Too big NOT to fail – Zu groß als dass sie NICHT scheitern sollte …

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Jun 182009
 

In diesem Sinne äußerte sich der Chef der Deutschen Bank, Josef Ackermann. Er ist einer der wenigen, der dem allgemeinen Gelübde widerspricht, wonach Lehman Brothers hätte gerettet werden müssen. Gerade die sehr großen Banken stellen eine Gefahr für den Markt dar, da ihr Zusammenbruch fast unvermeidlich kleinere Häuser mit in den Abgrund reißt. Deshalb – so Ackermann – müsse ein Interesse daran bestehen, keine allzu großen Finanzinstitute entstehen zu lassen.

Die Deutsche Bank ist ja selbst zwar in Deutschland die Nummer 1, weltweit aber eher eine Kleine unter den Großen, oder eine Große unter den Kleinen.

Toll, dass immer mehr Leute den Mund aufmachen – das Schweigen brechen, in das sich zahlreiche Aufsichtsräte und Regierungsvertreter einhüllen. Die Bankenrettung war ein Schritt, dessen verheerende Folgen uns noch Jahrzehnte begleiten werden.Und jetzt schaut kaum jemand mehr nach, was sich vorher schon an unverzeihlichen Fehlern in der staatlichen Bankenaufsicht, vor allem aber in den Aufsichtsräten der Banken abgespielt hat.

Bitte alles auspacken! Danke Herr Ackermann!

 Folgen der Finanzkrise: Ackermann warnt vor Banken-Giganten – SPIEGEL ONLINE – Nachrichten – Wirtschaft
Vor diesem Hintergrund sei der Untergang der großen US-Investmentbank Lehman Brothers im vergangenen Herbst, der die Finanzkrise erheblich verschärfte, „in historischer Perspektive gar nicht so schlecht, weil er gezeigt hat, dass es den ‚Moral Hazard‘ nicht geben darf“

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Jun 172009
 

Ich gerate auf dem Weg zur Arbeit in die Demonstration der Berliner Schüler und Studenten für bessere Bildung. Ich zückte mein Handy und nahm ein Video auf, das ihr sehen könnt, indem ihr hier drauf klickt. Zahlreiche Organisationen haben zum Schulstreik aufgerufen. Na, das kenne ich. Ich war als Schülersprecher damals ebenfalls an der einen oder anderen Aktion beteiligt. Wir forderten die Drittelparität in der Schulkonferenz. Wir wollten die volle Demokratie in der Schule. Ich selber war meistens bei solchen Umtrieben mit dabei. Mein Vater stand leider auf der Gegenseite: Er unterrichtete Grundschulpädagogik, galt als Marionette des Kultusministers, der die böse ASchO, die Allgemeine Schulordnung, erlassen hatte – frecherweise, ohne uns Schüler vorher um Erlaubnis zu bitten. Dass ich meinen Vater als Hampelmann des bayerischen Kultusministers Hans Maier in einer Karikatur entdecken musste, gab mir aber doch einen einen Stich mitten ins Herz.

Heute empfand ich das ganze eher als Getöse, als nicht ganz ernstzunehmen. Es war ein Happening.  Zwar halte ich es immer für gut, wenn man gute Bildung fördert und fordert. Aber dann sollte man bei sich selbst anfangen. Niemand hindert die Schüler am Lernen. Ich sehe keine Schüler und Schülerinnen, die wirklich hart, fleißig und zielgerichtet mit dem selbstbestimmten Lernen beschäftigt sind. Ich sehe die Jugendlichen trommeln, in Bars herumhängen, mit Handys telefonieren, kiffen, rauchen und trinken. Ich weiß: Nicht alle sind so. Aber sie haben viel Geld, viel Zeit und Eltern, die kaum etwas von ihnen zu erwarten scheinen. Die Schüler sind in der Schule weitgehend unterfordert.

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Ich lasse mir ein Flugblatt geben. Die Sozialistische Jugend Die Falken SJD schreibt:

Der Kapitalismus frisst den ganzen Bildungskuchen und alle Studienplätzchen alleine.

WIR FORDERN: GEBÄCK FÜR ALLE.

Wir brauchen den Kapitalismus nicht.

Nur gemeinsam können wir das System überwinden.

Aha. Also doch. Die Demo wird instrumentalisiert, um gezielt den Überdruss am Kapitalismus zu schüren. Intelligenz ist also eine Art Keks, den der Staat an uns alle verteilen soll. Kostenlos.

An meiner heutigen Arbeitsstätte angekommen, lese ich das Handelsblatt von gestern. Kanzlerin Merkel rechtfertigt erneut die umfassenden staatlichen Hilfen für einzelne Wirtschaftszweige. Ich lese:

Merkel wie Steinmeier bekannten sich zum Modell des Exportlandes Deutschland. Zwar sei die exportabhängige deutsche Wirtschaft momentan von der Krise besonders stark betroffen. „Es gibt aber keine Alternative dazu, dass wir eine exportstarke Nation sind“, hob Merkel hervor, „ansonsten ist unser Wohlstand in Gefahr.“ Damit setzt die Bundesregierung ihren Kurs der staatlichen Rettungspolitik fort und schlägt Warnungen der Wirtschaftsforscher in den Wind, dem Export zu sehr zu vertrauen.

Auch BDI-Präsident Hans-Peter Keitel sieht keine Alternative zu einem „starken Industrieland Deutschland“. Der frühere Hoch-Tief-Chef warnte die Wirtschaft jedoch davor, sich in der Krise zu stark auf Staatshilfen zu verlassen. Außerdem mahnte er eine wirkliche Reform der Steuer- und Sozialsysteme an. Sonst erreiche man das Ziel nicht, gestärkt aus der Krise hervorzugehen.

