Juli 242008
 

24072008029.jpg Nachdenklich geworden, versuche ich so den Inhalt der großen Rede Barack Obamas an der Berliner Siegessäule für mich zusammenzufasssen: „Wir stehen alle gemeinsam in der Verantwortung.“ Ich spreche ein paar Amerikaner an: „Was meint ihr?“ Ihre Antwort: „Na, so viel Besonderes hat er nicht gesagt. Er sprach mehr zu uns Amerikanern zuhause als zu euch in Europa!“ Ich widerspreche entschieden! Er hat nichts vollkommen Neues gesagt – aber dies war auch gar nicht zu erwarten. Viel wichtiger war die Wirkung seiner Rede. Eine gute Rede reißt mit, stiftet Gemeinschaft, lässt die Menschen fühlen: Das, was er da sagt, das hätte ich auch gerne gesagt, das schweißt uns zusammen.

Und das ist Barack Obama gelungen. Und deswegen hat sich jede Minute gelohnt, die ich mir die Beine in den Bauch gestanden habe.

Schon ehe er den Mund auftat, hatte er die Herzen gewonnen. Das war so deutlich spürbar! Seine Art zu gehen, seine Art zu lächeln, seine Art, Kontakt aufzunehmen mit den Massen, das ist eine Gabe, die zum großen Redner unbedingt dazugehört. Er hat sie!

Dann fing er an:

I come to Berlin as so many of my countrymen have come before. Tonight, I speak to you not as a candidate for President, but as a citizen – a proud citizen of the United States, and a fellow citizen of the world.

I know that I don’t look like the Americans who’ve previously spoken in this great city. The journey that led me here is improbable. My mother was born in the heartland of America, but my father grew up herding goats in Kenya. His father – my grandfather – was a cook, a domestic servant to the British.

Und damit hatte er erneut gewonnen. Eine leichte humoristische Wendung – ein klares Bekenntnis zu seinen Wurzeln. So fängt fast jede gute amerikanische Rede an. Nur wir Deutschen tun uns damit schwer, mit dieser Kunst, sich auf elegante Art in die Herzen der Zuhörer zu schleichen! Dabei ist es so leicht!

Es folgte ein messerscharfes Bekenntnis zur deutsch-amerikanischen Luftbrücke, zum unbeugsamen Freiheitswillen der Berliner während der Blockade durch die Kommunisten im Jahr 1948:

And on the twenty-fourth of June, 1948, the Communists chose to blockade the western part of the city. They cut off food and supplies to more than two million Germans in an effort to extinguish the last flame of freedom in Berlin. The size of our forces was no match for the much larger Soviet Army. And yet retreat would have allowed Communism to march across Europe. Where the last war had ended, another World War could have easily begun. All that stood in the way was Berlin.

And that’s when the airlift began – when the largest and most unlikely rescue in history brought food and hope to the people of this city.

The odds were stacked against success. In the winter, a heavy fog filled the sky above, and many planes were forced to turn back without dropping off the needed supplies. The streets where we stand were filled with hungry families who had no comfort from the cold.

But in the darkest hours, the people of Berlin kept the flame of hope burning. The people of Berlin refused to give up. And on one fall day, hundreds of thousands of Berliners came here, to the Tiergarten, and heard the city’s mayor implore the world not to give up on freedom. „There is only one possibility,“ he said. „For us to stand together united until this battle is won…The people of Berlin have spoken. We have done our duty, and we will keep on doing our duty. People of the world: now do your duty…People of the world, look at Berlin!“

Diese Zitate aus der Rede Ernst Reuters, des sozialdemokratischen West-Berliner Oberbürgermeisters aus dem Munde eines US-Präsidentschaftsbewerbers – nun, in der Tat nichts Neues, aber die Leidenschaft, mit der Obama sich auf den Freiheitswillen der Berliner berief, das klare Bekenntnis zur Tempelhofer Luftbrücke, das war etwas, was ich so ausführlich nicht erwartet hatte! Der eindeutige Antikommunismus ist weiterhin ein Grundstock beider großen amerikanischen Volksparteien, darüber täuschen sich die Deutschen nur allzu leicht hinweg. Und für Amerikaner ist es meist unverständlich, dass in Deutschland zwei große „sozialdemokratische“ Parteien – die SPD und die CDU – einander so unerbittlich den Schneid abzukaufen versuchen!

Natürlich ist Obama nach europäischen Maßstäben ein in der Wolle gefärbter Konservativer, ein Mann, der auf universelle Werte wie Liebe zur Herkunft, zum jeweiligen Vaterland, auf Freiheit, Verantwortung, Gemeinschaft setzt. Dennoch sollte auch Europa, das sich gerne auf erworbene Ansprüche, auf acquis communautaire, Mindestlöhne, Pendlerpauschalen und andere Segnungen des gütigen Sozialstaates beruft und darauf ausruht, einen Mann wie Obama als Partner mit vollem Herzen willkommen heißen!

Den Hauptteil seiner Rede widmete Obama den vor uns liegenden Aufgaben: Eindämmung des Klimawandels, Bekämpfung der Armut, Zusammenstehen gegen Terrorismus, Brückenbauen zwischen den Religionen, Fürsorge für die Armen und Vergessenen:

This is the moment when we must come together to save this planet. Let us resolve that we will not leave our children a world where the oceans rise and famine spreads and terrible storms devastate our lands. Let us resolve that all nations – including my own – will act with the same seriousness of purpose as has your nation, and reduce the carbon we send into our atmosphere. This is the moment to give our children back their future. This is the moment to stand as one.

And this is the moment when we must give hope to those left behind in a globalized world.

Zum Schluss noch ein Liebesbekenntis an Amerika:

But I also know how much I love America. I know that for more than two centuries, we have strived – at great cost and great sacrifice – to form a more perfect union; to seek, with other nations, a more hopeful world.

Da ist es ein fünftes Mal in dieser doch nur halbstündigen Rede – das Wort „Opfer“. Welcher deutsche Politiker traut sich heute noch, so wie Obama von Opfer zu sprechen, – von Liebe zum eigenen Land, von Hingabe, von Dienen, von Verantwortung? Es sind nur wenige. So viel Verzagtheit, so viel Mutlosigkeit in deutschen Reden!

Obama kann uns wahrlich eines Besseren belehren. Deshalb bin ich dankbar, dass er gekommen ist. Ich sehe ihn in einer langen Tradition amerikanischer Präsidentenreden, beginnend mit der großen Gettysburg Address von Abraham Lincoln: Schlichte Worte, mit Leidenschaft und Überzeugung vorgetragen, kein Honigseim um das Maul des Volkes, sondern ein klarer Aufruf zur Verantwortung, zur gemeinsamen Tat, gespeist aus dem Bewusstsein der vergangenen Kämpfe.

Wir brauchen mehr solche Politiker. Es muss und wird sie auch in Europa geben, eines nicht allzufernen Tages. Es war ein großer Tag, eine große Rede, die man auch noch in Jahren nachlesen sollte, ein Schritt nach vorne zu einer besseren Welt!

Die Leute spürten das. Sie drängten sich nach Schluss der Rede noch an die Absperrungen, um einen „Saum seines Mantels zu erhaschen“, wie es im Evangelium heißt. Und hier – Freunde – scheiden sich die Geister. So weit würde ich nicht gehen. Eine fast kultartige Verehrung für einen Politiker – das ist in meinen Augen … too much of a good thing! So please … give me a break!

