Unser Bild zeigt einen herrlichen neu asphaltierten Radweg in der Kreuzberger Blücherstraße: breit, eben, deutlich abgesetzt vom Fußweg. Toll!
Der Radverkehr verbessert das Zusammenleben in den Großstädten. Da man sich nicht in den Autos, den fahrenden Blechgehäusen verbarrikadiert, entsteht jene spezifische Nähe, die seit Jahrtausenden den Zauber der Stadt begründet. Die Anonymität wird verringert, die Menschen fühlen sich sicherer. So leistet also der Radverkehr auch einen Beitrag zu mehr subjektiver Sicherheit auf den Straßen, zu einem urbaneren Gemeinschaftsleben. Ganz abgesehen davon, dass die objektive Unfallgefahr mit jedem nichtgefahrenen Autokilometer abnimmt. Jeder Verzicht auf den PKW erhöht die Sicherheit der Bürger! Denn Jahr für Jahr sterben weit mehr Menschen durch den PKW-Verkehr als durch Mord oder Totschlag.
Jede Partei, die sich das Thema Innere Sicherheit auf die Fahnen schreibt, muss für eine Stärkung des Radverkehrs eintreten.
Schon seit vielen Monaten begleiten wir mit Sympathie den Londoner Bürgermeister Boris Johnson. Durch sein unerschrockenes Eintreten für den Radverkehr und durch seine unangepasste wehende blonde Mähne hat er sich die Sympathien vieler Wähler errungen. Jetzt hat er sogar – vom Dienst nachhause radelnd – drei Übeltäter, die eine Frau überfielen, in die Flucht geschlagen! Ein echter Ritter, ein Kavalier der Straße! Ob ihn die Gerettete beim nächsten Mal wählen wird? Ein häßlicher Fleck auf der weißen Weste des Ritters könnte sie daran hindern: Er ist ja kein Mitglied der Labour Party, sondern Mitglied der äußerst uncoolen Konservativen. Egal. Die Londoner müssen sich über manche Vorurteile hinwegsetzen lernen. Die Mauern der Vorurteile schmelzen dahin wie das grönländische Gletschereis im Treibhauseffekt. Dies zu sagen, muss am 20. Jahrestag des Mauerfalls erlaubt sein.
Le Figaro – International : La nuit où le maire de Londres est devenu un héros
Son appel à l’aide est entendu par un cycliste qui passe par là : le maire de Londres. Plus connu pour sa tignasse blonde, ses tenues débraillées et ses nombreuses gaffes que pour ses talents de pugiliste, Boris Johnson n’hésite pas une seconde. Il fonce sur les trois assaillantes, se saisit de la barre en fer qu’elles ont lâchée et, profitant de sa stature imposante, les met rapidement en fuite avant de les poursuivre sur son vélo. Puis, fort galamment, il revient sur le lieu de l’agression pour raccompagner la jeune femme chez elle. Boris Johnson «a été pour moi un chevalier servant sur son vélo étincelant », a raconté le lendemain Franny Armstrong.
Gut gemachter Videoclip über die die Herrlichkeit einer gut funktionierenden Fahrradbeleuchtung! Bei vielen Debatten über den Straßenverkehr werfe ich den Begriff des Vorbildes in den Raum. Oder ich stelle ihn einfach mal so hin. Denn Rummosern bringt wenig.
So auch in der neuesten Radzeit, dem beliebten Fachblatt der Fahrradstadt Berlin, das diesmal dem Hauptthema „Sicher zur Schule“ gewidmet ist. „Das eigene Vorbild wird positiv aufgenommen„, töne ich da. – Das ist zwar kein vorbildlich gutes Deutsch, aber es gibt meine Empfindung wider.
Ich habe immer wieder das Gespräch mit den radelnden Regelbrechern gesucht, um etwas über dieses ärgerliche Verhalten zu erfahren. „Lass mich in Ruhe“, „ich fahre, wie es mir passt“, „hier in Berlin fahren alle so, Sie sind wohl nicht aus Berlin?“, waren die freundlichsten Antworten. Die Beleidigungen versuche ich zu vergessen und habe sie auch schon vergessen.
