Juli 282009
 

Auch im neuesten Rechtschreibduden, der 25. Auflage aus dem Jahre 2009, findet sich auf S. 30 folgender Beispielsatz:

Das Wort „fälisch“ ist in Anlehnung an West“falen“ gebildet.

Dieser Satz ist nahezu wörtlich der „Amtlichen Regelung der deutschen Rechtschreibung in der Fassung von 2006“, wie sie die deutschen Kultusministerien (KMK) beschlossen haben, entnommen. In diesem amtlichen Dokument heißt es in § 94 (3):

Das Wort „fälisch“ ist gebildet in Anlehnung an West“falen“.

Was aber ist das – „fälisch“? Kommt euch das Wort spanisch vor? Continue reading »

 Posted by at 00:00
Juli 272009
 

Diese Frage stellte mir ein siebenjähriges Kind, dessen Vater Deutscher, dessen Mutter Russin ist, vor einigen Tagen bei einem lockeren Geplauder. Das Kind besucht eine unserer Kreuzberger Regelschulen. In seiner Klasse gibt es eine türkische Mehrheit, eine arabische Minderheit und ein oder zwei binationale Kinder mit ein oder zwei deutschen Elternteilen. Interessant! Die Kinder fangen also etwa in der ersten Klasse an, sich gemäß dem Aussehen nach Nationalitäten zu sortieren – wobei naturgemäß die stärkste Landsmannschaft, nämlich die Türken, den Ton angibt. Continue reading »

 Posted by at 17:29

„Haben Sie die Größe, eigene Fehler zuzugeben!“

 Horst Köhler, Opfer, Rassismus  Kommentare deaktiviert für „Haben Sie die Größe, eigene Fehler zuzugeben!“
Juli 262009
 

So Bundespräsident Köhler erst vor wenigen Wochen bei der 200-Jahr-Feier der deutschen Sparkassen.  Barack Obama hat von jeher diese Größe besessen! In seinen Büchern, in seinen Reden vor seinem Amtsantritt, bereits in seinen ersten Auftritten nach dem Amtsantrit. Sätze wie „I messed it up“ hat er immer wieder öffentlich geäußert. Das habe ich immer für vorbildlich gehalten. Auch in der deutschen Politik gibt es solche Menschen. Zum Beispiel den neuerdings beliebtesten Politiker der Deutschen. Bereits in seiner Zeit als Mitglied des Außenpolitischen Ausschusses des Bundestages hatte er diese Größe, öffentlich zuzugeben: „Unsere Strategie ist gescheitert.“

Der Rassismus-Streit, der die USA beschäftigt, kann auch uns etwas lehren: Es kommt auf den Einzelfall an. Unter allen Umständen müssen wir fragen: Wer hat was getan? Welche Möglichkeiten hatte er oder sie, anders zu handeln? Die in den USA geführte Rassismus-Debatte kann uns vieles lehren! Denn immer wieder wird gesagt: „Die Schwarzen SIND einfach benachteiligt. Sie sind die geborenen Opfer, die Verlierer. Sie KÖNNEN einfach nichts machen, um ihre Lage zu verbessern.“ Ein verhängnisvoller Satz! Zu recht hat Obama darauf immer wieder erwidert: Lernt, studiert, übernehmt Verantwortung, sucht den Erfolg. Es ist doch Wahnsinn zu sagen: „Wir sind ewige Opfer, denn unsere Vorfahren wurden vor 400 Jahren gewaltsam nach Amerika verschleppt.“ Mit solchen Sätzen wirft man die Verantwortung für das eigene Leben weg.

Es ist interessant zu sehen, dass in Deutschland heute ganz ähnliche Denkmuster sich ausbreiten. So etwa bei manchen Gruppen. Auch hier der ständige Schuldvorwurf: „Wir schaffen es nicht, auf eigene Füße zu kommen, denn unsere Vorfahren wurden verführt. Wieso sollen wir etwas lernen? Wieso sollen wir einen Beruf anstreben? Wir haben doch alles, was wir brauchen. Dieser Staat muss für uns sorgen, denn er hat unsere Großväter und Großmütter geholt.“

Töricht oder rassistisch?
Die ungefähr vierzig Journalisten im Raum wechselten erstaunte Blicke. Die Spannung eines nahezu historischen Moments lag über dem Raum. Hatten Sie gerade erlebt, dass der mächtigste Politiker der Welt einen Fehler zugibt?