Full script of Obama’s speech – CNN.com

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Friedrichshain-Kreuzberg belegt Platz 1 bis 3 …

 Aus unserem Leben, Fahrrad, Friedrichshain-Kreuzberg, Gemeinschaft im Wort, Positive Kommunikation  Kommentare deaktiviert für Friedrichshain-Kreuzberg belegt Platz 1 bis 3 …
Juli 172008
 

… in der Statistik der gefährlichsten Kreuzungen Berlins. Der BZ kommt heute das Verdienst zu, die Liste der 100 gefährlichsten Kreuzungen abzudrucken, aufgeschlüsselt nach Unfall- und Verletztenzahlen. Auch die Unfallkosten werden bis auf den Euro genau ausgewiesen. Der flächenmäßig besonders kleine Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg führt diese Liste auf den Plätzen 1 bis 3 unangefochten an. Und unter den 12 unsichersten Knotenpunkten Berlins liegt immerhin ein sattes Drittel in unserem Bezirk.

Die 3 gefährlichsten Kreuzungen Berlins sind: Admiralstraße/Kottbusser Straße, Frankfurter Tor/Frankfurter Allee, Bevernstraße/Oberbaumstraße. Unfallkosten allein an diesen drei Stellen 2005-2007: 1515 Unfälle an diesen drei Kreuzungen kosteten 11.064.537 Euro – über 11 Millionen Euro!

Auch der gestern veröffentlichte Verkehrssicherheitsbericht 2008 der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung bietet keinen Anlass zur Entwarnung. Im Gegenteil: Die Zahl der Unfälle ist um 3,6% auf 124.919 gestiegen. In wünschenswerter Deutlichkeit liefert der Report eine Aufschlüsselung nach Unfallarten, Unfallbeteiligten, Schwer- und Leichtverletzten und Unfallverursachern.

Ergebnis: besonders gefährdet sind weiterhin Fußgänger und Radfahrer. Der Anteil der Radfahrer an den Schwerverletzten ist noch einmal auf nunmehr 27% gestiegen.

Als die beiden maßgeblichen Unfallursachen werden auf S. 10 wörtlich angegeben

bei Radfahrern „Fehler beim Einfahren in den fließenden Verkehr“ und „Benutzen falscher Fahrbahnteile“ (häufig betrifft Letzteres das Befahren von Radwegen in falscher Richtung oder von nicht für Radfahrer frei gegebenen Gehwegen)

Auch dieser Befund ist nicht neu: Nicht im „Längsverkehr“, also nicht dann, wenn die Radfahrer ordnungsgemäß auf den Straßen oder den Radwegen fahren, sondern beim „Einfädeln“ und Abbiegen sowie auch beim Befahren von Gehwegen und Radwegen in falscher Richtung geraten Radfahrer in statistisch besonders relevante Gefährdungslagen. Hauptursachen: mangelnde Sichtbeziehung zwischen KFZ und Radfahrer, Unachtsamkeit, Falschfahren.

Welche Schlussfolgerungen sind daraus zu ziehen? Die steigenden Unfallzahlen und die vielen Verletzten dürfen niemanden ruhen lassen. Der Verkehrssicherheitsbericht fordert eine stärkere Bündelung und eine Erhöhung der Anstrengungen. Auf S. 17 nennt er dazu 4 Schwerpunkte der Maßnahmen:

Mobilitäts- und Verkehrserziehung im (Vor-)Schulbereich, Aktionstage/-wochen, „Events“, Medien

Diese vier Handlungsfelder überlappen einander teilweise. Ich meine: Alle Akteure sind aufgerufen, Hand in Hand zu arbeiten. Mein Motto: Sicherer Straßenverkehr gelingt gemeinsam.
Am Schluss des Berichts ist die Berliner Charta für die Verkehrssicherheit abgedruckt. Ein vorbildliches Dokument, das der Umsetzung harrt! Es wird getragen von einem breiten Bündnis. Dazu zählen neben Berliner Behörden auch namhafte freie Träger, wie etwa der ACE, ADAC, BUND, FUSS e.V., BVG, Verkehrsclub Deutschland (VCD).

Sicherer Straßenverkehr gelingt gemeinsam.

Um etwas Erfreuliches zu zeigen: Das Foto zeigt unser Tandem, mit dem ich meinen Sohn täglich zur Kita bringe. Sicher. Gelassen. Fröhlich.

Das sind die 100 gefährlichsten Kreuzungen Berlins – BZ-Berlin.de

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Juli 092008
 

Mitten in die Kandidatensuche für die nächste Bundestagswahl platzt den Parteien ein neuer Umfragerekord für Kanzlerin Merkel – der wievielte eigentlich? Forsa führte die Befragung für den Stern durch. Spiegel online berichtet darüber heute:

Angela Merkel im Allzeithoch: Die Kanzlerin erzielt bei den Deutschen in praktisch allen Bereichen überragende persönliche Werte. Bei einer Direktwahl zum Amt des Bundeskanzlers würde Merkel einen Kantersieg landen – völlig unabhängig vom Gegenkandidaten.

Aber: Erneut klafft ein riesiges Loch zwischen der Kanzlerin und ihrer Regierung bzw. Partei!

Mit der Arbeit der Kanzlerin zeigten sich laut der Umfrage mehr als zwei Drittel der Bürger zufrieden: 69 Prozent beurteilen ihre Arbeit als gut. Die Bundesregierung selbst schneidet weniger positiv ab; deren Arbeit wird nur von 36 Prozent als gut gewertet. Die CDU kommt auf 34 Prozent.

„Wissen Sie, welcher Partei Angela Merkel angehört?“ Bei einer Straßenbefragung vor einiger Zeit wussten einige Passanten dies nicht: „Merkel … die ist von der SPD, … oder doch von den Grünen?“

Umfragerekord: Merkel beliebt wie noch nie – Politik – SPIEGEL ONLINE – Nachrichten

Gesamtbefund: Merkel gewinnt, CDU profitiert nicht entscheidend davon! Offenbar wird Kanzlerin Merkel in der Wählerschaft nicht als typisch für die CDU wahrgenommen. Sie selbst – bezeichnete sich noch im Jahr 2004 als „verschärfte Seiteneinsteigerin“.

Ich meine: Sie vereinigt erfolgreich Merkmale aus typischen Eigenschaften aller 5 wichtigen Parteien:

1) Sie spricht immer so, dass alle sie verstehen. Das kommt gut an bei Wählern ohne Abitur. Sie ist nicht abgehoben, vertritt kein elitäres Bewusstsein von „bürgerlicher Führungsschicht“. Ehemalige SPD-Stammwähler wollen das. Sie spricht sogar direkter, weniger verklausuliert als der mutmaßliche SPD-Kanzlerkandidat!

2) Sie wuchs in der DDR auf, ohne dort in echte Opposition zu gehen. Deshalb für die Mehrheit der ehemaligen DDR-Bürger gut wählbar. PDS- bzw. Linke-Wähler finden diesen Teil ihrer Biographie in der Kanzlerin wieder.

3) Sie setzt sich international erfolgreich für Umwelt- und Klimaschutz ein, erreicht Konsens gegen alle Erwartungen, übertrifft teilweise die Forderungen der Grünen noch. Die Grünen können ihr kaum am Zeug flicken. Merkel kämpfte 1995 für ein Tempolimit auf Autobahnen – und verlor den Kampf. Es war nicht durchzusetzen. Seither kämpft sie nur noch für erreichbare Ziele.

4) Sie vertritt immer wieder mal eine reformorientierte Position im Sinne des Leipziger Parteitags von 2003. Allerdings: Für FDP-Stammwähler ist sie damit kaum so stark und ansprechend, wie sie das früher mal war.