Es fehlt bei sehr vielen Radfahrenden an Bewusstsein für das, was sie bewirken. Wenn ich mit Fußgängern, Kindern, Lehrern, Erziehern, Autofahrern oder Politikern aus den verschiedensten Parteien spreche, schlägt mir sehr viel Verärgerung und mitunter regelrechte Wut auf uns Radfahrer entgegegen.
Einen großen Teil der Radfahr-Erziehung für meinen 7-jährigen Sohn Wanja nimmt mein Bestreben ein, ihn zur Beachtung der grundlegendsten Verkehrsregeln anzuhalten, auch wenn er Stunde um Stunde, Tag um Tag sieht, dass sich sehr viele oder vielleicht sogar die meisten Berliner Radfahrer nicht ans Rotlicht, nicht an Regeln, nicht an das Gebot der Rücksichtnahme halten. Ich versuche ihm begreiflich zu machen, dass Regeln im menschlichen Zusammenleben unerlässlich sind – auch im Straßenverkehr. „Wenn du dich selbst nicht an Regeln hältst, kannst du es auch nicht von anderen erwarten.“
Ich meine: Wir sollten uns stets beispielhaft verhalten und auch unseren Einsatz für bessere Bedingungen im Radverkehr fortsetzen.
Wir stehen in der Pflicht, uns in die Öffentlichkeit hinein klar, wiederholt und eindrücklich für Rücksicht, Freundlichkeit und Regeltreue einzusetzen.
Ich werde dieses Thema bereits am heutigen Dienstag als gewählter Elternsprecher in der Gesamtelternvertretung der Fanny-Hensel-Grundschule in Kreuzberg anschneiden. Wir alle sollten die Vernetzung mit Akteuren aus Schule, Politik und Verwaltung suchen und ausbauen.
Ich meine, es geht nicht nur um unser Image, es geht um eine Ethik des Radfahrens.
Allerdings erhalte ich auch viel Lob für vobildliches Verhalten, für Rücksicht und Vorsicht! „Mann, endlich ein Radfahrer, der bei Rot anhält!“, hörte ich einmal einen BSR-Müllkutscher. Der Mann kurbelte eigens sein Fenster herunter. Das will etwas heißen!
Ich versuche, Fußgängern zuzulächeln, so oft es geht. Ich bedanke mich durch freundliches Winken bei Autofahrern, wenn sie sich fair und rücksichtsvoll verhalten. Ich suche jederzeit Augenkontakt und sende kurze, freundliche Gesten aus. Der Klimawandel auf Berlins Straßen ist möglich! Wir können ihn alle gemeinsam bewirken. Jede Fahrradfahrt kann zur Quelle von guten Begegnungen werden. Wir sind stark. Freundlichkeit setzt sich durch.
Immer wieder fahre ich am Gröbenufer entlang. Für Radfahrer schwierig, es fehlt eine gute Lösung, stattdessen holpert man gewaltig über das Pflaster.
Und wieder einmal liefern unsere Bezirksgrünen ein Beispiel ihrer sattsam bekannten Ersatzpolitik – oder ihres Politikersatzes. Gerade am Gröbenufer! Statt sich um ihr Kerngeschäft zu kümmern, etwa ökologisch überzeugende Verkehrspolitik, tauschen sie mal wieder Namensschilder aus. Lest selbst:
Braucht Kreuzberg ein May-Ayim-Ufer?
Das kurze Stück Uferstraße war bislang benannt nach Otto Friedrich von der Gröben. Von der Gröben, geboren 1657, segelte seinerzeit als Leiter einer frühen Kolonialexpedition im Dienste des brandenburgischen Kurfürsten Friedrich I. nach Afrika. An der Küste des heutigen Ghana hisste der Expeditionsleiter feierlich die brandenburgische Flagge und ließ ein Fort namens Großfriedrichsburg bauen.