 Posted by at 07:44
Juli 252009
 

sow_cover_schwarzweiss.jpg Hoch aufschlussreich ist der Eintrag Neger im neuesten Rechtschreibduden. Es heißt da auf Seite 769: „Viele Menschen empfinden die Bezeichnungen Neger, Negerin heute als diskriminierend […]“

Gestern las ich in der Buchhandlung am Potsdamer Platz das Buch Deutschland Schwarz Weiß von Noah Sow. Spannend! Sow behandelt ausführlich genau diese heiklen Begriffe und meint nachweisen zu können, dass in deutschen Wörterbüchern weiterhin ein deutlich rassistischer Unterton vorhanden sei – wie ja in der deutschen Gesellschaft überhaupt. Nebenbei: Das Wort Neger – so meint Sow – sollte man heute wirklich nicht mehr verwenden. Es sei ein rassistisches Unwort geworden. Im Buch selbst wird sogar ein Schriftwechsel mit einem Wörterbuchverlag zu diesem Thema abgedruckt.

Wir zitieren aus dem Werbetext des Verlags:

Alltäglicher Rassismus beginnt nicht erst bei gewalttätigen Übergriffen. Er manifestiert sich in Aussagen wie „die deutsche Nationalmannschaft ist ja wirklich nicht sehr deutsch“ oder in der Feststellung, die Sängerin Jessye Norman trete „wie eine Stammeskönigin“ vor ihr Publikum.

Sind wir alles Rassisten, ohne dies zu wissen? Nun denn – ich habe vor wenigen Tagen einmal direkt neben unserem bekannten Berliner Abgeordneten Kurt Wansner im Gasthaus Glashaus sitzend die jetzige U-21-Fußball-Nationalmannschaft als „vorbildlich“ bezeichnet, weil da so viele Spieler „mit Migrationshintergrund“ drin seien. Ich habe gesagt: „So wie in der U21 gelingt Integration.“ Ich habe gesagt: „Unser Mesut Özil macht es vor!“

Ich HOFFE, ich WÜNSCHE mir, dass dies keine rassistischen Aussagen waren! Ich hoffe, es ist nicht rassistisch, wenn ich sage: „Wir müssen die Kinder aus den türkischen und arabischen Familien hier in Deutschland integrieren! Sie gehören zu uns.“ Vermutlich ist das aber auch schon wieder rassistisch. Denn es zieht einen Unterschied. Es unterstellt, türkische und arabische Familien böten grundsätzlich einen anderen kulturellen Hintergrund als deutsche Familien. Aber genau das scheint mir der Fall zu sein! Das ist doch einfach so! Man denke nur an den hohen Rang, den Begriffe wie Familie und Freundschaft bei den Türken und Arabern haben. Ist es rassistisch zu sagen: „Die Türken und die Araber in Deutschland messen herkömmlichen Werten wie Familie, Freundschaft, Ehre, Solidarität und Sittlichkeit einen höhereren Wert bei als die Deutschen“?

Bin ich also ein Rassist, wenn ich sage: In den türkischen und arabischen Familien wachsen Kinder überwiegend anders auf als in den deutschen Familien, sie bekommen von zuhause ein ausgeprägtes Sonder- und Gruppenbewusstsein mit?

Ich meine: Nein, das sind keine rassistischen Aussagen. Das würde auch Noah Sow wohl nicht sagen. Jedoch stimme  ich Noah Sow in jedem Fall zu: Die Selbstbezeichnung entscheidet! Und die allerwenigsten Kinder in unserem Kreuzberg werden sagen: „Ich bin ein deutsches Kind.“ Sie werden auch nicht sagen: „Ich bin ein Kind von Migranten. Ich habe Migrationshintergrund.“ Fragt sie! Die meisten Kreuzberger Kinder werden sagen: „Ich bin ein türkisches Kind.“ Oder: „Ich bin ein libanesisches Kind. “ Ihr werdet Sätze hören wie: „Ich bin Türke. Meine Familie lebt seit Jahrzehnten in Berlin. Das ist in Deutschland.“ Und die meisten Kinder werden denken: „Ich weiß nicht, wo ich hingehöre.“ Darüber sollte man mal eine Umfrage machen! Mit 1000 oder 2000 Kindern hier.

Oder ihr glaubt es mir einfach aufs Wort.

Ich meine: Nicht jede klare Grenzziehung zwischen Gruppen, nicht jedes Vorurteil über andere ethnische oder politische Gruppen ist rassistisch. Es gibt nun einmal starke Gruppenidentitäten.