5) Ähnlich ihrer Partei, der CDU, vertritt sie eigentlich keine glasklar erkennbare „Parteilinie“. Eher gilt es, das zum gegebenen Zeitpunkt beste erreichbare Ziel im Konsens herbeizuführen. Dies gereicht in Zeiten, wo alte Partei-Profile zerbröckeln, wo Lager-Zugehörigkeiten sich lockern, zum Vorteil.

Was könnten die Parteien bei ihrer Kandidatenaufstellung für die nächste Bundestagswahl lernen?

1) Kommunikation so einrichten, dass alle alles oder doch fast alles verstehen können. Eine klare, nüchterne, einfache Sprache kommt gut an.

2) Kandidaten aufstellen, die für den jeweiligen Wahlkreis typisch sind, also möglichst viele Eigenschaften mitbringen, in denen sich die Wähler wiederfinden. In einen Wahlkreis mit „grüner“ oder „roter“ Stammwählerschaft sollte man also jemanden schicken, der selbst mindestens „grün“ oder „rot“ angehaucht ist – und umgekehrt.

3) Gegnerische Parteien stellen, auf deren eigenem Felde schlagen. Keine Partei macht alles richtig, man sollte sich ruhig ins gegnerische Lager wagen, deren Themen „abgraben“. Wie groß war bei den Gegnern die Empörung, als Ole von Beust plötzlich eine Verdoppelung des Radverkehrs forderte! „Ja, darf der denn das? Darf der uns die Themen klauen?“ Ich meine: Er darf, wir dürfen alle – denn wie heißt es doch so schön: „Prüfet alles, das Beste behaltet!“

4) Programmatische Kreuzungen heranziehen! In den nächsten Jahren werden zunehmend Politiker Erfolg haben, die eher wie eine Art Mischung aus verschiedenen Parteien daherkommen. Das kann ein Saab-turbo-fahrender Grüner sein – oder eine kreuzbrav-schöpfungsfreundlich radelnde CDU-Frau. Eine barfuß laufende FDP-Vertreterin in Latzhosen, oder ein Linker in schwarzem Anzug und Krawatte. Solange es stimmt, solange die Person sich nicht absichtlich maskiert – warum nicht? – Das Leben ist so bunt!

5) Lernbereitschaft, Offenheit dokumentieren. Die „alten Hasen“ sind weniger gefragt, derzeit kommen die „Seiteneinsteiger“ und „Querdenker“ besser an. Personen, die schon einen Teil der Berufskarriere hinter sich haben und nicht auf das politische Amt als Einkommensquelle angewiesen sind.

6) Der Wähler will das Gefühl haben: „Aha, da hört mir endlich jemand mal zu. Da kann jemand mal die Klappe halten, gut, das gefällt mir!“

In diesem Sinne … es bleibt spannend!

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Mai 292008
 

Recht vollmundig hatten wir in diesem Blog verkündet, wir wollten das Wahlverhalten in vier ausgewählten europäischen Großstädten betrachten. London wurde am 12.05.08 bereits in diesem Blog umfassend abgehakt. Jetzt ist Augsburg dran. Was geschah in der Stichwahl am 16. März 2008?

Die Augsburger wählten den beliebten Oberbürgermeister Paul Wengert aus dem Amt und stimmten mehrheitlich für den parteilosen Kurt Gribl. Der Mann, ein promovierter Jurist, konnte keinerlei politische Vorerfahrung vorweisen. Er war nicht einmal Mitglied einer Partei. Die CSU machte ihn zu ihrem Kandidaten. „Wir haben keinen Besseren“, hört man oft in solchen Fällen. Was sprach für ihn?

1) Er ist das Gegenteil eines Politikers der alten Garde, sondern trat als kundiger Vermittler der Bürgerinteressen an. 2) Er versprach, unbeliebte Großprojekte des Amtsinhabers zu kippen, so etwa den ÖPNV-freundlichen kompletten Umbau der Friedberger Straße. 3) Er spielte den „Ich-bin-einer-von-euch“-Trumpf aus. Der waschechte Augsburger schlägt den Berufspolitiker von auswärts. 4) Er präsentierte sich als moderner Internet- und Popfan. Er hat ein Profil auf Myspace und Xing. 5) Er hat ein Ohr für die kleinen pragmatischen Anliegen. In seinem Hundert-Punkte-Programm nimmt er zahlreiche Forderungen von Betroffenen auf, kümmert sich höchstpersönlich um kommunalpolitische Kleinstprojekte, wie etwa Fahrradabstellbügel und Popkonzerte. Die Botschaft ist klar: „Ich kann zuhören, ich wälze euch kein Programm zur Weltverbesserung auf.“ 6) Er formulierte alle seine Anliegen positiv, nach vorne gewandt. Er stellte ein positives Leitbild für seine Vaterstadt auf, gestützt auf Werte wie Selbstvertrauen, Zukunft, Selbstbewusstsein. 7) Er griff nicht den beliebten Amtsinhaber an, sondern überging ihn weitgehend einfach mit Schweigen. Kein Zank, kein Gezetere. Was blieb ihm auch übrig?

Was lernen wir daraus? Ich würde sagen: Das Kleine 1 mal 1 der politischen Kommunikation in diesem ersten Jahrzehnt:

1) Die alten Parteien sind (fast) abgeschrieben, Personen zählen mehr. 2) Fahrrad schlägt Straßenbahn! Kleinstprojekte kommen besser an als Großbaustellen. 3) Zeig, dass du zuhören kannst. Rede weniger, höre mehr zu. 4) Spalte nicht, beleidige nicht, lärme nicht rum. Polarisiere nicht. Lass die Welt eher so, wie sie ist. 5) Blicke nach vorn, nicht in die Vergangenheit. 6) Zeige ein klares Leitbild auf! Wo siehst du deine Stadt in 5 oder 10 Jahren? 7) Kopple dich von der veralteten Rhetorik der Volksparteien CSU/CDU und SPD ab. Präsentiere dich als Außenseiter, Quereinsteiger, Querdenker, als Fachmann/Fachfrau oder Moderator oder was auch immer, eher denn als Berufspolitiker. 8) Sei keine Trantüte, sondern zeige, dass du dein Leben genießt. 9) Such dir die richtige Unterstützerin. Lade Angela Merkel in dein 264.000-Seelen-Dorf ein. Die Frau segelt weiterhin auf herausragenden Zustimmungswerten. Segle auch du mit den Erfolgreichen. 10) Mach dein Schicksal nicht vom Ausgang dieser einen Wahl abhängig!

Zum Nachlesen auf der Homepage des neuen Augsburger Oberbürgermeisters hier klicken.

Unser Foto zeigt heute einen Blick auf die Lechauen im Stadtteil Hochzoll-Nord, nur einen Steinwurf von der Friedberger Straße entfernt. Übrigens: Dies war in meiner Jugend ein Teil meines täglichen Schulwegs.