Ich meine:
Die Grünen im Bezirk sollten sich endlich einmal ihrem Kerngeschäft widmen, etwa der Schaffung ökologisch verträglicher Strukturen im Verkehr. Dazu würde die Schaffung guter Verhältnisse für Fußgänger und Radfahrer gehören. Da tut sich viel zu wenig. Integration: Desaster! Die Schülerschaft ist von Klasse 1 an gespalten in Muslime und Nichtmuslime. Datenschutz: Nirgendwo werden die Meldedaten stärker von den Behörden kontrolliert als in Friedrichshain-Kreuzberg. Naturschutz: Warum pflanzen sich so wenige Exemplare der Tierart Homo sapiens hier fort und verlassen das Biotop, sobald sie Nachwuchs haben? Ist das Biotop etwa lebensfeindlich? Warum – oh ihr tüchtigen, wackeren Grünen – immer nur symbolische Politik, die den Menschen nur Scherereien bringt? Grotesk! Eben grün.
FahrradKommentare deaktiviert für Herrlicher Kurzurlaub auf der ADFC-Kreisfahrt
Sep.262009
Die Stadt neu erfahren. Das war das Motto der ADFC-Kreisfahrt 2009 durch Berlin. Ich reihte mich zusammen mit einem meiner Söhne ein. Es gelang mir tzrozu erheblichen Altersunterschiedes, mit meinem Sohn Wanja stets mitzuhalten, der mich auch durch seine geistreichen Kommentare auf den hastig abgedrehten Videos erfreute. Einige Videos könnt ihr auf Youtube sehen. Sie bieten keine professionelle Qualität, sind alle mit der Handy-Kamera geschossen.
Immer wieder gab es kleine Zwischenstopps, damit der Lindwurm sich nicht zu sehr in die Länge zog. Ich plauderte mit vielen bekannten und unbekannten Mitradlern. Toll!
Von 14.00 Uhr bis 17.00 Uhr genossen wir die Stadt Berlin in ungewohnter Ruhe, ließen uns den Wind um die Ohren pfeifen.
Mein 7-jähriger Sohn bewältigte die gesamte Kreisfahrt ohne jeden Anflug von Müdigkeit oder Erschöpfung. Nur eine ganze Flasche Wasser trank er im Weltmeistertempo weg. Es war ein herrlicher Tag, der die bunte Vielfalt der Stadt erlebbar machte. Danke an alle Organisatoren und Helfer vom ADFC, ein dickes Dankeschön an die Polizei, die die Straßen sperrte und an alle Autofahrer, die die kleinen Verzögerungen mit Humor wegsteckten!
Gestern nahm ich an der 2. Sitzung des Fahr-Rates teil. Das ist ein Gremium, das alle 2 Monate über den Radverkehr in unserem Heimatbezirk Friedrichshain-Kreuzberg diskutiert. Mir gefällt die kooperative, auf gegenseitiges Zuhören und Lernen bedachte Art, mit der Bezirksstadträtin Jutta Kalepky die Sitzungen leitet. Gutes, um die Sache bemühtes Verhandeln herrscht vor! Alle Teilnehmer stellten sich vor. Einige fügten hinzu: „Ich habe gar kein Auto mehr“. Ich vergaß, dies bei der eigenen Vorstellung hinzuzufügen.
Aber es ist so. Ein zusätzlicher Beweggrund für die Abschaffung des Autos war für mich die immense Steuergeldbelastung, die gerade in diesen Tagen wieder zur Rettung eines großen Autokonzerns aufgewendet wird. Es sind über sechs Millarden Euro an Krediten, Beihilfen und Bürgschaften, die wir aufbringen. Nach der Abmeldung des Autos bekam ich jetzt immerhin eine Gutschrift von 1.- für zuviel entrichtete Kfz-Steuer.
Die zu große Nähe des konservativen früheren Bundeskanzlers Schröder zu Konzernen wie VW und Gazprom störte mich. Die zu größe Nähe unserer jetzigen sozialdemokratischen Bundesregierung zu Konzernen wie GM und Magna stört mich noch weit mehr. Der Opel-Deal war ein Fehler, ist ein ordnungspolitischer Sündenfall allererster Größe. Ich bin dagegen. Ich erkläre mich nicht einverstanden, obwohl ich als wackerer Christdemokrat weiterhin in diesem Bundestagswahlkampf für die CDU ackern werde.
Auch als Zeichen des Protestes habe ich meinen kleinen Renault Modus abgeschafft. DIESE BRANCHE will ich nicht noch mehr unterstützen, als ich es gezwungenermaßen sowieso tue. Ich fuhr meist gern Auto. Aber es gibt das Fahrrad, es gibt die BVG, es gibt sogar Taxis. Prima.
