsache, dass ein Akademikerkind fünfmal bessere Chancen hat, das Gymnasium zu absolvieren, als jemand, dessen Eltern als Arbeiter gelten?

Wir haben ein vielgliedriges Schulsystem, dessen Durchlässigkeit weiter verbessert werden muss. Wir haben in Bayern da unsere Hausaufgaben zu machen. Wir können aber durchaus darauf verweisen, dass die Abkoppelung der Bildungsabschlüsse von einer bestimmten Schulart auf einem guten Weg ist. Das ist ja der indirekte Faktor für Durchlässigkeit. Ich definiere das als Handlungsfeld, wo wir eine nicht befriedigende Situation verbessern müssen.

 Posted by at 12:29

„Ich mag meinen Beruf!“

 Das Gute  Kommentare deaktiviert für „Ich mag meinen Beruf!“
Jan 202010
 

„Ich bin sehr gerne Geigenbauer“, „Ich bin sehr gerne Lehrerin“, „Ich bin sehr gerne Müllmann“, „Ich bin sehr gerne Gemüsehändler“, „Ich bin sehr gerne Keramikerin“ – diese und ähnliche Sätze habe ich in den letzten Wochen in persönlichen Gesprächen gehört. Ich höre sie immer gerne. Sie laufen immer auf eines hinaus: „Der Beruf, den ich gewählt habe, erfüllt mich. Ich möchte keinen anderen.“ Bitte noch mehr solche Botschaften! Der Beruf ist doch etwas, was dich an-ruft! Auch wenn du keinen Personenrufempfänger hast!

Genau in diesem Sinn wird heute der Herr Brandoberinspektor Ceyhun Heptaygun im Berliner Tagesspiegel auf S. 10 zitiert. Dabei befasst sich Brandoberinspektor Ceyhun Heptaygun beileibe nicht nur mit Bränden, sondern auch mit so schaudernmachenden Dingen wie Eiszapfen und Dachlawinen! Zum Chillen!

Einsatz Berlin: Retter suchen Nachwuchs
Immerhin kann er das voller Überzeugung tun. Heptaygun mag seinen Beruf. „Ich möchte nichts anderes machen“, sagt er. Dann muss er wieder los. Sein Personenrufempfänger macht piep-piep-piep.

 Posted by at 11:56

Gut lernen + Gut essen + Gut bewegen = Gute Schule

 Beweg dich, Das Gute, Gute Grundschulen  Kommentare deaktiviert für Gut lernen + Gut essen + Gut bewegen = Gute Schule
Jan 202010
 

„Mit einer klugen Pausengestaltung und der Abwechslung von Bewegungs- und Entspannungsangeboten lassen sich Konzentration und Leistungsfähigkeit über viele Stunden erhalten.“ So Ulrike Arens-Azevedo von der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Hamburg laut Berliner Morgenpost heute auf S. 20.

Sehr guter Punkt! Was isst mein Kind? Wie bewegt es sich? Was macht er oder sie in den Pausen? Diese Fragen halte ich für sehr wichtig! Wir haben erste Experimente mit dem verpflichtenden Ganztagsunterricht gemacht. Oder besser „Ganztagsbeschulung“. Ergebnis: Es ist ein Unding anzunehmen, dass eine Ganztagsschule einfach darin besteht, dass die Kinder statt 5 oder 6 nun 9 Stunden Unterricht erhalten, gestreckt über einen durch längere Pausen unterbrochenen 8-Stunden-Tag.

Je mehr Ganztagsschulen eingerichtet werden, desto wichtiger werden diese Fragen!

Eine gute Schule braucht nicht nur guten Unterricht, sondern auch gute Pausen und gutes Essen.

Showküche auf der Grünen Woche – „Das Schulessen muss besser werden“ – Familie – Printarchiv – Berliner Morgenpost

 Posted by at 11:36