Nur der Hass, die Verachtung, die Gewalt gegen andere Gruppen – die sind falsch. Egal ob der Hass sich gegen linke Zecken, rechte Faschos, braunes FaSCHISStenpack, rotlackierte Faschisten, deutsche Schlampen, Kapitalistensäue   oder Schweinefleischfresser richtet. Rassismus in Verbindung mit Hass und Verachtung – dagegen müssen wir arbeiten.

Entscheidend ist, dass wir Menschen einander stets, in jedem Augenblick, mit dem Geist der Achtung, der Wertschätzung  und der Zuwendung begegnen.

Ich gebe euch mein Wort!

 Posted by at 13:48

Das Nicht-Verhältnis zwischen Muslimen und Nicht-Muslimen in Deutschland bleibt gut

 Islam, Rassismus, Rechtsordnung  Kommentare deaktiviert für Das Nicht-Verhältnis zwischen Muslimen und Nicht-Muslimen in Deutschland bleibt gut
Juli 202009
 

Weil die meisten Deutschen, die sich zum Mord an der Dresdnerin Marwa äußerten, in ihrer eigenen Welt leben, keinen oder kaum Kontakt zu Muslimen oder zu Ausländern zu haben scheinen, wurden viele schiefe Signale ausgesendet. Für besonders falsch halte ich es, wenn jetzt ein angeblich verbreiteter Fremdenhass, die angeblich verbreitete Angst vor dem Islam als wesentliche Ursachen für diesen Mord gesehen werden.

Deutschland ist heute ein Land, in dem weder Rassismus noch Ausländerfeindlichkeit besonders ausgeprägt sind. Sie sind nicht stärker, eher schwächer als in vielen anderen Ländern, die ich kenne. Oh ihr Deutschen, pflegt Freundschaften mit Muslimen, ladet sie ein, schickt eure Kinder doch bitte – wie ich – in die Schulen und Kitas mit muslimischen Mehrheiten – dann werdet ihr weniger hysterisch reagieren ob eurer eigenen Schuldgefühle, weil ihr euch von den Muslimen fernhaltet!  Und ich empfehle euch besonders die folgende Stellungnahme des Zentralrates der Ex-Muslime:

Der Zentralrat der Ex-Muslime hat islamische Verbände davor gewarnt, den gewaltsamen Tod einer Ägypterin im Dresdner Landgericht politisch zu instrumentalisieren. Es gebe keine Anzeichen für eine Islamophobie in Deutschland, sagte die Vorsitzende Mina Ahadi der «Leipziger Volkszeitung». Die Bundesregierung habe immer wieder erstaunliche Zugeständnisse an die hier lebenden Muslime gemacht, zuletzt beim Islamgipfel. Sie müsse eher aufpassen, dass sie nicht mit falschen Zugeständnissen dem radikalen Islamismus Vorschub leiste.

«Plötzlich redet keiner mehr über sogenannte Ehrenmorde, die hier in islamisch geprägten Familien traurige Realität sind», sagte Ahadi. Den damit bedrohten Mädchen und nicht islamistischen Fanatikern müsse geholfen werden. Ahadi warf dem Chef des Zentralrats der Muslime, Ayyub Köhler, «Doppelmoral» vor. «Wenn Frauen im Iran für ihre Rechte auf die Straße gehen, werden sie erschossen. Wird dagegen in Deutschland protestiert, werden Kritiker mit dem Vorwurf der Islamophobie unter Druck gesetzt.»

Und genau heute wurde berichtet, ein Deutscher sei auf offener Straße in der Türkei erstochen worden. Und in München hat ein Afghane unter Berufung auf den Islam seine ehemalige Frau erstochen, die sich von ihm losgesagt hatte. Auch das sind Einzelfälle, die das im wesentlichen gute Verhältnis, oder besser gesagt: das gute Nicht-Verhältnis zwischen Muslimen und Nicht-Muslimen in Deutschland nicht beeinträchtigen werden.

Zentralrat der Ex-Muslime

 Posted by at 23:48
Apr. 102009
 

Immer wieder lerne ich neue Wörter in meiner Muttersprache. So insbesondere dann, wenn ich mich, eingedenk des herannahenden Osterfestes, der religiösen Überlieferung zuwende. In der Zeitschrift FUGE. Journal für Religion & Moderne, Band 4, 2009, lese ich auf S. 28 folgende Sätze:

Die Bibel ist das meist-erforschte Buch der Welt. Vielleicht ist es auch der „überforschteste“ Gegenstand der Welt.