Ich teile die tiefe, öffentlich geäußerte Skepsis eines German Gref (Sberbank-Chef), eines John Smith (GM-Verhandlungsführer), einer Hildegard Müller (CDU), eines Manfred Wennemer, eines Dirk Pfeil, eines KT zu … (CSU). Dies nur zu Protokoll.
Opel-Treuhand: Regierungsvertreter stimmt gegen Verkauf an Magna – Opel – Wirtschaft – FAZ.NET
Doch Manfred Wennemer steht nicht vollkommen allein: Sein Kollege Dirk Pfeil, der sich der Stimme enthalten hatte, sagte, er hätte Opel aus europarechtlichen Gründen lieber an den Finanzinvestor RHJ verkauft. Er klagte über politische Pressionen: Ich hätte mich für die Aufgabe nicht bereit gefunden, wenn ich gewusst hätte, das politisch entschieden wird und nicht nach betriebswirtschaftlichen Kriterien. Beiratschef Fred Irving sagte, die Verkaufsentscheidung bedeute nicht dass Opel gerettet ist. Man muss sehr viel arbeiten.
Eines schlechten Rufes erfreuen sich in der Radler-Szene die Radwege. Sie sind meist handtuchbreite Rüttelstrecken und Holperteppiche. Sie sind nachweislich unfallträchtig. Sie sind die Pest für jeden gesunden, jungen, kräftigen und selbstbewussten Radler! Hierzu schreibt der STERN auf seinen Auto-Seiten in einem sehr lesenswerten Artikel:
Radfahr-Offensive: Freie Fahrt für freie Radler – Auto | STERN.DE
Radwege sind die Pest – für den, der vorankommen will. Viel zu schmal, mit aufgeplatztem Asphalt behindern sie den Pedalisten. Meistens sind es bauliche Verlegenheitslösungen. Sie führen plötzlich auf eine Parkspur, enden gern einfach mal so und folgen unmöglichen Kurven nur um dem Autofahrern das Abbiegen zu erleichtern. Für Oma auf dem Weg zum Markt reicht das aus. Wer das Rad als Alternative zum Auto begreift, morgens zur Arbeit will und dabei eine Geschwindwindigkeit von mindestens 25 km/h einplant, muss dagegen auf die Straße.
Aber was ist mit den nicht ganz so jungen, den unsicheren, den zittrigen Radfahrerinnen und Radfahrern? Immer wieder spreche ich mit solchen. So gehen in den Fachdebatten häufig unter, werden an den Rand gedrängt. Sie fühlen sich sicher, wenn sie ihren breiten, schön markierten Radweg haben, wo sie nicht bedrängt und nicht angehupt werden.
Ich meine: An manchen Straßen, insbesondere an vielbefahrenen Durchfahrtsstraßen sind breite, ebene, gut gepflegte, vom Fußgänger- und Autoverkehr eindeutig abgesetzte jederzeit gut einsehbare Radwege keineswegs empörend, unsittlich, oder entwürdigend. Sie sind keine Pest. Sie sind ein Argument auch für langsame, unsichere und ältere Radler, das Auto öfter stehen zu lassen.
Unser Foto zeigt eine „Rad-Autobahn“ in der Stadt Padua.
Es geht voran mit dem Radverkehr in Berlin! Darüber berichtet die Morgenpost heute: „Im Herbst will die Verkehrsverwaltung die Ergebnisse einer Haushaltsbefragung zur Verkehrsnutzung vorstellen. Stichproben haben schon jetzt ergeben, dass der Radverkehr in Mitte seit 2001 um 40 Prozent zugenommen hat und in Kreuzberg um mehr als 30 Prozent.“ Ca. 500.000 Radfahrer bewegen sich täglich auf Berlins Straßen, Radwegen und Gehwegen. Womit wir beim Problem sind: Wo fahren sie? Wo sollen sie fahren? Lest den Artikel, indem ihr darauf klickt:
Ausbau – Berlin bekommt 56 neue Radwege – Berlin – Berliner Morgenpost
Es ist erklärter Wille des Senates, den Fahrradverkehr von den Bürgersteigen auf die Straße zu verlagern, deswegen verstehe ich nicht, dass weiter Radwege auf Bürgersteigen eingerichtet werden, kritisiert der Fahrradbeauftragte des Landes Berlin, Benno Koch. Er versteht auch nicht, warum marode Radwege auf Bürgersteigen saniert oder wie in Stahnsdorf sogar neu gebaut werden. Außerdem kritisiert Koch die Nutzungspflicht auf engen und gefährlichen Radwegen, wie die neu eingeführte Nutzungspflicht in der Potsdamer Straße in Tiergarten und Schöneberg.