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Mai 092008
 

Wie weit ist Kreuzberg von Berlin entfernt? Mit dieser provokanten Frage eröffnete Thomas de Maizière am gestrigen Donnerstag sein Referat. Keine der üblichen Stammtischreden kündigte er an, sondern einen etwas abweichenden Einblick in die Praxis eines Politikers, der im engeren Sinne zum „Team Merkel“ gehört und als Leiter des Bundeskanzleramts gewissermaßen rechte Hand der Bundeskanzlerin ist. Ort: das Glashaus in der Kreuzberger Lindenstraße. Eingeladen hatten gemeinsam der CDU-Kreisverband Friedrichshain-Kreuzberg und dessen Ortsverband Oranienplatz. Wer aber geglaubt hatte, der Redner werde dem besonderen Flair, dem Sondercharakter unseres Bezirks achtungsvoll-mitleidig Tribut zollen und sich derart einschmeicheln, sah sich getäuscht: de Maizière stellte heraus und belegte durch Zahlen, dass Vielfalt, Unterschiede aller Art geradezu Kennzeichen der jetzigen Bundesrepublik seien. Im Klartext: Alle Gegenden sind irgendwie anders als die anderen – es gibt keine Sonderzonen, weder sind es die alternativen Spielwiesen noch die Hochburgen der Bürgerlichkeit. Kreuzberg, Dingolfing oder Dresden sind bei allen gewaltigen Unterschieden hinsichtlich Einkommen, Beschäftigungssituation und Lebensstil nichts anderes als Facetten eines unübersichtlicher, aber dadurch auch reicher gewordenen Landes.

Daraus ergeben sich aber auch Gefahren: der gesellschaftliche Zusammenhalt droht verlorenzugehen, wenn alle nur aus ihrer eigenen Sichtweise heraus urteilen und handeln. Die Bürger denken dann in Kategorien der Betroffenheit, die Politiker in solchen der Zuständigkeit. Dass ein Vater wegen eines schulischen Ärgers an die Bundeskanzlerin schreibt, zeigt, dass er sich betroffen fühlt, die Angeschriebene wird und darf aber darauf nicht selbst eingreifen: für Schule ist sie nicht zuständig. Aus dem Gegensatz von Betroffenheit und Zuständigkeit ergeben sich häufig Missverständnisse und Entfremdung zwischen der Politik und den Bürgern, zwischen „denen da oben“ und „denen hier unten“. Der Kanzleramtsminister warb leidenschaftlich für den „Blickwechsel“. Beide Seiten sind aufgerufen, sich jeweils in die andere hinzuversetzen. Gelingt dies nicht, drohen den Bürgern Politikerverdrossenheit, den Politikern der Verlust der Bodenhaftung, letztlich lauert gar Legitimitätsverlust.

Was heißt Politik? Geht es darum, bestimmte Vorstellungen davon, wie die Welt auszusehen habe, möglichst unverkürzt umzusetzen? Geht es darum, für das Gute zu kämpfen und des Schlechte zu besiegen? Oder ist es Kennzeichen guter Politik, unerschrocken große Reformvorhaben durchzusetzen und dem Land ein frisches Gesicht zu verleihen? De Maizière wies derartige Vorstellungen nicht rundheraus zurück, legte aber eindringlich dar, dass die Aufgabe der Politik meist darin bestehe, unterschiedliche, für sich genommen berechtigte Interessen in einen vertretbaren Ausgleich zu bringen. Dafür muss der Staat mit seinen Organen sorgen. Er hat das Gewaltmonopol, muss die Sicherheit der Bürger gewährleisten. In diesem Zusammenhang bekräftigte de Maizière, dass er die Vorratsdatenspeicherung von Verbindungsdaten für ebenso sinnvoll wie das Festhalten am BND, als einem geheim agierenden Nachrichtendienst, erachtet.

Politik besteht im Durcharbeiten verschiedener Sachprobleme, im vernünftigen Zusammenführen unterschiedlicher Perspektiven. Der berühmte große Wurf ist nur selten möglich. Als Beispiele dafür nannte de Maizière das Steuersystem und die Sozialversicherung. Ein grundlegender Systemwechsel oder auch nur eine durchgreifende Reform dieser Systeme sei derzeit nicht zu stemmen. Es gehe vielmehr um das Nachjustieren, um behutsame Eingriffe. Ziel sei es dabei, das Funktionieren des Ganzen zu sichern. Selbst vermeintlich einfache Fragen wie etwa Importerleichterungen für amerikanische Hühnchen scheiterten oft an unterschiedlichen Auffassungen darüber, wie ein Hühnchen zu sein habe: das amerikanische Hühnchen scharrt in einer mikrobendurchsetzten Umwelt, um nach dem Keulen gründlich desinfiziert zu werden. Das europäische Federvieh wächst hygienischer auf, erfüllt aber nach dem Schlachten nicht die strengeren amerikanischen Vorschriften. Amerikaner und Europäer finden keine einvernehmliche Lösung, weil die Züchter sich gegen jeden Vorschlag wehren. Folge: Die Grenzen für Hühnchen werden dichtgemacht. Ist das richtig oder falsch? Wer hat nun recht? Wer ist das gute, wer das böse Hühnchen?

An diesen und anderen Beispielen machte de Maizière sehr anschaulich klar: Es geht in der Politik fast nie um Gut und Böse, ja nicht einmal um Recht und Unrecht, sondern um das beharrliche Zusammenbringen, das Vermitteln unterschiedlicher Seiten und Sichtweisen. Gute Politik besteht also darin, diesen Prozess der Mediation, der Vermittlung zu einem solchen Abschluss zu bringen, dass die Interessen aller Beteiligten auf vertretbare Weise gewahrt bleiben.

Alle diese Thesen unterlegte de Maizière mit einer Fülle an Beispielen aus unterschiedlichen Politikfeldern. Er lieferte eine beeindruckende tour d’horizon quer durch die verschiedenen Baustellen der Politik aus der Sicht eines zentralen Akteurs.

Kennzeichnend für den geschilderten Politikstil sind eine pragmatische, unideologische Grundhaltung sowie Einsicht in das derzeit Mehrheitsfähige und Machbare: „Man sollte nur für das kämpfen, wofür eine Erfolgsaussicht besteht.“ Ich bemerkte: Sprachlich schlägt sich dies in klaren, kurzen Sätzen, angereichert mit Beispielen aus der Praxis nieder. Ich dachte: Ja, wenn nur alle so redeten, wären wir schon weiter!

Der vollständige Verzicht auf gängige Modeworte fiel mir ebenso angenehm auf. Der Sprechzettel des Ministers glänzte durch das Fehlen einiger Hieb- und Stichworte, ohne die der übliche Stammtisch der verschiedensten Parteien meist nicht auskommt! Vier dieser auffallenden Lücken – also Worte, auf die er verzichtete – seien hier gleich angeführt:

„Partei“. Wenn ich mich nicht täusche, kamen politische Parteien in diesem doch grundsätzlich angelegten Referat nicht oder nur am Rande vor. Dies fand ich besonders verblüffend! Die Parteien spielen im Konzert der politischen Kräfte offenbar nicht mehr die dominierende Rolle, die ihnen häufig zugeschrieben wird. Es war, als wollte de Maizière uns sagen: „Denkt an die dringenden Aufgaben, denkt an mögliche Lösungen, denkt nicht zuerst an die Partei.“ Vielleicht meinte er stillschweigend sogar: „Öffnet die Partei für Gesprächsangebote nach draußen, dann wird sie schon größeren Einfluss bekommen. Macht sie zur Plattform für die Diskussionen der gesellschaftlichen Interessen, dann wird sich auch ein schärferes Profil ergeben.“

„Reform.“ Scheint zu stark verbraucht, belastet zu sein durch übertriebene Anspruchshaltung. Oft hört man: „Diese Regierung ist angetreten mit dem Versprechen, das und das und das zu reformieren. Was ist daraus geworden?“ Der Minister schien da eher den Begriff „Vorhaben“ zu bevorzugen. Er erwähnte durchaus die großen übergreifenden Vorhaben der jetzigen Regierung – etwa den Klimaschutz, aber er vergaß nie aus den Augen, dass derartig große Ansätze in das tägliche kleinteilige Arbeiten eingefügt werden müssen.

