Milliardeneinkommen … steuerfrei!

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Juni 152010
 

Etwa 172 Milliarden Euro betrug der Posten Soziales im Bundeshaushalt im ersten Ansatz. Neuer Ansatz nach Sparpaket: 143 Milliarden. In einem Jahr! Und auf ein Mehrfaches davon (nach meinen Zahlen etwa 500 Milliarden Euro) belaufen sich Jahr um Jahr bei Bund, Ländern und Gemeinden die Umschichtungen von den Erwerbstätigen hin zu den Hilfeempfängern. 40-50 Prozent der öffentlichen Leistungen werden heute als Sozialleistungen erbracht, 1980 waren es noch etwa 10 Prozent! Das sind Milliarden und Abermilliarden, die Jahr um Jahr von der Mitte nach unten umverteilt werden. Das Sozialsystem entfaltet eine unwiderstehliche Sogwirkung. Im Inland, aber auch weit ins Ausland hinein auf alle Zuwandernden. Niemand muss in Deutschland arm sein. Es gibt keinen Anreiz, den Auf- und Ausstieg aus dem Sozialsystem zu schaffen. „Wie schaffen wir es, den Aufstiegswillen zu beflügeln?“ So Klaus Wowereit immer wieder. Eine richtige Frage!

Die Bundesregierung versucht eine Antwort: Die Kürzungen des Sparpaketes betreffen vorrangig die Transferleistungsempfänger. Die Erwerbstätigen im niedrigen Einkommensbereich hingegen kommen ungeschoren davon. Und das ist im Grundsatz völlig richtig!

Es ist aber auch richtig, was die Kritiker sagen: Auch ganz oben sollte kräftig vom Lebenden genommen werden. Auch bei den Spitzenverdienern muss geholt werden, was nur zu holen ist. Wenn selbst die Mittelstandsvereinigung der CDU eine höhere Steuer für Besserverdienende fordert, kann man das nicht in den Wind schlagen.

Das heben das neue DIW-Gutachten, aber auch Gewerkschaften zu Recht hervor. Auch die oberen Einkommen wachsen, nicht nur der gigantische Sozialtransfer! Wenngleich der Anteil der Spitzeneinkommen an der Gesamtwirtschaft weit geringer ist als die Summe der Transferleistungen.

Ich persönlich bin für eine geringere Spreizung der Einkommen aus Erwerbstätigkeit. Die hohen Einkommen müssen mehr abgeben. Es ist richtig, Sozialtransfers zu begrenzen, zu befristen oder ganz abzuschaffen. „Hartz IV muss weg!“ Ich übersetze mal: „Armut für alle!“ Diese Forderung der antikapitalistischen Demos, die Sozialhilfe ganz zu streichen und die Menschen ihrem Schicksal zu überlassen, geht mir viel zu weit! Aber es ist ein Körnchen Wahrheit dran. Das jetzige Sozialhilfesystem ist viel zu kompliziert, es ermuntert zu Faulheit, Betrug und Immobilität.

Deshalb: Sozialsystem straffen, vereinfachen, pauschalieren, Leistungen befristen! Die Leute müssen rauskrabbeln aus ihren Nestern!

Der Staat soll keine Anreize setzen, ins Hilfesystem abzuwandern, wie er dies jetzt noch tut.  Es muss attraktiv sein zu arbeiten! Es muss unattraktiver, unbequemer werden, nicht zu arbeiten.

Aber wir, der Staat, muss auch verhindern, dass immer mehr Reichtum und Besitz sich von der Mitte der Gesellschaft  verabschiedet. Steuerbetrug, versteckte Subventionen für Reiche, Luftgewinne durch Spekulation und Unsozialtransfers gilt es zu bekämpfen. Das muss noch rein ins Sparpaket! Das Geld muss bei uns im Lande arbeiten, darf nicht irgendwo in der Weltgeschichte herumzirkulieren und nebenbei die Millionäre reicher machen.

Extrem hoher Reichtum bedeutet Macht. Die gilt es steuernd zu begrenzen. Das ist ein Grundprinzip der Demokratie. Ran!

Einkommensstudie: Ökonomen warnen vor Absturz der Mittelschicht – SPIEGEL ONLINE – Nachrichten – Wirtschaft
IG-Metall-Chef Berthold Huber sagte der Zeitung, die Ergebnisse zeigten, „wie die falsche Politik der vergangenen Jahre das soziale Gleichgewicht in Deutschland aus der Balance gebracht hat“. Das unsoziale Sparpaket präsentiere den Menschen eine Milliardenrechnung, „während die Verursacher Milliardengewinne in ihren Bilanzen ausweisen“ und die Spekulationen munter weitergingen.

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Juni 102010
 

23052010011.jpg „Wir leben in einem wunderbaren Land mit funktionierenden Institutionen, einer starken Zivilgesellschaft und sind hier doch alles andere als arm.“

In diesen Worten würde auch ich meine Einstellung zu diesem Staat, zu diesem Land zusammenfassen – WÜRDE, sage ich, wenn sie mir rechtzeitig eingefallen wären. So musste ich diese Worte heute in der Zeitung lesen. Jemand anders kam mir zuvor! Dies zu beklagen, hilft keinen Schritt weiter!