Ich meine: Der Fahrradbeauftragte des Berliner Senats Benno Koch hat recht. Denn 80% aller Fahrradunfälle geschehen auf den Radwegen oder beim Hinauffahren auf die Radwege oder beim Verlassen der Radwege. Continue reading »
Längst schon habe ich aufgehört, unbekannte Radfahrer anzusprechen, um zu erfahren, warum sie das und das machen. Geschweige denn irgendwelche erziehlich-gedeihlichen Gespräche zu führen. Nur mein Sohn, den ich mittlerweile auf regelkonformes, selbstbewusstes Radfahren auf dem Radstreifen (nicht auf dem Gehweg) getrimmt habe, löchert mich immer wieder mit Fragen: „Warum machen die das? Warum halten sie nicht bei Rot? Warum fahren sie auf dem Gehweg, obwohl ein herrlich breiter Radstreifen auf der Straße angelegt ist?“ Continue reading »
Fahrrad, Nahe RäumeKommentare deaktiviert für Wir schaffen Raum für den Radverkehr
Juli052009
Eine bunte Fülle an Anregungen für eine moderne, integrierte Fahrradpolitik bot der 1. Nationale Radverkehrskongress, den das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung am 7. und 8. Mai 2009 in Berlin abhielt.
Wir schaffen Raum. Mit dieser griffigen Formel legte Berlins Stadtentwicklungssenatorin Junge-Reyer ein klangvolles Bekenntnis zur Stärkung des Radverkehrs ab. Das Fahrrad schafft ein Wir-Gefühl, es ist ein Beitrag zum verantwortlichen Miteinander. Es öffnet den Raum, statt ihn abzuschließen. In der Tat: Schon aus den Eröffnungsansprachen der Senatorin und des Bundesverkehrsministers Tiefensee hätten Marketing-Strategen zahlreiche Werbesprüche herausspinnen und die Holzmarktstraße komplett zuplakatieren können. Man konnte als Zuhörer den Eindruck gewinnen: Das Fahrrad hat keine natürlichen Feinde. Es ist umgeben von Partnern, besser noch Systempartnern, es fügt sich harmonisch ein in den Modal split, in gebrochene Reiseketten, es spielt eine Schlüsselrolle in einem ganzheitlichen Konzept für eine nachhaltige Verkehrspolitik. Also alles bestens? Ja – wäre da nicht der Münsteraner Oberbürgermeister Berthold Tillmann gewesen. Er stellte heraus, dass der besonders starke Anteil des Radverkehrs entgegen den Erwartungen der Fahrradfans in seiner Stadt auch zu besonders hohen Unfallzahlen mit Radfahrbeteiligung geführt hat. Die Stimmung in der Stadt Münster wendet sich teilweise schon gegen die Radfahrer allgemein. Hier wurde klar: Guter Radverkehr ist kein Selbstläufer. Er bedarf der steten Pflege, vor allem aber verlangt er die mündigen, ihrer Pflichten bewusste Radfahrenden. Deren gibt es noch viel zu wenige, auch in Fahrrad-Hochburgen wie Münster.
Die Pausengespräche, vor allem aber die Kleinarbeit in den zahlreichen Fachforen rückte das zur Eröffnung mit breitem Pinsel gemalte Wohlfühl- und Wimmelbild zurecht:
Aus dem Forum Straßen für alle? Erfolgreiche Verkehrssicherheitsarbeit blieben vor allem zwei Beiträge haften: Die ostwestfälische Stadt Bünde will, dass mehr Kinder und Jugendliche mit dem Rad zur Schule fahren. Dem diente das Projekt Its cool to bike to school. Dabei wirken Schüler, Lehrer, Eltern und Stadtverwaltung zusammen, um das Radfahren sicher und attraktiv zu gestalten. An alles wird gedacht: Eine Pausenaufsicht verhindert Vandalismus an der Abstellanlage, die Straße vor dem Gymnasium wurde als Fahrradstraße ausgewiesen. Gut gefiel mir die Gestalt des Fahrradscouts: Die älteren Schüler wirken als Vorbilder, sie übernehmen Verantwortung und helfen jüngeren Schülern, ihren eigenen Rad-Weg zu finden.
