Die Väter sind schwer im Kommen!

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Dez 162009
 

Das Gute an der Podiumsdiskussion über Erziehung am vergangenen Mittwoch war: Die Expertin war eine Frau, nämlich eine Professorin für Pädagogik, und die Betroffenen waren Männer, nämlich zwei Kreuzberger Väter. Sonst ist es meist umgekehrt: Mann weiß bescheid, Frau ist zutiefst betroffen. Der Schluss kann nur lauten: Die Väter sind im Kommen, sie stellen sich ihrer Verantwortung in Familie und Schule! Hier kommt mein nächster Beweis. Eine Presseerklärung aus unserem Schwester-Bezirk Neukölln. Lest die Presseerklärung selbst – ich werde gerne zu der Pressekonferenz gehen! Die gesamte Erklärung veröffentliche ich mit Erlaubnis von Kazim Erdogan.

Pressemitteilung: Türkische Vätergruppe in Neukölln lehnt Betreuungsgeld ab

 

Die Koalition plant Leistungen in Höhe von 150 Euro in bar oder in Form eines Gutscheins  

für Familien, die ihre Kinder zu Hause betreuen. Wir finden dieses Vorhaben falsch; denn sie wird den Kindern und ihrer Bildung nichts nutzen.

Wir fürchten, dass viele Eltern das Geld nicht für Bildung ausgeben werden. Vielmehr werden sie es sparen oder anderweitig Verwendung dafür finden.

Trotz guten Willens werden die meisten Familien der “Verlockung des Geldes“ erliegen und

ihre Kinder von den Kindergärten abmelden. Wir wissen, dass viele Mütter mit Migrationshintergrund keine ausreichende Bildung haben, um ihre Kinder auf die Schule vorzubereiten. Ihre Deutschkenntnisse sind oft mangelhaft.

Die Fakten sind bekannt: Kinder mit Migrationshintergrund, die in den Kindergarten gehen, lernen die deutsche Sprache wesentlich schneller und kommen dort zum ersten Mal mit der deutschen Kultur in Berührung.

Deswegen schlagen wir vor, das Geld dort zu investieren, wo es der Bildung der Kinder am besten nutzen würde. Das Geld muss den Kindertagesstätten und Schulen zugute kommen.

Wir geben unserem Bezirksbürgermeister, Herrn Buschkowsky, recht, wenn er sagt:

 “Es spielt keiner mit ihnen und es liest auch keiner etwas vor. Das sind die Grundlagen der Verwahrlosung schon in frühester Kindheit.“

Wir sorgen uns ernsthaft um unsere Kinder und um deren Chancen in unserer deutschen Gesellschaft. Wir wissen, dass unsere Kinder in Deutschland nur eine Chance haben, wenn sie früh genug deutsch lernen und früh genug der deutschen Kultur näher kommen. Nur so können wir ein besseres Miteinander aufbauen.

Deshalb sollte der Staat in die Bildung unserer Kinder investieren und keine Almosen an die Eltern verteilen.

 

Über unsere Vorschläge informieren wir Sie gerne auf der Pressekonferenz

am:   21. Dezember 2009, um: 12:00 Uhr

im: Creativ-Centrum Neuköllner Leuchtturm

Emser Str. 117, 12051 Berlin (U- & S-Bahn Neukölln und Hermannstr.)

 

Teilnehmer: Türkische Väter und der Psychologe Kazim Erdogan, Initiator und Leiter der regelmäßigen Gesprächsrunde

 

Presseanfragen an: Kazim Erdogan, Tel.: 68874815, Mobil: 0176-64110878

 

Die Türkische Vätergruppe, vertreten durch Aydin Bilge, Murat Metinol und Cihan Balaban

Berlin-Neukölln, 14. Dezember 2009

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Schimmelkiez oder Zauberflöte? Was ist unser Leitbild?

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Dez 152009
 

Eine recht besinnliche Weihnachtsfeier besuchte ich gestern bei der CDU Kreuzberg-West im Lokal Diomira in der Stresemannstraße. Allerlei Märchen und Lieder schossen mir auf dem Hinweg durch den Kopf – von reichen Königen und armen Schneidern etwa. Aber dann ließ ich mich einfach ein in den Strom an Gedanken und Gesprächen. Gleich zu Beginn machte ich mich für eine neue innerparteiliche Vielfaltskultur stark: „Abweichende Meinungen müssen nicht nur toleriert werden, sondern jedes neue Mitglied, das klare, eigenständige Ideen vorträgt, muss ausdrücklich begrüßt werden.“ Nur so kann der dringend benötigte politische Nachwuchs entstehen. Ich saß genau diametral dem Abgeordneten Kurt Wansner gegenüber. Zwei Männer an den Ecken, die einander bei allen unterschiedlichen Meinungen respektieren und ausreden lassen. Schön!

Thema der Reden von BVV-Fraktionschef Müller und Kurt Wansner waren verschimmelte Wohnungen im sogenannten Schimmelkiez, brennende Autos, linksradikale Gewalt, nächtliche Ruhestörungen durch loses Volk, drogenbesteckverseuchte Spielplätze. Nachdem einige derartige Reden verklungen waren, ergriff ich selbst das Wort.