Ist unser Wohlstand in Gefahr, wenn die Exporte dauerhaft und massiv einbrechen? Ja! Ist die Sicherung des Wohlstands ein vorrangiges Ziel der Politik? Offensichtlich ja.

Kann der Staat für seine Bürger den Wohlstand sichern? Hierauf lautet meine Antwort: Nein. Es kann nicht Ziel des Staates sein, den Wohlstand der Bürger durch exorbitante Verschuldung für eine Legislaturperiode zu sichern. Die Bürger müssen sich den Wohlstand erarbeiten. Durch Fleiß, durch kluges Handeln, durch Beharrlichkeit und Redlichkeit. Der Staat kann allenfalls Rahmenbedingungen setzen. Er ist nicht dafür zuständig, den Wohlstand der jetzt Lebenden durch Verschuldung der künftigen Generationen zu sichern.

Es gibt Werte, die weit wichtiger sind als der Wohlstand: Das ist das Recht, das ist die Freiheit. Durch die jetzige Politik der Hochverschuldung wird die Freiheit der nach uns Kommenden beschnitten. Und auch das Recht wird beeinträchtigt, etwa durch die törichterweise im Grundgesetz verankerte „Schuldenbremse“. Es ist nicht schlimm, wenn unser Lebensstandard erheblich zurückgeht. Es ist schlimm, wenn Freiheitsrechte der Menschen durch immer neue Eingriffe des Staates in die Wirtschaft und durch immer einseitigere Ansprüche der Bürger an den Staat beschnitten werden.

Es wird der trügerische Wahn erzeugt, staatliches Handeln könne maßgeblich Wohlstand sichern. Ich sage: Das Handeln des Staates kann den Wohlstand ebensowenig sichern wie zusätzliche Bildungsmilliarden das gute Lernen der Schüler garantieren. Man fragt immer erneut beim Staat an. „Mach uns glücklich durch Glückskekse, Vater Staat! Mach uns klug durch Klugheitsgebäck, Mutti Bundesrepublik! Mach uns reich, oh Konjunkturprogramm II!“

Dieser selbstherrliche Anspruch des Staates, wie ihn Kanzlerin Merkel wieder und wieder formuliert, nämlich das Glück und den Wohlstand der Bürger zu sichern, führt in die Irre. Das ist die neueste Fassung eines polemischen alten Wortes, das der gute Bismarck prägte, als er seine Sozialversicherungen einführte: Staatssozialismus.

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Jun 152009
 

Irgendwann streikte das Mikrophon. Auf einmal hörte man die Stimme der Rednerin unverstellt, klar, raumfüllend. Hildegard Müller ließ sich nicht beirren: Es geht auch ohne Unterstützung. Unverstellt, klar, raumfüllend: so war auch der Inhalt ihrer Rede.  

 

Eingeladen hatte die Konrad-Adenauer-Stiftung. Es war die Auftaktveranstaltung zur Reihe „“Friedrichshain-Kreuzberger Gespräche““.

 

War dies ein Sinnbild für das Thema? Müssen wir uns mehr auf die Kraft des einzelnen verlassen, der sein Wort hinaussendet in den offenen Raum, unbekümmert darum, ob er stets das sagt, was die jeweilige Regierung in ihrem unerforschlichen Ratschluss zu tun beabsichtigt? Der sich der Kraft der Freiheit anvertraut?  

 

Hildegard Müller wird ja recht launisch in der neuesten Hymne auf die neue CDU, angestimmt von Mariam Lau, in folgenden Worten als einer der bekannten „Wirtschaftsflüchtlinge“ vorgestellt, worüber auch dieses Blog am 23.08.2008 berichtete:  

 

Schon früher als „der Frieder März“ geht Hildegard Müller, eine der engsten Vertrauten Merkels und Staatsministerin im Kanzleramt. Sie wird Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung beim Bundesverband der Energie und Wasserwirtschaft.

 

Und Hildegard Müller hatte in der Tat ihre eigenen Gedanken, die sie furchtlos und sachlich, diplomatisch-gewandt und doch in der Sache eindeutig vortrug.

 

Einiges sei herausgegriffen! Sind die Ursachen der Bankenkrise richtig erkannt worden? Vielfach wird einem ungehemmt wuchernden Markt, der sich über alle Regeln hinweggesetzt habe, die Schuld an der Finanzkrise zugeschrieben. Frau Müller konnte nachweisen, dass auch die Staaten ein gerüttelt Maß an Mitverantwortung tragen, nicht so sehr durch Vernachlässigung ihrer Aufsichtspflicht als dadurch, dass sie selbst als Akteure auf dem Markt auftreten. Und zwar häufig mit groben Patzern, in jedem Fall aber wettbewerbsverzerrend.

 

Über all den Stützungs- und Rettungsmaßnahmen laufen die Staaten Gefahr, nicht in ihre Zukunft zu investieren. Autos alten Typs werden zwei drei Jährchen weitersubventioniert, und mittlerweile versäumt man das Ausreifen und Wachsenlassen neuer, marktfähiger, innovativer Produkte, die selbständig ihren Markt finden.