„Zwänge einer großen Koalition.“ Wird bekanntlich häufig als Erklärung für gescheiterte Reformversuche hergenommen. Zwar sprach de Maizière durchaus von Sachzwängen, aber in keinem Fall verwendete er die bequeme Ausflucht: „Die anderen, also die SPD, lassen uns nicht.“ Wenn es nicht weitergeht – so schien er sagen zu wollen – stecken dahinter einander widerstreitende Interessen, die eben derzeit nicht unter einen Hut zu bringen sind. Beispiel: die Steuerfreiheit für Nachtarbeitszuschläge; dieser als solcher unerwünschte Subventionstatbestand lässt sich derzeit nicht gegen die Interessen des sowieso gering verdienenden Pflegepersonals abschaffen.

„Konservativ“, „links“, „bürgerlich“. Scheinen in der Politiksicht des Kanzleramtsministers eine äußerst geringe oder gar keine Rolle zu spielen. Diese veralteten Begriffe des Blockdenkens werden ersetzt durch wertfreie Fragen wie: „Wie ist der jetzige Zustand? Wer profitiert davon? Was ist schlecht daran? Was spricht dafür, was dagegen, diesen jetzigen Zustand zu ändern? Können wir die angestrebte Änderung durchsetzen?“

Und damit kommen wir zum zweiten Teil des Abends – zur freien Aussprache. Die Fragen an den Minister zielten ohne Umschweife auf die Themen, die besonders auf den Nägeln brennen. Zwei davon seien herausgegriffen:

1) „Wie sieht konservative Politik heute aus?“ Ich hatte den Eindruck, dass Herr de Maizière das vielbeschworene „Konservative“ nicht als den bestimmenden Grundzug einer erfolgreichen CDU ansieht. Er vertrat vielmehr die Meinung, dass ein emphatischer Begriff der Freiheit eher als das eigentlich unterscheidende Merkmal der CDU tragfähig sei. Freiheit verstanden als Gegenbegriff zur größtmöglichen Verteilungsgerechtigkeit, die letztlich nur zu einem üppigeren Staat führen müsse. Und der Staat, somit auch die Politiker, werde derzeit hoffnungslos mit Ansprüchen und Erwartungen überfrachtet.

2) „Wie können wir die nächsten Wahlen gewinnen?“ Hier legte de Maizière nahe: durch fleißige, glaubwürdige Arbeit an Sachproblemen. „Die Wahlkämpfe sind kurz“. Verunglimpfung des Gegners werde zwar mitunter von der Parteibasis gefordert, stoße aber die breiten Wählerschichten ab. Also verwende man besser keine Beleidigungen! Aber dem Wähler müsse klargemacht werden: Wenn ihr Merkel wollt, müsst ihr CDU wählen.

Und wieder einmal wurde die Frage aufgeworfen, warum die überragenden, eigentlich sensationellen Umfragewerte der Kanzlerin Merkel nicht der CDU zugute kämen. Nun, wir hatten genau diese Frage schon einmal in derselben Kneipe und auch in diesem Blog erörtert (siehe Eintrag am 23.11.2007). Hier hätte der Minister meiner Ansicht nach den von ihm vertretenen Politikstil durchaus als nachahmenswert empfehlen können. Er tat es nicht – aus Bescheidenheit?

Mein Versuch einer Bilanz: Wir hörten beeindruckende, mit Hintergrundwissen geradezu getränkte Analysen, vorgetragen mit großer Anschaulichkeit und auch erfrischendem Humor von einem der einflussreichsten Politiker dieser erfolgreichen Bundesregierung. Der von Minister de Maizière überzeugend vertretene Politikstil wird seit einigen Jahren vom Team um Kanzlerin Merkel mit großer Konsequenz in die Tat umgesetzt. In der Berliner Landespolitik hat dieser kooperative, über die alten Kämpfe hinausweisende Politikstil sicherlich an diesem Abend einige neue Freunde gewonnen. Ich selbst – war sowieso schon einer.

Nun gilt es nur noch, dem Minister de Maizière noch deutlicher all die schönen Seiten unseres Bezirks ebenso überzeugend vorzuführen. Es gibt auch bei uns noch viel Gutes zu entdecken, Herr Minister!

Unser Foto zeigt von links nach rechts: Dr. Wolfgang Wehrl, Kreisvorsitzender der CDU Friedrichshain-Kreuzberg, Kanzleramtsminister Dr. Thomas de Maizière, Kurt Wansner MdA. Foto veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung von Wolfgang Wehrl

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Das Wort ist stärker als die Wanze

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Mai 082008
 

Wirklich gute Worte fielen unter dem Klang der ersten Hammerschläge laut Presseberichten auf der Grundsteinlegung für den neuen BND-Bau an der Chausseestraße. Die Welt schreibt heute:

Bei der Grundsteinlegung für die neue Zentrale des Auslandsgeheimdienstes in Berlin streikte die Technik. Die feierlichen Reden von BND-Chef Ernst Uhrlau und Kanzleramtsminister Thomas de Maizière (CDU) wurden durch defekte Mikros gestört. „Ich wünsche dem BND Probleme mit dem Mikrofon nur auf der Baustelle, nicht bei der Arbeit“, unkte de Maiziere, nachdem er den Grundstein mit einem kräftigen Hammerhieb in das Fundament eingepasst hatte.

BND-Umzug: Die Zähmung der widerspenstigen Spione – Nachrichten Politik – WELT ONLINE

Die Süddeutsche Zeitung listet heute auf S. 6 eine satte Liste an Versäumnissen und Rechtsverstößen durch den BND auf: Online-Durchsuchung eines afghanischen Ministers und einer Spiegel-Reporterin, Vernehmungen in ausländischen Foltergefängnissen, Belieferung der USA mit falschen Informationen über angebliche irakische Massenvernichtungswaffen, dienstinterne Querelen, die nach außen getragen wurden. Die Liste könnte weitergeführt werden.

BND-Chef Uhrlau gab sich zerknirscht: „Ich werde daran arbeiten, dass das – auch durch mich – verlorengegangene Vertrauen in den Dienst wiederhergestellt wird – durch solide Arbeit und vorzeigbare Ergebnisse.“

Bereits vor Tagen hatten Kanzlerin Merkel und das Parlamentarische Kontrollgremium öffentlich geäußert, dass das Vertrauen in den Dienst „gestört“ sei.

Ich vermute mal: Die Zerlegung des BND in zwei Teile (ein Teil zieht voraussichtlich 2013 nach Berlin, ein Teil bleibt in Pullach) wird den ohnehin angeschlagenen Dienst noch weiter schwächen. Das muss nicht von Übel sein. Ein allzu starker Geheimdienst, wie ihn sich die USA leisten, kann völlig aus dem Ruder laufen und Politik auf eigene Faust zum Schaden des Volkes betreiben, wie Tim Weiner überzeugend nachgewiesen hat. Auch das Festhalten an dem so heftig kritisierten Präsidenten Uhrlau signalisiert eindeutig: Jetzt darf nicht mehr viel Widergesetzliches passieren, sonst ist es aus mit der ganzen geheimdienstlichen Selbstherrlichkeit.

Am beachtlichsten fand ich übrigens den in der heutigen Süddeutschen Zeitung auf S. 6 vermerkten Kommentar von Kanzleramtschef de Maizière. Er soll betont haben, wie wichtig auch in Zeiten von Mobilfunk und Internet die Kommunikation von Mensch zu Mensch sei, und er fügte abschließend hinzu:

„Da brauchen wir dann später auch keine schlecht funktionierenden Mikrophone mehr.“

Das muss ja wohl heißen: Wenn wir richtig miteinander reden, und zwar von Angesicht zu Angesicht, im Geist der Ehrlichkeit, der Klarheit und Wahrheit, als Freunde, als Partner, aber auch als Gegner, dann bedarf es keiner technisch hochgerüsteten Bespitzelung, keiner „krummen Touren“, keiner Mikrophone und Wanzen mehr. Der Geheimdienst im herkömmlichen Verständnis wird überflüssig und in eine moderne Agentur zur Informationsauswertung umgewandelt.