Gut, so sei die Bibel ein Kandidat für den Titel „Am meisten überforschter Gegenstand“. Ich schlage aber einen anderen Kandidaten vor: die Schule.  Was uns zu meinen Erlebnissen vom vergangenen Montag bringt.

Der kommunalpolitische Arbeitskreis der CDU Friedrichshain-Kreuzberg hatte ins Rathaus Kreuzberg eingeladen. Als Redner konnte gewonnen werden Oberschulrat Gerhard Schmid, der in der Schulverwaltung für unseren Bezirk zuständig ist.

Eine kleine Nachforschung im Internet ergibt: Schmid stammt aus meiner Heimatstadt Augsburg, er war damals einer der Wortführer der linken Protestbewegung, er wurde in der Augsburger Allgemeinen neulich sogar als der „Augsburger Rudi Dutschke“ bezeichnet! Er war also einer jener Aufrührer, vor denen meine Eltern mich besorgt warnten! Wir zitieren aus der Augsburger Allgemeinen vom 22.04.2008:

Im Frühjahr 1968 ist Schmid ein bekanntes Gesicht in der überschaubar kleinen linken Szene in Augsburg. Er organisiert die Ostermärsche, hält Vorträge über die Arbeiterbewegung und engagiert sich im Kritischen Seminar, einer Art Volkshochschule für Freidenker. Ein Kurs diskutiert über „Sexualökonomie und Orgasmustheorie“, ein anderer über die „sozialökonomische Struktur Südvietnams“.

Schmid ist so etwas wie der Augsburger APO-Chef. Dazu hat ihn zwar nie jemand gewählt, doch irgendwie, sagt er, habe er „das Ganze zusammengehalten“. Die Demonstrationen gegen die Notstandsgesetze und den Krieg in Vietnam, die Schulstreiks und Sitzblockaden, die quälend langen Debatten mit Jungsozialisten und Jungdemokraten. „Heuchler und kalte Krieger“ sind sie 1968 für ihn, den Unangepassten. Wenige Wochen nach dem Happening in der Sporthalle schließt die SPD Schmid wegen „groben Verstoßes gegen die Parteigrundsätze“ aus. Heute sagt er: „Wir waren völlig verblendet.“

Was ihn aber heute nicht daran hindert, in der Schulverwaltung als Vertreter der Staatsmacht zu agieren. So sieht also der Marsch durch die Institutionen aus. Die CDU lädt einen Rudi Dutschke zu sich ein – und er stößt auf waches Interesse. So muss es sein!

Was sagt nun die Forschung zum gegenwärtigen Zustand unserer Schulen? Laut Schmid besteht keinerlei Anlass zu einer Strukturdebatte. Es gebe laut neuesten Forschungsergebnissen keinen erkennbaren Zusammenhang zwischen Schulform und Lernerfolg. Ein hochgradig gegliedertes Schulsystem könne ebensowohl sehr gut als auch weit unterdurchschnittlich abschneiden, wie ein Vergleich zwischen Bayern und Berlin lehre. Die gleiche Variationsbreite herrsche bei Einheitssystemen – hier fällt mir der überlegene Stand der Schulbildung in der früheren Sowjetunion im Vergleich zu den USA ein. Entscheidend sei, fuhr Schmid fort, die Qualität des Unterrichts, nicht die Schulstruktur.

Damit stellte sich Schmid sozusagen von Anfang an windschief zu den verschiedenen Konzepten der Berliner Parteien. Die Parteien bosseln eifrig an Schulreformen und  Strukturdebatten, an Test-Ergebnissen, und üben sich in Unkenrufen. Als Mitglied der Schulverwaltung sieht Schmid hingegen seine Aufgabe eher darin, Erfahrungen  aus dem Schulalltag in Empfehlungen umzumünzen. Die Fachleute aus der Bildungsverwaltung, zu denen Schmid gehört, bereiten sich jetzt bereits darauf vor, die zu erwartenden Vorgaben der Berliner Landespolitik möglichst sinnvoll umzusetzen. Ideologie und Parteienbindung spielt dabei keine Rolle mehr. Das finde ich höchst erfreulich, denn seit meiner eigenen Schulzeit sind die Bildungseinrichtungen ein hart umkämpftes Feld für Weltverbesserer und Abendlandsretter geworden. Diese Streiterei ist ihnen insgesamt nicht gut bekommen.