 

Innovation, Abbau bürokratischer Hemmnisse, etwa im Bereich des Infrastrukturausbaus -, und eine massive Förderung der Bildung: dies mahnte Hildegard Müller auf eine Weise an, dass niemand, niemand im Saal ihr die Zustimmung verweigert hätte. Wir waren alle überzeugt oder wurden alle überzeugt, und wer nicht überzeugt war, der hat es nicht gesagt. Und so stellten wir ein paar Fragen, die Frau Müller auf unnachahmliche Art teils von hinten her, teils von vorne her abarbeitete. Tja, der eine oder andere war baff darob. Wie macht sie das?

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Ein bisschen enttäuscht war ich aber doch: Denn ich hatte mir sorgsam ein paar Fragen zurechtgelegt, mit denen ich die regierungsnahe Politikerin ein bisschen ärgern wollte, hatte „Erhards „Wohlstand für alle“ studiert und mich auch zum neuesten EU-Energiehandel (Öl, Gas, Strom, Derivate, Zertifikate) gewappnet: Denn auch in der EU, vor allem aber in Deutschland gilt es, einen funktionierenden Markt herzustellen, es gilt, das Oligopol der „großen Vier“ zu brechen, –so meine ich jedenfalls.

 

Aber Freunde, Blogger, was soll ich euch sagen? Hildegard Müller nahm mir den Wind aus den Segeln. Sie listete eigentlich fast all jene kritikwürdigen Punkte, die mir an der aktuellen Politik der Bundesregierung schwer aufstoßen, selbst auf. Sie machte sich für eine „Neue soziale Marktwirtschaft“ stark. Und „neu“, das heißt ja wohl eine Marktwirtschaft, die nicht mehr auf das Selbstläufertum eines garantierten Wachstums setzt, sondern auch auf behutsam steuernde Eingriffe des Staates zugunsten eines wahrhaft zukunftsfähigen Marktes. Gut, schön, überzeugend gesagt!

 

Ich besann mich um, blies meine Fundamentalkritik am Staatssozialismus neuester Prägung ab. Ich stand zwar auf, zückte meine Samisdat-Kopie des derzeit nicht erhältlichen Werkes von Ludwig Erhard aus der Tasche und forderte kühn erst einmal eine Rückbesinnung auf die alte soziale Marktwirtschaft. Aber ansonsten stimmte ich der Rednerin in fast allen Punkte zu. Und gut war’s.

 

Am besten gefiel mir die folgende Aussage Frau Müllers: „Ersparen Sie mir, die Vor- und Nachteile der Parteiprogramme abzuwägen. Ich bin CDU-lerin durch und durch. Für mich gibt es nur die CDU. Sie ist die einzige Partei, die Freiheit und staatliche Regeln in die richtige Balance bringen kann.“

 

Na bitte, dachte ich. So schön und überzeugend kann CDU sein! Und noch etwas dachte ich: Wer rausgeht, muss auch wieder reinkommen.

 

Also, ich fände es äußerst bedauerlich, wenn Hildegard Müller nicht irgendwann den Weg zurück in die „echte“ Politik fände.

 

Das Foto zeigt Hildegard Müller zusammen mit einem CDU-Mitglied aus Friedrichshain, Herrn Ulbricht.

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Buchtipps:

Mariam Lau: Die letzte Volkspartei. Angela Merkel und die Modernisierung der CDU. DVA München 2009, Zitat hier: S. 42

 

Ines Zenke/Ralf Schäfer (Hgg.): Energiehandel in Europa. Öl, Gas, Strom, Derivate, Zertifikate. 2. Auflage, C.H. Beck Verlag, München  2009

 

 

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Im Sumpf: Deutschland ist soweit ziemlich OK

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Jun 152009
 

 14062009.jpg Am heutigen Sonntag las ich innerhalb von nur wenigen Stunden das Buch Mafialand Deutschland in einem einzigen Zuge durch. Der Autor Jürgen Roth zeichnet ein niederschmetterndes Bild. Über den Wahrheitsgehalt dieses Bildes kann ich mir kein Urteil erlauben. Besonders Teil III über den Fortbestand krimineller Praktiken in den östlichen Bundesländern verdient höchste Aufmerksamkeit.

Weniger gefällt mir der Titel Mafialand. Nein, Herr Roth (oder ihr Verlagslektoren): Es geht nicht nur um eine auswärtige kriminelle Vereinigung, wie der Ausdruck Mafia signalisiert – oder kennen Sie den Ausdruck die Deutschenmafia, die deutsche Mafia? Die hausgemachte deutsche kriminelle Szene erhält Flankenschutz aus der italienischen und der russischen Organisierten Kriminalität (OK).

Im Brandenburgischen watete ich heute kranichartig in einen der vielen flachen Seen hinein. Das Foto zeigt die Stelle. Unter den Füßen spürte ich Sumpf. Der Sumpf trägt nicht. Es gilt sich abzustoßen. Nur wer schwimmt, wird frei. Es gelang!

Das Klima der Einschüchterung hat sich gehalten, obwohl es die DDR als Staat nicht mehr gibt. Wir brauchen deshalb Zeugenschutzprogramme in den Bundesländern Sachsen und Brandenburg! Sonderkommissionen, die das Wirken krimineller Gruppierungen in den Institutionen aufdecken, sollten gegründet werden. Gewisse Personen haben zu lange ihr Wissen verleugnet – um es vornehm auszudrücken.

Aber am wichtigsten scheint mir: Wir, die Bürgergesellschaft, müssen aufstehen, wir müssen uns verbünden, wir müssen Öffentlichkeit herstellen, um die Voraussetzungen für gelingende Demokratie zu schaffen.

