„Selbstermächtigung“: Gibt es ein Recht auf Rechtsbruch?

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Nov. 082010
 

Ja wie … lesen die Tazzler denn dieses Blog mit, frug ich heute verwundert, als ich die gute alte taz vom heutigen Tage aufschlug. Gestern hatte dieses Blog über die Kirche der Angst orakelt:

Was diese Gemeinden zusammenbindet, ist die Selbstermächtigung: “Was Reinheit und Sicherheit ist, das bestimmen wir! Wir brauchen uns an kein Recht und kein Gesetz zu halten.”

Und in seinem treffenden Deutungsversuch erklärt Martin Kaul auf Seite 1 der heutigen taz  das Blockieren und Verhindern der Castor-Transporte, das Schottern, den Widerstand gegen die Polizei mit genau diesem Ausdruck: Massenhafte Selbstermächtigung.

Der Protest wächst in die Breite und verschärft sich gleichzeitig: Massenhafte Selbstermächtigung – taz.de

Selbstverständlich denkt man beim harmlosen Ausdruck Ermächtigung in Deutschland auch an das schändliche Ermächtigungsgesetz vom 24.03.1933. Dieses von einer breiten Mehrheit getragene Gesetz gilt heute zu Recht als verhängnisvolle Selbstausschaltung des Parlaments. Den zahlreichen ab 1922 verübten Rechtsbrüchen, Plünderungen, Sachbeschädigungen, Körperverletzungen, der üblen Hetze und Agitation der Nationalsozialisten wurde so ein Mantel der Legalität umgehängt – unter Verweis auf die „Behebung der Not von Volk und Reich.“ Die vermutete „besondere Bedrohung und Gefährdung“, etwa durch die „jüdische Immobilienmafia“, durch das „internationale Großkapital“ usw. rechtfertige die Übertragung der verfassungsmäßigen Rechte des Parlamentes auf den Reichskanzler. Die Erhaltung der Reinheit der „arischen Rasse“ rechtfertigte nach dem Willen des Ermächtigungsgesetzes die massenhaften Rechtsbrüche, welche die Nationalsozialisten sowohl vor wie auch nach dem 24.03.1933 begingen.

Dieser Anschein der Legalität durch eine gesetzliche Grundlage wird bei der aktuellen „Selbstermächtigung“ gar nicht erst angestrebt.

Es wird stillschweigend vorausgesetzt: „Castor-Transporte sind ein schlimmes Verbrechen. Atommüll-Entsorgung ist ein schlimmes Verbrechen. Gegen dieses schlimme Verbrechen gilt es sich zur Wehr zu setzen.“ Wie? Durch Sachbeschädigungen, durch Körperverletzungen an Polizisten, durch gefährlichen Eingriff in den Schienenverkehr, durch massenhafte Nötigung.

Holla!

Gegen die Laufzeitenverlängerung, gegen den Ausstieg aus dem durch rot-grün ausgehandelten Ausstieg kann man demonstrieren, man kann das Verfahren sogar für einen schweren politischen Fehler halten – wie dies in aller Öffentlichkeit etwa der Bundestagspräsident Norbert Lammert (und auch dieser Blogger) tun. Aber weder Norbert Lammert noch dieser Blogger noch irgendjemand sonst hat das Recht zum Schottern, das Recht sich an Gleise zu ketten.

Ich sage: Es gibt in der Demokratie kein Recht auf den Rechtsbruch! Es gibt grundsätzlich kein Recht auf Widerstand gegen die Staatsgewalt.

Außer in den seltenen Fällen, wo schwere Verbrechen durch eine Strafttat verhindert werden können. So hätte man wahrscheinlich ab 1943 durch die Sabotage, durch „Schottern“ und gezielte Bombardierung der Eisenbahnlinien nach Auschwitz, Treblinka, Majdanek usw. einen Teil der millionenfachen Massenmorde an den Verfolgten verhindern können. Aber dazu waren die europäischen Völker am Boden nicht bereit, und die Alliierten in der Luft wollten es auch nicht, obwohl sie über die laufenden Massenmorde im Bilde waren.

Das Schottern der Bahnstrecken im Wendland, den „heldenhaft-rebellischen“ Widerstand gegen die Polizei halte ich für politisch gefährliche, für dummdreiste Straftaten.