„Es reicht nicht aus, immer nur den Finger auf wunde Punkte zu legen! Wir müssen ein positives Leitbild aufzeigen. Bei allen Problemen gilt es Lösungen vorzuschlagen. Probleme, für die es keine Lösungen gibt, sollte man nicht zu Tode reiten. Mir fällt auf, dass in Friedrichshain-Kreuzberg so viele Gruppen nebeneinander herleben. Es herrscht ein beziehungsloses Nebeneinander: Türken, Deutsche, Araber, Familien, Alte, Studenten, Ossis und Wessis, Friedrichshainer, Kreuzberger, türkische Urberliner und deutsche Zugewanderte,  … alle diese Gruppen gilt es zusammenzuführen.

Wir brauchen (ich hielt bedeutungsschwer inne) ein Leitbild. Ich nenne es:

Der zusammenwachsende Bezirk 

Alle werden dieses Leitbild freudig begrüßen. Statt Autos anzuzünden, werden die Menschen lieber bei uns mitmachen. Keiner wird sich der Anziehungskraft dieser guten Idee entziehen. Statt immer nur mehr für sich zu verlangen, werden die Menschen sagen: Da will ich mitmachen!“

„Wie stellen Sie sich das vor?!“ ward ich gefragt.

Ich sagte: „Kommen Sie am Freitag zur Zauberflöte in die Fanny-Hensel-Grundschule, dann werden Sie es sehen!“

Ich meine, dass Kultur einen Kristallisationspunkt dieses neuen Miteinander ausmachen muss: Mozart, Goethe, Chamisso, Homer, der Koran, die christliche Bibel, türkische und deutsche Klassiker, arabische Bildkunst aus dem 13. Jahrhundert, Immanuel Kant, die amerikanische Unabhängigkeitserklärung … das Feld ist weit! Nur darf man sich nicht immer mit kurzlebigen Popsongs oder gar mit der heutigen kulturellen präsentischen Wüste der Werte begnügen.Wir müssen unbedingt zu den Quellen zurück – und zwar zunächst einmal in deutscher Sprache, später dann auch in den Originalsprachen.

Zufällig kommen die Kinder, mit denen und für die wir am Freitag die Zauberflöte aufführen, aus genau diesem „Schimmelkiez“. Na, überlegen Sie mal, wie Sie sich fühlen würden, wenn Sie hörten: „Sie kommen aus dem Schimmelkiez? Wie schön!“

Diese Gedanken vom Vorrang des Guten über das Böse fallen der Berliner CDU noch sehr schwer! Sie krallt sich immer noch in Negativpropaganda fest, entwickelt kaum Impulse für die Zukunft.

Unsere Kinder, die Berliner brauchen nicht das Gefühl, im Schimmelkiez der Nation zu wohnen. Sie brauchen das Gefühl, jederzeit Zugang zur Zauberflöte unserer Werte zu haben! Zur Zauberflöte unserer gemeinsamen Leitkultur in Deutschland, wie das Armin Laschet nennt.

„Die Aufsteigerrepublik“ Armin Laschets, „die soziale Marktwirtschaft“, „die wachsende Stadt“ eines Ole von Beust – das alles sind Beispiele für prägnante, positiv nach vorne weisende Leitbilder. Diese müssen das Fundament der Politik in Bezirk und Bundesland bilden, nicht das hämische Kritteln und Knastern, wie es sich Berlins CDU unter der jetzt noch amtierenden Führung leider immer noch nicht abgewöhnt hat.

In der zweiten Hälfte des Abends setzte ich mich auf den Platz Kurt Wansners, den dieser freigemacht hatte, und plauderte sehr nett mit einer  Delegierten ausgerechnet aus Lichtenrade, die unseren Bezirk im Kreisparteitag vertritt. Ich plauderte mit einfachen Mitgliedern, mit Funktionären. Ich nenne das gerne das „Beichtstuhlverfahren“. Aus der  Vielfalt der von mir individuell erfragten Meinungen ergibt sich nach und nach ein Gesamtbild dessen, wie Berlins CDU insgesamt und der Kreisverband Friedrichshain-Kreuzberg insbesondere funktioniert. Leitfragen sind dabei: Wer hat das Sagen? Wer hält die Fäden in der Hand? Welche Rolle ist dabei den Delegierten zugedacht? Worum geht es? Geht es eigentlich um Politik? Oder um etwas ganz anderes? Wie erklärt man sich die Wahlergebnisse? Wie redet man sich die eigene Lage schön? Wie werden eigene Machtinteressen durchgesetzt? Wie wichtig ist die Satzung?

Zu guter letzt griff ich zur Geige. Denn Weihnachten und Besinnung, Weihnachten und Musik, Weihnachten und Versöhnung, das gehört für mich unauslöschlich zusammen. Aber den Mut, ein christliches Adventslied zu spielen, den brachte ich doch nicht auf im Diomira.

Zur Bekräftigung unseres Programms vom „Zusammenwachsenden Bezirk“ spielte ich zuerst die „hebräische Melodie“ von Joseph Achron, dann die Gavotte aus der E-dur-Partita von Johann Sebastian Bach, und dann die deutsche Nationalhymne, wobei ich mich stark auf die ursprüngliche Streichquartettfassung Joseph Haydns stützte: „Gott erhalte Franz den Kaiser!“, war der erste Text, der darauf stand. Dann kam: „Einigkeit und Recht und Freiheit“. Der Satz steht in G-dur, das jedem Geiger vortrefflich in den Händen liegt.

Übrigens: „Einigkeit und Recht und Freiheit“, das ist ebenfalls ein solches Leitbild. Leitbilder müssen klar sein, müssen einfach sein, und sie müssen oft wiederholt werden. Sie sind keine Selbstverständlichkeit.