Jürgen Roth: Mafialand Deutschland. Eichborn Verlag Frankfurt am Main 2009, 3. Auflage, 320 Seiten, € 19,95

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Egoismus der Gene

 Friedrichshain-Kreuzberg, Gute Grundschulen, Kinder, Migration, Pflicht, Verantwortung  Kommentare deaktiviert für Egoismus der Gene
Jun 122009
 

 „Mein Kind first“: Wie Eltern gute Schulen verhindern – SPIEGEL ONLINE – Nachrichten – SchulSPIEGEL
Eltern können sehr maßlos sein. Eine Mutter sagte bei einer anderen Veranstaltung zur Fusion von Berlins Haupt- und Realschulen: „In den Hauptschulen, da gibt es zu viele Migrantenkinder. Und wenn Sie die Schulen zusammenlegen, dann werden sie noch einen größeren Haufen Scheiße produzieren.“ Schule als Klassenkampf.

So schreibt Christian Füller heute in Spiegel online. Wirklichen schweren Kummer habe ich in meinem Leben kaum. Aber als tiefen persönlichen Schmerz empfinde ich, wie hier in Kreuzberg die Schülerschichten von der ersten Klasse an separiert werden. „Wir geben  jeden Monat 200 Euro allein für Benzin aus, damit wir unsere Tochter in die richtige Grundschule bringen können.“ So verriet mir ein bildungsbewusster Vater einer Erstklässlerin. Mein Sohn geht in die Schule, der wir vom Bezirksamt zugewiesen sind. Denn ich kann es nicht verantworten, dass in unserem Staat, den ich rundweg bejahe und immer bejaht habe, jeder nur das Beste für sich und die Seinen herauspickt. So zerfällt unsere Gesellschaft – selbstverständlich zerfällt sie auch und mit Wonne in unserem spießig-grünen-bürgerlichen Kreuzberg! Die Grünen fahren hier bei Wahlen absolute Rekordwerte ein – und die Schülerschichten sind getrennt wie Kuchenschichten. Es ist eine absolute Klassengesellschaft, die unser ach so linkes Kreuzberg heranzieht. Hurra, wir zerfallen!

Ich kann das Gejammere über die angeblich so schlechten Schulen nicht mehr hören. Jeder schimpft auf die Schule, auf den Berliner Senat, auf DIE Lehrer, auf DIE Schüler. Keiner fragt: Was kann ich tun? Was ist meine Pflicht? Alle erheben Ansprüche an den Staat. Nur wenige erbringen freiwillig etwas für den Staat. Verantwortung, Pflicht – das erstreckt sich doch zunächst auf das unmittelbare Umfeld, in dem man lebt.

Gerade wird wieder einmal eine Neuerung in Berlins Schulen eingeführt. Haupt- und Realschulen werden zusammengelegt zu einer neuen Sekundarschule. Ein Schritt in die richtige Richtung. Die Oppositionsparteien beißen sich an kleineren Details fest wie etwa dem Zugangsverfahren zum Gymnasium. Einige kreischen: „Schüler auslosen ist ein Verbrechen.“ Das Losverfahren ist ein Verbrechen an den Kindern! Ach, wenn die wüssten! Dass ich nicht lache! Ein absoluter Nebenschauplatz!

Nein nein: Die Separierung der Schüler erfolgt völlig unabhängig von den Schulformen. Sie setzt bereits ab Klasse 1 ein.

Keiner dieser Politiker, mit denen ich spreche, hat auch nur ein einziges Mal bei mir angefragt: „Herr Hampel, Sie schicken Ihr Kind in eine Grundschule mit über 90% Migrantenanteil. Wie geht es Ihrem Kinde damit?“ Die Öffentlichkeit, die Eltern und leider auch viele Politiker reden über die Grundschulen, aber innerlich haben sie sich von den breiten Schülerschichten längst verabschiedet. Alle verdienen an der Panikmache kräftig mit. Sie schüren den Unmut, den Verdruss.

Ich stamme aus einem Pädagogenhaushalt. Mutter Lehrerin, Vater Hochschulprofessor der Didaktik. Seit über 40 Jahren verfolge ich die Bildungsdebatte die Tonleiter rauf und runter. Ich würde sagen, ich bin fast Profi.  Mein derzeitiges Fazit: 1) Es wird allzu viel vom Staat erwartet. 2) Die Schulen sind weit besser als ihr Ruf. 3) Die Schüler und die Eltern müssen mehr arbeiten.

Wir müssen die Kinder und die Schulen stärken. Durch eigene Leistung. Nicht immer nach dem Staat rufen. Jeder kann was beitragen.

Unser Bild zeigt den hier bloggenden Vater mit Schülern, mit Künstlerinnen und der stellvertretenden Rektorin der Fanny-Hensel-Grundschule bei einer gemeinsamen Thateraufführung.

 

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Berlin wird zur Fahrradstadt – und ist es schon

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Jun 102009
 

Verkehrsprognose 2025 – Berlin wird zur Fahrradstadt – Berlin – Berliner Morgenpost
So berichtet es die gute Morgenpost heute. „Die Fahrradfahrer werden zu einem Markenzeichen der Hauptstadt“, fasst die Berliner Stadtentwicklungssenatorin die Ergebnisse einer gemeinsam mit ihrem Brandenburger Amtskollegen erstellten verkehrswissenschaftlichen Studie zusammen.

Das freut mein Herz! Erst heute versuchte ich, per Fahrrad bis zur Kulturbrauerei zu gelangen. Aber leider stand die Ampel zu oft auf Rot. Und auf der Friedrichstraße kam ich oft nicht an den rechts heranfahrenden Autos vorbei. Ich musste in die U2 einsteigen und erreichte somit mein Ziel rechtzeitig. Spaß gemacht hätte es mir trotzdem.