Was sagt Künast dazu? Es war sicher politisch außerordentlich klug, nicht hinzufahren und die eigene Teilnahme an den Protesten gegen die unter rot-grün ausgehandelten Transporte abzusagen. Wer protestiert schon gegen sich selbst. Als Sprachregelung für Renate Künast würde ich vorschlagen: „Das Schottern der Bahnstrecken, die Gewalt gegen Polizisten sind nicht … HILFREICH!“ Nicht hilfreich! Oder „überflüssig„. Mit diesen Wörtern können alle leben. Aalglatt.

Kucken wir mal. Wir sind gespannt, ob die Grünen der massenhaften Selbstermächtigung zustimmen werden.

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Nov. 052010
 

Es war ein durch und durch verbrecherisches System, das Regime der Nationalsozialisten. Das hätte man eigentlich ab 1923 wissen können, denn die NSDAP setzte von Anfang an auf offenen Rechtsbruch, auf politische Gewalt, Saalschlachten, Sachbeschädigung, Körperverletzung, Mord. Von 1923 bis 1945 verübten die Nazis eine schier unendliche Serie an Taten des Rechtsbruchs, der illegalen Gewalt und des Terrors.

Wenn es eine Kultur der Legalität gegeben hätte, dann hätte man die NSDAP auflösen müssen. Wer auf offenen Rechtsbruch setzt, auf Saalschlachten, auf Sabotage und auf Gewalt gegen Polizisten – wie die Nazis, aber auch ihre linksradikalen Feinde auf der anderen Seite dies taten – dem gehört jede Legitimität abgesprochen.

Und jetzt machen wir gleich weiter bei unseren Enthüllungen – Zug um Zug! Merkwürdig, dass bei allen Erwähnungen des KZ Buchenwald fast nie berichtet wird, dass die Sowjetunion 10 deutsche Nazi-Konzentrationslager einfach weiterbetrieb, darunter Buchenwald und Oranienburg – allerdings mit anderen Häftlingen belegt. Eines der wohlverwahrten Geheimnisse der deutschen Nachkriegsgeschichte, das eigentlich nur den Historikern bekannt ist. Auch der Artikel des Potsdamer Historikers Ernst Piper im heutigen Tagesspiegel erwähnt kein Sterbenswörtchen darüber, obwohl er andererseits nachweisen kann, dass viele NSDAP-Mitglieder unterschiedslos in der SED weitermachen durften und zu höchsten staatlichen Ehren aufsteigen konnten.

Etwa 43.000 Menschen der 122.671 inhaftierten Lagerinsassen der Sowjetzone kamen 1945-1950 unter erbärmlichen Umständen in der Lagerhaft in den KZs der Nazis ums Leben. Bei den allermeisten Häftlingen lag keinerlei nachgewiesene Schuld vor. „Die Toten wurden in Massengräbern verscharrt, die SED bereicherte sich an ihrem Vermögen.“ Es waren Kommunisten und Sozialdemokraten, Konservative und Liberale, Adlige und Großbauern, ehemalige NSDAP-Mitglieder, Frauen und Jugendliche.

Die in Deutschland gelegenen KZs erfüllten bis 1950 weiterhin die Hauptfunktion, Terror auf die Zivilbevölkerung auszuüben. Erst 1950 wurden die weiterbetriebenen KZs der Kommunisten geschlossen. Die Konzentrationslager der Nationalsozialisten wurden schon bald nach Gründung der DDR nicht mehr als Straflager für politische Missliebige und „feindliche Elemente“ benutzt. Der Terror wandelte sein Antlitz.

Und so konnte die DDR mit einem gewissen Recht behaupten, kein KZ-ähnliches, oder besser GULAG-ähnliches Straflagersystem betrieben zu haben. Die gröbste Vorarbeit hatten die Sowjets vollbracht, freilich unter reger Mithilfe deutscher kommunistischer Funktionäre.

Mehr dazu in dem Buch:

Uwe Müller/Grit Hartmann: Vorwärts und Vergessen! Kader, Spitzel und Komplizen: Das gefährliche Erbe der DDR-Diktatur. Rowohlt Verlag, Berlin 2009, Zitat hier: S. 21

Hier der Artikel aus dem Tagesspiegel:

Entnazifizierung: Wohin mit den Nazis? – Kultur – Tagesspiegel
Zum Beispiel das im April 1945 von den Amerikanern befreite und bald darauf an die Sowjetische Militäradministration übergebene Konzentrationslager Buchenwald. Nach einem Beschluss des Sekretariats des ZK der SED wurde 1950 das gesamte Barackenlager abgerissen.