Der gute BMW-Berater hat dennoch recht: Es gibt in Deutschland keine Armut – allen selbsternannten weinerlichen Jammer-Sozialpredigern zum Trotz -, die Institutionen (etwa die Justiz, die Polizei, die Gerichte, die Schulen) funktionieren – wie durch die immer wieder aufplatzenden Skandale und Krisen belegt wird. Nur die Sozialämter und Krankenkassen werden geplündert und gefleddert, dass es ein Graus ist.

Und nicht zuletzt: Das Leben in unserem Vaterland ist schön.

Mit ganz ähnlichen – oder besser: mit genau diesen Worten äußert sich ein bekannter BMW-Berater heute in der Süddeutschen Zeitung auf S. 10.

Dieser BMW-Berater hat vollkommen recht. Lesen wir das Zitat noch einmal:

 „Wir leben in einem wunderbaren Land mit funktionierenden Institutionen, einer starken Zivilgesellschaft und sind hier doch alles andere als arm.“

Wir brauchen solche Ermunterung, wir brauchen solche Signale der Zuversicht! Leider kommen sie weder aus der deutschen Politik noch aus den deutschen Kirchen noch aus den deutschen Parteien. Schade!

Den letzten Einwand höre ich schon voraus: „Wie kannst du als Umweltschützer und Fahrradfahrer zustimmend einen hochdotierten BMW- und Energieunternehmensberater zitieren, Johannes?“

Ich sage: TALK TO THE ENEMY! Selbstverständlich spreche ich auch mit dem ADAC, mit BMW, mit Daimler (den beliebten Automarken unserer Kreuzköllner Hartz-IV-Jungmannen). Mit Saab (der beliebten Automarke unserer grünen Frontmänner). Und am liebsten mit Skoda, dem Sponsor des grandiosen Velothon (habe aber keinen Beratervertrag mit irgendeiner Firma!).

Das Interview mit dem gut deutschen BMW-Berater, Herrn Fischer, empfehle ich allen Auto-Feinden zum Nachlesen. Es steht auf Seite 10.

Titel: „Im Parlament muss es krachen“.

P.S.: Vorname des patriotischen Herrn Fischer: Joschka.

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Muss der Staat die Familien erlösen und endlich glücklich machen?

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Juni 032010
 

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Streitgespräch: „Eltern wird es in Berlin nicht leicht gemacht“ – Familie – Berlin – Tagesspiegel

Lesenswertes Interview mit drei Vätern und einer Mutter im gedruckten Tagesspiegel heute auf S. 10! Jürgen Zöllner, Franziska Eichstädt-Bohlig, Thomas Heilmann und Peter Ruhenstroth-Bauer. Viele gute und treffende Beobachtungen in diesem Geplauder, ehrliches Ringen um das gute Wort! Am besten gefallen mir persönlich die Bemerkungen Thomas Heilmanns (Fettdruck durch dieses Blog):

  … und die Autos bringen dann die Kinder zu Schule. Hier werden Stadtplanungsfehler ausgebadet, die Jahrzehnte alt sind. Provozierend ist allerdings, dass die Probleme nicht angepackt werden. […]

Wenn wir wirtschaftlich nicht mehr Dynamik in die Stadt bringen, wird alle Familienpolitik nur den Charakter von Trostpflastern haben. Dazugehören heißt eben auch, dass die Familie mit wenigstens einem Elternteil am Erwerbsleben teilnimmt. Wenn das nicht klappt, ist man schon ein Stück weit ausgeschlossen. […]

Zustimmung, Herr Heilmann! In der Sozialhilfe wird Integration nicht gelingen. Die Familien müssen mit mindestens einem Elternteil am offiziellen Erwerbsleben (nicht nur an der Schattenwirtschaft) teilnehmen. Diese Meinung teile ich voll und ganz.

Und jetzt erwartet ihr, dass auch ich meinen Senf dazugebe? Hier kommt mein Senf dazu. Achtung! Es ist scharfer Senf:

Das Hauptproblem in den Innenstadtquartieren ist heute ein ethnisches und ein kulturelles: Staatlich beförderte Segregation, Selbstabschottung der kurdischen, türkischen, arabischen Familien. Staatliches Faulbett allenthalben. Die zahlreichen Vorgängersenate (SPD- und CDU-geführt) haben zum eigenen Vorteil ein Desaster ohnegleichen angerichtet, insbesondere im Immobiliensektor. Verstrickung in Korruption, Kriminalität, Verbrechen, Vorteilsnahme ohne Ende! Darüber ist zu reden!

Ein klares Schuldeingeständnis fehlt bis zum heutigen Tag. Weder SPD noch CDU haben klaren Tisch gemacht. Sie haben nicht ausgeräumt. War Landowsky an allem schuld? Haha! Wurde Lars-Oliver Petroll ermordet? Oder hat er sich erhängt? Fragen, Fragen, Fragen! Fragen, die nur diejenigen beantworten könnten, die 2001 in der SPD und CDU Berlins mitgemischt haben. Aber sie tun es nicht, haben es nicht getan.

Nein, so wird das nichts. Da muss dringend Tacheles geredet werden. Anpacken, aufklären, ausräumen!