Es war für mich ein würdiger Höhepunkt und Abschluss einer denkwürdigen Weihnachtsfeier. Weitere Veranstaltungen  werden folgen.

Am Freitag, 18. Dezember 2009, morgens 8.50 Uhr:

Mozarts Zauberflöte in einer Fassung für Puppentheater und Kinder. Eingerichtet von Irina Potapenko. Mit selbstgebastelten Puppen.

Datum:

Freitag, 18. Dezember 2009

Zeit:

08:50 – 10:00 Uhr morgens

Ort:

Fanny-Hensel-Grundschule, Kreuzberg

Straße:

Schöneberger Straße 23

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Dez 142009
 

Kürzlich traf ich im bezirklichen Fahr-Rat mit einer Vertreterin des „Mieterrates Chamissoplatz“ zusammen. Uns kaltschnäuzigen Radlern wurden die Leviten gelesen. Klar. Aber wer war Chamisso? Ich will mehr wissen und versuche heute eine Gesamtausgabe zu kaufen. Fehlanzeige! Es gibt im Handel derzeit keine Ausgabe von Adalbert von Chamisso zu kaufen – ebensowenig wie von Ludwig Erhard.

Erneut stelle ich fest: Die Deutschen verlieren in atemberaubendem Tempo ihre Vergangenheit. Ich habe dies auch bei der Podiumsdiskussion der Adenauer-Stiftung am vergangenen  Mittwoch in aller Härte gesagt: „Unsere jungen Männer wachsen in ein kulturelles Vakuum hinein.“ Geht ins Prinzenbad, geht auf die Plätze, sprecht mit den Jungs in den Kiezen! Sie haben keinen echten Bezug zu irgendwelchen kulturellen Hervorbringungen des Landes, in das sie hineingeboren werden. In das kulturelle Vakuum, das wir den Jungen anbieten, stößt sieghaft, nahezu unbezwinglich der Islam vor. Der Islam ist für die muslimischen Jugendlichen eine geistig-moralische Prägekraft allerersten Ranges, vergleichbar allenfalls der Strahlkraft, die das europäische Christentum etwa bis ins 18. Jahrhundert hinein auszuüben vermochte. Fundamentalistische Strömungen erstarken, der moderate, durch die türkische Ditib gezügelte Islam nimmt ab, der kompromisslose, herrische Islam nimmt zu.

Wir verbleibenden Deutschen leben mit unserem Interesse für Ludwig Erhard, Konrad Adenauer, Rosa Luxemburg, Goethes „West-östlichen Divan“ oder auch Adalbert von Chamisso in der extremen Diaspora. Wenn die Verlage einen nach dem anderen importierten amerikanischen Bestseller auf den Markt werfen, aber Stimmen wie etwa die eines Adalbert von Chamisso nach und nach verlöschen, dann zerfasert unser kulturelles Nervengeflecht – es löst sich auf, Präsentismus herrscht. Außer dem gerade Angesagten gibt es dann nichts mehr.

Der über 1000 Jahre alte Text des Koran wird in diese sich auflösenden Nervengeflechte hineinwachsen und tut dies im Alltag der jungen Muslime bereits jetzt. So erschienen am Bayram-Fest in der vergangenen Woche fast keine Schüler zum Unterricht in unserer Klasse. Sie blieben einfach zuhause, begingen das religiöse Fest. Die Schulpflicht ist demgegenüber absolut sekundär. Erst kommt die Religion, dann die Schule.

Gerade Adalbert von Chamisso wäre – wie Goethe – ein idealer Brückenbauer zum Islam (wie auch zum Judentum). Was für eine traurige Verlustmeldung, dass dieser Dichter heute weder gelesen noch auch nur verlegt wird!

Heute las ich das staunenswerte Gedicht „Die goldene Zeit“ von Adalbert von Chamisso. Hört doch folgende Verslein daraus:

Ungeschickt zum Löschen ist
Wer da Öl gießt, wo es brennt;
Noch ist drum kein guter Christ,
Der zu Mahom sich bekennt.
Scheut die Eule gleich das Licht,
Fährt sich’s doch vorm Winde gut,
Besser noch mit Wind und Flut
Aber gegen beide nicht.

Das ist groß, das ist verrätselt, das erregt mir Sensationen, als hätte ich ein Gedicht von Rimbaud oder Verlaine gelesen! „Wer zu Mohammed sich bekennt, ist deswegen kein schlechter Christ!“ So deute ich den Sinn der Verse 3 und 4. Es gab über das gesamte 18. Jahrhundert hin und weit drüber hinaus eine lebhafte Debatte über den Islam, an der sich Voltaire, Goethe, Chamisso und viele andere beteiligten. Nichts davon ist den Menschen heute noch gegenwärtig. DAS ist ein kulturelles Versagen allererster Größe.

In Chamissos Versen finden wir die prästabilierte Harmonie der Religionen, das ist Goethe, ist Lessing, das ist Navid Kermani, das ist der Geist, den wir heute brauchen! Gerade hier im Chamissokiez und heute in Kreuzberg!

Am kommenden Samstag,19.12.2009, findet folgende Lesung statt:

Tzveta Sofronieva und Adalbert von Chamisso.  Weilands Wellfood, Bergmannstraße 5-7, Kreuzberg-Chamissokiez,  Beginn 16.00 Uhr. Eine Veranstaltung der neugegründeten Chamisso Akademie.

Da muss ich hin – bin sehr sehr gespannt!

Wird es uns gelingen, den rapiden Gedächtnisverlust aufzuhalten?