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Nov. 022010
 

22102010009.jpg Mit anderen Radfahr-Aktivisten diskutierte ich gestern die Frage der Falschparker, die uns Radfahrern so oft den Platz wegnehmen und auch ein brandgefährliches Unfallrisiko darstellen. Mein Standpunkt:

Ich denke, wir brauchen wirklich eine breitenwirksame Botschaft, ausgerollt
über alle Massenmedien, an Radfahrende und Autofahrende zu diesem Thema und
zu anderen Themen, etwa des Inhalts: „Autofahrer, achtet stets auf von
hinten kommende Radfahrer!“  „Radfahrer, haltet stets einen seitlichen
Mindestabstand zu parkenden Autos.“ „Verkehrsplaner, legt Radstreifen so an,
dass der seitliche Abstand zu parkenden Autos Sicherheit ermöglicht!“

Die bisher angelegten Radfahrstreifen bieten häufig zu wenig Raum, um diesen
notwendigen Seitenabstand zu parkenden Autos zu halten – übrigens auch in
„unserer“ Großbeerenstraße hier in Kreuzberg (die Namensgleichheit zur
Potsdamer Großbeerenstraße ist zufällig.)

Ferner bin ich der Meinung, dass der Staat die Einhaltung der Straßenverkehrsordnung durchsetzen darf und durchsetzen soll, bei Autofahrern ebenso wie bei Radfahrern.

In Spiegel online fordert soeben Holger Dambeck eine „Radlerethik“. Sehr guter Vorschlag. Man könnte auch von einer Ethik des Radfahrens sprechen.

Ethik – das ist die Lehre vom guten und richtigen Verhalten. Und so etwas brauchen wir. So etwas sollten Autofahrer, Radfahrer und Fußgänger zusammen ausarbeiten.

Pedalritter: Allein unter Kampfradlern – SPIEGEL ONLINE – Nachrichten – Auto
Als Gedankenstütze wäre eine Radlerethik durchaus sinnvoll – und auch fürs Selbstverständnis. Was sollte darin stehen? Zum Beispiel, dass man Fußgänger nicht bedrängt oder belästigt, wenn man schon verbotenerweise über den Gehweg rauscht. Und dass man rote Ampeln nicht einfach ignorieren sollte.

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Amartya Sen fordert: „Gleiche Rechte für die Immigranten wie für ethnische Deutsche!“

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Okt. 302010
 

Gleichberechtigung für Immigranten und ethnische Deutsche fordert Amartya Sen in der November-Ausgabe des Cicero (S. 86). Sen verlangt also, dass einem Zuwanderer aus Polen, Rumänien, Libaonon usw. die gleichen Rechte zustehen wie einem hier geborenen Deustchen. ABER! Das würde wohl bedeuten, dass jeder Zugewanderte dieselben Schulen besuchen darf, dieselben Berufe ergreifen darf, dieselbe Gewerbefreiheit genießt, dieselben Bücher ausleihen darf wie alle anderen Bürger auch.

Und genau DIES ist DER FALL! Wir haben doch die absolute Gleichberechtigung der Zugewanderten – im Gegensatz zu Ländern wie Libanon oder Indien trifft das deutsche Rechtswesen keine Unterscheidung zwischen ethnischen Deutschen und eingebürgerten Deutschen. Von wenigen Dingen wie etwa dem Wahlrecht abgesehen, haben alle hier Wohnenden dieselben Rechte. Alle Menschen mit deutscher Nationalität haben exakt die gleichen Rechte.

Ist es gerecht, dass die Schulen im sozialen Brennpunkt wesentlich mehr Geld bekommen, wesentlich kleinere Klassen haben als die anderen Schulen?

Ich würde sagen: Nein, es ist nicht gerecht, es widerspricht dem Gleichheitsgrundsatz, dass manche Bevölkerungsteile so eklatant bevorzugt werden wie unsere Immigranten.

Trotz dieser Ungleichbehandlung erfüllt die Bundesrepublik Deutschland die Forderung Amartya Sens bereits heute vollumfänglich. Das sollte man ihm einmal sagen!

Gutes sagt er zum Thema Gerechtigkeit! Er greift dazu auf eine Familie zurück: Welches der Kinder bekommt die Flöte? Das erste Kind hat sie hergestellt, das zweite Kind kann sie als einziges Kind spielen, das dritte Kind hat außer der Flöte keine anderen Spielzeuge.

Wem gehört die Flöte? Was ist gerecht?