Nächstes Jahr jährt sich der Bankenskandal von 2001 zum 10. Male. Dieses Blog sieht genüsslich den Gedenkfeiern und Besinnungsritualen entgegen! Am liebsten 2 Wochen vor der Abgeordnetenhauswahl! Oder doch eher? Wann wird das angepackt? Wann wird hier endlich ausgepackt?

Zugleich sehen wir die Verdrängung der leistungswilligen russischen, polnischen, chinesischen und deutschen Familien aus den Innenstadtbereichen.

Leider äußern kluge, von mir geschätzte Leute erneut im Interview den nicht auszurottenden Unsinn vom „Armutsrisiko“ in unseren Innenstadtquartieren. „Kinderarmut“ usw. Das ist Unsinn, den man nicht mehr wiederholen sollte. Geht doch nach Indien, nach Angola, wenn ihr Armut sehen wollt! Bei uns in Kreuzkölln gibt es keine nennenswerte Armut. Es herrscht vielmehr Kinderreichtum, Reichtum an Kindern und Reichtum durch Kinder! Kinder bedeuten Stütze satt, Wohngeld, Kindergeld. Man hat ausgesorgt. Lebenslang.

Den Familien und Clans bei uns in Kreuzköllnwedding geht es materiell sehr gut, weit besser als in den anderen Ländern. Sie haben reichlich Geld aus den unterschiedlichsten Quellen, z.B. dem Sozialamt (aber das ist nur eine Quelle, die Schwarzarbeit und die Kriminalität sind die anderen).

Woran es den Kindern fehlt, ist streng-liebevolle, individuelle, persönliche Zuwendung durch Vater und Mutter. Erziehung zur Achtung, zum Anstand, zum Fleiß, zur persönlichen Leistung und zum Gemeinsinn, das fehlt. Das halte ich persönlich (ich, Johannes Hampel, wohnhaft in Kreuzberg) für das größte Problem der Familien in unserer Stadt Berlin. Für diese Aussage halte ich auch gerne meinen Kopf hin.

Die Schulen leisten Herausragendes, hängen sich rein. Aber der Staat bestärkt die Empfängerhaltung, fördert Nichtstun, Staatshörigkeit und Anspruchshaltung ohne Ende.

Schon der Titel des Interviews belegt dies erneut: „Eltern wird es nicht leicht gemacht“. Der Staat soll es also den Eltern „leichter machen“. Das ist ein Missverständnis.

Im Geiste der Klarheit, im Geiste der Wahrheit wird Berlin einen Neuanfang schaffen!

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Juni 022010
 

… es müssen unbedingt rechtsstaatliche Strukturen und ein vernünftiger Ausgleich zwischen arm und reich dazukommen. Diese Einsicht möchte ich am liebsten auf alle afrikanischen Flughäfen in bunten Bannern kleben! (Es hülfe nicht).

Entwicklungshilfe-Milliarden sind für sich genommen ebensowenig etwas Gutes wie wachsende Volkswirtschaften.  Weit wichtiger als Entwicklungshilfe und Wirtschaftswachstum ist der Rechtsstaat! Wo es keinen Rechtsstaat gibt, wird es auch keine wirksame Armutsbekämpfung geben können. Das gilt für Libanon ebenso wie für Angola.

Deshalb empfehle ich den folgenden Artikel aus dem Neuen Deutschland:

19.05.2010: Afrika zwischen Boom und Armut (Tageszeitung Neues Deutschland)
Doch erreicht diese Entwicklung die breite Masse der Bevölkerung? Wenn man nach Angola blickt, mag man seine Zweifel haben. Dem größten Erdölproduzenten des Kontinents, der mit Hochdruck immer neue Ölvorkommen erschließt, werden für das laufende Jahr 8,7 Prozent Wachstum vorausgesagt. Die Hauptstadt Luanda gilt inzwischen als teuerste Stadt der Welt. Die Mitarbeiter der internationalen Konzerne, die seit dem Ende des Bürgerkriegs 2002 in die Metropole strömen, zahlen für Büros, Wohnungen und Häuser nahezu jeden Preis. Die Mehrheit der fünf Millionen Einwohner der Stadt kann das nicht. Sie lebt in absoluter Armut, in erbärmlichen Quartieren oft ohne sauberes Wasser, Strom und Kanalisation. Jeder dritte Angolaner ist von ausländischen Nahrungsmittellieferungen abhängig. Die Menschenrechtsorganisation Human Right Watch beklagt, dass Milliarden US-Dollar aus dem Ölgeschäft an der Zentralbank vorbeigeschleust werden. Wohin das Geld verschwindet? Die angolanische Regierung ist nicht für ihre Transparenz bekannt. Nur soviel ist sicher, Präsident José Eduardo dos Santos zählt zu den reichsten Männern der Welt.