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Dez 102009
 

09122009.jpg Schaut euch meinen Freund an! Er ist Rheinländer. Er wusste um die Bedeutung von klaren Leitbildern, von Mehrheiten, von Strategie und Taktik im Gewühle des politischen Alltagsgeschäftes. Und ihn zeichnete noch etwas aus: Er konnte zuhören. Sitzungsprotokolle des CDU-Bundesvorstandes belegen, dass er über weite Strecken seiner Gremienarbeit einfach nur zuhörte. Und dann gelang ihm etwas, was besonders schwer ist: Er brachte die richtigen Leute an die richtigen Plätze, er setzte die richtigen Themen, er fuhr auch mal dazwischen, wenn etwas „anbrannte“. Und er gab eigene Versäumnisse und Fehler zu und lernte daraus. Vorbildlich!

Übrigens hat er sich auch getäuscht. Zum Beispiel war er der Überzeugung, dass das Projekt der Europäischen Einigung auf Gedeih und Verderb mit der EVG, der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft, verknüpft sei. Es kam anders. Die französische Nationalversammlung lehnte die EVG ab, und die europäischen  „Einigungspolitiker“ standen vor einem Scherbenhaufen. Ein ähnliches, aber nicht so schlimmes Desaster hat die EU mit ihrem Lissabon-Vertrag erlebt. Auch hier gilt es, aus Fehlern zu lernen und das große gemeinsame Vorhaben unter veränderten Bedingungen voranzutreiben.

Gestern nahm ich an einer Podiumsveranstaltung der Konrad-Adenauer-Stiftung teil. Was für eine Freude! Eine Schöneberger Kita-Leiterin, ein Kreuzberger Grundschulleiter, zwei engagierte Kreuzberger Väter (darunter der hier schreibende Blogger) und eine Pädagogik-Professorin von der Humboldt-Uni diskutierten und stritten unter der kundigen Moderation eines zuhörenden Politikers mit einem achtsamen, neugierig-aufgeschlossenen Publikum über die beste mögliche Bildung für unsere Kinder. Gut & schön!

Eins meiner großen Vorbilder hätte sich gefreut. Er war im Geiste dabei. Als Rheinländer hätte  er es gebilligt, wenn ich mich einfach neben ihn gestellt und um ein gemeinsames Foto gebeten hätte. Mein herzlicher Dank geht an Herrn Korneli und seine Mitarbeiterin von der Konrad-Adenauer-Stiftung, die dieses Foto ermöglicht haben.

Bericht folgt an dieser Stelle!

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Advent, Advent, ’ne Beschwerde brennt, erst eins, dann zwei,…

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Dez 092009
 

dann drei, dann vier, … dann stehn die Eltern vor der Tür.

Herrlicher Beleg für meine Beobachtung, dass die Berliner Bildungsdebatte von Klagen, Jammern und – Geld-Verlangen geprägt sei! Auch die gute alte taz liefert mir empirisches Belegmaterial en masse! Gestern zum Beispiel entdeckte ich darin folgende hübsche Meldung:

Eltern könnten im Bildungssystem noch mehr bewegen, wenn die Vernetzung besser wäre, sagt Elternvertreterin Daniela von Treuenfels. Sie nervt den Senat mit einem Beschwerde-Adventskalender.

Welche Wonne – ich höre landauf landab nur Beschwerden, Gezänke und Geplärr. Da passen auch die streikenden Studenten wunderbar dazu! Es ist ein Anspruchsdenken vom allerfeinsten. Einer meiner Lieblingspsychologen, Jeffrey Young, hat dieses pathologische Anspruchsdenken wunderbar beschrieben: Die Menschen und auch die Kollektive bauen im Laufe der Jahre eine Maske aus Grandiosität und Beleidigtsein auf, die es ihnen ermöglicht, wunderbar die Schuld am eigenen Versagen auf andere, auf die Institutionen, auf den Staat zu schieben. Diese andauernde Selbst-Viktimisierung ist wunderbar in Berlin am Blühen. Und sie ist teils lächerlich, teils nur noch niederschmetternd.

Herrlich! Bin gespannt, welche weiteren Belege die Berliner Zeitungen morgen noch liefern. Und dann wird abgerechnet. Am Abend. In der Adolf-Glassbrenner-Schule. Beginn: 19.30 Uhr. Freu mich schon. Es wird ein Fest!

 Posted by at 01:23

„Es hängt doch alles nur vom Geld ab …“

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Dez 092009
 

Einen Tag vor dem Bildungsabend mit der Konrad-Adenauer-Stiftung werfe ich meine Netze noch einmal aus: Ich frage Schüler, Eltern, Lehrer und Unbeteiligte, ob sie morgen kommen wollen. Die meisten wollen oder können nicht kommen. Aber alle geben sie mir etwas mit auf den Weg: „Es hängt alles nur vom Geld ab“, so eine Mutter, die ich ebenfalls einlade. Prima! Dazu passt hervorragend der nach einem Jahr erneuerte Brandbrief von Schulleitern aus Mitte, den die Morgenpost heute bringt. Zitat:

 Gute Schüler verließen in Scharen den Bezirk oder das öffentliche Schulsystem, das mit den Angeboten der Privatschulen nicht mithalten könne, hieß es. Die Schulleiter forderten damals unter anderem stärkere finanzielle Zuwendungen für den hohen Anteil von Schülern aus sozial benachteiligten Familien und Kindern aus Einwandererfamilien. Außerdem sollte die bauliche Unterhaltung der Schulen gesichert werden.