Ich meine: Die Eltern müssen dafür sorgen, dass jedes Kind die Chance erhält, Flöte zu spielen.  Das Eigentum an der Flöte würde ich  bei der Familie belassen und es erblich als Familieneigentum festschreiben. Den Besitz hingegen, also die dingliche Verfügungsgewalt würde ich dann demjenigen Kind zusprechen, das die Flöte spielen kann.

Werden Einkünfte durch die Flöte erzielt, würde ich die Kinder durch sittliche Bildung dahin erziehen, die Einkünfte nach den Grundsätzen der Geschwisterliebe aufzuteilen.

Cicero – Magazin für politische Kultur

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Okt. 082010
 

Hallesches Ufer hin – Tempelhofer Ufer zurück – das ist nun unser täglicher Schulweg, den wir selbstverständlich mit dem Rad zurücklegen. Ein Jammer, dass es nicht einmal auf diesen wichtigen Querverbindungen Radverkehrsanlagen gibt. Kein Radstreifen, kein Radweg, nichts! Und es gibt praktisch keine machbaren Umweg-Alternativen – außer den ganzen Weg zu Fuß zu gehen oder auf dem Gehweg zu fahren! Mitten in Kreuzberg!

Stattdessen drei dicke fette Spuren für die Autos und die dicken Brummis, die dann oft um Haaresbreite an mir vorbeidonnern. Heute sah ich, wie im Stau ein Motorrollerfahrer auf den Gehweg auswich. Wir – mein Sohn und ich – halten uns dagegen mit stoischem Gleichmut, mit dem Gleichmut des Juchtenkäfers an die StVO-Vorschriften.

Ein Riesenthema greift heute die Berliner Zeitung auf S. 17 auf: Fahrraddiebstähle. Ein Massendelikt!

Ich meine: Bügelschlösser sind besser besser als Kabelschlösser. Gute Abstellanlagen stadtweit wären ebenfalls toll. In den Hinterhöfen sollte man über abschließbare Häuschen oder überdachte Unterstände für Fahrräder nachdenken.

Wir Radfahrer sind keine Juchtenkäfer! Wir haben ein Recht darauf, sicher und ungefährdet mit unseren Fahrzeugen von A nach B zu gelangen. Wenn uns dieses Recht durch die Stärkeren beschnitten und genommen wird, werden wir  dafür kämpfen. Wir sind doch keine Juchtenkäfer!

Diebesbanden spezialisieren sich auf Fahrräder : Textarchiv : Berliner Zeitung Archiv

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Aug. 282010
 

28072010001.jpg Ich meine: ja!  „Und wie verhält man sich, wenn die anderen es nicht tun?“ Dann trotzdem. Unerwartet bekomme ich, der unbeliebte Kreuzberger Prediger für Regeltreue im Radverkehr, Schützenhilfe von Berlins Stadtentwicklungssenatorin. Lest selbst, was die Zeitung heute schreibt:

Unfallstatistik – In Berlin leben Radfahrer – Berlin Aktuell – Berliner Morgenpost – Berlin
Nicht alle halten sich an die Regeln

Die Unfallanalyse zeige jedoch, so Junge-Reyer, dass weiter Handlungsbedarf bestehe: „Ein erheblicher Teil der Unfälle passiert, weil sich Radfahrer, Fußgänger aber auch Autofahrer und Motorradfahrer nicht an die Regeln halten.“ Die Verbesserung des Verkehrsverhaltens stehe deshalb im Vordergrund der Bemühungen. Zu den Risikogruppen zählen weiterhin besonders Kinder und ältere Leute sowie Autofahrer zwischen 18 und 25 Jahren.

Bild: regelwidrig geparkte Autos

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Aug. 262010
 

Na prima! Jetzt wachen sie alle auf! Wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist, setzen sie sich auf den Brunnenrad. Oder sagen wir mal: auf das Dach des Nordflügels.

Das Projekt Stuttgart 21 ist seit 1995, dem Zeitpunkt der ersten Rahmenvereinbarung, in einem transparenten Verfahren durch zahllose Gremien und demokratisch gewählte (und wiedergewählte) Volksvertreter beraten und beschlossen worden.