Nun obliegt es allen vorausschauenden Kräften, den Radverkehr in Berlin zu stärken: durch mehr Rücksicht und Vorsicht im Umgang miteinander, durch mehr und bessere Fahrradrouten, durch sinnvolle Erziehung zum Fahrrad vom Vorschulalter an. Und dadurch, dass man das Auto – soweit vorhanden – noch öfter stehenlässt.

Und die Ärzte? Werden sie sich beschweren, wenn plötzlich 50% aller Kranken ausbleiben? Wird das Bruttoinlandsprodukt schrumpfen, weil die Bevölkerung gesünder wird und weniger Tage krank ist? Ich meine, dies ist zu verantworten. Gesundheit ist ein höheres Gut als das Anwachsen unserer Krankheitsbudgets!

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Jun 102009
 

Ein flüchtiger Blick in die heutige Berliner Zeitung liefert frisches Futter für die Methodenlehre der EU-weit agierenden organisierten Kriminalität (OK). Unter dem Titel „Ermittlung unerwünscht“ berichtet das Blatt (dessen Redaktion ehedem von der Stasi unterwandert war) auf S. 3 über den sogenannten Sachsensumpf. Die OK scheint sich in Sachsen einige gut eingewurzelte Netzwerke geschaffen zu haben. Alte Bekannte halten in Treuen fest zusammen, Wende hin, Wende her!

 

„Alles erstunken und erlogen“, so kommentierte der sächsische Innenminister Buttolo die Erkenntnisse des Verfassungsschutzes über ein dichtgewebtes Netzwerk von Richtern, Staatsanwälten, Kommunalbeamten und Kriminellen. Anders als Buttolo äußert sich der Kölner Rechtsanwalt Ulrich Sommer, Vorsitzender der Arbeitsgruppe Strafrecht im Deutschen Anwaltsverein: „Wie hier in Sachsen versucht wird, mit staatlicher Macht Einfluss auf juristische Verfahren zu nehmen, das ist in Deutschland neu und unüblich. Um es einmal zurückhaltend auszudrücken.“

 

Richtig, Herr Sommer! In Deutschland noch unüblich. In Italien aber ist so etwas üblich. In Italien, namentlich im Kampanien der Camorra ist es auch durchaus gang und gäbe, potenzielle Abweichler und Aussteiger durch Streck- und Streifschüsse einzuschüchtern. Gambizzare nennt sich das. Wie schön klingt doch alles Hässliche im Italienischen! Doch genau diese Methode kommt nun auch in Sachsen zum Einsatz: Ein Leipziger Verwaltungsbeamter, der für dubiose Immobiliendeals zuständig war, wurde im Oktober 1994 durch einen Bauchschuss schwer verletzt. Gefährliche Körperverletzung oder versuchter Mord? Das Gericht erkannte auf letzteres. Ich tippe eher auf die klassische „Warnung“, also auf einen diskreten Hinweis: „Halt das Maul, sonst … !“ Der Tod des Opfers ist bei solchen Angriffen allerdings in der Regel nicht beabsichtigt. Im Gegenteil. Das Opfer muss weiterleben, um den maximalen Effekt der Einschüchterung zu erzielen. Eine gerichtsfest nachweisbare Ermordung ist in der Gewinn- und Verlustrechnung der kriminellen Netzwerke stets nur die ultima ratio.

 

Unsere Methodenlehre ergibt also vorerst: Nach der Wende konnten sich die Einschüchterungsmethoden der Camorra in Sachsen festsetzen – damals noch ein Novum für Deutschland.

 

Kein Novum ist es dagegen, wenn der brandenburgische Innenminister Schönbohm berichtet: „Noch nie habe ich so viele anonyme Briefe bekommen, wie in Brandenburg. Die Leute sagen, sie hätten immer noch Angst, sich offen zu äußern. Ich will ihnen die Sicherheit geben, dass sie in einem Rechtsstaat leben.“ Dies berichtet die Berliner Zeitung heute auf S. 20. Die ehemaligen Stasi-Mitarbeiter der Polizei sollen noch einmal überprüft werden. Grund: Stasi-Mitarbeiter hatten damals, Anfang der 90-er Jahre, Stasi-Mitarbeiter, also sich selbst, überprüft und durften entscheiden, ob sie selbst und ihre Bekannten belastet oder unbelastet waren.

 

„Immer noch Angst“, Unsicherheit, ob man in einem Rechtsstaat lebt? Angst vor der Einschüchterung durch den deutschen Staatssicherheitsdienst? Ist die deutsche Stasi nicht aufgelöst worden? Nun, als staatliche Organisation gibt es das MfS sicherlich nicht mehr. Aber – wie oben schon gesagt: Alte Bekannte halten in Treuen fest zusammen, Wende hin, Wende her. Kriminelle Netzwerke überdauern den Systemwechsel. Wer das jetzt immer noch leugnet, der will offenbar nicht wissen.

Dass die Leute sich überhaupt noch an den Innenminister wenden, ist immerhin schon gut! Es zeigt, dass der Rechtsstaat noch nicht für ohnmächtig gehalten wird. Diese Schlacht ist also noch nicht verloren.