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Apr. 032010
 

Sozialhilfe, die nicht an Bedingungen und nicht an Fristen geknüpft ist, führt zu einer „erlernten Hilflosigkeit“. Die Psychotherapeuten verwenden diesen Ausdruck, wenn der Patient es nicht schafft, sich aus den stützenden Korsetten einer Beziehung zu lösen. Typisch ist der Ehemann, der das Kochen und Waschen verlernt und deswegen an einer Beziehung festhält. Genauso scheint es mit den Sozialhilfeempfängern zu sein: Wer in Sozialhilfe hineingeboren wird, der läuft ein deutlich erhöhtes Risiko, selbst erneut Sozialhilfeempfänger zu werden. Wie kann man diesen Zirkel durchbrechen? Manche sagen: durch noch mehr staatliche „Hilfe zur Selbsthilfe“.  Einige wenige sagen: durch planmäßiges Herunterfahren der Sozialhilfe nach festgelegten Fristen. Ich meine: Alle Hilfe sollte zielgenau und zeitgebunden sein. Insbesondere Integrationshilfen sollten stets unter Auflagen und unter Fristen gewährt werden.

Einen ganz ähnlichen Vorschlag wie dieses Blog unterbreitet Gunnnar Heinsohn in der FAZ vom 16. März. Er beschreibt, wie der linksliberale Präsident Bill Clinton einige sehr einschneidende Sozialreformen durchsetzte, neben denen sich unsere Hartz-IV-Reform wie ein flauschiges Wohlfühl-Programm ausnimmt.

Letztlich hat der Linksliberale Bill Clinton die entscheidende Wende eingeleitet. Ungeachtet aller „Rassismus“-Vorwürfe aus den eigenen Reihen setzte er zum 1. Januar 1997 die wichtigsten von Murrays Vorschlägen um. Clintons Reform beendete das seit 1935 geltende Recht auf lebenslange Sozialhilfe. An seine Stelle trat ein auf fünf Jahre begrenztes Recht auf Unterstützung bei tatkräftiger Hilfe nicht zu irgendeiner abstrakten Integration, sondern zum Übergang in Arbeit. Der Erfolg dieser Maßnahmen war durchschlagend: Bezogen vor der Reform 12,2 Millionen amerikanische Bürger Sozialhilfe, so waren es 2005 nur noch 4,5 Millionen. Die Frauen der Unterschicht betrieben nun Geburtenkontrolle. So sank die Zahl der „welfare mothers“ drastisch, ebenso die Kriminalität der Söhne dieses Milieus.Gastbeitrag zu Hartz IV: „Sozialhilfe auf fünf Jahre begrenzen“ – Hartz-IV-Debatte – Wirtschaft – FAZ.NET

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Ohne Vorratstasche, ohne Schuhe. Schlimm?

 Armut, Migration, Ostern, Sprachenvielfalt  Kommentare deaktiviert für Ohne Vorratstasche, ohne Schuhe. Schlimm?
Apr. 022010
 

Ganz selten fallen orthodoxes und westliches Ostern auf einen Tag. In diesem Jahr aber ist es so. Beide Hälften der Christenheit, die östliche und die westliche, feiern Karfreitag und Ostern am selben Tag. Die orthodoxen Osterfeiern dauern sehr lang – 6 bis acht Stunden! Grund: Sie lesen das gesamte Evangelium Wort für Wort durch. Und für ein ein einziges der vier Evangelien braucht man 2-3 Stunden.

Welchen Menschen predigte Jesus? Die Antwort liegt auf der Hand, wenn man die Evangelien liest: Überwiegend den sozial Schwachen, den Bildungsfernen. Er selbst – war in den Schriften sehr bewandert, kannte wie alle damaligen Gebildeten seines Volkes die Tora in großen Teilen  auswendig. Und er beherrschte neben seiner Muttersprache Aramäisch auch so leidlich die damalige internationale Verständigungssprache des östlichen Reichsteiles der Römer, also Griechisch. Sein Prozess vor Pilatus wurde ohne Dolmetscher geführt.

Aber er hinterließ keine Schriften. Er, der Migrant, redete überwiegend in schlichtesten Bildern und Geschichten. Genau so müssen wir auch heute zu unseren Migranten und Zuwanderern reden: in einfachsten Sätzen, einfachsten Bildern. In Gesten. In Grüßen.

Großartig finde ich seine Fragetechnik – sie nötigt mir höchste Bewunderung ab. Statt den Leuten die Antworten aufs Brot zu schmieren, stellt er ihnen Fragen.

Was sagt er zum Thema Armut und Reichtum? Wie schlimm ist Armut? Wie wichtig ist die soziale Grundsicherung?

Was ist wichtiger – materielle Sicherheit oder spiritueller Wandel? Beharren oder Änderung? Bleiben oder Werden?

„Als ich euch ohne Geldbeutel aussandte, ohne Vorratstasche und ohne Schuhe, habt ihr da etwa Not gelitten?“ So steht es bei Lukas 22,35. Eine Frage an Migranten! Die Antwort lautet: Nein.

Eine klare Absage an die „ewige Grundsicherung“. Eine klare Absage an das Streben nach materieller Sicherheit, sofern es über das spirituelle Wohlergehen gestellt wird.

Das Christentum ist eine echte Migrantenreligion. Es gibt tausende von Bildern, Legenden, Geschichten, in denen der Christ als armer Wanderer, als „peregrinus“ dargestellt wird. „Hinabgestiegen zu der Hölle – auferstanden am dritten Tage“ – auch das sind alles Wanderungs-Erfahrungen.

Wanderung – Wandlung – Werden. Beständiges Umdenken, beständige Richtungsänderung. Das alles gehört zum Kern der Botschaft.