All jene, die jetzt – 15 Jahre danach – erwachen, sich die Augen reiben und mir durch Straßenblockaden den Fuß- und Radweg versperren,  rufe ich zu: „Wo wart ihr denn all die 15 Jahre? Wie soll ich denn autofrei per Bahn+Rad schnell und angenehm von Wendlingen zum Stuttgarter Flughafen und hinunter ins Neckartal kommen? Und: Wir brauchen doch eine neue, leistungsfähige Zugverbindung zwischen Ulm und Stuttgart. Wollt ihr die Trasse Geislingen- Göppingen-Plochingen mit massivsten Eingriffen im Städtebau auswalzen? Verratet mir das alles doch bitte!“

Ehrlich: Ich find’s nicht so klasse, wenn  man jahrzehntelang schläft und zuguckt und dann plötzlich an den Gremien und demokratischen Verfahren vorbei durch zivilen Ungehorsam seinen Willen, von oben herab, vom Dach des Nordflügels durchzupeitschen versucht.

„Stuttgart 21“: Aktivisten halten Bahnhofsdach besetzt – SPIEGEL ONLINE – Nachrichten – Wirtschaft

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Aug. 242010
 

28072010001.jpg

Hier auf dem Foto einige widerrechtlich parkende, sichtbehindernde Autos an einer Kreuzung in Friedrichshain-Kreuzberg. Ich erlebte vor wenigen Wochen als Zeuge einen Beinaheunfall, als ein LKW-Fahrer an dieser Kreuzung eine völlig korrekt geradeaus fahrende Radlerin nicht sehen konnte und sie beim Rechts-Abbiegen fast erwischt hätte! Das Foto schoss ich sofort nach diesem Beinahe-Unfall. Beachtet: Die widerrechtlich abgestellten Autos sind nicht per Kennzeichen identifizierbar. Sonst stünde mir jetzt sofort ein sattes Bußgeld ins Haus. Zumal es ja sein könnte, dass ein übergesetzlicher Notstand vorlag: Frau im Krankenhaus, Baby schreit, Badezimmer überschwemmt.

Ein Riesenproblem für uns Radler sind …  die Falschparker an Ampeln, an Kreuzungen und auf Radwegen (werdet ihr denken)? Richtig, aber heute geht es um die Fahrraddiebstähle und den Datenschutz. Spannendes Thema: Fahrraddiebstähle. Geeignete Abstellanlagen in den Hinterhöfen fehlen meist, in der Regel muss man sich mit Geländern oder vorsintflutlichen Felgenkillern zufriedengeben. Die Diebesbanden wissen das, nutzen das Fehlen der geeigneten Abstellanlagen weidlich aus. Mit einem Bolzenschneider geht es Ruckzuck. Und das wissen alle, die mit Fahrraddiebstahl ihre Sucht finanzieren oder ihren Lebensunterhalt verdienen.

Ein Lehrvideo dazu steht im Internet:

Fahrraddieb bei der Arbeit gefilmt: Jetzt droht ein Bußgeld von bis zu 300 000 Euro – Ratgeber – Ratgeber Geld + Karriere – Bild.de

Video-Aufnahmen im öffentlichen Raum? Ich selbst habe schon mal von freundlichen Mitstreitern eins auf die Finger bekommen, als ich das Verkehrsverhalten einiger Verkehrsteilnehmer filmte und ins Netz stellte. Denn auf einem Video war für den Bruchteil einer Sekunde eine einzelne Falschfahrerin von hinten erkennbar – Eingriff in die Persönlichkeitsrechte!

Widersprüchliche Urteile der Gerichte wurden mir daraufhin zugespielt. Soweit ich weiß, gilt in der deutschen Rechtssprechung folgendes: Das Aufnehmen und Wiedergeben von zufälligen Passanten in der aktuellen Berichterstattung ist zulässig. So darf etwa das Fernsehen in einer Fußgängerzone drehen – auch wenn einzelne zufällig Vorbeigehende im Gesicht flüchtig erkennbar sind.

Nun zum Fall des Fahrraddiebes! Wer einen Fahrraddiebstahl oder auch einen Raubüberfall so filmt, dass der Täter identifizierbar ist, darf dieses Material meines Wissens nicht in die Blogosphäre stellen. Er kann das Material der Polizei zur Verfügung stellen. Er muss aber in der Öffentlichkeit alle Hinweise auf den Täter unkenntlich machen. Sonst begeht er eine Rechtsverletzung.

Seither achte ich peinlich darauf, dass alle Personen, die in diesem Blog oder auf  Youtube erscheinen, nicht identifizierbar sind – sofern sie mir nicht ihr Einverständnis zur Veröffentlichung gegeben haben.

Das gilt auch für Zitate. Was im öffentlichen Raum, bei öffentlichen Veranstaltungen gesagt oder geschrieben wird, darf beliebig in Blogs zitiert werden. Was jedoch in persönlichen Gesprächen gesagt wird, darf ohne Zustimmung der Beteiligten nicht so wiedergegeben werden, dass eine Zuordnung an einzelne Personen möglich wird.