Ich habe nicht den Eindruck, dass der rot-rote Senat und die drei Oppositionsparteien mit ihren Gegenentwürfen tatsächlich das angesammelte Wissen aus den Schulämtern abrufen. Mein Eindruck bestätigte sich auch an diesem Abend.

Einigkeit schien zu herrschen: Alle Schulformen, alle Schüler müssen in dem gestärkt werden, worin sie gut sind – oder gut sein können. Praktische Begabungen sollen stärker zur Geltung kommen, etwa in dem neuen geplanten P-Zweig. Schmid berichtet anschaulich und überzeugend von Planungen, wonach in den P-Zweigen (den Nachfolgern der jetzigen Hauptschulen), Werkstätten eingerichtet werden sollen, in denen die jungen Leute mit ihrer eigenen Hände Arbeit Erfolg und sogar ein kleines Einkommen erzielen sollen.

Die gesamte zweite Hälfte des Abends und die Aussprache kreisten mehr um die Menschen, die in der Schule aufeinandertreffen. Welche Haltungen sind bei Schülern und Lehrern nötig, damit Schule gelingt? Welche Rolle spielen Fleiß, Konzentrationsfähigkeit, Sprachkenntnisse, Tugenden wie Verlässlichkeit, Pünktlichkeit, Pflichtgefühl, Höflichkeit?

Recht ketzerisch und spielverderberisch meldete ich mich zu Wort und wagte den Einwand: Wenn Fleiß, Konzentrationsfähigkeit, gute Sprachkenntnisse, Tugenden wie Verlässlichkeit, Pünktlichkeit, Pflichtgefühl, Höflichkeit zusammenkommen – könnten wir uns dann die gesamte Debatte über Schul- und Unterrichtsformen sparen? Brauchen wir nicht eine andere Grundhaltung? Brauchen wir nicht – mehr als alles andere – einen Mentalitätswandel? Sind die endlosen Berliner Diskussionen um die Bildungspolitik im Grunde Schaukämpfe, die vom eigentlichen Problem ablenken? Ich schlug vor, ganz massiv an die Eltern heranzutreten und sie mit gezielter Mentalitätsbeeinflussung zu einer lernfreundlichen Haltung umzuorientieren. Die Kinder brauchen eine Umgebung, die sie zum Lernen ermuntert. Dazu gehört eine Abrüstung beim exzessiven Medienkonsum, frühe und bevorzugte Befassung mit der deutschen Sprache, Aufbrechen des „Migranten-„Ghettos, Selbstbefreiung aus dem Gestrüpp der Vorurteile. Es regte sich – kein Widerspruch. Ich hege die Vermutung, dass ein Großteil der Versammlung dieser Ansicht zuneigte.

Beim Nachdenken über diesen hochgelungenen Abend fällt mir noch ein Bericht über Michelle Obama ein. Im Gespräch mit französischen und deutschen Schülern, das im ZDF wiedergegeben wurde, erklärte sie vor wenigen Tagen sinngemäß:

„Ich hab mir immer Mühe gegeben, etwas zu lernen. Viele schwarze Mitschüler  haben mich damals schief angekuckt und gesagt: Du redest ja wie eine Weiße! Das hab ich auf mich genommen. Ich war eine Streberin. Das war voll uncool. Ich wollte gut sein in der Schule.“

Und genau diese Haltung brauchen wir auch in Berlin. An der Art der Schule liegt es sicher nicht, wenn Bildungsgänge scheitern. Keiner ist Opfer seiner Herkunft – niemand ist durch seinen Migrationshintergrund daran gehindert, in der Schule und im Leben Erfolg zu haben. Jede und jeder kann es schaffen. Evet, we can.

 Posted by at 22:27

Eindringlicher Appell des Bethanien-Südflügels: Rassismus bekämpfen

 Rassismus  Kommentare deaktiviert für Eindringlicher Appell des Bethanien-Südflügels: Rassismus bekämpfen
März 052009
 

Gegen Rassismus, Menschenverachtung und tödliche Politik kämpft weiterhin unverdrossen der von Besatzungstruppen erkämpfte und weiterhin gehaltene Südflügel des Bethanien. Heute erreichte mich folgender eindringliche Appell:

ANTIRASSISTISCHE  INITIATIVE  E.V.                           
Dokumentationsstelle
Mariannenplatz 2 – Haus Bethanien – Südflügel – 10997 Berlin

ari-berlin-dok@gmx.de – www.ari-berlin.org/doku/titel.htm

Neu  erschienen!               16. aktualisierte Auflage der Dokumentation                            Berlin, 1.3.2009