 

„Unser Brandbrief hat ein großes öffentliches Interesse ausgelöst“, sagte Manuela Gregor. Viel getan habe sich aber nicht. In einem Resümee haben die Schulleiter jetzt ihren Unmut darüber zu Ausdruck gebracht. „Nach anfänglichem Entgegenkommen zeigt das Bezirksamt kaum noch Kooperationsbereitschaft. Es gibt keine Initiativen mehr, unsere Probleme anzugehen“, heißt es da. Bis auf die Neu- beziehungsweise Festanstellung von Hausmeistern gebe es keine konkreten Ergebnisse zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen.

 

Alle stimmen überein: Es fehlt am Geld. Das fehlende Geld ist an allem schuld. Hätten die Schulen genug Geld, wäre alles gut.

Es wird sehr sehr schwer für mich morgen! Wird es mir gelingen, meinen abweichenden Standpunkt darzulegen? Wer weiß? Bin gespannt. Wahrscheinlich werd ich mich total unterbuttern lassen. Denn wie gesagt:

„Am Gelde hängt, zum Gelde drängt doch alles.“

 

 Posted by at 01:08
Dez 062009
 

Bereits im 5. Jahrhundert vor Christus zeichnet sich ein Gegensatz zwischen orientalischer Herrschaftskultur und europäischer Freiheitskultur ab. In den Persern des Aischylos, aber auch im Buch Ester der Hebräischen Bibel wird dies exemplarisch fassbar.

Die orientalische, die östliche Herrschaftskultur beruht auf der Unterwerfung des Einzelnen unter die göttlich überhöhte Vorrangstellung der Macht. Die Macht des Selbstherrschers setzt das Recht, schützt den Einzelnen vor Anmaßungen anderer, verlangt aber bedingungslose Anerkennung und Verherrlichung. Bis zum heutigen Tage herrschen in den meisten Nachfolgestaaten der antiken Großreiche des Ostens autokratische, auf Unterwerfung beruhende Regierungen. Die einzige Ausnahme stellen Israel und – mit allerdings erheblichen Einschränkungen – die Türkei und teilweise Libanon dar. Alle anderen Staaten vom Maghreb bis nach Pakistan sind autokratische oder diktatorische Regimes, in denen sich niemals über die Jahrtausende hin eine echte Freiheitskultur entfaltet hat.  Die Bürger dieses Staaten sind an ihre Versorgungsdiktaturen gewöhnt. Die Macht setzt sich durch, gestützt auf einen willfährigen Polizei- und Beamtenapparat.

Aus diesen Ländern der Versorgungsdiktaturen kommen die „problematischen“ Migrantengruppen zu uns. Da sie in ihren Herkunftsländern niemals aktive Teilhabe am öffentlichen Leben erlangt haben, setzen sie ihre Karriere als Versorgungsempfänger in Deutschland nahtlos fort. Folge: es kommt ihnen gar nicht in den Sinn, etwa Elternabende zu besuchen. Alles, was der Staat macht, wird von den Bürgern hingenommen. Weder wird der Staat kritisiert, noch wird er aktiv verändert. Der Staat – hier also vertreten durch die Schule – soll seine Versorgungsleistungen erbringen. Zu diesen Leistungen gehört auch die Erziehung der Kinder. Man liefert Kinder ab, und die Schule soll sie erziehen. Der Islam mit seinem starken Akzent auf Endgültigkeit, mit seinem geschlossenen Weltbild, mit seiner nicht-diskursiven Ethik eignet sich ideal als Kitt solcher autokratischer Herrschaftsverbände.

Ganz anders das europäische Modell der abendländischen Leitkulturen! Europäische Leitkulturen sind dynamisch. Sie entstehen aus dem häufig streitigen Gegeneinander unterschiedlicher Machtpole und Machtinteressen. Machtverherrlichung ist nicht ihr Hauptzweck, sondern Befragung, Bekämpfung oder auch Sicherung der stets gefährdeten Macht. Europäische Leitkulturen sind nach vorne offen, sie zeichnen sich durch stetes Umdeuten der Herkünfte aus. Zu den europäischen Leitkulturen gehören deshalb untrennbar offene Kanonbildungen – ja der Kanon kultureller Werte und Werke ist selbst Gegenstand fortlaufender Neudeutung und Neuschaffung.

In der Berliner Schulpolitik herscht riesige Verwirrung über die Herkunftsländer unserer Migranten – sofern man sie überhaupt zur Kenntnis nimmt.  Unser Sozialsystem wird von den Zuwanderern aus Türkei, Libanon oder Jordanien als bruchlose Fortsetzung der orientalischen Versorgungsdiktaturen erlebt und dankbar entgegengenommen. Die orientalisch-islamische Herrschaftskultur wird meist unbefragt weitergegeben. Dies erfahre ich auf Schritt und Tritt bei der Begegnung mit jungen migrantischen Männern in Kreuzberg.

Diese jungen migrantischen Männer wachsen in ein kulturelles Vakuum hinein, da die deutsche Gesellschaft – also wir – es nicht mehr vermag, ihre eigenen Werte überzeugend zu formulieren. Vielmehr wird in der deutschen Politik der Staat zunehmend zum „Anspruchsgegner“ gemacht, der uferlos auswuchernde Versorgungs- und Glückseligkeitswünsche zu befriedigen hat. Diese Grundhaltung „Versorge uns oh Staat!“ reicht bis weit in die CDU und die FDP hinein.