In der Aussprache meldete ich mich zu Wort: Alles gut und schön. Aber wie gehen Sie mit Schülern um, die von ihren Familien her das Radfahren nicht kennen? In Berlin fahren die Türken und die Araber mehrheitlich nicht Rad, sondern Auto, sobald es nur irgendwie geht. Mit dieser Frage löste ich erkennbar Verblüffung aus denn da es im ostwestfälischen Bünde kaum türkische und arabische Einwanderer gibt, kennt eigentlich jedes Kind von zuhause her das Fahrrad. Mich wiederum verblüfft immer wieder, dass bei allen Berliner Fahrraddiskussionen eigentlich nie irgendwelche Migranten sich vernehmbar machen ist das Fahrrad also ein urdeutsches Phänomen? Das nähme mich wunder, habe ich doch sowohl in Italien wie auch in den USA wie auch in Holland und Belgien immer wieder wackere nichtdeutsche Pedalisten gesichtet.
Der Verkehrsrichter Friedrich Dencker schilderte eindrücklich die häufigsten Unfallursachen im Radverkehr, die dann auf den Tischen der Zivilgerichte landen. Was das Fehlverhalten der Radfahrer angeht, sind dies die häufigsten Beanstandungen: Fahren in falscher Richtung, Missachtung des Rotlichts, Fahren ohne ausreichende Beleuchtung, Fahren auf dem Gehweg. Für Verblüffungbei uns sorgte der Fall eines Radfahrers, der den Gehweg in hoher Geschwindigkeit befuhr und dann gegen einen aus einer Ausfahrt fahrenden PKW prallte. Dem Fahrradfahrer wurde vom Gericht nur ein Teilverschulden angelastet und zwar, weil seine Bremsen nicht in ordentlichem Zustand waren. Opfer von Verkehrsunfällen werden Radfahrer besonders häufig dadurch, dass Kraftfahrer sie beim Rechtsabbiegen übersehen und die Autotür bei der Vorbeifahrt von Radfahrern öffnen.
Die entscheidende Botschaft, die durch die Foren wehte und den gesamten Kongress prägte: Radverkehr ist eine Querschnittsaufgabe! Verkehrsplaner, Firmen, Schulen, Eltern, Polizei alle sind gefordert, das Fahrrad als unschlagbar effizientes und sozialverträgliches Werkzeug moderner Mobilität zu stärken. Der gute Wille allein reicht nicht. Es gilt, an vielen kleinen Stellschrauben zu drehen, um das Rad nicht neu zu erfinden, sondern es neu zu verbinden, es einzubinden in ein gesamtes Verkehrsumfeld, das endlich auf die Bedürfnisse aller Verkehrsteilnehmer, nicht vorrangig auf die der Autofahrer zugeschnitten werden muss.
Alle kleinliche Krittelei verstummte in der abschließenden Siegerehrung unter dem Titel Best-for-bike. Der bekennende Ab-und-zu-Radfahrer Klaus Töpfer ward wegen seines weltweiten Einsatzes für nachhaltige Entwicklung geehrt. Wofür er sich in einer artig-launischen Rede bedankte. Seine Anwesenheit rückte ins Bewusstsein: Wer ein eigenes Fahrrad hat, ist bereits in gewisser Weise privilegiert, denn die meisten Menschen auf dieser Erde sind zu arm dafür. Die Auszeichnung für den Evangelischen Kirchentag als fahrradfreundlichste Großveranstaltung hob beispielhaft hervor, wie in kleinen, aufeinander abgestimmten Schritten guter Radverkehr gelingt: Durch sinnvolle, miteinander vernetzte Angebote. Durch klare, ermutigende Botschaften. Und nicht zuletzt durch lebende Menschen aus Fleisch und Blut, die das, was sie verkünden, auch vorbildhaft tun.