>>> Pressemitteilung im Anhang als pdf-Datei + Datei mit Beispielen <<< 

 


„Bundesdeutsche Flüchtlingspolitik und ihre tödlichen Folgen     (1993  bis  2008)

 

 


Inhalt und Schwerpunkt der Dokumentation sind verletzte oder tote Flüchtlinge, die ohne die rassistische Sondergesetzge­bung der BRD oder den Rassismus der Gesellschaft unversehrt überlebt hätten. Die Dokumentation zeigt in circa 5000 Einzel­geschehnissen die Auswirkungen des staatlichen und gesellschaftlichen Rassismus auf die Betroffenen.
In ihrer Individualität und auch in ihrer Gesamtheit sind sie Beweis für die klare Falschaussage der Bundesregierung im Staatenüberprüfungsverfahren vor dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen im Februar diesen Jahres.

 

 

Wir leben also in einem rassistischen Staat? Dies entspricht ganz und gar nicht meiner Wahrnehmung. Gerne würde ich die tapferen Kämpfer aus dem Südflügel mal in unsere Kreuzberger Grundschulen einladen. Kommt doch mal zu uns, da könnt ihr euch Verdienste um wahre Integration erwerben. Wo seid ihr guten weißen Deutschen, die ihr so herzzerreißend über das rassistische Unrecht klagt? Kommt doch mal in unser Ghetto! Warum lasst ihr uns so allein? Ich SEHE euch einfach nicht an den ECHTEN Brennpunkten! Seid ihr euch zu gut für konkrete Hilfe? Das wäre doch rassistisch, wenn ihr euch für zu GUT hieltet, auch einmal mit ECHTEN Flüchtlingen zu arbeiten! Es gibt sie! Echt!

 

Habt doch keine solche Angst vor unserer türkisch-libanesischen Mehrheit! Euch wird kein Haar gekrümmt! Lernt mit uns, bringt den libanesischen Müttern und Vätern im Kiez Deutsch bei, organisiert Spiele mit den vielen libanesischen Kindern, holt sie von der Straße. Ladet sie zu einem Subotnik ein – etwa zur Graffitibeseitigung, zum Kampf gegen die Verwahrlosung am Kotti oder im Görli, gegen die Drogenhändler, die den Ruf ganzer Flüchtlingskategorien ruinieren.

 

Es macht Spaß und schafft Sinn! Das würde helfen!

 Posted by at 21:34

„Sie haben Angst“

 Angst, Rassismus  Kommentare deaktiviert für „Sie haben Angst“
Nov. 062007
 

In dem ZDF-Dokumentarfilm „Roots Germania“ von Mo Asumang, heute nach Mitternacht ausgestrahlt, sah und hörte ich erschütternde Zeugnisse. Unter anderem einige Hasslieder aus der deutsch-nationalistischen Musikszene. In einem Rap wurde einigen bekannten Menschen Mord angedroht. Wie fühlen sich diese Menschen, wenn sie mit dem Tode bedroht werden? Rita Süssmuth antwortet: „Sie haben Angst … sie sind vorsichtiger, wenn sie im Dunkeln um eine Ecke gehen.“ Mir war nicht klar, ob Süssmuth hier von denen sprach, „denen, die Angst haben“, oder von sich selbst … denn auch sie wurde namentlich mit diesen hasserfüllten gegrölten Parolen eingeschüchtert. Dann wurde mir klar: Sie sprach wohl eher von sich selbst, von ihrer eigenen Angst. Ich bewundere Frau Süssmuth schon seit langem für ihre mutigen, klaren, zuversichtlichen Worte. Zum ersten Mal sah ich sie hier, wie sie völlig offen von Angst, mit Angst sprach. Und da wurde mir klar, womit die Extremisten arbeiten: mit Angst. Angst ist ihre Waffe, mehr noch als die Kugeln und die Bomben. Frau Süssmuth hat sich durch ihre Worte erneut als stärker und mutiger denn die Angstmacher erwiesen.

Der Film von Mo Asumang hätte es verdient, weit früher und weit öfter gezeigt zu werden. Frau Asumang hat einen rechtsradikalen Gewalttäter im Gefängnis besucht und versucht, ein Gespräch mit ihm zu führen. Ich bin begeistert von diesem Mut und von diesem unerschütterlichen Vertrauen in das Wort. Ich teile dieses Vertrauen!

 Posted by at 17:24