 Posted by at 09:33
Juli 142010
 

Vieles wird übertrieben, nicht alles ist falsch. Hübscher Hintergrundbericht über mein Stammbad, das Prinzenbad. Columbiabad hatte versucht, uns den ersten Rang in der Berichterstattung streitig zu machen: abgeschmettert! Das Prinzenbad ist schöner, großzügiger, weitläufiger.

Übrigens: das Badewasser wird durch eine Solaranlage beheizt. Insofern kann man ohne schlechtes Klimagewissen dort schwimmen gehen. Und wenn’s mal Probleme gibt wie im Columbiabad? Das sagt der Schwimmmeister:

Harte Welle: Bademeister – kein Job für Ängstliche – Berlin – Tagesspiegel
Sonnenbrille abnehmen, Blickkontakt suchen. Dann höflich, aber bestimmt reden. Wer keine deutlichen Ansagen macht, habe verloren.

 Posted by at 12:53
Juni 292010
 

04032010013.jpg Recht unbeliebt mache ich mich regelmäßig bei den lieben&guten, den klimaschützenden  Menschen par excellence, den radfahrenden Menschen beiderlei Geschlechts, wenn ich mich für ein verändertes Verhalten im Verkehr einsetze: „Wir Radfahrer müssen bei uns selbst anfangen. Wir sollten Vorbild sein! Nicht zuletzt für die Kinder!“ Meistens wird sofort die Retourkutsche gefahren: „Schau dir doch nur die Autofahrer an!“ Ich verstumme dann meist.

Allerdings stelle ich mit Genugtuung fest, dass auch die Berliner Polizei eine „exorbitant“ hohe Zahl von Regelverstößen den PKW-Fahrerinnen und -fahrern öffentlich ankreidet. Dazu bedürfte es eigentlich keiner Geräteüberwachung. Schon mein damals siebenjähriger Sohn, ein Lokomotivführer und selbsternannter Hilfspolizist, wies mich immer wieder auf die kleinste Tempo-Sünde hin, solange ich noch Auto fuhr. Etwa im Tiergartentunnel: „80 ist vorgeschrieben, nicht 81!“

Wir nahmen aus unserem moderat motorisierten Renault Modus immer wieder zur Kenntnis, dass wir in all unserer Bescheidenheit die einzigen waren, die sich an die Tempobeschränkung hielten. Alle anderen fuhren schneller. Und dieses Erlebnis hatten wir immer wieder.

Solange die meisten Autofahrer sich nicht an die Verkehrsregeln halten, stehen meine Karten in der Tat schlecht, wenn ich unter den Radfahrenden für mehr Rücksicht und Regeltreue eintrete.

Das Thema greift dankenswerterweise die Polizei erneut auf:

Verkehrskontrollen in Berlin: Immer mehr Raser – doch Parteien sind gegen neue Blitzer – Verkehr – Berlin – Tagesspiegel
In Berlin werde „immer rücksichtsloser“ gefahren, beklagt Polizeidirektor Wolfgang Klang seit Jahren. Doch im vergangenen Jahr ist die Verkehrsmoral nun sprunghaft schlechter geworden: Um 35 Prozent nahm die Zahl der durch überhöhtes Tempo verursachten Unfälle zu – von 4651 auf 6348. Alle anderen wichtigen Unfallursachen wie Vorfahrt missachten und Abbiegefehler gingen dagegen zurück. Noch eine Zahl schreckt auf: Viele Jahre lang war der „Spitzenreiter“ der in einer Tempo-30-Zone erwischten Raser etwa 100 Stundenkilometer gefahren. Im Jahr 2009 lag der Rekord bei 141 kmh.

Bild: Vorgezogener Aufstellstreifen für Radfahrer in der Landeshauptstadt Düsseldorf. Vorbildlich!

 Posted by at 15:45
Juni 222010
 

Riesenthema! Abschiebung nur deswegen, weil man falsche Angaben bei Einreise gemacht hat? Tja, solche Fälle gibt es in Deutschland zu Hunderttausenden. Das wissen eigentlich alle. Nur schreiben darf man es nicht. Bei richtiger Kenntnis der Verordnungslage konnte und kann man sich sehr leicht eine neue Identität schaffen. Wie? Das spricht sich rum. Das kann man in Beratungsstellen erfragen. Folge: Man lebt ständig in Angst, man könnte auffliegen und ausgewiesen werden.