… soll der Verkehrsteilnehmer sein. Ablenkung, Gedudel vom Walkman, Handy-Telefonate, das alles ist Gift für die Sicherheit. Sehr gutes Interview mit dem Autor Tom Vanderbilt heute im Magazin der Süddeutschen Zeitung! Auszug:
…fragen wir am besten eine AUTOrität – Auto/Mobilität – Süddeutsche Zeitung Magazin Was Auto zu einem der erfolgreichsten Sachbücher des letzten Jahres macht: Sie widerlegen gängige Überzeugungen. Zum Beispiel stellen Sie fest, dass auf besonders gut gesicherten Straßen mit Leitplanken und vielen Hinweisschildern oft mehr Unfälle passieren als auf derselben Straße im vermeintlich gefährlicheren Zustand vor dem Umbau.
Ein interessanter Fall aus Orlando, Florida: der U.S. Highway 50, Amerikas zweitgefährlichste Straße. In der Innenstadt wollten die Planer ein Sicherheitskonzept ausprobieren. Also verbreiterten sie die Straße, brachten Planken an und stellten Warnschilder auf. Die Zahl der Verkehrstoten stieg, weil die Fahrer im Schnitt schneller fuhren.
Nach dieser Logik fahren wir also auch an Radfahrern mit Helm näher vorbei: Weil wir uns sicherer fühlen?
Korrekt.
Was macht eine Straße wirklich sicher?
Das hat mit dem Unterbewusstsein der Fahrer zu tun: Bei breiten Straßen mit vielen Schildern wiegen wir uns in Sicherheit. Das Gehirn des Fahrers schaltet ab. Deswegen passieren auch die meisten Unfälle auf Straßen, die der Fahrer kennt. Das Ziel der modernen Verkehrsführung liegt darin, dem Fahrer zu signalisieren, dass er jederzeit hellwach sein muss.
Leider schafft es auch dieser Autor nicht, die Perspektive des PKW-Insassen einmal aufzugeben, wenn er sagt: Wir fühlen uns angesichts eines behelmten Radfahrers sicherer als bei einem Radfahrer ohne Helm. So als müsste der Autofahrer vor dem Radfahrer geschützt werden. Richtig ist: Die Autofahrer halten noch weniger Abstand zu einem Radfahrer, der mit Helm fährt, als zu solchen oben ohne. Das haben Tests bestätigt. Und das erfahre ich selber auch zu meinem Leidwesen.
Es wäre toll, wenn die Polizei einmal systematisch den mangelnden Sicherheitsabstand der PKWs gegenüber Radfahrern mäße und dann auch von den PKW-Insassen Bußgelder wegen Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer erhöbe.
Soll man sich nur dann an Regeln halten, wenn die Polizei zuschaut? Ich meine nein. Ich halte mich auch dann an Regeln, wenn die Polizei nicht zuschaut. Bin ich deswegen blöd? Manche sagen: ja. Sicher würde das auch die WELT sagen. Denn sie empfiehlt, dass man sich in den nächsten Tagen an die Regeln halten soll, da die Polizei in den nächsten Tagen kontrollieren wird.
Im übrigen begrüße ich diese Kontrollen. Ich bin aber auch dafür, dass man sich außerhalb dieser Kontrollzeiten an Regeln hält. Gut auch, dass zugleich die Rechtsabbieger unter den Autos und den LKWs kontrolliert werden.
Berlin (dpa/bb) – Berliner Radfahrer sollten sich in den nächsten Tagen genau an die Verkehrsregeln halten. Die Polizei kündigte am Dienstag «intensive» Kontrollen bis zum 12. Juli an. Sie will besonders gegen das Ignorieren roter Ampeln und Fahren auf dem Bürgersteig als Hauptunfallursachen vorgehen. Auch den technischen Zustand der Fahrräder wollen die Beamten überprüfen. So soll die Sicherheit im Radverkehr erhöht werden. Kontrolliert werden soll an Stellen, wo es viele Unfälle oder Verkehrsverstöße gibt. Gleichzeitig will die Polizei auch das Rechtsabbiegen von Autofahrern überwachen. Dabei passieren immer wieder Unfälle, weil Radler übersehen werden.