Man kann dies auch an den neuesten Schulreformversuchen ablesen. So wird etwa in der Broschüre des Berliner Senats zur neuen Sekundarschule nirgendwo die Rolle der Familie oder der fundamentale Beitrag des Einzelnen erwähnt – vielmehr wird das gesamte Schulwesen als eine Art BVG-Verschiebebahnhof dargestellt. Es kommt nur darauf an, den richtigen Waggon zu erwischen, alles andere regelt der Staat für die Schüler.

Ich halte dies für gefährlich. Wir brauchen nicht den Untertan, den unmündigen Leistungsempfänger. Wir brauchen den mündigen, seiner Rechte und Freiheiten bewussten Menschen und Bürger, der seine Glückseligkeit nicht vom Staat erwartet, sondern selbst dafür arbeitet.

 Posted by at 21:28

Bildung vom Lernen her denken – nicht von Einrichtungen!

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Dez 052009
 

Äußerst possierlicher Kontrast zwischen der laufenden Berichterstattung unserer Zeitungen über die Berliner Schulen einerseits – und dem neuen Buch von Armin Laschet andererseits! Hier in Berlin zanken und zauseln sie sich um eine zusätzliche Stunde für Naturwissenschaften, um berlinweit gültige Essenspläne für das Mittagessen, sie  mahnen, klagen, drohen und schimpfen.

Laschet hingegen erzählt, schafft den großen Überblick, rafft, bekennt Sünden, wirbt um Verständnis, baut Brücken in die Zukunft! Ein toller Wurf ist dieses Buch, das ich innerhalb von 2 Stunden durchgelesen habe! Ich bin begeistert.

Auffällig: Gerade in Einzelfragen stimme ich mit ihm überein (S. 235 ff). Ich empfehle vor allem Kapitel 12 „Bildung, Bildung, Bildung“ und ziehe hieraus folgende Einzelaussagen:

a) Frühkindliche Bildung ist wichtiger als das Herumbosseln an der Sekundarstufe. In Kitas und Grundschulen muss Hirnschmalz und Geld fließen! Hier werden die Weichen gestellt.
b) Schulstrukturen sind nicht entscheidend. Entscheidend ist die Möglichkeit des Aufstiegs, des Umstiegs, der Teilhabe, des Lernens.
c) Bildungsverläufe sind langfristig anzulegen – über den gesamten Lebenszyklus hinweg spannen sich die Biographien des Lernens.
d) Das Elternhaus ist ebenso wichtig wie die Schule. Die Eltern müssen mitarbeiten.

Offene Fragen in Laschets Buch sind für mich:
Lebenslang lernen, das heißt auch: Sich lebenslang verändern! Was tun, wenn die Grundhaltung eines Menschen auf Bewahren des Errreichten, nicht auf Veränderung angelegt ist?

Kapitel 15: „Gemeinsame Leitkultur“ „Leitkultur in Deutschland“, oder auch „Europäische Leitkultur“, wie dies Bassam Tibi nannte. Hier bleibt Laschet eine Definition schuldig. Gehört der Koran dazu? Ich glaube: ja!
Man könnte sagen: Dieses Buch „Die Aufsteigerrepublik“ ist selbst ein ideales Beispiel für das, was „Leitkultur“ bedeutet: beständiges Nachdenken, beständiges Sich-Verändern, fortwährendes Sich-Abarbeiten an Erfahrungen, ein tastendes, nachholendes, erinnerungsgesättigtes Wirken in die Zukunft hinein – genau das ist Leitkultur. In diesem Sinne ist „Leitkultur“ äußerst dynamisch, stets unabgeschlossen, stets um Hereinholen des anderen bemüht. Leitkultur ist also das Gegenteil einer starren, auf bloßes Bewahren gerichteten Herrschaftskultur. Beispiel Christentum: Christentum ist stets nach vorne offen, ändert sich, verhallt, klingt wider, reagiert auf Sünden und Fehler und wandert weiter.

Würde gern mal den Herrn Laschet hierzu befragen!

Armin Laschet: Die Aufsteigerrepublik. Zuwanderung als Chance. Kiepenheuer  & Witsch, Köln 2009

 Posted by at 23:38

Mehr Zeit für Physik und Chemie und Kritik

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Dez 052009
 

Massive Kritik … nichts Neues:

Mehr Zeit für Physik und Chemie – Berliner Zeitung
Bildungssenator Jürgen Zöllner SPD verspricht mehr Stunden als bisher geplant für den naturwissenschaftlichen Unterricht an den künftigen Sekundarschulen. Damit reagiert der Senator auf massive Kritik von Lehrern sowie der Industrie- und Handelskammer. Nun gibt es für den Physik-, Chemie- oder Biologieunterricht in der 9. und 10. Klasse insgesamt mindestens fünf Schulstunden pro Woche.

 Posted by at 00:28

Was brauchen unsere Kinder? Was begehrt das Volk?

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Dez 042009
 

 Soeben las ich meinem Wanja ein Kapitel aus Michael Endes großartigem „Jim Knopf und Lukas“ vor, dann sang ich ein Kinderlied: „Die Blümelein sie schlafen.“ Klappe zu, Schluss, aus. Bleibt die Frage: Brauchen Kinder Geschichten? Brauchen Kinder Lieder? Brauchen Kinder das Gefühl, dass jemand sie am Abend zu Bett bringt? Was brauchen sie eigentlich? 