Ich meine: Hier brauchen wir eine großzügige Stichtagsregelung. Jeder, der vor einem gewissen Stichtag (sagen wir: vor dem 01.01.2007) unter falschen Angaben eingewandert ist, darf hier bleiben, sofern er seinen Bleibewillen durch Integrationsanstrengungen unter Beweis stellt: Schulbesuch, Gesetzestreue, Deutschlernen, Arbeitssuche.  Spanien, Italien und USA machen das auch so. Und wenn jemand absichtlich alle echten Identitätsdokumente vernichtet hat?

Menschen sind nicht illegal, wie es Armin Laschet sagt.

Migranten an der Uni: Musterstudent vor der Abschiebung | Studium | ZEIT ONLINE
Migranten an der Uni
Musterstudent vor der Abschiebung

Jurastudent Hassan Khateeb ist wie seine Geschwister bestens integriert. Obwohl ihre Herkunft nie vor Gericht geklärt wurde, soll die Familie abgeschoben werden.

© dpa/Marius Becker
Hassan Khateeb (hinten links) mit seinen Geschwistern Amal, Sara und Haitham und Mutter Najah

Hassan Khateeb (hinten links) mit seinen Geschwistern Amal, Sara und Haitham und Mutter Najah

Der Dietzenbacher Hassan Khateeb ist 22 Jahre alt, studiert im dritten Semester Jura an der Frankfurter Goethe-Universität und bekommt ein Stipendium der Rudolf-Steinberg-Stiftung. Hassan hat gute Noten und weiß auch schon, was er später machen will: Als Anwalt für Menschenrechte arbeiten – und Steuern in Deutschland zahlen. „Der deutsche Staat hat eine Menge Geld in meine Ausbildung und die meiner Geschwister investiert. Das will ich zurückgeben“, sagt Hassan. Seit 18 Jahren lebt die Flüchtlingsfamilie in Deutschland, vier seiner sechs Geschwister sind hier geboren.
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Doch ob Hassan Khateeb sein Jura-Studium in Frankfurt jemals wird beenden können, ist fraglicher denn je. Vergangene Woche hat der Petitionsausschuss des hessischen Landtags einen Antrag der Familie auf Bleiberecht abgelehnt. Die Ausländerbehörde behauptet seit Jahren, die Eltern hätten bei der Einreise falsche Angaben gemacht. In Wahrheit seien sie keine staatenlose Palästinenser, sondern jordanische Staatsbürger und müssten somit ausreisen.

 Posted by at 08:05

In die INVALIDENstraße wegen 202 Euro

 Anbiederung, Rechtsordnung, Sozialstaat, Verwöhnt  Kommentare deaktiviert für In die INVALIDENstraße wegen 202 Euro
Juni 182010
 

„Hartz IV muss weg!“ So die Forderung des antikapitalistischen Blocks bei der Demonstration gegen die herzlosen Sparvorschläge unserer Bundesregierung. Im Klartext sagt der schwarze Block: „Die Sozialhilfe muss weg!“ Die Menschen sollen also laut antikapitalistischem Block selber für ihr Einkommen sorgen, statt Zeit, Geld, Geduld mit dem Erstreiten ihrer Ansprüche zu verbringen. Eine gute Grundeinsicht!

Um sagenhafte 202 Euro geht es beim 100000. Hartz-IV-Verfahren, das jetzt im Berliner Sozialgericht in der Invalidenstraße eröffnet wurde.

Es ist aufschlussreich zu sehen, wie die Klageflut gegen Hartz-IV-Bescheide erklärt und kommentiert wird! Soweit ich sehen kann, hat fast niemand den guten Grundgedanken des Koalitionsvertrages aufgenommen, die ungeuerliche Fülle der „Anspruchsgründe“, der „Bedarfsprüfungen“ gnadenlos und kaltblütig zusammenzustreichen und viel stärker auf Pauschalierungen zu setzen, als dies jetzt der Fall ist.

Nein, die Kommentare werden nicht müde zu betonen, im bestehenden Sozialrecht sei „vieles unklar“, „nicht eindeutig geregelt“ usw. Aber der Grundfehler ist doch, dass das Gesetz zu viel Einzelfallgerechtigkeit anstrebt. Und diese Verheißung der Einzelfallgerechtigkeit ist eine Aufforderung zum Betrug, zur Klage, zum „Niederstreiten“ des Staates. Man haut dem Staat noch ein Tor rein, und noch ein Tor! Jeder Siegtreffer wird gefeiert, als hätte man soeben einen Elfer verwandelt. Egal, ob es um 202.-  oder um 2,73 Euro geht. Um jeden Betrag darf im Sozialrecht gestritten werden! Was Podolski heute gegen Serbien nicht schaffte, das schaffen die Heerscharen der Sozialanwälte.