Ich stimme dieser nur scheinbar utopisch klingenden Einschätzung des Ministers de Maizière im wesentlichen zu. „Das Wort ist stärker als die Wurfschleuder“, sagte einst der weithin unterschätzte Adalbert Stifter. Er erkannte: Nichts bewegt auf Dauer die Menschen mehr als das offene, freimütig ausgesprochene Wort. Dieses Prinzip, dieses Grundvertrauen in das freie Wort hat die Spaltung Deutschlands, die Teilung Europas überwunden, es waren nicht die heimlich beschafften Informationen von jenseits des eisernen Vorhangs. Nebenbei: Ein paar Milliarden Menschen auf dieser Erde glauben, dass die Welt überhaupt durch das Wort geschaffen worden sei.

Schlussfolgerung auf kurze Sicht: Das Wort ist stärker als die Wanze! Und der BND gehört unter die Kuratel unserer gewählten Volksvertreter. Wenn die vom Volk auf Zeit bestellten Vertreter, also die Regierung und das Parlament, es nicht schaffen, den Dienst auf den Pfad der Gesetzestreue zurückzuführen, dann steht es dem Souverän, also dem Volk frei, dies bei den nächsten Wahlen mit dem Stimmzettel zu quittieren.

Moderne Dienste wären effiziente Verwalter von Informationen. Sie wären Wasserträger und Zuarbeiter der demokratisch legitimierten Volksvertreter. Die meisten Informationen entstammen sowieso der Öffentlichkeit, entspringen also dem genauen Studium der frei zugänglichen Medien. Das heißt: man muss fleißig Fremdsprachen lernen, vor allem auch Arabisch und andere nur scheinbar exotische Sprachen, die 20.000 wichtigsten Internet-Sites in den 20 wichtigsten Sprachen verfolgen, den Economist, die FAZ und den Spiegel und ein paar Dutzend andere seriöse Blätter aus verschiedenen Kontinenten lesen, Wichtiges von Unwichtigem trennen. Bitte alle Gesetze – wie das absolute Folterverbot – beachten! Bitte keine Politik selber machen, das geht ins Auge!

Übrigens: Der Neubau wird viel Geld in die regionale Bauwirtschaft und in die Gastronomie spülen und sollte uns Berlinern aus diesem Grunde willkommen sein.

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Unterwegs zu einer demokratischen Regierungskunst

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Mai 042008
 

Die Süddeutsche Zeitung bringt am Wochenende auf S. 7 einen guten Hintergrundbericht über Thomas de Maizière, den Minister im Kanzleramt. Journalist Stefan Braun hebt den unaufgeregten, im Hintergrund wirkenden, kenntnis- und faktenreichen Manager der Macht hervor, dessen Einfluss auf Entscheidungen weit größer sei als die Öffentlichkeit wahrhabe. Am meisten sticht in meinen Augen in diesem Artikel die Wendung „kommunikative Missverständnisse“ hervor: de Maizière erläuterte dieses Thema vor Bonner Schülern bei seiner Rückkehr in sein ehemaliges Gymnasium. Wir zitieren:

Die Abiturklassen haben sich in der Aula versammelt, es folgen zwei Stunden Fragen und Antworten – mit einem Thomas de Maizière, der die Kanzlerin, die Politik in Berlin und die Welt erklärt. Der bei jedem Thema – ob China, BND oder Gesundheit – die Interessenkonflikte, die Kompromisssuche, die „kommunikativen Missverständnisse“ erläutert. Sie glauben ihm, sie hängen an seinen Lippen. Es gibt sehr viel Beifall. Er macht derlei Ausflüge immer wieder.

Ein „kommunikatives Missverständnis“ – ist das nicht ein Widerspruch in sich? Ich vermute, nein! Viele politische Botschaften kommen deswegen anders an, als sie gemeint waren, weil die Sprechenden oder Schreibenden zwar das Richtige meinen, es aber so ausdrücken, dass es beim Hörer oder Leser ganz anders „ankommt“. Berühmtes Beispiel: Jene „Peanuts“ des Bankchefs. Diese – wie Physiker sagen – „Phasenverschiebung“ unserer Kommunikation vorwegzunehmen und so für eigene Zwecke zu nutzen, dass ein vertretbares Ergebnis erzielt wird, scheint mir einer der wichtigsten Aspekte demokratischer Regierungskunst zu sein – nebenbei auch der entscheidende Erfolgsfaktor für Politikerinnen und Politiker, die gewählt und wiedergewählt werden wollen.

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Apr. 292008
 

Die nach Bezirken aufgeschlüsselte Deutungsarbeit, die dieses Blog zum Tempelhof-Volksentscheid versprach, haben andere mittlerweile weitgehend geleistet. Es war auch nicht so schwer. Daraus macht ihr mir hoffentlich keinen Vorwurf!

Die Aufschlüsselung nach Bezirken konnte uns nur wegen der schlagenden Eindeutigkeit überraschen, mit der sie exakt der Grenze zwischen Ost- und West-Bezirken folgt. Die Lausitzer Rundschau schreibt zu diesem Thema:

Doller Sieg und blaues Auge

Die große Schwäche der Berliner CDU offenbarte sich durch die Abstimmung erneut. Im Ostteil der Stadt spielt die Partei kaum eine Rolle. Das änderte sich auch durch das Thema Tempelhof nicht. Der traditionsreiche Flughafen, an dem viele ältere West-Berliner wegen der „Rosinenbomber“ hängen, bedeutet den meisten Menschen im Osten wenig.

Tempelhof spielte in Lichtenberg eine ähnlich geringe Rolle wie der Abriss des Palastes der Republik in Spandau. Während in den Westbezirken die Menschen zur Abstimmung gingen, um den Flughafen zu retten, stimmten sie im Osten mit großer Mehrheit ausdrücklich mit Nein. Ein klares Signal gegen die Debatte, die als West-Thema empfunden wurde.

In der FAZ äußert sich Leser Lukas Werth mit folgenden Worten:

Ich lebe in Berlin und empfinde das Theater um Tempelhof als unwürdiges, doch bezeichnendes Geblubber der heutigen Politik und Ausdruck ihrer Leere. Es war nie ein großes Thema der Berliner Bürger, und andere, emotionell viel heißere Beschlüsse sind ohne Volksentscheid gefaßt worden (wie der Abriss des Palastes der Republik, der Wiederaufbau des Schlüterschlosses).

Lobenswert: Alexander Kaczmarek, Vorstandsmitglied der ICAT, beweist laut Morgenpost politischen Realitätssinn und Einsicht in das Unabänderliche:

„Was jetzt weiter passiert, ist im Grunde in den Händen des Senats, nicht mehr in unseren Händen. Wir haben das getan, was wir tun können.“

Ich meine: Der Flughafen Tempelhof eignete sich von Anfang an nicht als Thema, um eine erfolgreiche Kampagne für einen Volksentscheid auszurollen und irgendwie politisches Kapital daraus zu schlagen. Das war von Beginn an absehbar, und ich habe dies auch rechtzeitig – also einige Monate vor der Abstimmung – bei einigen mir persönlich bekannten Unterstützern der ICAT mündlich und brieflich „zu Protokoll gegeben“. Zu spät allerdings, die Maschinerie war schon Fahrt gekommen. Ich habe mich daraufhin konsequent aus dem ganzen Tempelhof-Drama herausgehalten und keine explizite Stellung mehr bezogen, sondern nur Dutzende Gespräche mit Hinz und Kunz geführt, um mir ein eigenes Urteil zu bilden. Und so bin ich am Sonntag als pflichtbewusster Bürger sehr wohl zur Abstimmung gegangen.