Ermittlung unerwünscht : Textarchiv : Berliner Zeitung Archiv

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Verantwortung übernehmen – für sich und andere

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Jun 092009
 

Verantwortung übernimmt jeder, der am Straßenverkehr teilnimmt. Viele wissen das, einige verhalten sich auch dementsprechend. Den verantwortlichen Verkehrsteilnehmer setzt Shared Space voraus. Nur ein Politiker in Deutschland wagte es bisher, das Shared-Space-Konzept einzuführen. Der Bürgermeister des niedersächsischen Bohmte. Natürlich gehört er der CDU an. Vorfahrt für Verantwortung! Aber lest selbst, wie das Konzept auch in Berlin diskutiert wird:

Verkehr – Der Tauentzien soll eine Art Spielstraße werden – Berlin – Berliner Morgenpost
Bislang ist der 13.000-Einwohner-Ort Bohmte in Niedersachsen der einzige in Deutschland, der am EU-Projekt Shared Space teilnimmt. Aus Bohmte waren deshalb gestern die erste Gemeinderätin, Sabine de Buhr-Deichsel, und ihr Polizeichef eingeladen, um über Erfahrungen zu berichten. Die Gemeinde hatte vor einem Jahr ihre Hauptverkehrsstraße nach dem Gemeinschaftsprinzip umgestaltet. „Wir haben durchweg positive Erfahrungen gemacht“, so die Gemeinderätin. Wo vorher jährlich etwa 30 bis 40 Unfälle passiert sind, seien seit der Öffnung des Shared-Space-Bereichs im Mai 2008 bisher nur Bagatellunfälle – also keine Verkehrsunfälle mit Personenschaden – passiert, wobei keiner originär auf das Shared-Space-Prinzip zurückzuführen gewesen seien. Der Verkehr sei auch nicht in die Seitenstraßen abgeflossen, und die alltäglichen Staus in den Hauptverkehrsstraßen hätten sich aufgelöst. „Wir haben nicht weniger Verkehr, aber der Verkehr fällt nicht mehr so störend auf“, so die Gemeinderätin. „Wir können das Projekt nur weiterempfehlen.“ Gerade hinsichtlich der Sicherheit habe sich das System bewährt, weil alle Verkehrsteilnehmer zur Aufmerksamkeit gezwungen würden.

 Posted by at 18:31
Jun 082009
 

Es wäre interessant, eine europäische Methodenlehre des organisierten Verbrechens (Organisierte Kriminalität, OK) zu schreiben. Tierkadaver vor der Haustüre eines Bedrohten – das ist eine vielfach bezeugte Methode der Einschüchterung der neapolitanischen Camorra. Die Botschaft ist klar: „Pass auf – damit dir das nicht auch passiert!“ Oft wird durch die Wahl des Tieres noch eine versteckte Botschaft mit übermittelt. Ziel derartiger Einschüchterungen ist es meist, das Verschwiegenheitskartell, die sogenannte omertà, aufrechtzuerhalten. Wer den Mund hält und seine Mitwisserschaft nicht preisgibt, hat in der Regel nichts zu befürchten. Wer auspackt, spielt mit seinem Leben.

Umgekehrt war Manipulation an Fahrzeugen, z.B. durch zerschnittene Bremsschläuche, durch gelockerte Radmuttern, eine gut bezeugte Methode des deutschen Staatssicherheitsdienstes, um Aussteiger und Oppositionelle zu beseitigen. Denn derart getarnte Morde lassen sich nachträglich kaum nachweisen.

Für den Ethnologen hochinteressant: Beide Methoden kommen mittlerweile im Sonderoperationsgebiet Ex-DDR zusammen. Im Havelländischen etwa. Wann? Vor zwanzig Jahren? Nein, heute, im Jahr 2009! Aber lest selbst die Morgenpost von gestern:

Stasi – Die drückende Last der Vergangenheit – Brandenburg – Printarchiv – Berliner Morgenpost
Der Schock für den havelländischen CDU-Schatzmeister Holger Schiebold war groß. Im März fand er eine tote Katze vor der Tür, an der Klinke hing eine Plastiktüte mit Urin. Lebensbedrohliches widerfuhr CDU-Kreischef Dieter Dombrowski. Dieser erhielt mehrere Droh- und Schmähbriefe.
– Anfang April stellte Dombrowskis Autowerkstatt fest, dass die Bremsen des VW Touran der Familie ganz offensichtlich manipuliert worden waren. Der Spuk hatte auf dem Höhepunkt der Abwahldiskussion um den Stasi-belasteten Milower Bürgermeister Peter Wittstock begonnen. Schiebold und Dombrowski gehörten zu jenen, die für die Abwahl von Wittstock gekämpft hatten. Die Abwahl scheiterte, der Mann blieb im Amt.

Wie kann man gegen die OK vorgehen? Sicherlich ist die polizeiliche Ermittlungstätigkeit wichtig, wobei selbstverständlich stets die Möglichkeit von Maulwürfen in den Reihen der Polizei zu berücksichtigen ist. Ebenso wichtig scheint mir das Herstellen einer kritischen Öffentlichkeit, so etwa in Blogs wie diesem hier, in Zeitungen, Fernsehen und Parlamenten. Deshalb ist die parteiübergreifende Initiative von Bundestagspräsident Norbert Lammert zur neuerlichen Stasi-Überprüfung in jedem Sinne zu begrüßen! Die Stasi-Verstrickung der öffentlichen so genannten „Eliten“ muss aufgeklärt werden. Dieser Prozess ist naturgemäß unabschließbar. Wenn wir in Deutschland die Zügel weiterhin so schleifen lassen wie bisher, dann drohen in Deutschland, vor allem in der früheren DDR, (süd-)italienische Verhältnisse, sofern wir sie nicht schon haben: massives Einsickern der internationalen OK in den legalen Wirtschaftskreislauf, Unterwanderung der Führungszirkel in Parteien, Regierungen und Parlamenten. Vorbeugen ist besser als Einknicken!