Der Staat geht, sturmreif geschossen durch die Zentausenden an Klagen, am Stock. Er wird zum Invaliden, zum Büttel seiner Anspruchsgegner. Zu Recht hat Berlin das Sozialgericht in der Invalidenstraße eingerichtet.

Unfassbar! Ein Politikversagen ersten Ranges, was da abgeliefert wird. Dieses Versagen deute ich als Folge eines verfehlten Staatsverständnisses. Der Staat wird fälschlich als Hüter und Hersteller einer minutiös zu errechnenden sozialen Gerechtigkeit in Haftung genommen. Das ist eine heillose Überforderung des Staates. Darin liegt meines Erachtens der Hauptfehler.

Alle 16 Minuten eine neue Klage – Berliner Zeitung
Hartz IV hat so manches in dem Haus an der Invalidenstraße verändert. So hat sich die Zahl der Richter seit 2005 verdoppelt. 115 Richter arbeiten derzeit an dem Gericht, von ihnen befassen sich 66 ausschließlich mit Hartz IV. Auch wurde umgebaut. Die Gerichtskantine zum Beispiel gibt es nicht mehr, an ihrer Stelle befinden sich jetzt Büros. Und aus dem Archiv mussten 400 000 Akten, die nicht akut benötigt werden, in ein Lager bei Großbeeren geschafft werden, um Platz für Hartz-IV- Akten zu schaffen. Eine Trendwende ist nicht in Sicht, es sei denn, der Gesetzgeber schafft Abhilfe. Denn das Hartz-IV-Gesetz lässt grundlegende Fragen offen, und immer wieder müssen Richter die Bescheide der Jobcenter korrigieren. Rund die Hälfte der Kläger erzielt vor Gericht zumindest einen Teil-
erfolg.

 Posted by at 18:06
Juni 022010
 

… es müssen unbedingt rechtsstaatliche Strukturen und ein vernünftiger Ausgleich zwischen arm und reich dazukommen. Diese Einsicht möchte ich am liebsten auf alle afrikanischen Flughäfen in bunten Bannern kleben! (Es hülfe nicht).

Entwicklungshilfe-Milliarden sind für sich genommen ebensowenig etwas Gutes wie wachsende Volkswirtschaften.  Weit wichtiger als Entwicklungshilfe und Wirtschaftswachstum ist der Rechtsstaat! Wo es keinen Rechtsstaat gibt, wird es auch keine wirksame Armutsbekämpfung geben können. Das gilt für Libanon ebenso wie für Angola.

Deshalb empfehle ich den folgenden Artikel aus dem Neuen Deutschland:

19.05.2010: Afrika zwischen Boom und Armut (Tageszeitung Neues Deutschland)
Doch erreicht diese Entwicklung die breite Masse der Bevölkerung? Wenn man nach Angola blickt, mag man seine Zweifel haben. Dem größten Erdölproduzenten des Kontinents, der mit Hochdruck immer neue Ölvorkommen erschließt, werden für das laufende Jahr 8,7 Prozent Wachstum vorausgesagt. Die Hauptstadt Luanda gilt inzwischen als teuerste Stadt der Welt. Die Mitarbeiter der internationalen Konzerne, die seit dem Ende des Bürgerkriegs 2002 in die Metropole strömen, zahlen für Büros, Wohnungen und Häuser nahezu jeden Preis. Die Mehrheit der fünf Millionen Einwohner der Stadt kann das nicht. Sie lebt in absoluter Armut, in erbärmlichen Quartieren oft ohne sauberes Wasser, Strom und Kanalisation. Jeder dritte Angolaner ist von ausländischen Nahrungsmittellieferungen abhängig. Die Menschenrechtsorganisation Human Right Watch beklagt, dass Milliarden US-Dollar aus dem Ölgeschäft an der Zentralbank vorbeigeschleust werden. Wohin das Geld verschwindet? Die angolanische Regierung ist nicht für ihre Transparenz bekannt. Nur soviel ist sicher, Präsident José Eduardo dos Santos zählt zu den reichsten Männern der Welt.

 Posted by at 12:57