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März 282010
 

Die allermeisten, die sich mit entschiedenen Ansichten zur Integrationsdebatte äußern, beziehen ihr Wissen aus zweiter Hand. Sie folgen vorgefertigten Bahnen, haben nicht auf eigene Faust Erfahrungen in migrantisch dominierten Vierteln und migrantischen Familien gesammelt. Und die eigenen Kinder schicken sie bewusst auf Schulen, in denen Migranten die Minderheit darstellen. Die meisten Politiker und Journalisten sitzen mangels eigener Anschauung wieder und wieder denselben Irrtümern auf. Welchen?

1. Irrtum: Die Zuwanderer aus Ländern wie der Türkei oder dem Libanon seien individuell, als Einzelpersonen, aufgebrochen, um „anderswo ihr Lebensglück zu machen“. So schreibt es soeben wieder einmal der Berliner Tagesspiegel.  Nichts wäre irreführender als das heute anzunehmen!  Es handelt sich heute fast durchweg um Gruppenmigration. Aus einer Gruppe – in eine Gruppe hinein! Ein Anreiz zur Integration im neuen Land besteht foglich zumeist nicht. Richtig ist: Menschengruppen, die im Herkunftsland keinerlei Perspektive auf Wohlstand und Versorgung haben, brechen auf Beschluss einiger führender Männer auf und wandern als Kollektive auf einmal oder nach und nach in die Bundesrepublik ein. Diese Kollektive verstärken sich durch den Zuzug von Ehepartnern aus den Herkunftsländern laufend neu, bauen gut miteinander vernetzte, autarke Zusammenhänge auf. Diese sich ständig erweiternden Netzwerke in die bestehende deutsche Mehrheitsgesellschaft einbauen zu wollen, halte ich mit den bisherigen Methoden der Integrationspolitik für ausgeschlossen. Die zuwandernden Menschen haben auch nichts weniger im Sinn als dies. Die Integration in die deutsche Mehrheitsgesellschaft würde ja ein Aufbrechen der bisherigen Versorgungsgemeinschaft bedeuten, würde zusätzliche Risiken bergen.

Hier bedarf es einer stärkeren Einfühlung in die Mentalität und die Interessen der Zuwanderer. Sie empfinden subjektiv meist keine Notwendigkeit, sich individuelle Perspektiven zu erarbeiten, sondern sind mit dem Staus quo mehr oder minder zufrieden.

Ein Aufbrechen dieses Zusammenhangs ist meines Erachtens nur über  eine strenge zeitliche Befristung der Sozialhilfe für Angehörige anderer Staaten zu erreichen. Nach einem relativ kurzen Zeitraum, etwa nach 6-12 Monaten, muss die Sozialhilfe für Zuwanderer mit fremder Staatsangehörigkeit automatisch auslaufen – mit dieser klaren, vor der Einreise mitgeteilten Ansage würde endlich ein deutlicher Anreiz gesetzt, sich durch Arbeit zu integrieren.

Der vielbeschworene „Aufstiegswille“, wie ihn neuerdings etwa Klaus Wowereit fordert, lässt sich meines Erachtens nur durch den termingenauen Fortfall der Sozialhilfe erzielen. Ich sehe keinen anderen Weg.

Als Vorbild dafür müssten die Clinton’schen Sozialreformen des Jahres 1996 dienen. Die zeitliche Beschränkung der Sozialhilfe durch die beiden Sozialgesetze “Personal Responsibility and Work Opportunity Reconciliation Act“ (PRWORA) und “Temporary Assistance to Needy Families“ (TANF) führten wie angestrebt zu einem deutlichen Rückgang der Kinderarmut und zu einem Rückgang der Zahl der sozial benachteiligten unverheirateten Mütter. Und vor allem verhinderten die Sozialreformen des Jahres 1996, dass weiterhin in großem Umfang eine hohe Kinderzahl als Quelle von Einkommen durch Sozialhilfe ausgenutzt wurde.

2. Irrtum: Der zweite große Mangel der deutschen Migrationsdebatte besteht darin, dass systematisch die Politik der Herkunftsländer vernachlässigt wird. Die Regierungen der Türkei, Lybiens und Syriens hatten und haben ein Interesse daran, bestimmte Bevölkerungsschichten loszuwerden. Das haben insbesondere die Wissenschaftler Stefan Luft und Ralph Ghadban herausgearbeitet. Diese Staaten kommen so um die Notwendigkeit herum, selbst funktionierende Sozialsysteme aufzubauen, und können ihre eigene Problembevölkerung in Deutschland „unterbringen“ oder „abschieben“. Darüber hinaus nutzt ein Staat wie die Türkei diese „untergebrachte“ Bevölkerung sehr geschickt als Hebel, um eigene machtpolitische Ambitionen voranzutreiben und willkommene Devisen zu erringen.