Welche Themen aber eignen sich statt des prinzipiell untauglichen Tempelhof-Themas? Ich meine, gute politische Kampagnenthemen für unsere Stadt, die dann in ein Volksbegehren münden können, zeichnen sich durch folgendes aus:

1) Sie müssen einfach kommunizierbar sein und ein klares Ja oder Nein ermöglichen. Der Flughafen Tempelhof war es nicht, im Gegenteil! Ein ganzer Rattenschwanz an juristischen, politischen, finanziellen und technischen Problemen ließ dem Laien keinerlei Chance, sich in kurzer Zeit ein kompetentes Urteil zu bilden. Folge: Viele Wähler sind überfordert, wissen nicht, woran sie sind, und bleiben der Abstimmung fern. Dies um so mehr, als die Befürworter und Gegner des Volksentscheides einander bis zuletzt der Lügen bezichtigten.

2) Gute Kampagnenthemen müssen die Berliner Bürger in Ost und West gleichermaßen betreffen und dürfen nicht zu einem gespaltenen Votum führen, wie es beim Flughafen Tempelhof vorhersagbar der Fall war.
3) Sie müssen erkennbar vernünftig sein und Unterstützung mindestens potenziell bei Anhängern aller Parteien finden. Ein Beispiel hierfür ist die Kita-Bildungs-Initiative des LEAK. „Bessere Bildung für alle Kinder im Kita-Alter!“ ist eine vernünftige Forderung, der sich niemand verschließen wird. Hier wird es nun noch darauf ankommen, das Anliegen möglichst schlicht und eingängig zu formulieren.

4) Gute Kampagnenthemen müssen nach vorne in die Zukunft gerichtet sein, klares Handeln ermöglichen. Sie müssen als eindeutige Handlungsanweisung an das Abgeordnetenhaus formulierbar sein, vorzugsweise als Gesetz. Auch dies war bei Tempelhof nicht der Fall. Denn selbst wenn der Volksentscheid Erfolg gehabt hätte, was wäre dann gekommen? Es war nicht klar! Die Kampagne trat zunächst stark vergangenheitsbezogen auf, erst in den letzten Tagen versuchte die ICAT das Ruder noch herumzuwerfen.

5) Die Anliegen der Volksentscheide sollten auch nicht einseitig durch politische Parteien vereinnahmt werden. Auch wenn es in der Natur der Sache liegt, dass ein Volksbegehren bzw. ein daraus folgender Volksentscheid sich vorwiegend gegen den jeweiligen amtierenden Senat richten wird, da es der Landesregierung ja jederzeit freisteht, derartige vernünftige Anliegen durch eigenen Entschluss zu verwirklichen.

Gibt es solche Themen? Ich meine ja: Ja, es gibt sie. Allerdings nur ganz wenige. Man kann sie mit der „doppelten Fünfer-Faustregel“ ermitteln:

Es sind jederzeit höchstens fünf Themen. Man kann sie anhand dieser fünf eben genannten Kriterien suchen.

In diesem Sinne stoßen wir an: Auf ein gutes neues Volksbegehren!

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März 312008
 

„Vermeide gespaltene Botschaften!“ war einer der kommunikativen Grundsätze, für die dieses Blog sich wiederholt ausgesprochen hat, z.B. am 27.11.2007. Um so erstaunlicher war es, heute in der BZ zu lesen:

Mit dem Slogan „be berlin“ wirbt der Senat seit zwei Wochen auf großen Citylight-Plakaten für die Hauptstadt. Gleich daneben trommelt die Berlin Tourismus Marketing (BTM) auf Riesenpostern: „Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin“.

Zufall? Versehen? Oder eine gezielte Doppel-Kampagne?

„Wir treten nicht gegeneinander an“, sagt Senatssprecher Richard Meng und beteuert: In Zukunft wolle man beide Kampagnen besser koordinieren. Professionelle Werber schütteln den Kopf über die ungewollte Konkurrenz, wo es doch um die gleiche Sache geht: „Was die beiden Berlin-Kampagnen vermissen lassen, ist eine einheitliche grafische Gestaltung“, so Stefanie Windeck vom „Institut für gute Werbung“ (BVG, McDonalds, Löwenbräu).

Wenn zwei einander entgegenarbeitende Botschaften auf den Betrachter einströmen, dann besteht die Gefahr des „Gegen-Lärms“. Das Resultat kann – abgesehen von der Ressourcenverschwendung – null sein. So werden auf manchen Flughäfen „Gegenschall-Anlagen“ aufgestellt, die durch geschickte Frequenzwahl den Lärm der Flugzeuge neutralisieren können. Wenn die beiden Kampagnen einander also überlagern, so dass man nur noch verwundert den Kopf schüttelt, dann haben sie letztlich sogar doch noch etwas Positives bewirkt, nämlich, dass man die Nackenmuskeln bewegt.

Wie zum Beleg dessen erreicht mich heute auch die Amtliche Information zum Volksentscheid „Tempelhof bleibt Verkehrsflughafen“. Auch hier bietet sich für den unvorbereiteten Leser dasselbe gespaltene Bild: Beide Seiten können in etwa gleich gute Argumente für sich geltend machen. Die wahrscheinlichste Reaktion darauf wird so sein:

Wer seine Meinung schon gefasst hat, wird sich in ihr noch bestätigt sehen. Wer keine vorgefasste Meinung hat, wird so hin- und hergerissen sein, dass er keine Entscheidung trifft und lieber zuhause bleibt.

Zwei herrliche Fälle von Doppelbindung!

 

 

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Macht Spaß. Ist gesund. Ist gut für die Stadt.

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März 302008
 

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Wer dieses Blog liest, weiß, dass ich manchmal recht kritisch zur Außendarstellung von öffentlichen Einrichtungen Stellung nehme, insbesondere, wenn diese unser Steuergeld ausgeben. Aber es geht auch anders, etwa bei Verbänden und Vereinen, die aus Mitgliedsbeiträgen finanziert werden. Jüngstes Beispiel: Die Äußerungen der Berliner ADFC-Vorsitzenden Sarah Stark in der Berliner Zeitung:

„Wir treten für Alltags- und Freizeitradler ein, weil wir Rad fahren gut finden. Es macht Spaß, ist gesund und gut für die Stadt.“ So einfach ist das.

Warum ich das gut finde? Die Aussage ist knapp, kommt zum Punkt, schreitet in einem jener berühmten „Dreisätze“ vom eher hedonistischen Genuss des einzelnen zum Wohl der Allgemeinheit. Die Sätze sind in Wir-Form, auch gut. Dagegen kann man nichts sagen. Serve, Volley, Punkt! Kein Untergangsraunen von der Klimakatastrophe, keine Kampfrhetorik gegen die böse Autolobby. So funktioniert Werbung für die eigene Sache.