FahrradKommentare deaktiviert für Fahrradstadt Wolfsburg
Juni262009
Am 02.01.2008 berichteten wir in diesem Blog über eine vorbildliche Initiative des Landstädtchens Dießen am Ammersee: Dort können Radfahrende ihr Velo vor Wind, Wetter und bösen Händen geschützt in einem Fahrrad-Parkhaus einstellen und dann in den Zug umsteigen.
Etwas ähnliches scheint es hier am ach so neuen, modernen Berliner Hauptbahnhof noch nicht zu geben. Heute schloss ich mein Fahrrad dort schlecht und recht an einem Laternenpfahl am Taxistand ab und stieg in den Zug nach Wolfsburg, wohin mich berufliche Pflichten führten. Angeblich eine Autostadt. Doch was sehe ich da? Schaut selbst:
Richtig – ein Parkhaus für Fahrräder! Das ist toll, Wolfsburg erkennt die Zeichen der Zeit. Die umweltfreundliche Bahn und das menschenfreundliche Fahrrad finden zu einem innigen Verbund zusammen. Intermodal nennt man das ja neuerdings. Ich würde sagen: Dieses verkehrsmittelübergreifende Zusammenspiel mehrerer menschenfreundlicher Verkehrsträger weist den Weg in eine bessere, die menschengerechte Stadt. Bravo Wolfsburg! Du hast es besser!
Das kann Berlin doch auch, oder? Wir müssen uns ranhalten! Das richtige Abstellen und das frohe Wiedersehen mit dem am Bahnhof abgestellten Fahrrad ist ein wichtiger Bestandteil eines nachhaltigen städtischen Verkehrskonzepts. Wiedersehen macht Freude!
Herrlich war dann das Zurückradeln heute abend vom Hauptbahnhof: am Kanzleramt vorbei, einen Blick auf den Reichstag werfend, in den üppig-grünen Tiergarten an Standbildern Mozarts, Beethovens und Haydns vorbei, heim zu meinen Lieben. Da summt mir das Herz!
Gute, fruchtbare Sitzung des ADFC-Bezirksrates gestern abend! Ich erhalte am Rande der Sitzung ein Buch überreicht: „Wir haben Erfolg! 30 muslimische Frauen in Deutschland. Vorwort von Seyran Ates.“ Fackelträger Verlag, Köln 2008. Autorin Kerstin E. Finkelstein überreicht mir das Buch persönlich. Ich bin begeistert, verspreche gleich eine gute Rezension, ohne das Buch gelesen zu haben! Bin ich unehrlich? Nein! Der Gedanke, dass man Erfolgsgeschichten erzählen muss, überzeugt mich auf Anhieb! Möge dieser Gedanke die heute stattfindende Islamkonferenz des Bundesinnenministers beflügeln! Heute habe ich das Buch schon gelesen. Es ist wirklich gut! Ich habe mich nicht getäuscht!
Herrlicher Hymnus auf das Fahrrad im aktuellen italienischen Wochenmagazin L’espresso! Ivan Illich hatte bereits 1973 ein „Lob des Fahrrads“ verfasst. Der Espresso zitiert daraus: „Um 40.000 Menschen in einer Stunde über eine Brücke zu bringen, braucht man 12 Fahrspuren für PKW, aber nur zwei, wenn die Leute mit dem Fahrrad fahren!“ Na bitte!
Sogar der ehemalige Ministerpräsident und frühere EU-Kommissionspräsident Romano Prodi ist ein begeisterter Radfahrer. Er berichtet brühwarm aus seinen Erfahrungen in Bologna: So wird er angeredet. „Hau ab, du Arschloch!“ hört er immer wieder, wenn er zur Uni radelt. „Die beziehen sich nicht auf den Politiker Prodi, denn von hinten können sie mich nicht erkennen. Wenn mich ein Bus mit 36 cm Abstand überholt, kann man nicht glücklich sein. “
„Il ciclismo offre una dimensione concreta al sogno di un mondo migliore.“ Sagt Marc Augé. Das heißt auf gut Deutsch: „Das Radfahren eröffnet dem Traum einer besseren Welt eine konkrete Dimension.“ Schön!
Quelle: Gigi Riva: Utopia su due ruote. L’espresso. N. 24, 18 giugno 2009, pagina 96-99.