Ich meine: Hier ist unbedingt der offene Dialog mit den Regierungen der Türkei, des Libanon und Syriens zu suchen.  Grundfrage muss sein: „Warum schickt ihr eure Landsleute zu uns? Was sind eure Interessen? Warum baut ihr kein Sozialversicherungssystem auf, das dem deutschen vergleichbar ist?“

3. Irrtum: Der dritte Irrtum lautet: „Diese zugewanderten Menschen sind sozial schwach und benachteiligt.“ Dies mag vielleicht gegenüber dem deutschen Durchschnitt gelten. Gegenüber  den Bedingungen in den Herkunftsländern stellt aber eine Hartz-IV-Existenz einen bedeutenden materiellen Gewinn und auch eine im Ursprungsland unerreichbare finanzielle Sicherheit dar. Die Sogwirkung des deutschen Sozialstaates besteht ungemindert, zumal da die deutsche Sozialpolitik weiterhin einen zweiten klug bedachten, weiterführenden Umbau des Systems scheut.

Hier ist insbesondere die Axt an die mittlerweile blühende Migrations- und Sozialindustrie zu setzen. Mir hat einmal eine Berliner Sozialarbeiterin erzählt, wie sie zwei Mal versuchte, mit einem türkischen, von Sozialhilfe lebenden Vater, der hier in Berlin aufgewachsen und  zur Schule gegangen ist, über Probleme mit einem Kind zu sprechen. Es war nicht möglich. Der Vater verstand auf Deutsch nicht, worum es ging. Auf Kosten des Staates musste zu den folgenden Gesprächen ein türkischer Dolmetscher beigezogen werden. Ein Fall von tausenden! Die Sozialarbeiter, die Berater, die Bewährungshelfer, die Dolmetscher usw., die unglaubliche Vielzahl an staatlich geförderten Initiativen, Vereinen, Beratungsstellen, Therapeuten usw. haben sich zu einer üppigen steuerfinanzierten Industrie ausgewachsen, die nichts mehr fürchtet als den Fortfall ihrer „Stammkundschaft“. Folglich verstehen die Vertreter dieser Industrie nichts besser, als unablässig die Öffentlichkeit von ihrer Unverzichtbarkeit zu überzeugen.

Ich rate zur Zurückführung der staatlichen Beratungs- und Förderleistungen. Sie sind aufs Ganze gesehen eher kontraproduktiv, weil sie Hilfeempfänger heranzüchten und Selbsthilfekräfte lähmen.

Das freigewordene Geld sollte zukunftsfähig investiert werden.

(Serie wird fortgesetzt.)

Kommentar aus dem heutigen Tagesspiegel:

Die Richtung geht verloren
Es waren und sind die Enkel von Migranten aus der Türkei, die oft genug mit so schlechten Deutschkenntnissen in die Schule kommen, dass ihr Weg in die Sackgasse schon in der ersten Klasse besiegelt wird. Sie sind Opfer der Illusionen von Bewegung ohne Veränderung, die ihre Eltern meist hilflos, die religiösen und politischen Führer in der Türkei oft genug sehr machtbewusst pflegen. Ihre Richtung aber hat die moderne Migration verloren, weil die Mehrheitsgesellschaften selbst vergessen haben, dass individuelles Menschenrecht und Demokratie eine unübertreffliche Orientierung für Menschen sind, die aufbrechen, um anderswo ihr Lebensglück zu machen.

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„Ob die sich nen Daimler der C-Klasse leisten können?“

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März 232010
 

23032010.jpg Die WELT liefert heute auf S. 29 eine Antwort. Es ist eine Familienkutsche! Die betreffenden Familien haben in Neukölln, Wedding und Spandau ganze Straßenzüge unter sich aufgeteilt.Die Basis des Lebensunterhaltes ist die Sozialhilfe. Darauf wird dann mit vereinten Kräften draufgesattelt. Und so kann man sich auch eine derartige dunkelstgetönte Kutsche leisten. So äußerte sich gestern Bodo Pfalzgraf, der Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft.

Pokerraub: Polizei sucht den Kopf der Bande – Nachrichten Berlin – WELT ONLINE

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Treber und Zocker

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März 132010
 

Wie oft hört man den Satz „Sie“ – gemeint ist immer die jeweils andere Seite – „haben sich den Staat zur Beute gemacht!“ Sich öffentliche Gelder zur Beute machen, in dieser sportlichen Disziplin bietet Berlin ein reiches Anschauungsfeld. Denn mit einem Haushalt von 17 Milliarden Euro ist Berlin REICH! Sehr REICH! Alle schauen immer nur auf die Schulden von 60 Mrd. – man sollte mal auf diese 17 Milliarden Euro schauen, die es in Berlin Jahr um Jahr zu verteilen gilt! Letzter Fall: die blühende Praxis der Steuergeldverschwendung im Sozialsektor: Treberhilfe. Merkwürdig lau reagieren die Parteien der Opposition und der Regierungskoalition darauf.

Ich gebe noch einmal zu Protokoll: In unserer Kreuzberger Grundschule gibt es wegen Geldmangels keine Deutsch-Lesebücher für die Kinder, aber der Chef einer öffentlich finanzierten gemeinnützigen GmbH fährt Maserati und verdient mehr als die Bundeskanzlerin.

Und wieder eimal hat Vera Lengsfeld etwas tiefer nachgefragt, tiefer nachgeforscht als der Rest der Öffentlichkeit … auch das lässt tief blicken! Wo sind die bestallten Parlamentarier?