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Schlussstrich oder Aufarbeitung – oder beides?

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Jun 082009
 

vorwarts-und-vergessen.jpg Soll irgendwann Schluss ein? „Für mich ist das Thema durch!“, erklärte mir kürzlich ein junges Mitglied der Linkspartei. „Wen interessiert das denn alles noch?“, fragte mich kürzlich ein Mann auf der Straße. „Das ist doch alles 20 Jahre her!“ Soll man historische Ereignisse irgendwann abhaken? Nun, man wird im Herbst 2009 sehen, dass die Varus-Schlacht, die 2000 Jahre zurückliegt, auch heute noch unterschiedliche Deutungen, ja sogar Meinungsstreit gebiert! Gleiches gilt für Kaiser Karl den Großen, dessen historische Leistungen und beispiellose Verbrechen gegen Andersgläubige meines Erachtens im Zeitalter der neu entstehenden Weltkultur dringend einer erneuten Aufarbeitung bedürfen. Und auch Bismarcks Sozialreformen erscheinen heute in etwas anderem Lichte als noch zu Zeiten eines Ludwig Erhard. Ihr seht schon: Ich bin ein Revisionist durch und durch!

„Ich bin erschüttert, was da in Einzelfällen herauskommt, bei Menschen, bei denen ich das nie vermutet hätte“, so wird Ministerpräsident Wolfgang Böhmer auf S. 172 in einem neuen Buch zitiert, das Uwe Müller und Grit Hartmann im Mai 2009 veröffentlicht haben.  Ein neues Buch? Nicht mehr so ganz … tja, tut mir leid, liebe Autoren, es ist schon wieder ein bisschen veraltet, weil die Kurras-Enttarnung offenbar kurz NACH Fertigstellung des Manuskripts erfolgte. Aber dennoch ist den Autoren zu bescheinigen, dass sie mit zahlreichen ihrer Behauptungen richtig liegen dürften, nämlich dass eine Art westöstliches Verschwiegenheitskartell die systematische Aufarbeitung der im Namen der DDR-Staatssicherheit begangenen Verbrechen verhindert.

„Der Berliner Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen begnadigte exzessiv. In nie dagewesenem Umfang korrigierte die Exekutive die Entscheidungen der Judikative“, schreiben die Autoren auf S. 74 und liefern auch gleich noch ein paar „Rechnungsbelege“ nach: „je Totschlag drei Monate Haft“.

Wie äußert sich Diepgen selbst zur Stasi-Unterwanderung? Er berichtet ohne Umschweife, dass auch seine Partei von einzelnen Stasi-Spitzeln unterwandert worden sei – darunter auch ein Redenschreiber von ihm persönlich. Allerdings lehnt er eine systematische Einzelpersonenüberprüfung ab. Zitieren wir ihn doch wörtlich! In einem hochbedeutsamen Interview mit der Morgenpost wird er am 5. Juni 2009 so wiedergegeben: „Die Forderung nach neuen massenhaften Überprüfungen halte ich zwar für verständlich, politisch aber für falsch und rechtlich für fraglich.“

Ich halte Diepgens Argumentation für politisch nachvollziehbar, dennoch neige ich der Ansicht zu, dass die gesamte West-Berliner Politik der letzten Jahrzehnte überprüft werden sollte, mindestens die Mandatsträger in den Parlamenten und den Parteien. Nennen Sie es „massenhaft“ oder „systematisch“. Der Verdacht, dass die Wahrheit möglicherweise mit manipulativen Methoden unterdrückt werden soll, ist nun einmal in die Welt gesetzt. Er lässt sich nur ausräumen, indem man die möglicherweise fortbestehenden kriminellen Netzwerke enttarnt.

Denn wer schweigt, obwohl er weiß, macht sich erpressbar. Wenn herausgehobene Vertreter des öffentlichen Lebens bewusst keine Aufdeckung von Verbrechen wünschen, dann verlieren sie an Glaubwürdigkeit. Kriminelle Netzwerke werden auch unter veränderten Bedingungen zusammenhalten, die Arme ausstrecken, neue Verbindungen knüpfen.

Buchtipp: Uwe Müller/Grit Hartmann: Vorwärts und vergessen! Kader, Spitzel und Komplizen: Das gefährliche Erbe der SED-Diktatur. Rowohlt Verlag Berlin, Mai 2009, 316 Seiten, € 16,90

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„Die Partei der bürgerlichen Mitte … ist/sind … die …“ Raten Sie mal!

 Bürgerlich, Grünes Gedankengut  Kommentare deaktiviert für „Die Partei der bürgerlichen Mitte … ist/sind … die …“ Raten Sie mal!
Jun 082009
 

grune-mitte07062009022.jpg „Bitte sprechen Sie nicht immer von den bürgerlichen Parteien, wenn Sie eigentlich CDU und FDP meinen. Bei uns sind die Grünen die Partei der bürgerlichen Mitte, im Osten ist die Linke die Partei der bürgerlichen Mitte“, so schrieb ich als kreuzbraver Kreuzberger im Jahr 2008 in mehreren Einträgen in diesem Blog. Der hochverdiente Stasi-Oberst, der irgendwo im Osten unbehelligt seine Pension genießt, und der Mehrfach-Aufsichtsrat mit eigener Villa in Zehlendorf, sie werden jeweils bei der Partei der bürgerlichen Mitte ihr Kreuzchen machen.