Ich selber habe meine Pädagogik-Kategorie in diesem Blog ja unter die ähnlich klingende Frage gestellt: „Wie wie Kinder erziehen wollen“. Denn ich meine, wenn man nur auf die Bedürfnisse der Kinder schaut, kommt leicht etwas zu kurz: Die schlichte Tatsache, dass wir Kinder „zu etwas hin-ziehen“ wollen. Sie wachsen sich nicht von allein aus. Wir sind gefordert. Nicht die Institutionen allein sind gefordert. Sondern auch wir. Die Eltern. Die Lehrer. Alle.

Mein allgemeiner Eindruck ist: Es wird zu viel von den Einrichtungen erwartet, zu wenig von den Eltern. Man lese nur etwa heute wieder in der Berliner Zeitung auf S. 20 den Artikel: „Das nächste Volksbegehren steht bevor.“ Forderungen, Ansprüche, Beschwerden! Etwa die: „Der Landeselternausschuss fordert den Senat zudem auf, bei der Auswahl des Mittagessens einheitliche Standards festzulegen.“ Fehlt sonst noch etwas? Das ist typisch! Wir wissen, dass viele Eltern nicht mehr für ihre Kinder kochen. Aber niemand verlangt: „Kocht für eure Kinder!“

Der Staat, der Senat muss es richten.

Nehmt einen Bleistift! Unterstreicht in den laufenden Artikeln zur Berliner Bildungspolitik alle Verben des Forderns, Klagens,  Mahnens! Der Artikel wird übersät sein! Mir kommt soeben ein ausgeteufelter Gedanke: Ich glaube, ich werde an dem Abend des 9. Dezember mal so richtig misstönend daneben greifen! Zum Beispiel dadurch, dass ich äußerst unpädagogisch die Lehrerinnen und Erzieherinnen lobe, rühme und bestärke … mal sehen, ob das Ganze ankommt. Ich glaube nicht. Es wäre eher unpassend und taktlos, mal irgend etwas Gutes über die Schulen und die Lehrer zu sagen. Ich glaube, damit ist man gleich unten durch.

Die Konrad-Adenauer-Stiftung hat mich mit einem ganzen Sack solcher Fragen als Podiumsteilnehmer zu einem Abend eingeladen: „Welche Bildung und Erziehung brauchen unsere Kinder in Berlin?“ Ob ich wohl etwas beitragen kann? Ich bin ja kein Experte – sondern nur Vater und Elternvertreter. In jedem Fall werde ich vieles lernen können, denn Renate Valtin, Burkard Entrup, Ute Kahrs und Werner Munk sind alles Persönlichkeiten, die ihre Stimme vernehmlich erheben können!

Ich freue mich auf einen spannenden Abend! Kommt alle! Immerhin hat mein erster Sohn Tassilo seine gesamte Grundschulzeit an der Adolf-Glassbrenner-Schule durchlaufen.

„Wie können wir Kinder darin unterstützen, sich zu eigenständigen, sozial kompetenten und verantwortungsvollen Persönlichkeiten zu entwickeln? Wie kann die Kooperation zwischen Kitas und Grundschulen noch weiter verbessert werden? Welche Werte wollen wir unseren Kindern neben den Bildungsinhalten mit auf den Weg geben? Ist die die Situation im Bereich der Kitas und Grundschulen in Berlin zufriedenstellend oder besteht dringender Reformbedarf?“

9. Dezember 2009, 19.30 Uhr. Adolf-Glassbrenner-Grundschule, Hagelberger Str. 34, 10965 Berlin. 

 Posted by at 23:59

„Die Drina-Linie! Kennen Sie denn nicht die Drina-Linie!“

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Dez 042009
 

21112009002.jpg Diesen verzweifelten Ausruf meines eigenen Vaters rief ich mir ins Gedächtnis, als ich las, was Sascha Stanisic über diesen Fluss schreibt:

„Die Drina weckt mich. Ich schlage die Augen auf, als der Bus in einer kleinen Ortschaft, deren Name mir nicht einfallen will, auf die Straße biegt, die parallel zum Fluss bis nach Visegrad führt. Zahlreiche Tunnels kappen immer wieder das Tageslicht, nur wenige sind beleuchtet.“

Mein Vater, der als Böhme noch in den alten Kulturraum der KuK-Monarchie hineingeboren ward, war der Meinung: Wer den Balkan und den Osten Europas nicht versteht und kennt, kennt und versteht die Geschichte Europas nicht. Hatte mein Vater recht? Ich meine: ja! Wer nicht nach Bosnien, nach Slowenien, nach Rumänien, nach Ungarn, nach Estland und Lettland schaut, kann nicht von sich behaupten, dass ihm die Einheit Europas am Herzen liegt. 

Wer nicht in den Balkan schaut, der gleicht einem Mann oder einer Frau, die parallel zur Drina durch zahlreiche unbeleuchtete Tunnels fahren. Das sind halbseitig Blinde, halbseitig Gelähmte. Unter der Oberfläche des europäischen Flusses tummeln sich allerlei Ungetüme. Wehe denen, die unachtsam sind! Unser Bild zeigt einen Hai im Aquarium des Berliner Zoologischen Gartens.

Wie schreibt Stanisic weiter: „… links schichten sich klotzige Felsen auf, dünn bemoost und spärlich von abgezehrten Pflanzen bewachsen. Rechts: mein Fluss. Ich bestätige mir den Gedanken – mein Fluss, die warmgrüne Drina, gefasst und makellos sauber. Die Angler, die Klippen, die Abstufungen von Grün.“

Quelle:
Sasa Stanisic: Wie der Soldat das Grammofon repariert. Roman. btb Verlag, München 2008, hier: S. 258 

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Wir brauchen blühende Gemeinden! Für das Miteinander!