Die Achse des Guten: Alltag in Berlin: Ein Betreuer für zehn Obdachlose, ein Lehrer für mehr als dreißig Schüler
Der Senat zahlt seit Jahren ohne mit der Wimper zu zucken die Kostensätze, die von der Treberhilfe verlangt werden, denn eine rechtliche Prüfung, ob diese Kostensätze angemessen sind und ob die Qualitätskriterien, die für die geleistete Arbeit gelten müssten, erfüllt werden, darf nur in „begründeten Ausnahmefällen“ erfolgen. Das heißt, man muss davon ausgehen, dass die vom Senat geförderten oder sogar gänzlich unterhaltenen Vereine in der Regel völlig unkontrolliert Geld bekommen. Diese Praxis ist der eigentliche Skandal in der Treberhilfe-Affäre, die offensichtlich nur die Spitze des Eisbergs darstellt.
Auffällig ist, dass die Opposition gar nicht daran denkt, Licht in den Förderdschungel zu bringen, offensichtlich aus Angst, die eigene Klientel, die ebenfalls von Fördergeldern lebt, zu beunruhigen.

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Ein qualitativer Begriff von Armut: Irene Khan

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März 102010
 

1 oder 2 Dollar am Tag – das ist die UN-Definition von Armut. Sie ist unvollständig, wie Irene Khan, die ai-Generalsekretärin, in einem Interview hervorhebt:

YouTube – KCTS 9 Connects: Irene Khan Talks About Global Poverty

Armut im qualitativen Sinn bedeutet laut Khan dreierlei: Keine Abhilfemöglichkeiten vor Rechtsbrüchen, keine Zugangsmöglichkeit zu verbrieften Rechten, keine Zugangsmöglichkeiten zu Systemen der sozialen Sicherung, keine rechtliche Gleichstellung.

In diesem Sinne, so Khan, leben 1 Drittel der Menschheit in Armut. Unter diesen Armen wiederum sind 70% weiblich.

Abhilfe gegen Armut verlangt zwingend: Rechtsstaatlichkeit und Gleichberechtigung der Frau.

Mangelnde Rechtssicherheit, mangelnde Rechtsstaatlichkeit, mangelnde Gleichberechtigung sind die größten Hindernisse in der Armutsbekämpfung!

Die Ausführungen Irene Khans sind mir ein Labsal! Ich würde sie gerne all jenen vorspielen, die immer noch an der törichten Definition der Armut festhalten, wonach derjenige arm sei, der weniger als 50% des Durchschnittseinkommens habe. So behauptet es steif und fest die EU-Kommission, und so beten es wieder und wieder fast alle Journalisten und Politiker in Deutschland nach. Was für ein Zynismus gegenüber dem Drittel der Menschheit, das in echter Armut lebt!

Ich behaupte: In der Bundesrepublik gibt es nur ganz wenige Arme, sicherlich weniger als 1%  Prozent der Bevölkerung.

 Posted by at 19:48
Feb. 282010
 

Die neuesten Daten, die die Morgenpost heute bringt, belegen es erneut: ich wohne im ärmsten Bezirk Berlins. Doch echte Armut gibt es hier nicht.  Echte Armut beschrieben Dickens, Friedrich Engels, John Galsworthy – und andere. Armut, das sind zerlumpte, hungernde, bettelnde Menschen. Eine typische Armuts-Szene beschreibt John Galsworthy in seinem Roman Beyond:

Beyond, by John Galsworthy
The usual route from the station to Bury Street was „up,“ and the cab went by narrow by-streets, town lanes where the misery of the world is on show, where ill-looking men, draggled and over-driven women, and the jaunty ghosts of little children in gutters and on doorsteps proclaim, by every feature of their clay-coloured faces and every movement of their unfed bodies, the post-datement of the millennium; where the lean and smutted houses have a look of dissolution indefinitely put off, and there is no more trace of beauty than in a sewer. Gyp, leaning forward, looked out, as one does after a long sea voyage; Winton felt her hand slip into his and squeeze it hard.

Also: „Krank aussehende Männer, zerlumpte erschöpfte Frauen, gespenstische kleine Kinder im Rinnstein …“ Ernst Bloch schreibt in seinem „Prinzip Hoffnung“ zu eben dieser Stelle:

„Wenigstens hat der Arme den Vorteil, schmutzig auszusehen. Er bietet keinen schönen Anblick, er wirkt vorwurfsvoll, auch wenn er schweigt. Der Arme darf ans Herz, doch freilich nicht an den Beutel greifen; letzteres tut der Herr, um das Elend, von dem er lebt, zu mildern.“

Bloch, Adorno, Dutschke, Habermas, Gysi  – sie alle kannten und kennen Armut als erlesene Armut nur aus den Büchern. All die Aufrufe zur Revolution, zum Systemwechsel wegen angeblicher Verelendung des Volkes waren erborgt aus diesen und anderen Lesefrüchten. Für Marx und Engels hingegen lag Armut noch vor Augen. Wir haben in der Bundesrepublik jeden Begriff davon verloren, deshalb das sinnleere Gerede von Armut.