Der berühmteste solcher Dreisätze ist übrigens jenes bekannte Dictum, jene unschlagbare Eigenwerbung Veni vidi vici des Heerführers Caesar. Dass es in der politischen Rhetorik und in der Werbung auf knappe, rasch zum Ziele führende Aussagen ankommt, die vorzugsweise als Dreiergruppe erscheinen sollen, ist heute allgemein anerkannt. Selbst die äußerst umstrittene, auch in diesem Blog am 11.03.2008 kritisierte Kampagne des Berliner Senats „be berlin“ setzt ganz auf diese Dreigliedrigkeit, etwa in Mustern wie: „Sei risikobereit, sei aktiv, sei Berlin“. Insoweit ist gegen sie kaum etwas einzuwenden. Allerdings reitet Bibberlin dieses Prinzip der Dreigliedrigkeit doch etwa allzu ausgiebig. Da spürt man dann schon die Absicht, Zweifel an der Ehrlichkeit kommen auf. Der große Caesar hingegen gebot über eine ganze Fülle an anderen Tropen und Figuren. Aber er konnte eben auch schlicht.

Wie zur Bekräftigung des eben Gesagten trafen wir heute am Potsdamer Platz auf ein radelndes … nicht Weltwunder, aber doch Stadtwunder: ein Fahrrad, das eher einer wandelnden Plattform glich, angetrieben von 7 Personen, die fleißig in die Pedale traten. Einer der Pedaleure ragte hervor, er saß am Lenker und erklärte gerade: „… der Tunnel wurde gebaut, damit weniger Autos durch die Innenstadt fahren.“ Aha, dies war also offenbar eine Stadtführung auf einem eher ungewöhnlichen Gefährt. Ich glaube, es heißt Conference-Bike, also „Zusammentrage-Fahrrad“. Das ganze funktioniert offenbar mithilfe eines komplizierten Kardan-Gelenks. Ich möchte das nicht reparieren müssen, aber es ist nett anzusehen!

Macht Spaß. Ist gesund. Ist gut für die Stadt.

So einfach ist das.

 Posted by at 21:34

In Berlin mobil – mehrheitlich ohne Auto

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März 272008
 

Gute Nachrichten vom Berliner Verkehr bringt der Berliner gedruckte Tagesspiegel von heute auf S. 9: Die Studie „Mobilität in der Stadt – Berliner Verkehr in Zahlen“ belegt: „Immer mehr Berliner steigen aufs Rad.“ Pro 1000 Einwohner gibt es in Berlin etwa 320 PKW, in Innenstadtbezirken oft nur etwa 200. Damit hebt sich Berlin deutlich von anderen deutschen Großstädten ab. Auf der nächsten Seite (S.10) finde ich die Anzeige der Kampagne des Bundesverkehrsministers: „Runter vom Gas. Jährlich sterben in Deutschland rund 5000 Menschen bei Verkehrsunfällen.“ Diese Anzeigenkampagne, die in Gestalt von Todesanzeigen daherkommt, erregt den Unwillen mancher Umwelt- und Verkehrsinitiativen, etwa von „Pro Tempolimit„.

Die Kritiker haben in einem Recht: Es kommt nie gut an, wenn sich eine Instanz – hier also das Bundesverkehrsministerium – mit zwei einander widersprechenden Botschaften zugleich präsentiert: Einerseits wirbt das Ministerium für eine Verringerung der Geschwindigkeit, andererseits wehrt sich Verkehrsminister Tiefensee gegen die Einführung eines Tempolimits auf den Autobahnen, obwohl dort etwa 200 Menschen pro Jahr aufgrund überhöhter Geschwindigkeit auf Strecken ohne Geschwindigkeitsbeschränkung sterben und obwohl die Einführung eines 120-km-Limits Jahr für Jahr etwa 3,7 Mio. Tonnen Kohlendioxid einsparen hülfe. Wahrlich keine Kleinigkeit! Die Zeiten vom Mai 1995, als sich die damalige Umweltministerin Merkel mit Tränen in den Augen für die Einführung eines Tempolimits auf deutschen Autobahnen einsetzte, sind offenbar vergessen. Man kann wahrscheinlich bei den Wählern noch keine Mehrheiten für die Geschwindigkeitsbeschränkung auf Autobahnen gewinnen, obzwar die allerneuesten Umfragen bereits anderes besagen.

Ich wäre schon froh, wenn innerorts die bestehenden Tempolimits von der Mehrheit der Autofahrer eingehalten würden. Dies ist derzeit nicht der Fall. Soweit ich weiß, gilt grundsätzlich Tempo 50 als Obergrenze, gebietsweise auch Tempo 30. Derartige „Freiheitsbeschränkungen“ scheinen ebenfalls in Vergessenheit geraten zu sein.

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„Unsere Kommunikationsstrategie ist gescheitert“

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Feb. 102008
 

Genießen Sie diesen Satz, der unsere heutige Betrachtung zur politischen Kommunikation einleitet! Geäußert hat ihn Karl-Theodor zu Guttenberg, ein deutscher Politiker. Welcher Partei er angehört, in welchem Zusammenhang er diesen Satz gesagt hat, spiele hier vorerst keine Rolle. Bemerkenswert ist vielmehr, dass er öffentlich eine Art Generalbekenntnis ablegt und sich selbst ausdrücklich nicht ausschließt. Das hat Seltenheitswert auf der politischen Bühne. Es ist, als hörte man zu Guttenberg den Ausruf sagen: „O electores! Peccavimus! – Oh Wähler, wir haben Fehler gemacht!“

Ferner fällt auf, das zu Guttenberg die Kommunikation – also die Darstellung politischer Inhalte gegenüber Partnern und der Öffentlichkeit – als Sache der Strategie auffasst, also nicht dem taktischen Klein-Klein und alltäglichen Scharmützel überlässt, wie man es so oft beobachtet. Noch seltener! Und schließlich gefällt es mir, dass er diesen mutigen Schritt gegenüber einem Online-Medium tut – in diesem Falle Spiegel online vom gestrigen Tage. Ich finde das gut, beherzigenswert, und ich wünsche mir, dass derartige Erkenntnisse noch häufiger zu begrüßen sein mögen! Bedenken wir: Es läuft doch wohl nach dem Ende des Blockdenkens darauf hinaus, dass kommunikative Strategien und persönliche Eigenschaften wie Lauterkeit wichtiger werden, wenn die Parteien inhaltlich immer schwerer voneinander zu unterscheiden sind. Bereits jetzt werden in den USA mit diesen strategischen Mitteln Vorwahlen – und auch Präsidentschaftswahlen überhaupt – entschieden. Die Inhalte, also die berühmten „Kampagnenthemen“, scheinen derzeit an Bedeutung zu verlieren.

Lesen Sie abschließend hier einen kurzen Abschnitt aus Spiegel online (Hervorhebung von diesem Blog):

SPIEGEL ONLINE: Die Bündnispartner sprechen hier auf der Sicherheitskonferenz vom „Krieg“, um den Nato-Einsatz in Afghanistan zu bezeichnen. Wir hingegen sagen lieber „Einsatz“ oder ähnliches. Ist das ein Fehler?

zu Guttenberg: Jeder hat seine eigene Sprache. Aber klar ist: Unsere Kommunikationsstrategie der letzten Jahre ist gescheitert, wir müssen uns hier definitiv verbessern. Das gilt für alle politischen Verantwortungsträger. In die Bevölkerung hinein und gegenüber den Bündnispartnern muss Deutschland detailgetreuer darstellen, was die Bundeswehr in Afghanistan macht und weshalb sie es tut. In den letzten Jahren wurde von unserer Seite aus mit einer gewissen Schüchternheit kommuniziert, um möglicherweise nach innen keine Verstörungen hervorzurufen. Das hat aber wohl auch dazu geführt, dass die Wahrnehmung bei unseren Bündnispartnern eine falsche ist.

 Posted by at 13:30