Ein Blick auf die Wahlergebnisse der Berliner belegt meine Einschätzung, die Grünen seien in Berlin-Mitte die „Partei der bürgerlichen Mitte“ geradezu zum Lachen. Dies gilt nicht nur programmatisch, sondern auch räumlich. Die Graphik beweist es: Wir haben nunmehr sogar eine Dreiteilung der Stadt: Im Westen bleibt die CDU stärkste Partei, im tiefroten Osten bleibt die frühere SED, also die heutige Linke, teilweise mit personenidentischem Personal, stärkste Partei. Und in der Mitte breitet sich von Norden her ein grüner Korridor aus – und zwar sowohl diesseits wie jenseits der ehemaligen Berliner Mauer. Im grünen Korridor sind die Grünen die stärkste Partei.

Interessant ist folgendes: Im „grünen Korridor“ konnte ausgerechnet der CDU-Kreisverband Pankow ganz gegen den bundesweiten Trend Stimmen hinzugewinnen, und zwar immerhin 0,6 Prozent. Dieser Kreisverband gilt als „erfolgreich durchmodernisiert“. Dort wurde das Mitgliederprinzip eingeführt: die Mitglieder entscheiden basisdemokratisch über alle wesentlichen Fragen. Die Mitglieder, nicht Delegierte, tragen die Verantwortung. Genau dies aber ist ein Kernbestand im Verantwortungsbegriff der CDU: auf die Einzelne, auf den Einzelnen kommt es an. Die CDU wird also da wieder erstarken, wo sie ihren Kernbestand – Verantwortung der Einzelnen, individuelle Freiheit – auch parteiintern vorlebt. Neu ist das alles nicht.

Im übrigen empfehle ich die Seiten des Berliner Landeswahlleiters zur genaueren Analyse.

Unser heutiges Wimmelbild zeigt einen Blick auf die ADFC-Fahradsternfahrt gestern. In der grünen Mitte Berlins.

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Jun 072009
 

Gleich am Morgen ging ich zu den Europawahlen in die Nikolaus-Lenau-Grundschule. Ich wurde von den Wahlhelfern freundlichst begrüßt – war ich doch um 9.20 Uhr schon der zwölfte Wähler, der seine Stimme abgab! Den langen Zettel las ich gründlich durch und setzte mein Kreuz bei der Liste eines Mannes, den ich kenne und schätze.

Ich rief aus: „Ich tippe auf 42% Wahlbeteiligung und leiste hiermit meinen Beitrag!“ Gelächter: „Sie sind zu optimistisch!“ – Das habe ich ja auch in diesem Blog geraten. Und so ist es auch gekommen. Der Wahlausgang bedeutet ein klares Votum für mehr Freiheit, für weniger Staatsgläubigkeit. Die niedrige Wahlbeteiligung und ebenso das Erstarken der Rechten in den anderen Ländern finde ich allerdings bedenklich.

Beim Umweltfestival der Grünen Liga, dem Netzwerk ökologischer Bewegungen, erzähle ich das Märchen vom Rabenkönig zweimal. Erst auf der großen Bühne vor dem Brandenburger Tor, dann auf der kleinen Bühne vor dem russischen Panzer. Nur mit einer Stimme und einer Geige vor die Menschen zu treten, das ist schon mehr, als sich in einem Ensemble einzureihen. Ich lasse mich tragen und die Worte strömen sozusagen aus mir heraus. Der Sohn, der sich aufmacht, um seine beiden Brüder und den Ochsen zu befreien, besteht alle Prüfungen: Er kann teilen, denn er gibt sein letztes Brot an ein Tier. Er hört zu, er ist mutig – und er geht sparsam mit den Schätzen der Erde um!

Das Tolle war: ich hatte keinen Text auswendig gelernt, sondern merkte auf die Reaktionen der Zuhörer – was kommt an? Wie alt sind sie? Wie gehen sie mit? Also waren die zwei Fassungen des Märchens heute recht unterschiedlich.

Die große ADFC-Sternfahrt endete hier am Brandenburger Tor. Durchnässt, aber zufrieden trudeln Tausende und Abertausende von Radlern ein. Ich spreche mit einigen ADFC-Freunden, darunter auch der ADFC-Landesvorsitzenden Sarah Stark.  – Es war ein erfolgreicher Tag, etwa 100.000 Teilnehmer folgten dem Lockruf der freien Straßen.

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Jun 062009
 

05062009.jpg Die wichtigste Tat heute: Zusammen mit den fünf türkischen und arabischen Nachbarskindern reinigen wir den gesamten Innenhof des Nachbarhauses: überall lagen Windeln, Glasscherben und sonstiger Müll herum. „Ramadama“ hieß das in München. Danach macht das Spielen mehr Spaß. Die Kinder formen einen Turm aus Sand. „Das ist ein Gefängnis“, sagen sie.

Im Vorbeigehen, am Fuße des Kreuzbergs, spreche ich mit einigen Vertretern der Friedrichshain-Kreuzberger Linkspartei. Sachlich erkennen wir große Unterschiede, aber es wird gleich klar: wir respektieren einander. Und es macht sogar Spaß mit ihnen zu streiten. Wir kommen überein, dass alle morgen bei den Europawahlen wählen gehen sollen. Auf keinen Fall sollte man den Europawahlen fernbleiben.

Das Plakat „Stadtpolitik statt Parteipolitik“ fing ich gestern in Dresden ein. Ich werte es als Dokument eines tiefen Misstrauens gegenüber den „Big Five“, den fünf großen Parteien.

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