Gestern fuhr ich mit der BVG vom Märkischen Viertel über den Hermannplatz Neukölln zurück in mein armes Kreuzberg. Besuche auch du, lieber Leser, Neukölln! Betrachte die jungen Männer in ihren weißen Jeans, ihren Markenklamotten, mit ihren i-pods, ihren gegelten Haaren, ihrem kurzrasierten Haar. Ihrem platzgreifenden, selbstbewussten Gebaren. Sie kennen keine Armut. Die Notwendigkeit zu arbeiten kennen sie ebenfalls nicht. Es macht ihnen keine Mühe, irgendeine Frau, irgendein Mädchen in der U-Bahn anzuquatschen und dreist zu behelligen, solange sie keinen Schleier trägt.  Diese jungen Männer werden die Prozentrechnung am Ende der 10.Klasse und auch die deutsche Rechtschreibung nicht beherrschen, irgendein Unternehmen in Ludwigsfelde oder Fürstenwalde wird sie nicht einstellen. Dennoch sind sie perfekt integriert. Integriert untereinander, in ihren Sippen, in den sozialen Stützungssystemen.

Sie sind nicht arm. Sie leben in vollkommener Freiheit. Hartz IV sei Dank. Sie können tun und lassen, was sie wollen. Über sie und genau sie schreibt Karl Marx im dritten Band des Kapitals:

Das Reich der Freiheit beginnt in der Tat erst da, wo das Arbeiten, das durch Not und äußere Zweckmäßigkeit bestimmt ist, aufhört; es liegt also der Natur der Sache nach jenseits der Sphäre der eigentlichen materiellen Produktion.

Zitat: Ernst Bloch, „Prinzip Hoffnung“, 2. Band, Suhrkamp Verlag, Frankfurt/M. 1977, S. 1045

Bild: Am U-Bahnhof Möckernbrücke, Abendstimmung vor dem Sturm, heute, 28.02.2010, 18 Uhr

 Posted by at 21:21
Feb. 222010
 

In allen sozialistischen Staaten, die ich vor 1989 besucht habe, galt Arbeitszwang. Bereits Rosa Luxemburg forderte ihn: „Nur der darf Lebensunterhalt bekommen, der etwas als Gegenleistung erbringt.“ Bereits kurz nach der siegreichen Oktoberrevolution richteten die Sozialisten riesige Arbeits- und Umerziehungslager ein, in denen sie arbeitsscheues Gesindel und volksfeindliche Elemente – wie sie die Arbeits- und Obdachlosen nannten –  auf Vordermann brachten. Diese Idee übernahmen 15 Jahre später auch die deutschen Nationalsozialisten.

Von diesen sozialistischen Zwangsmaßnahmen sind wir heute glücklicherweise weit entfernt! Allerdings erlaubt das SGB eine Form der Sanktion,  nämlich die Kürzung der Bezüge, falls ein Leistungsempfänger eine zumutbare Arbeit ablehnt. Darauf weist zu Recht Klaus Ernst von der Linkspartei hin. Guido Westerwelle wiederum forderte, diese heute möglichen Sanktionen auch ungescheut anzuwenden. Ich meine: Klaus Ernst und Guido Westerwelle fordern nichts anderes als die Anwendung rechtsstaatlicher Grundsätze. Von dem typischen sozialistischen Arbeitszwang oder gar Zwangsarbeit, wie sie zur Praxis der sozialistischen Staaten gehört, sind sie beide gleich weit entfernt. Beide wollen einen Beitrag zur Debatte um Hartz IV leisten. Man sollte Westerwelle und Ernst  nicht in parteipolitischer Verengung gegeneinander ausspielen. Schluss mit dieser Hatz!

Aber lest selbst in der Jungen Welt nach:

20.02.2010: FDP bleibt auf Krawallkurs (Tageszeitung junge Welt)
Der designierte Parteivorsitzende der Linken, Klaus Ernst, erklärte, die Linke werde gegen jede Verschlechterung bei Hartz IV mit allen Mitteln protestieren, »auch auf der Straße«. Erwerbslosen, die angebotene Jobs nicht annehmen, drohe schon heute der Verlust existentieller Mittel.

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Der arme Mann von Berlin

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Feb. 182010
 

Selbstverständlich gibt es auch in Berlin Armut: Etwa 8000 Obdachlose leben auf unseren Straßen. Sie lehnen es ab, in den Fürsorge- und Sozialhilfesystemen gewissermaßen aufgesaugt zu werden. Ich habe mit einigen gesprochen. Irgendwann wollten sie aussteigen. Sie wollten nicht mehr, dass der Staat für sie sorgt. Ihnen gilt mein Mitleid.

Und es gibt noch einen armen Mann in Berlin. Er hat kein Geld mehr, allem Anschein zum Trotz. Für jeden von uns hat er dennoch etwa 20.000 Euro Schulden aufgenommen. Alle bedrängen ihn mit Ansprüchen, jeder will etwas – und mehr und mehr – von ihm haben. Widerwillig stecken ihm die Bürger etwas in die Hand, damit er es treuhänderisch für sie verwaltet. Aber in seiner unerschütterlichen Güte teilt er seinen Kindern Jahr für Jahr mehr aus, als diese ihm geben.

Keiner will ihn füttern,
Jeder pumpt ihn an.
Und in seiner Güte
Gibt er, was er kann.

Nun, ihr Kinder, saget an,
Fleißig nachgedacht!
Wer ist dieser arme Mann?
Ich wünsch euch eine gute Nacht!

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