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Dez 022009
 

Große Betroffenheit herrscht über das Schweizer Wählervotum, wonach keine neuen Minarette mehr gebaut werden sollen. Ich hätte gegen das Minarettbauverbot gestimmt. Da ich selbst zu einer winzigen religiösen Minderheit in Kreuzberg gehöre, nämlich den römisch-katholischen Christen, weiß ich, dass derartige Signale weh tun. Aber man sollte den Volksentscheid nicht überbewerten. Es gibt keine Verfolgung, keine Stigmatisierung der Muslime in der Schweiz, wie sie etwa die Christen in mehreren muslimischen Ländern wie Irak zu gewärtigen haben. Von den 1,2 Millionen Christen, die beim Sturz Saddam Husseins in Irak lebten, hat etwa die Hälfte entmutigt und eingeschüchtert das Land verlassen. Bombenanschläge auf Kirchen sind häufig, Christen werden immer wieder verfolgt und terrorisiert. Viele christliche Gemeinden kämpfen um das nackte Überleben.

Schlimm war aber auch die Verfolgung und Hetzjagd auf Muslime in Europa – in Bosnien hatte sich innerhalb von etwa 10 Jahren eine gefährliche Treibjagdstimmung gegen die Muslime entzündet, und die EU hat es nicht vermocht, den Massakern an den Muslimen in Srebrenica Einhalt zu gebieten. Sascha Stanisic legt beredtes Zeugnis davon ab in seinem großartigen Roman „Wie der Soldat das Grammofon repariert“.

Es kommt jetzt darauf an, für ein gutes Zusammenleben der Gemeinden zu werben! In der Türkei gibt es noch letzte Reste religöser Minderheiten. Von etwa 35% Christen, die zur Staatsgründung Atatürks in der Türkei lebten und eine bedeutende Minderheit bildeten, sind weniger als 1% noch da. Die anderen wurden verjagt, vertrieben, viele Christen wurden im Zuge der Vertreibungen der 20-er Jahre ermordet.

Die christlichen Gemeinden in der Türkei führen ein bedrängtes Leben, ihnen wird keine Rechtspersönlichkeit zuerkannt. Die Morde an christlichen Missionaren und Priestern und die Kirchenbauverbote lasten schwer auf den christlichen Gemeinden in der Türkei.

Wer hat die Hauptverantwortung? Ich meine: In jedem Fall muss die Mehrheit die Minderheit schützen! Die Muslime in der Türkei müssen sich schützend vor die Christen stellen, die Deutschen und die Schweizer müssen sich schützend vor alle jene Ausländer oder Zuwanderer stellen, die aus religiösen oder kulturellen Gründen bedrängt und verfolgt werden.

Von Bedrängnis und Verfolgung der Muslime kann in der Schweiz gottlob keine Rede sein! Es war die Mauer des Missverständnisses entstanden. Diese gilt es jetzt abzutragen. Hier sind beide Seiten gefordert. „Faschismus“-Rufe sind fehl am Platz.

 Posted by at 16:17

Gibt es neben Menschenrechten auch Menschenpflichten?

 Das Gute, Klimawandel, Konservativ, Person, Pflicht  Kommentare deaktiviert für Gibt es neben Menschenrechten auch Menschenpflichten?
Dez 012009
 

„Sie ist einfach ein toller Politiker, noch wichtiger: als Mensch für mich ein echtes Vorbild, sie hat einen starken Begriff von Pflicht und Hingabe – und das Ganze präsentiert sie obendrein mit einem Lächeln. Jungs, da können wir (noch) nicht mithalten.“ So schrieb ich kürzlich einer werten Freundin nicht ins Stammbuch, aber sehr wohl ins Facebook. Anlass: ein klitzekleines Revirement an der Spitze zweier Bundesministerien. Wer war gemeint? Egal! Auffällig jedoch, dass es mir herausrutschte: „Ein starker Begriff von Pflicht und Hingabe.“ Damit bezog ich mich insbesondere auf die Tatsache, dass diese Politikerin die Pflege ihres demenzkranken Vaters in die Familie hineingenommen hat.

Also frage ich zum Frühstück: Gibt es neben Rechten und Ansprüchen auch Pflichten? Große Frage! Schaut man sich um im Lande, möchte man meinen: Die Frage ist offen. Nur wenn man mit einzelnen Menschen spricht, werden sie einem doch meistens zustimmen: „Ja, es gibt gewisse Pflichten. Aber nicht zu viele.“

Gibt es neben individuell einklagbaren Menschenrechten auch individuell einzufordernde Menschenpflichten? Ich meine damit sittliche Pflichten im öffentlichen und privaten Bereich, etwa die vom Einzelnen zu fordernde Pflicht zur Generationengerechtigkeit, die individuelle Pflicht zur Umweltgerechtigkeit, die individuelle Pflicht zur Fürsorge für die eigenen Kinder und Eltern? Kann man erwarten oder verlangen, dass Kinder sich um die demenzkranken Eltern kümmern?

Viele werden zugeben: „Wir müssen etwas gegen die Erderwärmung tun!“ Aber kann man dann verlangen, dass man den Privat-PKW abschafft und nur noch Fahrrad, Bus und Bahn fährt?  Denn der private Kfz-Verkehr trägt ganz erheblich zur privaten „Kohlendioxid-Verschuldung“ bei – ganz abgesehen von den sonstigen Folgekosten.

Wir müssen darüber sprechen!

 Posted by at 10:08